Stärken zu stärken, meine Damen und Herren, so beginnt nämlich oft ein Mitarbeiterbriefing in den Unternehmen, über die Sie hier immer reden. Stärken zu erkennen, auf diese zu setzen, sie weiterzuentwickeln und an die veränderten Rahmenbedingungen anzupassen, das ist oft das Erfolgsrezept für wachsende Unternehmen in diesem Land.
Die Stärken unseres Landes zu stärken, diese für Innovationen und Fortschritt zu nutzen, das ist die zentrale Aufgabe guter Wirtschaftspolitik.
Meine Damen und Herren, Sie werden sich nicht wundern, wenn ich hier ausführe, dass die rot-grüne Landesregierung in den letzten Jahren diesen Anforderungen gerecht geworden ist und auch mit diesem vorliegenden Haushalt gerecht wird.
Ein roter Faden ist hier sicher, den Herausforderungen durch die Digitalisierung mit den Stärken NRWs zu begegnen und sie positiv zu nutzen. NRW ist – das negiert ja nicht einmal Herr Wüst – das Land der Hidden Champions, der familiengeführten Unternehmen und des Mittelstandes. Es stellt sich diesen Herausforderungen, und wir unterstützen die Regionen und auch die Unternehmen.
Unter der Koordinierung der Landesregierung ist es nämlich zum Beispiel gelungen, eines von fünf Kompetenzzentren „Mittelstand 4.0“ nach Nordrhein-Westfalen zu holen. Dieses Kompetenzzentrum ist nämlich nicht an einem Ort, so wie eben wieder gefordert, sondern befindet sich in Ostwestfalen, in Aachen und in Mülheim. Hier wird deutlich: Wir nutzen die Stärken unseres Landes, nämlich eine Dezentralität, eine dezentral breit aufgestellte
Wissenschaftslandschaft verbunden mit Industrie, Maschinen- und Anlagenbau. Das ist doch der Kernpunkt, den wir hier herausarbeiten müssen.
Wir sehen in dieser Kombination das Fundament für Existenzgründungen und auch für die Weiterentwicklung hier seit Langem heimischer Unternehmen. Wir können nämlich nicht Berlin als Blaupause nehmen. Wir können hier nicht im Prinzip Berlin nachmachen. Wir müssen gucken: Wo sind die Stärken unseres Landes? Das tun wir hier. Damit werden wir auch erfolgreich sein.
Meine Damen und Herren, Digitalisierung wird auch den Handel massiv verändern. Das Käuferverhalten ist im Zeitalter des Internets mit seinen Möglichkeiten, 24 Stunden lang am Tag an 365 Tagen im Jahr Waren zu beziehen, sicherlich ein völlig anderes als noch vor einigen Jahren.
Um dieser Entwicklung nicht tatenlos gegenüberzustehen, stellen wir den Antrag, hier ein Programm aufzulegen, das neue Chancen für den stationären Einzelhandel entwickelt.
Basis vieler dieser so gerne mit der Zahlenkombination 4.0 versehenen Entwicklungen ist der Breitbandausbau. Auch hier ist NRW stark. Wir sind die Nummer eins unter den Flächenländern. Einer und vielleicht der entscheidende Faktor für die Zukunfts- und Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen – ich glaube, darüber gibt es hier in diesem Haus keinen Dissens – und auch der Kommunen ist der Breitbandausbau. Auch hier haben wir mit dem vorliegenden Programm der Landesregierung die richtigen Antworten gefunden.
Lassen Sie mich hier zwei Dinge in den Fokus stellen, zum einen die Kommunen. Hier gilt – das ist wichtig, immer wieder festzuhalten – die zentrale Aussage: Kein einziger Euro, der durch Berlin bewilligt wird, wird daran scheitern, dass die Kofinanzierung nicht bereitsteht.
Der zweite wichtige Punkt, auf den ich eingehen möchte, sind die Gewerbegebiete. Ja, wir brauchen nach MICUS 500 Millionen €, um die Gewerbegebiete anzuschließen. Aber niemand wird doch erwarten, dass dieses Geld komplett vom Land kommt. Wir geben 50 Millionen € und sind sicher, dass die Unternehmen hier viel weiter sind als die Opposition, die hier noch die schlechte Situation bejammert. Die Beteiligten – so ist unser Eindruck – haben sich hier längst auf den Weg gemacht. Sie arbeiten gemeinsam mit Standortkommunen, Anbietern und Wirtschaftsförderern an der Umsetzung des Breitbandausbaus, der durch die Bereitstellung der Landesmittel ermöglicht wird. Wir geben in drei Jahren 500 Millionen für den Breitbandausbau aus. Das ist sicherlich sehr gut angelegtes Geld.
fesselungsimpuls. Wir setzen hier den Entfesselungsimpuls, mit dem wir erreichen werden, dass wir 50 Mbit flächendeckend in Nordrhein-Westfalen haben werden. Wir werden – da sind wir sicher – hiermit auch der Glasfaserversorgung den entscheidenden Durchbruch in Nordrhein-Westfalen ebnen.
Die flächendeckende Versorgung mit Breitband wird auch genutzt werden können für eines der aktuellen Zukunftsprojekte in Nordrhein-Westfalen – auch ein Erfolg dieser Landesregierung –, das virtuelle Kraftwerk. Anfang der Woche haben wir hier die entsprechende Förderzusage erhalten, die mit Investitionen von 60 Millionen € verbunden ist. Das virtuelle Kraftwerk bündelt die Erzeugung und den Verbrauch und flexibilisiert Angebot und Nachfrage. Es schafft so Kommunikationsstrukturen zwischen denen, die Energie in das System bringen, und denen, die sie verbrauchen. Es trägt so ganz entscheidend zum Gelingen der Energiewende und auch zur Versorgungssicherheit der Industrie bei. Mit diesem Projekt werden wir vielen Akteuren in der Energiewirtschaft und darüber hinaus neue Geschäftsmöglichkeiten geben, Dienstleistungen zu entwickeln und auch zukünftig mit neuen innovativen Produkten am Markt zu bestehen. Es ist ein ganz wichtiger Baustein dahin, dass NRW auch im Energiebereich stark bleibt, nämlich das Energieland Nummer eins.
Es zeigt sich, dass sich getragen durch die Digitalisierung und Energiewende, wie gerade ausgeführt, Märkte schnell verändern. Die Umstrukturierungspläne von E.ON und jetzt auch RWE sind greifbare und stark medial wahrnehmbare Zeichen.
Wichtige Spieler neben diesen Energieriesen sind aber auch unsere Stadtwerke. NRW ist hier stark aufgestellt. Unsere hervorragende Dichte an Stadtwerken ist ein entscheidender Faktor, um die aktuellen Herausforderungen an Energieerzeugung,
Durch die Änderungen dieser Marktgestaltung werden sich hier die Betätigungsfelder und auch die Betätigungstiefe der Stadtwerke verändern. Wir werden hier weiterhin die entsprechenden Rahmenbedingungen vorhalten, damit die Stadtwerke Zugriff auf diese Marktmöglichkeiten bekommen.
NRW ist auch stark in Fragen des Strukturwandels. Der Strukturwandel war ja auch eines der Kernthemen in der Ausführungen von Herrn Wüst. Ich meine, wir können hier gemeinsam feststellen: NRW kann Strukturwandel! Das belegt zum einen der Blick in andere Länder, zum Beispiel in die Regionen von Großbritannien und auch die Vereinigten Staaten, in denen die Kohleförderung eingestellt wurde. Die gesellschaftlichen Verwerfungen, die wir dort erleben, müssen wir im Ruhrgebiet nicht erleben. Das ist der gelungenen Strukturpolitik dort geschuldet.
Ein zweiter Blick zeigt, dass diese Politik auch ökonomische Früchte trägt. Das Wachstum im Ruhrgebiet ist höher als im Land. Um diese erfolgreiche Politik auch des präventiven Strukturwandels weiter positiv flankieren zu können, haben wir beantragt, sowohl die Unterstützung der Regionen, die vom Steinkohlerückzug betroffen sind, als auch der vom Braunkohletagebau geprägten Gebiete aufzustocken.
Meine Damen und Herren, wir machen NRW stärker. Womit machen wir NRW stärker? Lassen Sie uns kurz zurückschauen. Wir haben durch die Verabschiedung des Mittelstandsgesetzes und die Einrichtung einer Clearingstelle, durch die Verstetigung und den Ausbau unserer Handwerksinitiativen und auch durch die Erreichung der Planungssicherheit durch die Leitentscheidung zu Garzweiler II und nicht zuletzt durch die Strategie für digitale Wirtschaft NRW stärker gemacht.
Wirtschaft braucht Partner, die für Verlässlichkeit stehen. In dieser Landesregierung und in den sie tragenden Parteien hat sie sie gefunden. Wir sind Garant dafür, dass Fortschritt und Innovation weiter in einem starken NRW zu Hause sind. In diesem Sinne: Glück auf!
Es hat schon fast schizophrene Züge, wenn Sie von Verlässlichkeit reden und dann hier die Leitentscheidung Garzweiler II zurückdrehen. Das ist wohl alles andere als Verlässlichkeit, was Sie gerade auch bei diesem Thema praktizieren.
Herr Kollege Sundermann, um es deutlich zu sagen: Wir reden dieses Land hier nicht schlecht. Denn unser Bundesland Nordrhein-Westfalen hat eine starke Wirtschaft. Es hat viele fähige und fleißige Menschen, die dafür arbeiten, dass dies auch so bleibt. Aber wir werden schlecht regiert.
Wie ist die wirkliche Lage? Wie ist die Lage in Nordrhein-Westfalen? NRW weist leider seit Jahren ein erhebliches Wachstumsdefizit auf. Ich werde Ihnen das jetzt an drei Indikatoren aufführen:
Erster Bereich: Bruttoanlageninvestitionen. Die haben sich in Nordrhein-Westfalen in den vergangenen Jahren unterdurchschnittlich dynamisch entwi
ckelt. Im Vergleich mit anderen großen westdeutschen Bundesländern – Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Niedersachsen – schließt Nordrhein-Westfalen nicht nur auf dem letzten Platz ab, die Investitionen in NRW sind in den letzten zwölf Jahren sogar gesunken.
Zweiter Bereich: Bruttowertschöpfung. Die Bruttowertschöpfung im verarbeitenden Gewerbe hat sich in den vergangen Jahren in den anderen vier Bundesländern dynamisch weiterentwickelt, während in Nordrhein-Westfalen nahezu Stillstand konstatiert werden muss. Die Produktivität ist dabei sogar zurückgegangen.
Dritter Bereich: Ausgaben für Forschung und Entwicklung. Trotz eines Anteils an der gesamtdeutschen industriellen Wertschöpfung von über 20 % entfällt lediglich ein Anteil von 14 % der Investitionen des verarbeitenden Gewerbes in Forschung und Entwicklung auf Nordrhein-Westfalen. Das bedeutet, dass Zukunftsinvestitionen überproportional in anderen Bundesländern stattfinden.
Wir müssen an dieser Stelle leider feststellen: Das Vertrauen in Nordrhein-Westfalen als Zukunftsstandort ist zerrüttet.
Meine Damen und Herren, vor allem haben wir in unserem Land eine erkennbar vom Bundestrend abgekoppelte Entwicklung. Das zeigt klar: Es sind die schlechten politischen Rahmenbedingungen Nordrhein-Westfalens, die dazu beitragen. Herr Sundermann, da sage ich zum x-ten Mal, bis Sie es endlich wieder abgeschafft haben: Dazu gehört auch das Tariftreue- und Vergabegesetz,
dazu gehört das Hochschulzukunftsgesetz, dazu gehört das Gesetz über das Verbandsklagerecht. Mit dem neuen Landesnaturschutzgesetz und dem neuen Landeswasserschutzgesetz wird es auch nicht besser.
Daran sieht man eben, Herr Kollege Sundermann: Die Wirtschaftspolitik wird gegen die Wirtschaft in den anderen Häusern gemacht und nicht im Wirtschaftsministerium. Das ist unser Manko.
Meine Damen und Herren, auch im Energiebereich ist Chaos. Ich habe in der gestrigen Debatte bereits aufgezeigt, dass wir eine fatale Fehlentwicklung in der Energiepolitik haben. Sie, Herr Minister Duin, haben gestern das von Herrn Gabriel geplante Strommarktgesetz überschwänglich gelobt und quasi als das Heilmittel für den Energiesektor bezeichnet. Sie haben gesagt, das Gesetz würde endlich zu den notwendigen Flexibilisierungen im Strombereich führen. Aber das ist mitnichten so.
Das Gesetz ist zutiefst widersprüchlich. Mit Flexibilisierung auf Nachfrageseite soll es uns vor teuren Kapazitätsmärkten bewahren, und trotzdem bekommen wir mit dem Gesetz gleich drei Kapazitätsmechanismen. Und wer darf die Zeche bezahlen? – Die Verbraucherinnen und Verbraucher und die Wirtschaft.
Nordrhein-Westfalen droht der industrielle Kollaps. Durch den schleichenden Prozess ist es im Moment noch nicht sichtbar, aber eine einmal aufgegebene Produktionsanlage kommt nicht so schnell wieder, wenn sie erst einmal im europäischen Ausland oder gar in den USA aufgestellt wurde.
Deshalb, meine Damen und Herren, muss hier gegengesteuert werden. Was wir brauchen, sind haushaltspolitische Impulse für mehr Wachstum, für mehr Wohlstand, für mehr wirtschaftliche Freiheit, einen Landesentwicklungsplan, der Unternehmen Entwicklungsperspektiven gibt, bezahlbare Energie für jedermann, flächendeckende Breitbandversorgung mit einem Breitbandförderprogramm und die Unterstützung von Forschung und Entwicklung. Das alles fehlt leider in diesem Haushalt, und deshalb müssen wir ihn leider ablehnen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Brockes. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Bolte.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! So eine Haushaltsdebatte ist immer der Zeitpunkt, miteinander Bilanz zu ziehen. Es ist der Zeitpunkt, wo man schaut: Was bietet die Opposition, was bietet die Landesregierung, was bieten die sie tragende Fraktionen? Wir sehen bei dieser Bilanz, was wir schon seit Monaten im Ausschuss sehen: Die Opposition ist wirtschaftspolitisch blank.