Ihr Leben, ihre Freiheit sind akut bedroht vom Klimawandel. Ihre Lebensgrundlage wird zerstört durch Überflutungen, durch die Versalzung von Böden, durch Trockenheit. Der Klimawandel findet statt, und nur die letzten Ignoranten leugnen das noch. Der Klimawandel vernichtet bereits heute fruchtbares Ackerland und treibt Menschen in die Klimaflucht. Flucht aber ist immer das Ende von Freiheit. Die Verantwortung dafür liegt nun einmal auch bei uns. Denn es ist unser Hunger nach billiger Energie, der den Klimawandel anheizt. Die Bedrohung geht von hier aus.
Wenn Sie, Herr Minister Duin, in Ihrem Ministerium sind, dann können Sie sie sehen, die Braunkohlekraftwerke im Rheinischen Revier. Drei der größten CO2-Schleudern Deutschlands stehen dort, diese Kraftwerk-Dinos aus dem Jurassic Park der Energietechnik von Nordrhein-Westfalen. Das ist Technologie aus dem vorletzten Jahrhundert – und die Kraft-Kohle-Koalition will damit die Energiewende gestalten? Das ist einfach absurd.
Auf den Reisen durch das Land wird über NRW geredet und über seine Kraft, über die Industrie 4.0. Gleichzeitig setzt man aber bei der Energieerzeugung auf Technologie 1.0. Darüber könnte man jetzt lauthals lachen. Aber das Lachen vergeht einem schnell, wenn man die Folgen betrachtet. Die Vereinten Nationen rechnen schon heute mit bis zu 300 Millionen Klimaflüchtlingen weltweit.
Die Verantwortlichen sitzen auch hier, in dieser Regierung. Dieser Angriff auf das Leben und die Freiheit geht von hier aus, das geht von uns aus. Dieser Angriff auf das Klima bedroht die Lebensgrundlage von Millionen von Menschen. Daher gilt: Klimaschutz ist ein Menschenrecht.
Die Kraft-Kohle-Koalition in Nordrhein-Westfalen jedoch hält fest an der Vergangenheit und stemmt sich mit aller Kraft gegen den Wandel. Dabei ist die Energiewende nur ein Teil der technologischen Revolution, die sich überall um uns herum abspielt. Dank neuer Technologien bietet sich doch die Möglichkeit, auch Energie sauber bereitzustellen. Silizium ist die Basis für Computertechnik. Das wissen wir alle. Das ist auch die Basis für Fotovoltaik.
Die digitale Technik steuert nicht nur Windenergieanlagen, sie macht auch intelligente Stromnetze möglich. Sie ist die Voraussetzung für das Gelingen der Energiewende. Sie ist Teil des Wandels, hin zu einer modernen Gesellschaft, deren Lebensweise sich nicht mehr auf Kosten von Menschen in anderen Erdteilen darstellt. Die Energiewende ist Teil der digitalen Revolution.
Aber sie gefährdet das traditionelle Geschäftsmodell von RWE, von E.ON und Co, mit dem Verkauf von schmutzigem, billigem Strom möglichst viel Geld zu verdienen. Genau das will die rot-grüne Regierung verhindern. Die Anträge von CDU und FDP beweisen erneut: Wenn es um die Kohlekraft geht, dann überbietet man sich in dieser Heuchelei. Alle gemeinsam sprechen von den Arbeitsplätzen bei der Braunkohle und meinen damit eigentlich die Konzerninteressen von RWE und von E.ON.
Sie streuen den Menschen Sand in die Augen und tun so, als wären die Arbeitsplätze dauerhaft zu retten. Dabei weiß nicht nur die Regierung: Die Energiewende lässt sich ebenso wenig aufhalten wie die digitale Revolution. Frau Ministerpräsidentin Kraft und Herr Minister Duin spielen auf Zeit, und damit treibt man immer den Preis in die Höhe – den Preis, den letztendlich alle Bürgerinnen und Bürger zu bezahlen haben für die Rettung der Konzerne, für die Rettung der Dinos.
Braunkohle hat keine Zukunft. Fossile Energieträger kommen aus einem anderen Erdzeitalter. Ihre Zeit ist bald endgültig abgelaufen. Das ist die Dekarbonisierung. Sie hat längst begonnen, und NRW darf sie nicht aufhalten. Sagen Sie das den Menschen! Beginnen Sie noch in dieser Legislaturperiode, den Ausstieg zu planen, um Sicherheit zu schaffen!
Die Bundesumweltministerin, „Genossin“ Barbara Hendricks, fordert den gesetzlich geregelten Ausstieg aus der Braunkohle. Wir tun das hier in diesem Landtag seit 2013. 2030 muss der letzte Tagebau geschlossen werden. Noch haben Sie Zeit, den Ausstieg zu planen. Kommen wird er so oder so. Hören Sie auf, die Menschen zu belügen! Hören Sie auf, ihnen vorzumachen, es gäbe noch eine Zukunft für die Braunkohle! Es gibt sie nicht, weil es sie nicht geben darf. Klimaschutz ist ein Menschenrecht.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will gleich zu Beginn noch einmal deutlich machen, dass die Landesregierung die Bundesregierung in ihrem Anliegen unterstützt, die Treibhausgasemissionen bis 2020 um 40 % gegenüber 1990 zu senken.
Uns ist sehr bewusst, dass Deutschland als hochentwickeltes Industrieland – und damit eben auch Nordrhein-Westfalen als das Industrieland Nummer eins – für den Klimaschutz eine ganz besondere Verantwortung trägt und deswegen auch ein eigenes Tun an den Tag legen muss.
Herr Hovenjürgen hat ganz viel über China und Indien und die globalen Zusammenhänge gesprochen. Das ist alles nicht falsch, aber das entbindet eben nicht von der eigenen Verantwortung. Ich glaube, die Klimakanzlerin würde das auch deutlich so zum Ausdruck bringen.
Herr Höne sagt, man müsse eigentlich bei ganz anderen Themen noch etwas machen, gerade im Zusammenhang mit Wärme. Die Historiker oder auch die Älteren unter uns erinnern sich: Die FDP war von 2009 an noch in der Bundesregierung
und hat in der Zeit wirklich alles getan, um zum Beispiel die Umsetzung der Energieeffizienzrichtlinie zu verhindern.
Woran ist die denn gescheitert? Die ist immer und immer wieder an dem Streit zwischen Herrn Rösler – auch daran erinnern wir uns noch dunkel – und Herrn Altmaier gescheitert.
In ihrem Beschluss vom 3. Dezember 2014 geht die Bundesregierung davon aus, dass für das Erreichen der nationalen Klimaschutzziele eine Emissionsminderung um 22 Millionen t in der Energiewirtschaft notwendig ist. Die Bundesregierung und die drei braunkohlefördernden Unternehmen haben
Braunkohlekraftwerke zunächst in die Sicherheitsbereitschaft zu überführen und nach vier Jahren endgültig stillzulegen. Ich halte das noch immer für einen Erfolg, an dem wir aus NRW durchaus auch beteiligt waren.
Als Industrie- und Energieland Nummer eins nimmt Nordrhein-Westfalen aber eben – das hat der Kollege Remmel deutlich gemacht – seine besondere Verantwortung für das Erreichen der Klimaschutzziele und damit auch für das Gelingen der Energiewende wahr. Es ist unser Ziel, das Energie- und Industrieland Nordrhein-Westfalen im internationalen Wettbewerb weiter zu stärken und Klimaschutz als Motor für technologischen Fortschritt zu nutzen.
Da nehme ich noch einmal Bezug auf das, was unter anderem Herr Höne, aber auch andere gesagt haben, dass man nämlich die anderen Länder, die Schwellenländer, mitnehmen müsse. Die Ministerpräsidentin und ich waren in der vergangenen Woche in genau solchen Ländern. Wenn es dort eine Nachfrage nach Technologie gibt, dann ist es genau die nach Energie, nach Energieerzeugung und nach Energieeffizienz.
Das betrifft all die Bereiche, in denen wir uns in Deutschland bzw. in Nordrhein-Westfalen einen Vorsprung erarbeitet haben. Und gerade der macht die internationale Wettbewerbsfähigkeit in den nächsten Jahren zu einem ganz entscheidenden Teil aus, weil die Nachfrage in den Schwellenländern, aber auch in China und Indien, nach genau diesen Produkten bzw. Produktionstechnologien immer weiter steigt.
Weil Sie den Masterplan angesprochen haben: In der Tat hat es lange einen Stillstand gegeben. Wir haben dann gemeinsam daran gearbeitet, dass Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel in 2013 mit seiner 10-Punkte-Energie-Agenda diesen strukturierten Prozess zur Gestaltung der Energiewende starten konnte. Ein zentraler Baustein dabei ist ein neues Strommarktmodell. Das setzt insbesondere auf mehr Markt, auf das Zulassen von Preisspitzen und nicht zuletzt auf die Ergänzung der volatilen erneuerbaren Energien durch hochflexible konventionelle Kraftwerke.
Wir befinden uns jetzt in diesem Gesetzgebungsverfahren. Das wird im Frühjahr abgeschlossen sein. Wir werden dann – davon gehe ich aus – endlich wieder mehr Planungs- und Investitionssicherheit geschaffen haben. Vor dem Hintergrund, dass wir uns jetzt in diesem Gesetzgebungsverfahren zum Strommarktmodell befinden, bedarf es nach meiner Überzeugung keiner weiteren Regelung zur Erreichung der nationalen Klimaschutzziele.
Bei der Energiewende muss es darum gehen, das gleichseitige Dreieck immer wieder neu zu konstruieren. Dabei müssen wir im Übrigen auch beden
ken, dass die Forderung nach einem Kohleausstieg in den nächsten 20 oder 25 Jahren auf ein Marktumfeld trifft, das ohnehin schon massiv unter Druck steht und sich in einer ausgesprochen schwierigen Anpassungsphase befindet. Die Themen sind hier gerade schon erörtert worden.
Meine Damen und Herren, wir müssen uns eines immer wieder vor Augen führen: Der Kernenergieausstieg für das Jahr 2022 ist gesetzt. Damit fallen zusätzlich zu den 3 Gigawatt Braunkohle weitere 8 Gigawatt gesicherte Leistung weg.
In diesem Zusammenhang will ich eines noch einmal ganz deutlich machen: Manch einer tritt bei der Klimakonferenz in Paris groß auf und sagt, er würde Kohlekraftwerke jetzt ganz schnell zur Abschaltung bringen. Gleichzeitig trifft er Entscheidungen zum Neubau von Atomkraftwerken. Man darf manchen Regierungschefs nicht durchgehen lassen, sich auf diese Weise einen schlanken Fuß zu machen.
Der Ausbau der Erneuerbaren schreitet – mit einem Anteil an der deutschen Stromversorgung von fast 30 % – bei uns gut voran. Wir wissen aber: Die Erneuerbaren sind volatil. Sie erzeugen mitunter das Zwei- bis Dreifache dessen, was in Deutschland an Strom nachgefragt wird. Es kommt aber eben auch vor, dass sie kaum Strom ins Netz einspeisen. Der Netzausbau verzögert sich – und damit auch die Behebung der bestehenden Netzengpässe. In der Folge kann es vorkommen, dass der Strom aus den Erneuerbaren nicht zu den Lastzentren im Süden oder eben auch bei uns im Westen transportiert wird.
Wir verfügen eben auch nicht über die notwendigen Speicher, um den Strom aus den Erneuerbaren effizient und umfassend zu speichern. Und solange dies nicht der Fall ist, werden wir für unsere Versorgungssicherheit neben dem dringend notwendigen Netzausbau weiterhin auch auf konventionelle Kraftwerke setzen müssen.
Namhafte Gutachter – ob Prognos oder andere – nennen unterschiedliche Zahlen. Ich nehme jetzt die geringste. Demnach wird davon ausgegangen, dass wir auch im Jahr 2050 noch 50 Gigawatt konventionelle Kraftwerksleistung benötigen werden. Andernfalls müssten wir eben Strom importieren: Kohlestrom aus Polen oder Atomstrom aus Frankreich. Ob wir aber in Knappheitszeiten dann tatsächlich Strom aus dem Ausland zur Verfügung gestellt bekommen, ist fraglich. Als Industrieland kann das für uns keine ernsthafte Option sein.
Wenn wir in Deutschland auch im Jahre 2050 noch konventionelle Kraftwerke betreiben, werden diese nicht mehr rund um die Uhr in Betrieb sein und die Grundlast abdecken. Sie werden vielmehr in den Stunden und Tagen des Jahres unsere Energieversorgung absichern, in denen Strom aus Erneuerbaren nicht in ausreichendem Umfang zur Verfügung
steht. Dabei versteht sich – das will ich hier ausdrücklich sagen – Folgendes von selbst: Der heute Kraftwerkspark wird sich diesen geänderten Anforderungen anpassen müssen.
Der Kraftwerkspark des Jahres 2050 – auch der Kollege Thiel hat darauf hingewiesen – wird nicht der Kraftwerkspark des Jahres 2015 sein. Das hat auch damit etwas zu tun, dass wir – nach dem, was wir heute wissen – davon ausgehen, dass es Mitte dieses Jahrhunderts zum Beispiel auch keinen Tagebau bzw. keine Braunkohlekraftwerke in diesem Bereich mehr geben wird. Das wird fast zwangsläufig so sein.
Stattdessen werden wir hochflexible Kraftwerke haben. Welche Rolle in welchem Mix dann Steinkohlekraftwerke im Verhältnis zu Gaskraftwerken spielen werden, wird von den geltenden Marktbedingungen und -anforderungen abhängen. Eines aber ist sicher: Die von den konventionellen Kraftwerken verursachten absoluten Emissionsmengen werden dann deutlich niedriger sein als heute, weil diese Kraftwerke ja nur für wenige Stunden oder Tage im Jahr überhaupt zum Einsatz kommen, um eben die Last abzudecken.
Wir benötigen keine weiteren Regelungen, sondern wir sollten das Strommarktkonzept des Bundeswirtschaftsministers ernst nehmen und es nicht konterkarieren. Im Interesse Deutschlands und NordrheinWestfalens benötigen wir Planungs- und Investitionssicherheit. Überhaupt nicht benötigen wir Überlegungen, die in den deutschen Braunkohlerevieren zu Strukturbrüchen führen würden. Das dient nicht der Sicherung oder Schaffung von Arbeitsplätzen in dieser Region, sondern das schadet der gesamten Wirtschaft.