Protocol of the Session on November 5, 2015

(Beifall von den PIRATEN)

Schauen wir uns einmal die Bundesförderrichtlinie an, das größte Förderprogramm der nächsten Jahre. Es ist zwar technologieoffen ausgestaltet, aber das sogenannte Scoring-Verfahren bevorzugt Projekte, die bis Ende 2018 abgeschlossen sein werden. Das sind eben nicht Glasfaserprojekte, denn bis 2018 können wir nicht so viele Löcher buddeln, wie wir Glasfaserkabel verlegen müssten. Somit diskriminiert man die beste und nachhaltigste Technologie. Wir stehen vor der einmaligen Chance, das Land fit für das Gigabitzeitalter zu machen. Sie denken aber mit Brückentechnologien nur willkürlich bis 2018. Das ist einfach nur fahrlässig gegenüber dem Steuerzahler.

(Beifall von den PIRATEN)

Wenn Sie uns fragen, dann verstößt diese Art von Förderpolitik gegen die Grundsätze des Haushalts.

§ 7 der Landeshaushaltsordnung schreibt Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit vor. Meiner Meinung nach müssen wir explizit den Grundsatz der Nachhaltigkeit hinzufügen. Es darf nicht sein, dass wir alle paar Jahre neue Förderprogramme auflegen müssen, weil die Landesregierung nicht konsequent auf nachhaltige Infrastruktur setzt. Aber genau das wird passieren, und zwar mit Ansage.

(Beifall von den PIRATEN)

Schauen wir uns an, wie die Förderung konkret stattfindet: Das Land selbst baut keinen Zentimeter Glasfaser aus. Es sind die Kommunen und die Kreise, die die Aufgabe schultern müssen. Sie müssen es jetzt überhaupt erst einmal schaffen, durch den Förderdschungel durchzublicken. Ich habe hier eine kleine Auflistung. Ich zähle Ihnen einmal auf, welche Fördertöpfe es gibt. Sie dürfen mich gerne, Herr Minister, korrigieren, wenn ich irgendwas vergessen habe.

Es gibt den europäischen Landwirtschaftsfonds für die ländliche Entwicklung. Es gibt die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“. Es gibt die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“, das regionale Wirtschaftsförderprogramm, den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, das neue Breitbandförderprogramm von Minister Dobrindt und last but not least das kommunale Investitionspaket. Meine Damen und Herren, das ist maximale Bürokratie und maximale Intransparenz.

(Beifall von den PIRATEN)

Wer blickt durch diesen Förderdschungel überhaupt noch durch? Sie sagen selbst, dass eine Vereinheitlichung der Förderverfahren nicht möglich ist. Das ist zwar ehrlich, aber das ist schlechte Politik.

Wie Sie wissen, ist die Ausgestaltung der Breitbandförderung nicht die einzige fatale Weichenstellung in den letzten Tagen gewesen. Die de facto Aufhebung der Netzneutralität wird die Marktchancen kleiner Unternehmen drastisch verringern. Sie haben alle die Ankündigung der Telekom und von Vodafone gelesen. Wir haben uns gestern relativ ausführlich über das Thema unterhalten. Wir sollten uns das nicht bieten lassen. Wenn die Telekom mit Spezialdiensten extra verdienen will, dann sollten wir das bei der Kalkulation der Wirtschaftlichkeitslücke berücksichtigen. Solche Unternehmen benötigen anscheinend weniger Förderung als Netzbetreiber, die freiwillig auf die Netzneutralität setzen.

(Beifall von den PIRATEN)

Ich fasse zusammen: Die Breitbandpolitik kommt zu spät, sie verschwendet Steuergelder, indem veraltete Kupfertechnologie gefördert wird, um einen völlig willkürlichen Zielpunkt 2018 zu erreichen, und sie strotz vor Bürokratie und Intransparenz. In einem Zeitalter, in dem Rheinbrücken zum Teil unbefahr

bar sind, der ÖPNV unterfinanziert ist, werden die digitalen Netze auf Sicht ausgebaut. Die Infrastrukturpolitik der Landesregierung verdient die Note sechs.

(Beifall von den PIRATEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Ich komme zum Schluss: Wir Piraten fordern, sich für eine Nachbesserung der Bundesförderrichtlinie einzusetzen, um die Diskriminierung von nachhaltigen Glasfaserprojekten im Scoring-Verfahren aufzuheben. Wir Piraten fordern die Landesregierung auf, bis 2018 eine Mindestquote für Glaserprojekte festzulegen. Wir Piraten fordern, Glasfaserstrategien zu beschließen und den Umstieg auf Hochleistungsnetze auch über das Jahr 2018 hinaus strategisch voranzutreiben. Hier müssen konkrete Meilensteine definiert werden.

Allen Kommunen ist eine praxisnahe Hilfestellung bereitzustellen, um den Förderdschungel und die diversen Förderprogramme und ihre Regularien für die kommunalen Antragsteller verständlich zu machen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Lamla. – Für die Landesregierung hat nun Minister Duin das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Haben Sie ihn am Freitag auch gehört – diesen Schrei des Entsetzens seitens der Opposition? Herr Wüst hat es gerade im Grunde angedeutet: Man hatte nicht damit gerechnet, dass es der Landesregierung nach sehr intensiver Vorbereitung, nach sehr intensiver Diskussion, nach Beobachtung dessen und auch Einmischen in das, was der Bund vorlegt, gelungen ist, dem runden Tisch, der am Freitag getagt hat, eine Gesamtkonzeption – nicht tröpfchenweise mal hier ein bisschen, mal da ein bisschen – vorzulegen, die absolut sicherstellt, dass das Land Nordrhein-Westfalen seine Spitzenposition, die es jetzt schon beim Breitbandausbau hat, nicht verlieren, sondern weiter ausbauen wird. Der Schrei des Entsetzens war überall zu hören.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ich will darauf verzichten, Ihnen jetzt die einzelnen Teile vorzutragen, weil das die Vorredner bereits gemacht haben, sondern werde jeweils darauf Bezug nehmen. Ich habe mir Ihre Reden angehört. Die kennen wir. Das ist der normale Job einer Opposition: Landesregierung schlecht, selber hätte man bessere Ideen.

(Zuruf von der CDU – Lukas Lamla [PIRATEN]: Es ist ja auch schlecht!)

Nun muss man Sie ja nicht nur an den Reden messen. – Ja, und wenn Sie schlechte Noten verteilen – ist alles geschenkt; gehört alles mit zum Geschäft.

Ich schaue mir einfach an, was CDU und FDP gemeinsam hier heute zu diesem Tagesordnungspunkt beantragt haben. Ich gehe die Punkte einzeln durch.

Unter Punkt 1 steht, wir sollten Sorge dafür tragen, dass ein der Größe und ein der Bedeutung des Landes angemessener Anteil der Fördermittel nach Nordrhein-Westfalen kommt.

Jetzt stand hier vor keiner Viertelstunde Herr Wüst und sagte: Der Duin hat am Freitag erzählt, dass könnte ja mal Königsteiner Schlüssel sein, nur mal so als Marke. Das sei ja völliger Blödsinn. Wie könnte man wohl den Königsteiner Schlüssel bemühen? Wir alle wüssten doch, das käme nicht.

Dann schlage ich in diesem Antrag eine Seite zurück. Auf Seite 3, vorletzter Absatz, wird auf diesen ersten Forderungspunkt Bezug genommen, und dort steht: Der Königsteiner Schlüssel wäre ein möglicher Referenzpunkt, der Investitionsmittel für die des Bundes mit sich bringen würde. – Lieber Herr Wüst, wenigstens die eigenen Anträge lesen! Das wäre schon einmal eine gute Voraussetzung!

(Beifall und Heiterkeit von der SPD und den GRÜNEN)

Unter Punkt 2 heißt es: Unmittelbar eine Handreichung für die Kommunen zu erstellen, damit man darauf aufmerksam gemacht wird, usw. – Dazu kann ich nur sagen: leider zu kurz gesprungen. Wir haben nämlich schon im Vorfeld die entscheidende Einheit für die Beratung der Kommunen – Breitbandconsulting NRW – neu ausgeschrieben, mit neuen Mitteln ausgestattet, neu aufgestellt, sodass die Arbeit dort jetzt geleistet werden kann.

Wir werden – ich komme auf das Thema Haushalt, Ergänzungsmitteilungen und auf das, was jetzt im Rahmen der Diskussion und der Entscheidung der Landesregierung auf den Weg gebracht wurde, noch zurück – darüber hinaus zusätzliche Stellen in den Bezirksregierungen schaffen. Zum einen werden wir den Kommunen bei der Beantragung der Mittel zur Seite stehen. Zum anderen wird aber auch die Bewirtschaftung der zur Verfügung gestellten Mittel sichergestellt.

Wir wissen, unter welcher Situation die Bezirksregierungen gerade enorm leiden, und dass dort manche Dinge auch liegenbleiben, weil es zurzeit Wichtigeres gibt. Deswegen werden wir sicherstellen, dass zusätzliche Stellen in die Bezirksregierungen kommen, die sich explizit um das Thema Breitbandausbau kümmern, um auch den Kommunen in der Bewirtschaftung dieser Mittel zur Seite zu stehen. Also Punkt 2: zu kurz gesprungen, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Punkt 3: Jede Kommune unkompliziert, unbürokratisch unterstützen. – Meine Feststellung: wieder zu kurz gesprungen. Wir werden mit Mitteln der Digitalen Dividende II jeder kreisfreien Stadt und jedem Kreis für die Jahre 2016, 2017 und 2018 jeweils 50.000 € zur Verfügung stellen. Wir werden das sehr unbürokratisch und unkompliziert machen, weil wir wissen: Ein Teil hat schon Breitbandbeauftragte, ein Teil nicht. Wie sollen wir das handeln? Sollen wir die belohnen, die schneller waren? Das macht überhaupt keinen Sinn.

Deswegen ist es in der Verantwortung der Kommunen, zu sagen: Wir stellen dafür Personal ein und schaffen einen Breitbandbeauftragten. Oder: Wir schauen uns mittels eines Gutachtens einmal genau an, was bei uns schon in der Straße liegt und welche Anbieter da schon sind. Wir haben Beispiele jüngst aus drei Kreisen aus dem Westfälischen, aus dem Münsterland, die sich zusammengetan haben und ein solches Tool entwickelt haben, um ihren Kommunen damit zur Verfügung zu stellen: Was liegt schon in der Straße? Das ist ja die Voraussetzung für einen klugen Antrag, nämlich einen Ausbauplan zu machen.

Dafür stellen wir unbürokratisch und leicht zugänglich allen 53 großen Kommunen – also den Kreisen und den kreisfreien Städten und der Region Aachen – diese Mittel ohne Wenn und Aber zur Verfügung. Damit können wir die Kommunen in die Lage versetzen, erfolgreiche Anträge zu stellen. Punkt 3: leider zu kurz gesprungen.

(Beifall von der SPD)

Punkt 4: Ergänzungsfonds für die Unterstützung von Kommunen. Jetzt kommt es: Mittel aus dem EFRE und Mittel aus dem Erlös der Frequenzversteigerung sollen wir dazu verwenden. – Auch da wieder zu kurz gesprungen. Wir nehmen eigenes Geld in die Hand und verbraten nicht die Mittel der Digitalen Dividende II für diesen Punkt. Trotzdem stellen wir sicher, dass die Kofinanzierung in den Kommunen gesichert ist. Kein einziger Euro, der durch Berlin bewilligt wird, wird daran scheitern, dass die Kofinanzierung nicht steht. Wir stehen dafür gerade. Wir geben dafür eine Garantie, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Punkt 5: wieder zu kurz gesprungen. Auch da geht es um die Aufbringung von Eigenanteilen. Das werden wir mit eigenen Mitteln erledigen. Dafür braucht man auch nicht den Juncker-Plan. Den können wir obendrauf legen.

Punkt 6: wieder zu kurz gesprungen. Da soll die NRW.BANK den Eigenanteil der Kommunen sicherstellen. Auch da laufen Sie ins Leere.

Wenn wir uns diese Punkte zusammenfassend ansehen, stellen wir fest: Sie haben die Mittel der Digitalen Dividende II schon drei Mal für die einzelnen

Punkte verbraten. Bei uns sind sie bei diesen Dingen, die Sie hier fordern – mehr haben Sie ja gar nicht gefordert –, noch gar nicht angefasst, weil wir nämlich sagen: Das Bundesprogramm muss komplett kofinanziert werden, für die Kommunen mit besonderen finanziellen Schwierigkeiten auch unter Einbeziehung der letzten 10 % Eigenanteil, wobei der Bund da etwas höher geht als 50 %; da geht er vielleicht bis 70 %. Dann machen wir den kompletten Rest.

Also: Kein Gefälle zwischen den Kommunen, die Verfügungsmittel haben, und denen, die in Schwierigkeiten sind, kein Unterschied!

Obendrauf kommt dann die Digitale Dividende. Da wird dann erzählt, das seien fremde Mittel. Also, bei aller Liebe, Herr Wüst, Sie wissen genau: Die Frequenzversteigerung war eine originäre Aufgabe der Länder. Nur haben wir das nicht 16 Mal gemacht, sondern wir haben das sinnvollerweise zusammen gemacht. Wir haben das einmal gemacht und haben dann nach dem Königsteiner Schlüssel unseren Anteil daraus bekommen. Das war ja wohl mehr recht als billig. Das ist unser originäres Geld aus dieser Versteigerung.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Die Redezeit.

Diese 135 Millionen € setzen wir ein, sehr zielgerichtet, indem wir sagen: Es wird Kommunen geben, die vielleicht bei dem Wettbewerbsverfahren aufgrund des ScoringVerfahrens nicht erfolgreich sein werden. Dann werden wir sagen: Den Löwenanteil setzen wir ein für den ländlichen Raum, und zwar für den Anschluss von Haushalten im ländlichen Raum. Das ist ein wesentlicher Punkt der gesamten Breitbandstrategie.

Zweitens: Der zweite Löwenanteil dieser 135 Millionen € wird für den Glasfaseranschluss in den Gewerbegebieten eingesetzt. Gerade unser Gewerbe, unser Mittelstand ist darauf angewiesen, diese Datenleitungen zur Verfügung zu haben. Deswegen tun wir das. Und wir finanzieren noch Leerrohre, und wir finanzieren noch Modellprojekte im Bereich des Zugangs für freies WLAN.

(Michele Marsching [PIRATEN]: Jetzt sind wir beim Modellprojekt!)

Meine Damen und Herren, das ist deutlich mehr als das, was Sie hier gefordert haben. Diese Landesregierung wird ihrer Verantwortung absolut gerecht. Wir werden diese Finanzierung sicherstellen. Wir werden im Übrigen, um das auch noch zu erwähnen, Ergänzungsmitteilungen für den Haushalt machen. Da werden Sie, Herr Wüst, noch dazu kommen, mich zu loben. Ich bin sehr gespannt. Dann