Protocol of the Session on November 5, 2015

Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer hier im Saal und zu Hause! Zunächst einmal kann ich als Vorsitzender des Ausschusses für Europa und Eine Welt an dieser Stelle feststellen, dass wir bei diesem wichtigen Thema Benelux anscheinend keine großen Differenzen haben, sondern in der Sache an einem Strang ziehen. Das ist gut.

(Beifall von den PIRATEN)

Frau Kollegin von Boeselager, wir können ein bisschen nachsichtig sein oder müssen das nicht überinterpretieren, wenn man sich Gedanken macht, warum dieser Antrag von Rot-Grün gerade jetzt vorgelegt worden ist. Das gehört, denke ich, dazu; das kann man vielleicht unter „Parlamentsschläue“ abbuchen. Wir haben die Kollegen im Ausschuss jetzt ja zu Gast, den Vorsitzenden und seinen Stellvertreter von der Benelux-Union. Wir können dort dann konkret anhand dieses Antrages mit diesen beiden Herren diskutieren. Ich sehe das durchaus positiv.

Natürlich möchte auch ich mich dem Dank der Kollegen an Herrn Vizepräsidenten und Vorsitzenden der Parlamentariergruppe NRW-Benelux Uhlenberg anschließen, der die letzte Reise in die Provinz Limburg organisiert hat. Dort konnten wir uns gemeinsam davon überzeugen, wie die Zusammenarbeit gut läuft und wo es noch die eine oder andere Schwierigkeit gibt.

Ich denke, uns verbinden viele gemeinsame Interessen. Dazu gehört der Bereich Bildung. Dazu gehört der Bereich Arbeitsmobilität, der auch im Antrag angesprochen wurde. Damit zusammenhängend gehört auch der Bereich Verkehrsplanung da

zu, auf den Kollege Ellerbrock schon hingewiesen hat.

An der Stelle kann ich mir nicht ganz verkneifen, darauf hinzuweisen, warum der Antrag mir persönlich ein bisschen sympathisch geworden ist. Das hängt mit einem kleinen Fehler zusammen, sage ich einmal, der aber zu verschmerzen ist. Denn er unterstreicht die Intention des Antrages quasi noch einmal, indem er das Land Luxemburg als Nachbarland bezeichnet und sozusagen an die NRWGrenze rückt. Da geht Intention über Geografie. Aber das können wir an der Stelle, glaube ich, durchgehen lassen.

Aus meiner persönlichen Erfahrung kann ich berichten, dass die Zusammenarbeit sicherlich besser klappt. Mit der eurobahn kann man problemlos bis nach Venlo fahren. Der Bereich Tourismus funktioniert sicherlich auch gut und ist weiterhin ausbaufähig.

Natürlich hat Herr Kollege Ellerbrock recht. Hier erleben wir wieder viele Worte vonseiten von RotGrün, von der Landesregierung. Wir vermissen aber ein bisschen Taten. Darüber müssen wir sprechen. Der Kollege Ellerbrock ist mir da zuvorgekommen. Das Thema „Eiserner Rhein“ ist ganz wichtig; aber auch die Betuwe-Linie hängt mit dem Bereich Verkehr eng zusammen. Es ist so, dass auf der anderen Seite der Grenze schon erhebliche Vorarbeiten erbracht wurden und wir in der Bringschuld sind, um das Zusammenwachsen unserer Länder voranzubringen. Da müssen wir unseren Teil der Verantwortung und da muss die Landesregierung ihren Teil der Verantwortung schultern.

Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass der erste Punkt des Antrages für mich als Vorsitzenden des Ausschusses für Europa und Eine Welt ein bisschen an der Sache vorbei geht. Dort wird verlangt, der Minister solle doch über die Fortschritte der Zusammenarbeit berichten: Der Landtag fordert dazu auf.

Natürlich kann der Minister jederzeit im Europaausschuss vortragen. Nur hoffe ich, dass ich ihn bald auch in einer Ausschusssitzung persönlich begrüßen kann. Bei der letzten Sitzung war er wahrscheinlich aus wichtigem Grund verhindert. Jetzt ist er leider auch nicht da. Ich hoffe, er zeigt uns in Zukunft deutlicher sein Interesse an der Thematik.

Natürlich stimmen wir der Ausschussüberweisung zu und freuen uns auf gute Beratungen. – Danke schön.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kern. – Für die Landesregierung spricht in Vertretung von Herrn Minister Lersch-Mense Herr Minister Schmeltzer.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Sehr geehrter Herr Kollege Kern, selbstverständlich sind es wichtige Gründe, die Minister Lersch-Mense heute hier entschuldigen. Es werden auch, wenn er nicht im Ausschuss anwesend ist, wichtige Gründe sein. Das steht nicht im Gegensatz zu der Wichtigkeit des Themas.

Deswegen freue ich mich sehr, dass der Landtag durch den Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen die Zusammenarbeit der Landesregierung mit dem Beneluxraum auf die Tagesordnung gesetzt hat. Schon allein die Überschrift dieses Antrages bringt zum Ausdruck, dass genau dies uns ein besonderes Anliegen ist.

Als Landesregierung haben wir dafür gesorgt, dass sich die bereits bestehende Zusammenarbeit mit dem Beneluxraum erfolgreich fortentwickelt. So haben wir in einer Vorreiterrolle gemeinsam mit unseren Beneluxpartnern eine Strategie für die Zusammenarbeit mit dem gesamten Beneluxraum erstellt. Wir haben es geschafft, vielen Einzelprojekten einen strategischen Rahmen zu geben und der Zusammenarbeit einen roten Faden zu verleihen. Uns ist es damit gelungen, diese nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ erheblich zu intensivieren und damit zu verbessern.

Insbesondere haben wir es geschafft, dass sich die bisher vor allem bilateral geprägte Kooperation – ganz im Sinne unserer Strategie und maßgeblich durch uns vorangetrieben – immer mehr zu einer multilateralen Zusammenarbeit ausweitet. Dies gilt insbesondere für die trilaterale Zusammenarbeit mit den Niederlanden und Flandern etwa in wirtschaftlichen Themenfeldern.

Als nur ein Beispiel möchte ich den Chemiegipfel am 18. November 2015 nennen, an dem auf Einladung von Minister Duin auch niederländische und flämische Unternehmer und politische Vertreter teilnehmen werden, um unsere Kooperation auszubauen. Denn wir gemeinsam bilden die stärkste Chemieregion hier in Europa.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, unser Ziel ist es, die Chancen und Potenziale, die sich in der Zusammenarbeit und in dem Zusammenwachsen Nordrhein-Westfalens und des Beneluxraums ergeben, zu nutzen. Dies kann nur gelingen, wenn sowohl die sichtbaren als auch die unsichtbaren Hindernisse an den Grenzen abgebaut werden und wenn wir trotz der in einzelnen Bereichen durchaus vorhandenen Konkurrenzbeziehung enger kooperieren.

Dies gilt etwa auch im Bereich der Arbeitsmobilität, wo wir nicht nur gemeinsam mit Belgien und den Niederländern, sondern auch mit der Benelux-Union eng zusammenarbeiten. So haben wir die elektronische Grenzpendlerberatung für den NRW-niederländisch-belgischen Grenzraum gemeinsam mit den

Beneluxpartnern und der Benelux-Union konsolidiert und vereinheitlicht. Statt vieler Einzelangebote existiert nun ein gemeinsames und gut strukturiertes, umfassendes Informationsangebot über die Internetseite der Benelux-Union.

Gerade dieser Bereich der Arbeitsmobilität steht nicht zuletzt im Hinblick auf den demografischen Wandel in unserem ganz besonderen Interesse. Noch immer gibt es viele Hemmnisse, die nur schrittweise abgebaut werden können und die wir nach und nach abbauen.

Zum Beispiel stellen wir gemeinsam mit den Euregios sicher, dass neben der erwähnten elektronischen Beratung die so wichtige persönliche Beratung nicht nur erhalten bleibt, sondern auch ausgebaut und an der gesamten deutsch-nieder

ländischen Grenze vereinheitlicht wird. So werden Synergieeffekte genutzt und wird die Qualität erhöht.

Auch haben wir die Zusammenarbeit der deutschen und niederländischen Statistikbehörden initiiert, die eine Studie zur Arbeitsmobilität erarbeitet haben. Diese Studie haben IT.NRW und das niederländische Statistikbüro am 19. August in der LPK vorgestellt. Zum ersten Mal liegt uns jetzt eine solide Datenbasis vor, die uns erlauben wird, die Arbeitsmobilität zielgerichtet zu unterstützen.

Auch sind wir mit den Niederlanden erfolgreich in einen Dialog über eine vereinfachte Diplomanerkennung, insbesondere in den nachgefragten Bereichen wie Pflege und Erziehung, getreten.

Als ein Ergebnis haben wir am 19. Oktober 2015 in Maastricht eine Arbeitskonferenz mit Praktikern aller Seiten durchgeführt, in der Hemmnisse konkret identifiziert wurden, die wir nunmehr beseitigen möchten. So haben wir zum Beispiel mit der niederländischen Seite im Bereich der Erzieherausbildung vereinbart, dass wir die fehlenden Ausbildungselemente identifizieren – seien es Pflichtpraktika, seien es inhaltliche Fragestellungen –, die der Anerkennung der Gleichwertigkeit der Diplome im Wege stehen. Das ist eine ganz praktische und aktive Maßnahme zur Unterstützung der Arbeitsmobilität.

Der Antrag der Fraktionen beinhaltet auch die Bitte an die Landesregierung, einen Sachstandsbericht zur grenzüberschreitenden Notfallversorgung vorzulegen. Dem werden wir ebenfalls sehr gerne nachkommen. Es ist uns ein großes Anliegen, die sehr gut und pragmatisch funktionierende grenzüberschreitende Notfallversorgung auf eine gesicherte rechtliche Basis zu stellen. Das sind wir den Notfallversorgern, aber auch den Bürgern schuldig.

Wir befinden uns hier in enger Abstimmung mit unseren Beneluxpartnern, die sich aber nicht zuletzt wegen schwieriger Kompetenzfragen nicht immer als einfach erweisen. Das MGEPA ist hiermit intensiv befasst. So finden immer laufende Abstimmungen mit dem MGEPA, dem Bundesgesundheitsmi

nisterium und der belgischen Seite statt, um hier zu einem Ergebnis zu kommen. Für Januar 2016 ist zudem ein Gespräch zwischen dem Kabinettschef der belgischen Gesundheitsministerin und dem MGEPA geplant. Manchmal müssen wir halt dicke Bretter bohren und kommen nicht so schnell voran, wie wir es wünschen. Aber am Ende werden wir zu einem guten Abkommen gelangen.

Wie Sie sehen, befinden wir uns auf einem guten Weg. Die Zusammenarbeit mit dem Beneluxraum ist sehr lebendig, vielseitig und bedeutet einen Gewinn für und in NRW und für den gesamten Beneluxraum. Wir werden weiter daran arbeiten. Mein Dank – das möchte ich hier nicht versäumen – gilt ganz besonders unseren Beneluxpartnern für die hervorragende Zusammenarbeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. – Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Deshalb schließe ich die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 16/10075 an den Ausschuss für Europa und Eine Welt. Die abschließende Abstimmung soll dort in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer für diese Überweisungsempfehlung ist, den darf ich um das Handzeichen bitten. – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist jeweils nicht der Fall. Damit ist diese Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.

Ich rufe auf:

9 Leben retten – Förderung der Ersten Hilfe und

Wiederbelebung durch Laien bringt mehr Erfolg

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/10079

Ich eröffne die Aussprache und erteilte als erster Rednerin für die antragstellende FDP-Fraktion Frau Abgeordneter Schneider das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der plötzliche Herztod ist eine der häufigsten Todesursachen in Deutschland. Theoretisch kann es jeden von uns und vor allem überall treffen: daheim, am Arbeitsplatz, irgendwo in der Öffentlichkeit. In fast 70 % aller Fälle sind die Menschen dann nicht alleine, andere Menschen sind vor Ort anwesend.

Was passiert aber im Körper? Vereinfacht kann man sagen: Die Herzfunktion fällt plötzlich aus. Das Herz pumpt kein Blut mehr in den Kreislauf. Das

Gehirn und die Organe werden nicht mehr mit Blut und somit nicht mehr mit Sauerstoff versorgt. Der Betroffene wird bewusstlos und atmet nicht mehr. Dies geschieht innerhalb weniger Sekunden.

Dann ist ein schnelles Handeln erforderlich. Denn es reicht nicht, unter der Rufnummer 112 einen Arzt anzurufen. Eine sofortige Herzdruckmassage ist notwendig. Wenn diese umgehend durchgeführt wird, kann in fast jedem zweiten Fall eine Rückkehr des Kreislaufs erreicht werden und somit die Überlebensrate massiv gesteigert werden.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, selbstverständlich würden Sie alle in dem beschriebenen Fall helfen wollen. Doch wie viele Personen in diesem Raum würden rein statistisch mit Wiederbelebungsmaßnahmen beginnen? Nach den aktuellen Umfragen der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin gerade einmal 15 %, also in unserem Fall 36 Personen von 237. Das entspricht, dass man sich das ein bisschen bildlicher vorstellen kann, ganz grob der FDPFraktion und der Regierungsbank daneben. Das ist zu wenig, viel zu wenig, denn jedes Jahr treten zwischen 80.000 und 100.000 Fälle von plötzlichem Herztod in Deutschland auf.

Allein durch eine Steigerung der Überlebensrate von 10 auf 20 % durch eine erfolgreiche LaienReanimation ließen sich 5.000 Leben pro Jahr retten. Das entspricht in etwa der Anzahl der jährlichen Verkehrstoten in Deutschland.

Leider steht Deutschland bei diesem wichtigen Thema im internationalen Vergleich hintenan. Während in den skandinavischen Ländern schon mehr als 60 % der Laien eine Herzdruckmassage beginnen, geben Befragte in Deutschland an, dass ihnen entweder die Informationen über Erste Hilfe fehlen oder dass sie in Sorge sind, etwas falsch zu machen, erst recht, wenn es sich um ein Kind handelt, das wiederbelebt werden muss.

In unserem Antrag fordern wir als FDP-Fraktion deshalb, dass es deutlich mehr niedrigschwellige Informationen über die Reanimation geben muss. Je früher Kenntnisse vermittelt werden können, desto besser. Deshalb muss Nordrhein-Westfalen auch schon bei den Schülerinnen und Schülern ansetzen.

Der Deutsche Rat für Wiederbelebung hat etwa ein Konzept erstellt, das eine Unterrichtung durch speziell ausgebildete Lehrer ab der 7. Klasse vorsieht. Sachsen und Sachsen-Anhalt haben dieses bereits umgesetzt. Nun ist auch NRW gefordert, Unterricht in Erster Hilfe flächendeckend an den Schulen einzuführen.

Alle Eltern erhalten bei der Geburt ihres Kindes das gelbe Vorsorgeheft. Ohne großen Aufwand könnte so auch eine Information über Erste Hilfe am Kind mit dem Hinweis auf entsprechende Kurse überreicht werden. Auch wäre es ein Leichtes, bei einer öffentlichen Präsentation des Gesundheitsministeri

ums Informationen über Erste Hilfe anzubieten oder zumindest auf der Website darüber zu informieren. Erste Hilfe gehört schließlich nicht ins Hinterzimmer, sondern in die Öffentlichkeit. Nur so können wir Hemmungen und Ängste abbauen. Hier ist das Ministerium in der Pflicht, dringend entsprechende Angebote zu erarbeiten.