Diese Aktuelle Stunde ist keine Flüchtlingsdebatte über all die Maßnahmen, die inzwischen beschlossen sind. Es ist keine Debatte über die Frage, ob wir das schaffen – ich bin sicher, wir werden das schaffen –, sondern es geht um die Frage: Wie kann man zu Problemlösungen statt zum parteipolitischen Streit kommen?
Gestern hat SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann in Berlin gesagt: Ich bin sicher, dass wir am Donnerstag ein Ergebnis finden. Die Deutschen erwarten von der Regierung, dass diese sich zusammenrauft.
SPD-Parteichef Gabriel hat gesagt: Wir sollten von Merkel lernen – cool bleiben. Die SPD wird sich sinnvollen Kompromissen nicht verschließen.
Der Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, Herr Sellering: Wir werden die Aufnahme einer so großen Zahl an Flüchtlingen nur meistern können, wenn die großen Parteien ihre Kräfte bündeln.
Deshalb, liebe Frau Ministerpräsidentin, hätte ich mir gewünscht, auch Sie hätten einen Beitrag dazu geleistet, wie man zu einer Lösung kommt.
In der heutigen Presse liest man, dass Sie dem bayerischen Ministerpräsidenten noch heute vorwerfen, den Rechtsextremismus zu fördern. Das, was Sie da machen, ist nicht förderlich.
Ich glaube nur, Herr Gabriel hat recht, dass es morgen zu Ergebnissen kommen muss. Wenn man einen Kollegen, der die größte Belastung an der österreichisch-bayerischen Grenze auszuhalten hat und, nebenbei bemerkt, eine bessere Integrationspolitik als Nordrhein-Westfalen macht,
Worum geht es in der Sache? Ich hätte mir in dieser Phase – man kann ja Wünsche äußern, und man merkt, eine Ministerpräsidentin erfüllt sie nicht – Ruhe, Sachlichkeit, Kompromissbereitschaft gewünscht.
Die Frage lautet: Was ist denn die Lösung? Herr Jäger schlägt vor: Wir brauchen Reisezentren. Das Wort „Reisezentren“ ist selbst der SPD etwas zu absurd vorgekommen – Schönrederei. Deshalb hat man am Samstag beschlossen, die SPD will Einreisezentren.
Aber für das, was Sie jetzt Einreisezentren nennen, erheben Sie die Forderung: Nur wer sich registrieren lässt, kriegt soziale Leistungen. – Das ist eine pure Selbstverständlichkeit, die schon heute gilt. Natürlich muss sich jeder registrieren lassen.
Aber Sie haben im Juni schon mit den Ministerpräsidentenkollegen in Berlin verabredet, dass in den nordrhein-westfälischen Erstaufnahmeeinrichtungen nach drei Monaten die Verfahren abgeschlossen werden sollen, ähnlich wie die Bayern das schon machen.
Bei uns sind keine BAMF-Mitarbeiter und keine Verwaltungsrichter in den Erstaufnahmestellen, weil wir vier dezentrale Erstaufnahmeeinrichtungen haben. Da sind Albaner drin, aber nicht nur.
Es gibt überhaupt keinen Kompass dieser Landesregierung in dieser Frage. Deshalb kommen wir da auch nicht weiter.
Wenn wir dann hier genau das einfordern, „Sie müssen zwischen Schutzbedürftigen und Menschen aus den Demokratien des Balkans unterscheiden“, dann sagt Herr Jäger: Ich kann mir ein solches Modell nicht vorstellen. Sie beschließen in einem Antrag wohlfeile populistische Forderungen wie: Eine zentrale Unterbringung der Flüchtlinge aus den Westbalkanländern fördert eine gesellschaftliche Spaltung. – Frau Ministerpräsidentin sagt: Sie unterscheiden in gute und böse Flüchtlinge.
Meine Damen und Herren, die Differenzierung, wer schutzbedürftig ist und wer nicht, hat inzwischen am Samstag auch die SPD anerkannt. Ich wäre froh, wenn wir das, was in Berlin beschlossen wird, hier in Nordrhein-Westfalen umsetzen. Dann wäre schon sehr viel bewegt.
Frau Ministerpräsidentin, Sie haben gesagt, Sie wollten Ihren inneren Kompass nicht verändern. Das finde ich richtig. Ich werde meinen auch nicht verändern. Nur: Wir wären froh, wenn Sie einen inneren Kompass in der Flüchtlingspolitik in Nordrhein-Westfalen hätten.
Das geht hin und her. Vor zwei Wochen erklären Sie in der „Rheinischen Post“: Wir brauchen Obergrenzen. – Jetzt sagen Sie gestern im Hintergrund: Wir wollen doch keine Obergrenzen.
Sie müssen einfach mal beginnen, das umzusetzen, was verabredet ist. Dann können wir auch wirklich sagen: Wir schaffen das.
Ich würde Sie bitten, Frau Ministerpräsidentin, heute nicht weiter Ministerpräsidentenkollegen beschimpfen, sondern morgen einen konstruktiven Beitrag leisten, damit wir zu einer Lösung in dieser Frage in Berlin kommen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich teile vieles, was der Kollege Laschet zur Konzeptionslosigkeit der Landesregierung gesagt hat. Aber wir müs
sen aufpassen, dass wir in der Debatte jetzt nicht mit Wortklauberei den Eindruck vermitteln, dass sich die demokratischen Parteien im Grunde genommen nur um Begrifflichkeiten streiten und nicht in der Lage sind zu handeln.
Wir sind in einer Situation – und das muss man sich verdeutlichen –, in der auch durch Kommunikationsfehler der Bundesregierung international der Eindruck entstanden ist, es gebe eine Generaleinladung nach Deutschland. Und dieser Kommunikationsfehler muss korrigiert werden, meine Damen und Herren.
Es ist der Eindruck entstanden: Das, was früher der American Dream war, ist heute der German Dream. – Wir werden nicht für all diejenigen, die zu uns kommen, diesen German Dream erfüllen können, sondern da wird es bittere Enttäuschungen geben; denn auch ein reiches und starkes Land wie die Bundesrepublik Deutschland kann auf Dauer nicht 10.000 Flüchtlinge pro Tag aufnehmen. Die Zahlen müssen sinken.
Für die Freien Demokraten steht dabei fest, dass wir keine Grundrechtsänderung wollen. Wir wollen keine Mauern, und wir wollen schon gar keinen Schießbefehl. Aber wir wollen, dass gehandelt wird und dass die Bevölkerung, die Ängste hat, eine Bundesregierung erlebt, die tatsächlich handelt und die sich nicht über die Medien auseinandersetzt, ob die Dinge Transitzonen oder Einreisezentren heißen.
Meine Damen und Herren, worum geht es dabei denn? Es geht darum, dass wir große Einrichtungen brauchen, in denen diejenigen, die nur eine geringe Bleibechance haben, ein zügiges, gestrafftes Verfahren bekommen und nicht in die Kommunen überführt werden, sondern direkt, wenn das Verfahren negativ beschieden ist, auch in die Heimatländer wieder zurückgeführt werden.
Meine Damen und Herren, es geht dabei eben nicht nur um diejenigen aus den sicheren Herkunftsländern des Balkans, sondern es geht darum, dass wir den Trend aus Afghanistan und Pakistan jetzt stoppen, weil wir das am Ende nicht mehr schaffen werden. Deswegen muss an dieser Stelle auch ein klares Stoppsignal an diejenigen gerichtet werden, die keine Bleibeperspektive haben, die nicht tatsächlich persönlich verfolgt werden.
Wir wollen Kriegsflüchtlinge schützen, wir wollen politisch Verfolgte schützen. Wenn es nach dem Willen der Liberalen ginge, dann hätten wir schon längst ein Einwanderungsrecht, das auch anderen eine entsprechende Perspektive bieten würde.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie uns das gemeinsam angehen! Lassen Sie uns auch gemeinsam die unterschiedlichen Fluchtursachen stärker in den Blick nehmen! Wir haben Ihnen dazu einen Vorschlag für eine Bundesratsinitiative unterbreitet. Wir wollen nicht das Grundrecht auf Asyl antasten, sondern wir wollen die Asylgesetzgebung insgesamt ergänzen, weil wir für die unterschiedlichen Gruppen auch unterschiedliche Antworten brauchen.