Protocol of the Session on September 14, 2012

Schlüsselzuweisungen ist nicht gerecht. Beseitigen Sie den Zirkelschluss, der insbesondere in den Anwendungsbedingungen der Regressionsanalyse

liegt. Es ist nicht nachvollziehbar, warum zum Beispiel im GFG bei der Bedarfsermittlung steigende Ausgaben automatisch berücksichtigt werden, während auf der Gegenseite – also bei der Ermittlung der zu berücksichtigenden Finanzkraft der Kommunen – mit fiktiv berechneten Werten jeweils eine halbe Milliarde Einnahmen aus Steuern unberücksichtigt bleibt. Was soll das?

Dann sollten Sie sich und uns – besonders auch Ihren Wählerinnen und Wählern – die Frage beantworten, warum Ihnen ein Bürger in kreisangehörigen Städten bei den Zuweisungen durchschnittlich 281 € Wert ist und ein Bürger in kreisfreien Großstädten durchschnittlich 472 €. Sie sollten auch die Frage beantworten, warum Sie innerhalb der letzten Jahre bei gleichen Steigerungsraten für Steuerkraft und Soziallasten dem kreisangehörigen Raum 3,4 % und dem kreisfreien Raum 48,7 % mehr gegeben habe. Nutzen Sie doch die Chance mit dem vom Land selbst in Auftrag gegebenen Gutachten zur Weiterentwicklung des kommunalen Finanzausgleichs als Schritt in die richtige Richtung.

Ich komme zum Schluss. Entwickeln Sie endlich ein ganzheitliches und ressortübergreifendes Konzept zur Beseitigung der kommunalen Finanzkrise. Oder ist Ihnen doch nicht jeder Bürger gleich viel wert? Wo ist die Politik mit Herz? Es ist dringend Zeit zum Handeln. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Kuper. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Mostofizadeh.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jetzt sind wir wieder bei der Haushaltspolitik. Der Kollege Kuper hat vorgetragen, das GFG sei die Verteilung des Mangels. NRW müsse seine Hausaufgaben machen.

(Vorsitz: Vizepräsident Oliver Keymis)

Was heißt das denn auf Deutsch? Soll mehr Geld ins GFG, Herr Kollege? Hat die CDU-Fraktion Vorschläge, das GFG aufzustocken? Haben Sie einen Deckungsvorschlag für diesen Vorschlag? Oder ist das wieder diese pauschale Schuldzuweisung ohne Hinterlegung von Fakten, ohne einen konkreten Vorschlag zur besseren Ausgestaltung?

Das werde ich Sie jetzt bei jedem einzelnen Punkt mantrahaft fragen, weil ich es für die Koalition nicht zulassen möchte, dass Sie auf der einen Seite den Bürgermeistern erzählen, man könne in NordrheinWestfalen Geldsäcke irgendwohin verfrachten, während es auf der Seite niemanden gibt, der den Kon

toabgang irgendwie bestätigen und ausgleichen müsse. Das lassen wir Ihnen einfach nicht mehr durchgehen.

Ich möchte noch einen Punkt anfügen, der bei der Frage der Finanzausstattung sowohl des Landes als auch der Kommunen unmittelbar eine Rolle spielt. Wir hatten im Sommerloch ja eine sehr interessante Auseinandersetzung um das Ehegattensplitting. Der Vorsitzende der CDU-Fraktion hat gesagt, Hintergrund dieser Auseinandersetzung sei gewesen, dass das Bundesverfassungsgericht zu Recht entschieden habe, dass eingetragene Lebenspartnerschaften im Steuerrecht – das bezog sich jetzt nicht auf die Einkommensteuer, sondern auf eine andere Steuerart – gleichzustellen sind. Dazu sagte Herr Laschet, er finde das richtig, es würde aber einiges an Mehrkosten auslösen, wenn man ansonsten am Ehegattensplitting nichts ändern würde. Daraufhin sagte Herr Laumann, das finde er nicht richtig, denn eine steuerliche Gleichstellung sei nur für die klassische Familie zugelassen, wo die Frau – ich glaube, in seinem Familienbild ist es der Mann, der für die Frau sorgt – für den Mann sorgt. Das Verfassungsgericht werde das nicht zulassen.

Jetzt kommen wir zu dem Vorschlag, der vielleicht auch einmal politisch interessant werden könnte und der zu Mehreinnahmen und zu mehr Steuergerechtigkeit in Deutschland führen würde, nämlich die Abschaffung oder Reduzierung des Ehegattensplittings und die Einzelbesteuerung der Menschen. Das würde nämlich 23 Milliarden € an Mitnahmeeffekten zumindest abschmelzen. 42,5 % dieser 23 Milliarden € würden an die Länder gehen. Also würde auch Nordrhein-Westfalen davon profitieren. 15 % bekämen die Kommunen unmittelbar.

Vielleicht klären Sie das mal innerhalb der CDU. Wir als Grüne sind sehr wohl für eine gerechte Besteuerung. Das heißt, die Alleinerziehende soll aus unserer Sicht nicht stärker besteuert werden als die Frau – das ist völlig in Ordnung, jeder hat sein eigenes Bild –, die im Rahmen des Zusammenlebens mit einem Mann besteuert wird.

Ich komme zum Thema „Struktur des GFG“. Das GFG ist – das hat der Innenminister vorgetragen – letztlich unverändert gegenüber den Ausgangsdaten von 2012. Allerdings ist es in der Masse deutlich angewachsen. Auch das ist natürlich eine Folge von Steuermehreinnahmen, aber auch Folge der Weiterführung der Besserstellung durch die – jetzt sogar noch höheren – Einbeziehung der Grunderwerbsteuer und auch Folge des Verzichts auf den Konsolidierungsbeitrag der Kommunen beim Landeshaushalt.

Das bejubeln Sie seitens der CDU nicht, sondern Sie tun wieder so, als wenn wir das GFG geschröpft hätten, als wenn wir es reduziert hätten. Sie fangen auch noch eine Neiddebatte an, die fachlich – das

ist jetzt mehrfach ausgetragen worden – schlichtweg unsinnig ist.

Natürlich ist es richtig, was der Innenminister gesagt hat: Wenn wir die Pflicht der Kommunen, die Sozialausgaben zu reduzieren, weiter vorantreiben können – das war ja ein Verdienst der Opposition und der Länder im Bundesrat, dass es im Rahmen der Fiskalpaktverhandlungen eine weitere Entlastungsstufe bei der Grundsicherung gibt; das ist von der Bundesregierung ja nicht freiwillig zugestanden worden – kann es ab 2014 zu einer weiteren Entlastung kommen.

Zu all dem müssen CDU und FDP immer wieder gezwungen werden, getrieben werden. Schon die erste Zusicherung war ja gegen den Willen des Bundesfinanzministers Schäuble, bei der Grundsicherung im Alter für eine Entlastung zu sorgen. Auch das ist im Rahmen des Hartz-IV

Kompromisses erst vom Bundesrat, also von den Bundesländern, gegen den Willen der Bundesregierung erstritten worden. Sie tun immer so, als wenn Sie selbst darauf gekommen wären. Nein, es gab Druck aus den Ländern. Und das war auch Folge des gemeinsamen Beschlusses dieses Landtages, in diese Richtung zu arbeiten.

Meine Fraktion und diese Koalition stützen das GFG. Wir halten es für den richtigen Weg. Wir sind sehr froh, dass dort mehr hineinfließt.

Das möchte ich noch mitgeben: Die Beitragsveränderungen an den Zuschüssen des Landes innerhalb des GFG gehen ausschließlich auf Steuerkraftveränderungen und nicht auf politische Veränderungen an der Struktur des GFG zurück.

Insofern freue ich mich auf die Beratung und hoffe, dass es eine breite Zustimmung geben wird.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Herzlichen Dank, Herr Mostofizadeh. – Für die Fraktion der FDP spricht nun Herr Kollege Abruszat.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Jäger, ich habe der Regierungserklärung der Frau Ministerpräsidentin am Mittwoch genau gelauscht.

(Minister Ralf Jäger: Das ist gut! Und hoffent- lich auch etwas gelernt!)

Sie hat etwas zum Thema „Ländliche Räume“ gesagt. Ich zitiere:

„Auch die ländlichen Räume in NordrheinWestfalen sind wirtschaftsstark, lebenswert und wichtige Standorte vieler kleiner und mittlerer Unternehmen.“

Weiter hat sie ausgeführt:

„Durch eine gezielte nachhaltige Entwicklung des ländlichen Raums wollen wir daher Beschäftigung und Wertschöpfung dort erhalten.“

(Beifall von der FDP – Minister Ralf Jäger: Das ist so etwas von richtig!)

Das ist völlig richtig! Ich frage mich nur, wie das gelingen soll, wenn Sie mit diesem Gemeindefinanzierungsgesetz dem ländlichen Raum zeitgleich den finanziellen Boden unter den Füßen entziehen. Denn das ist Tatsache.

(Beifall von der CDU)

Da lohnt auch ein Blick in das GFG 2011. Schon da haben wir es mit 135 Millionen € zulasten des ländlichen Raums zu tun gehabt. Im GFG 2012 sind es wieder mehr als 100 Millionen € zulasten des ländlichen Raumes.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn innerhalb von nur zwei Jahren fast eine viertel Milliarde Euro innerhalb des Systems zulasten des ländlichen Raums umverteilt wird, dann kann man nicht von einem fairen, ausgewogenen Gemeindefinanzierungsgesetz sprechen. Das ist unsere Überzeugung.

Herr Minister Jäger, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Regierungskoalition, ich will Ihnen noch drei Punkte im Zusammenhang mit dem GFG aufzeigen:

Erstens kritisieren wir den fehlenden Reformwillen bei der gesamten Struktur der Kommunalfinanzierung. Sie wissen ganz genau, dass das heutige System des kommunalen Finanzausgleichs viele Webfehler hat. Sie wissen ganz genau, dass das GFG in seiner heutigen Form keine Zukunft mehr hat. Aber anstatt jetzt den großen Wurf anzugehen, doktern Sie herum, drehen an ein paar Stellschrauben des bestehenden Systems, verschieben die Auseinandersetzung, trauen sich offensichtlich

nicht, das Thema anzugehen.

Der zweite Punkt: Sie nehmen dilettantische Anpassungen an einzelnen Punkten vor, statt das Gesamtsystem anzugehen. Ich nenne als Thema die Einwohnerveredelung. Auch das bringt weitere Unwuchten.

Der dritte Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist natürlich der Soziallastenansatz: Wir müssen uns mal vor Augen halten, was das eigentlich heißt. Es ist so, dass der Ansatz derart deutlich ausgeweitet worden ist, dass er nun für die Verteilung von rund einem Drittel der gesamten GFGMittel verantwortlich ist. Ein Drittel der GFG-Mittel sind für den Soziallastenansatz! Meine Damen und Herren, das ist nicht fair, das ist nicht ausgewogen. Das ist eben keine gerechte kommunale Finanzierung.

(Beifall von der FDP)

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ich gestatte gerne eine Zwischenfrage.

Der Kollege Stein von der Fraktion der Piraten möchte eine Zwischenfrage stellen.

Oh, gern, wunderbar.

Bitte schön, Herr Kollege.

Wenn Sie das bitte nicht auf meine Redezeit anrechnen.

Die Zeit rechnen wir nicht an.

Die Uhr tickt nämlich schon unerbittlich.

Herr Abruszat, vielen Dank für Ihre Ausführungen. Ich habe jetzt natürlich an Sie die Frage, wie Sie das letztendlich finanzieren wollen – wie Sie mich das gestern auch gefragt haben. Anscheinend bemängeln Sie ja, dass zu wenig Geld vorhanden ist. Wo sind da konkret Ihre Lösungsansätze?