Protocol of the Session on May 21, 2015

(Beifall von der SPD)

Die Bilder, die Sie hier entwickeln, sind durchaus geeignet, den Wissenschaftsstandort NRW zu diskreditieren. Das scheint Ihnen im Rahmen Ihrer politischen Agenda offensichtlich als Kollateralschaden hinnehmbar zu sein. Ich finde das unverantwortlich, Herr Dr. Berger!

(Beifall von der SPD)

Es ist geradezu abenteuerlich, dass Sie in einem Antrag darüber räsonieren, dass die Landesregierung die Universitäten und Hochschulen mit Detailsteuerungen und Bürokratie überzieht, um auf der anderen Seite dann die Aufnahme des Themenkomplexes „Digitalisierung“ in den von Ihnen bekämpften Landeshochschulentwicklungsplan zu fordern. Mittlerweile hat die CDU ihre ordnungspolitische Orientierung in Gänze verloren.

Wie verrückt das ist, wird auch im Forderungskatalog erkennbar. Da wird gefordert, dass einheitliche Standards für die kompatible übergreifende Nutzung der IT-Systeme und internetbasierte Services festgelegt werden. Gleichzeitig wird wenige Sätze weiter postuliert, dass die Hochschulen bei der Auswahl der Anbieter, Plattformen, kooperierenden Unternehmen und Institutionen frei sein müssen. Was denn nun, Herr Dr. Berger? Ein wenig mehr Mühe sollte man sich schon bei der Formulierung eines Antrages machen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ich will für meine Fraktion nicht missverstanden werden. Ich finde es ausdrücklich richtig, sich mit dem Thema „digitales Lernen im Wissenschaftsbereich“ in unserem Ausschuss intensiver zu befassen. Dann erwarte ich allerdings auch, dass zu Beginn eines Diskurses nicht bereits die Ergebnisse festgeschrieben werden.

Wie kommen Sie eigentlich zu der Aussage, dass die Chancen der Digitalisierung hierzulande eher bei der Weiterqualifizierung und der Reduzierung des immer heterogener werdenden Ausgangsniveaus der Studierenden liegen? Wollen Sie die Chancen von digitalen Lernportalen in einem immer internationaler werdenden Bildungsmarkt allein den amerikanischen Hochschulen überlassen? Warum blenden Sie beispielsweise das enorme Potenzial

von digitalen Bildungsangeboten im Bereich des Fernstudiums aus?

Selbstverständlich werden wir der Überweisung des Antrages ausdrücklich zustimmen. Ich hoffe, dass dann auch eine Anhörung stattfinden wird, in der es gelingt, der antragstellenden Fraktion Einblicke in die digitale Wissenschaftslandschaft in NRW zu vermitteln, um die CDU ein Stückchen vom Offline- in den Onlinemodus zu überführen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Bell. – Nun spricht für die grüne Fraktion Frau Kollegin Dr. Seidl.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist doch immer wieder erstaunlich, wie viel Energie Sie darauf verschwenden, Herr Berger, unsere Hochschullandschaft in Nordrhein-Westfalen, die wirklich exzellent aufgestellt ist, in Ihren öffentlichen Beiträgen herunterzureden und schlechtzumachen.

(Beifall von den GRÜNEN – Dr. Stefan Ber- ger [CDU]: Das ist eine Unverschämtheit!)

Hören Sie doch auch endlich einmal damit auf, ganz bewusst Halbwahrheiten zu streuen. Die von Ihnen eben erwähnte Betreuungsrelation entspricht einfach nicht den aktuellen statistischen Grundlagen.

(Zuruf von Dr. Stefan Berger [CDU])

Tatsache ist doch, dass das Verhältnis von 20,8 Studierenden pro wissenschaftlicher Stelle im Jahr 2012 zwar kein optimales ist – übrigens ist es das nirgends in der Bundesrepublik –, aber NRW keineswegs die rote Laterne hat.

Ja, ich bin mit Ihnen der Meinung, dass das Thema „Digitalisierung“ mit all seinen Implikationen zu den großen gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit gehört. Das stimmt. Wenn Sie in diesem Zusammenhang den Landeshochschulentwick

lungsplan ansprechen, dann sage ich: Richtig, das fällt für mich unter den sechsten Planungsgrundsatz, der sich auf die problemlösungsorientierte Forschung bezieht.

Ich wundere mich nur, Herr Berger – darüber haben wir schließlich auch im Ausschuss diskutiert –, dass wir uns im Rahmen der Forschung jetzt mit den großen gesellschaftlichen Herausforderungen auseinandersetzen sollen. Denn davon wollten Sie doch bislang überhaupt nichts wissen.

(Zuruf von Dr. Stefan Berger [CDU] – Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Entscheiden Sie sich doch einmal. Das war für Sie doch bislang immer rot-grüne Ideologie, und jetzt

wollen Sie es hier im Landeshochschulentwicklungsplan festklopfen!

Ihr Antrag ist im Übrigen thematisch nicht fokussiert, sondern eher ein Sammelsurium aus Einzelforderungen. Die Überschrift suggeriert allerdings, dass es um das digitale Lernen geht.

Es ist völlig richtig, dass die neue Generation der Studierenden durch ihre Sozialisation extrem medienaffin ist.

(Dr. Stefan Berger [CDU]: Aha!)

Jedoch gibt es durchaus Defizite in der Medienkompetenz, die im Rahmen von Studium und Lehre an den Hochschulen ausgeglichen werden müssen. Dies erfordert aber auch die Bereitschaft der Lehrenden, sich mit den neuen Formen der digitalen Wissensvermittlung vor dem Hintergrund der Mediendidaktik aktiv auseinanderzusetzen, um die eigene Lehre weiterzuentwickeln.

In diesem Kontext wäre es sinnvoll, wenn die Hochschulen verpflichtende Weiterbildungsangebote für neu berufene Lehrkräfte festschreiben und im Zuge des Qualitätsmanagements auch aussagekräftige Indizes für die Qualität der Lehre ausarbeiten. Denn es geht in der Tat auch in diesem Bereich um die Qualität der Lehre, und dazu gehört, dass der Lehre insgesamt eine angemessene Wertschätzung und entsprechende Reputation eingeräumt werden

muss.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Die Antwort geben also nicht nur die sogenannten Massive Open Online Courses allein, die Sie in Ihrem Antrag erwähnen und die gewissermaßen eine Spielart des Blended Learning darstellen. Es muss vor allem darum gehen, wie es etwa die RWTH Aachen beispielhaft vormacht, eine Digitalisierungsstrategie für die gesamte Hochschule zu entwickeln.

(Dr. Stefan Berger [CDU]: Aha!)

Ja, gucken Sie sich das doch einmal an. Ich weiß gar nicht, ob Sie sich bislang schon einmal mit den einzelnen Hochschulen auseinandergesetzt haben.

(Zuruf von Dr. Stefan Berger [CDU])

Das Ziel der RWTH lautet wie folgt: Bis Ende 2017 soll dort flächendeckend in allen Fakultäten eine anspruchsvolle Lehre erreicht werden, bei der rund 50 % aller Veranstaltungen im Sinne eines BlendedLearning-Szenarios weiterentwickelt werden. Dazu gehört die flächendeckende Einführung elektronischer Prüfungen und Klausuren. Dazu gehören auch gezielte Weiterbildungsangebote für den Einsatz von Blended-Learning-Elementen.

Die RWTH beteiligt sich im Übrigen, wie andere NRW-Hochschulen auch, am Hochschulforum Digitalisierung. Das ist eine nationale, unabhängige Plattform auf Initiative von Hochschulrektorenkonfe

renz, CHE und Stifterverband, die den Dialog über die Digitalisierungspotenziale der deutschen Hochschulen bündelt und moderiert. Dort werden im Austausch mit Experten aus Politik, Hochschulpraxis, Wissenschaftsverwaltung, hochschulaffinen Unternehmen und Studierenden die Chancen wahrgenommen, die die Digitalisierung der Lehre eröffnet.

Insofern, Herr Dr. Berger, sehe ich nicht, dass wir jetzt noch ein zusätzliches Koordinationsgremium brauchen, für das das Land auch noch detaillierte Vorgaben machen soll, sozusagen Top-down, von oben herab.

(Dr. Stefan Berger [CDU]: Das machen Sie doch die ganze Zeit!)

Es ist natürlich richtig, dass die Digitalisierung im Wissenschaftsbereich nur mit einer zeitgemäßen technischen Ausstattung der Hochschulen erfolgen kann. Aber was genau fordern Sie hier eigentlich? Die Hochschulen können doch längst selbst entscheiden, was sie anschaffen wollen. Das Land gibt das Geld, macht aber keine inhaltlichen Vorgaben. Es liegt doch schließlich in der eigenen Verantwortung jeder Hochschule, ihre Hard- oder Software auf den neuesten Stand der Technik zu bringen.

Insofern, zeigen Ihre Forderungen, Herr Dr. Berger, wie wenig Sie die Situation an den Hochschulen und den Stand der Technik im IT-Bereich kennen. Sie zeugen vor allem von einem mangelnden Vertrauen in die Koordinationsfähigkeit der Hochschulen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Auf der einen Seite propagieren Sie immer das Ziel der Eigenverantwortung unserer Hochschulen, tragen es gewissermaßen wie eine Monstranz vor sich her, und auf der anderen Seite fordern Sie uns jetzt auf, ein Koordinationsgremium einzurichten, das die Kooperation der Hochschulen in vielen Detailfragen initiieren soll.

Ich frage mich: Wie passt das zusammen? Vielleicht schaffen Sie es bei der Debatte im Ausschuss, diesen Widerspruch aufzuklären. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Dr. Seidl. – Die FDP-Fraktion wird nun vertreten von Frau Kollegin Freimuth.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dies ist der zweite Antrag der CDU-Fraktion, der mit den dramatischen Zeilen „Die Chancen der Digitalisierung im Wissenschaftsbereich nutzen“ beginnt.

Das Thema des heute zu beratenden Antrags ist durchaus relevant. Onlinekurse und BlendedLearning-Formate sind in der Tat nützlich, um die

Lehre an den Hochschulen zu verbessern. Natürlich ist es sinnvoll, Wissen über das Internet zugänglich zu machen. Selbstverständlich ist es eine Erleichterung für Studierende, eine Vorlesung auch von zu Hause aus hören zu können. Ja, durch die Digitalisierung bieten sich auch Möglichkeiten, Studierende besser zu betreuen.

Das ist aber auch nicht erst seit gestern so, liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, gerade was das Blended Learning betrifft. Die Ergänzung der Präsenzlehre um E-Learning wird doch an den Hochschulen in Nordrhein-Westfalen beständig weiterentwickelt.

Ein Medium für den besseren Austausch zwischen Dozenten und Studierenden haben Sie in Ihrem Antrag übrigens nicht erwähnt: die E-Mail. Das ist bei den Hochschullehrern ein sehr verbreitetes Mittel, mit dem durchaus schon eine Nutzung der digitalen Medien für die Betreuung der Studierenden Einzug gehalten hat.