Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist eine gesamtstaatliche Aufgabe von Land, Bund und Kommunen, aber auch – und das ist die vierte wichtige Säule – eine Aufgabe der Menschen vor Ort. Noch haben wir eine Willkommenskultur in diesem Land: dass Menschen spontan spenden, sich in unseren Flüchtlingseinrichtungen ehrenamtlich engagieren und dabei genau wissen, dass diejenigen, die zu uns kommen, manchmal eine wochen- oder monatelange Flucht hinter sich haben, Schlimmes erlebt haben, alles zurückließen und vielfach traumatisiert sind. Es gibt viel bürgerschaftliches Engagement. Das ist nicht hoch genug zu schätzen.
Aber zugleich, Herr Kuper, sind Rattenfänger in diesem Land unterwegs, beispielsweise in Dortmund, wo eine rechtsextremistische Partei jeden Montagmorgen vor anderen Asylbewerberunterkünften auf
läuft, mit Fackelmärschen versucht, die Menschen einzuschüchtern, sich zu einer selbsternannten rechten Bürgerwehr uniformiert und jetzt, ganz aktuell, perfide Fahndungsplakate herausgegeben hat, laut denen gemeldet werden soll, wo sich bei der evangelischen Kirche Asylbewerber verstecken. Sie versuchen, die Öffentlichkeit anzustacheln.
Bei allem Streit um Kosten und Verfahren dürfen wir aber nicht aus den Augen verlieren, dass in diesem Land keine Parteipolitik auf Kosten der Flüchtlinge stattfinden darf – auch nicht in diesem Haus.
Herr Kuper, deshalb ärgert mich diese Debatte. Sie ärgert mich, weil Sie versuchen, die Interessen des Landes Nordrhein-Westfalen und seiner 396 Kommunen gegeneinander auszuspielen und die Verantwortung zu verdrehen. Ich frage Sie allen Ernstes: Welche politischen Geländegewinne wollen Sie eigentlich mit dieser Debatte heute erzielen?
Statt solche Debatten über die angebliche oder die tatsächliche Verantwortung des Landes zu führen – leider ist Herr Laschet nicht da –, würde ich mir sehr wünschen, dass der CDU-Landesverband, an der Spitze sein Vorsitzender, mit dafür sorgt, dass es am 18. Juni klare Entscheidungen gibt, und dass er seinen Einfluss auf die Bundespolitik dahin gehend zur Geltung bringt, dass sie klar sagt: Wir haben eine humanitäre, aber wir haben auch eine strukturelle finanzielle Verantwortung, um das Ganze hier zu stemmen.
Zuletzt: Bei allen Debatten über die Flüchtlingspolitik in diesem Land darf man eines nicht vergessen: In diesem Land leben 80 Millionen Menschen. Wir sind die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt. 400.000 Menschen in diesem Land aufzunehmen, ihnen in einem rechtsstaatlichen Asylverfahren die Chance zu geben, hierzubleiben, ist eine echte Herausforderung, aber keine Überforderung, und wir werden das schaffen. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich den Antrag gelesen habe, habe ich mich gefragt, warum er eigentlich auf der Tagesordnung steht. Wir hatten das alles nämlich schon. Wir hatten das hier, und wir hatten das in den Ausschüssen; wir haben das alles schon rauf- und runterdiskutiert, und jetzt liegt es hier wieder auf dem Tisch.
Herr Kuper, ich habe gedacht, wahrscheinlich ist das jetzt ein Vorwand, um sich noch einmal lieb Kind bei den Kommunen zu machen. Die Kommunen wissen ganz genau, in welcher Situation das Land ist. Die Kämmerinnen und Kämmerer wissen, dass das Land schon sehr viel getan hat und sehr viel tut.
Die Redner von vorhin haben schon darauf hingewiesen: 91 Millionen € wurden beim ersten Flüchtlingsgipfel beschlossen, im Nachtragshaushalt – vor 20 Minuten haben wir darüber gesprochen – waren es weitere 180 Millionen €. 800 neue Stellen wurden für die Bildung und Betreuung der Flüchtlinge geschaffen.
Darauf sind Sie mit keinem Wort eingegangen. Stattdessen lese ich in diesem Antrag nur Forderungen an die Landespolitik. Keine einzige Forderung richtet sich an die Bundesregierung.
Ich will das noch einmal ganz deutlich sagen: Die Menschen, die zu uns kommen, kommen nicht nach Düsseldorf, Wuppertal, Solingen, Moers oder Duisburg, sondern sie kommen nach Deutschland. An der Stelle wird völlig klar, wer eigentlich am meisten in der Verantwortung steht.
Herr Abruszat hat gerade gefragt: Was ist neu an diesem Antrag? – Nichts ist neu. Das Einzige, was neu ist, ist, es wird gefordert, dass die Landesregierung die Zustände in Afrika sortiert und dafür sorgt, dass die Menschen dort bleiben und nicht versuchen, zu flüchten. Das ist neu.
Aber auch das hatten wir schon im letzten Plenum, nämlich im Entschließungsantrag von Rot-Grün, in dem wir geschrieben haben, wir bitten die Bundesregierung, darauf hinzuwirken, dass die Menschen in den Herkunftsländern bleiben und die Zustände dort verbessert werden. Auch das ist also noch nicht einmal richtig neu. Aber Sie haben wahrscheinlich etwas gesucht, was ein bisschen von dem Thema kommunale Finanzen ablenkt.
Auf drei Punkte will ich noch einmal kurz eingehen. Der eine ist die Beschleunigung des Asylverfahrens. Auf Druck dieser Landesregierung hat das Bundesinnenministerium gesagt, wir schaffen noch einmal 2.000 Stellen. Es war der Druck dieser Landesregierung, der dazu geführt hat, dass man dort zur Einsicht gekommen ist.
Der Ausbau der Kapazitäten in den Landeseinrichtungen: Herr Kuper, es ist nicht nötig, uns aufzufordern, dass wir dort mehr tun. Wir machen schon viel mehr.
Und ich beziehe mich auf den regelmäßigen Bericht des Innenministers im Innenausschuss – Herr Kruse weiß das, vielleicht hätten Sie Herrn Kruse den Antrag noch einmal querlesen lassen sollen –: An der Stelle wird uns regelmäßig darüber berichtet,
Er geht sehr zügig voran, und wir wissen das. Sie waren dabei – Herr Kruse, auch Sie waren dabei –, als wir Ende letzten Jahres, nämlich Oktober oder November, gesagt haben, wir werden versuchen, die Kapazitäten auf 10.000 auszubauen. Das war für Sie völlig in Ordnung.
Jetzt haben wir auf einmal die Prognosen vom BAMF, durch die wir auf einmal merken, wie sich die Zahlen entwickeln. Das heißt für uns, dass wir nachsteuern müssen.
Die berühmte Glaskugel jedoch, von der Herr Körfges gerade gesprochen hat, haben wir leider nicht. Auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat diese Kugel nicht. Deswegen besteht für uns an dieser Stelle immer nur die Chance, zu reagieren. Das versuchen wir händeringend. Wir suchen nach Möglichkeiten, um die Flüchtlinge unterzubringen. Vielleicht können Sie hierbei mithelfen. Immerhin schreiben Sie, dass es eine gemeinsame Verantwortung von Land, Bund und Kommunen gibt. Es wäre gut, wenn Sie dabei mithelfen würden, dass wir das hinbekommen.
Zu den Kosten für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen hat, glaube ich, jeder alles gesagt. Wir haben dargestellt, was wir alles tun: Im letzten Jahr haben wir 91 Millionen € beschlossen. Gerade haben wir über 180 Millionen € diskutiert, die werden ebenfalls beschlossen werden. Die Menschen sehen, dass Nordrhein-Westfalen seiner Verantwortung durchaus nachkommt.
Auch das Thema „gemeindeübergreifende Flüchtlingsunterbringung“ war in der letzten Innenausschusssitzung völlig klar, Herr Kruse. Das hätten Sie dem Kollegen vielleicht auch mitteilen sollen: Auch hier haben wir kein Problem damit, wenn die Kommunen übergreifend miteinander reden.
Ich möchte mit den Worten des Innenministers schließen, der gesagt hat, dass wir für eine gemeinsame Verantwortung kämpfen müssen, damit die Akzeptanz in der Bevölkerung und in den Kommunen so bleibt, wie sie heute Gott sei Dank vorhanden ist. Dafür wäre ich Ihnen dankbar. Dieser Antrag hilft dabei aber nicht. Lassen Sie ihn uns trotzdem im Innenausschuss erneut diskutieren. Ich freue mich nicht darauf.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hätte mir schon gewünscht, dass wir die Debatte sehr ernst
haft führen. Wenn sich der Kollege auf eine solche Debatte nicht freut, ist das schon sehr bedauerlich.
Herr Körfges, in der Tat sagen wir: Das ist eine gemeinschaftliche Aufgabe! – Nur bedeutet „gemeinschaftliche Aufgabe“ auch, dass die Träger dieser Aufgabe möglichst gleich stark sein müssen. Die Schwächsten sind in diesem Zusammenhang die Kommunen. Selbst Sie, der Sie auch im kommunalpolitischen Ausschuss tätig sind, werden nicht in Abrede stellen können, dass wir in NordrheinWestfalen einmal mehr das Schlusslicht bilden und die rote Laterne haben. Nur scheint die rote Laterne für Sie mittlerweile ein Zeichen für „vorne“ zu sein; denn nach dem, wie hier diskutiert wird, hat man den Eindruck, dass in Nordrhein-Westfalen alles in Ordnung ist.
Frau Düker, Ihre Ziele sollten Sie am Bedarf orientieren und nicht an den vermeintlichen Möglichkeiten. Für uns ist das Problem die Wirklichkeit in Nordrhein-Westfalen. Da sieht es nämlich so aus, dass nur 25 % der Kosten der Kommunen übernommen werden – und das bei Kommunen, die sowieso schon die Klammsten im ganzen Lande sind. Das ist das Problem: Ein ganz wesentlicher Brückenpfeiler der Solidarität wird demnächst wegbrechen, wenn Sie diese Kommunen weiter überlasten und dazu zwingen, zur Refinanzierung der Kosten für die Flüchtlingsaufnahme die Grundsteuern zu erhöhen.
Herr Kollege, ich glaube, wir sind uns alle einig, dass die Kommunen die Hauptlast tragen. Das ist richtig. Unterstützung ist notwendig. Das haben wir im Übrigen auch gemacht.
Meine Frage lautet: Sie haben in Ihrem Antrag unter den Punkten 4 und 5 eine vollständige Kostenübernahme durch das Land nicht nur für die im FlüAG gezählten Flüchtlinge, sondern auch noch für alle Geduldeten gefordert. Werden Sie dazu einen entsprechenden Antrag für den zweiten Nachtragshaushalt stellen, in dem die Flüchtlingskosten enthalten sind? Wenn ja: Wie sieht Ihre Deckung aus?
Vielen Dank für Ihre Zwischenfrage. Sie haben es in der Tat richtig erkannt – einige Kollegen scheinen das nicht erkannt
zu haben –: Es geht uns darum, dass wir zu einer Spitzabrechnung der Aufwendungen für die Kommunen kommen, wie in Bayern, wie im Saarland, wie in Mecklenburg-Vorpommern, wie demnächst in Sachsen-Anhalt und seit gestern im Grunde auch in Baden-Württemberg. Dort macht man es zwar über Pauschalen, kommt aber auch auf 100 %.
Das führt natürlich dazu, dass die 183 Millionen €, die Sie dieses Jahr vorgesehen haben, nicht ausreichen werden. Da sind wir bei Ihnen. Deshalb werden wir gemeinsam mit Ihnen in den Fachausschüssen darüber zu diskutieren haben, wie wir die Deckung hinbekommen.
Es wurde immer die Frage gestellt, wo der Beitrag der CDU ist; das haben Sie außer Acht gelassen. Die Verhandlungen mit dem Bund finden am 18. Juni 2015 statt, und diese Verhandlungen werden durch unsere Diskussion flankiert. Der nordrheinwestfälische Innenminister hat doch das Problem, dass er mit Innenministerkollegen aus Bayern, aus Baden-Württemberg usw. zusammensitzt, die eine Spitzabrechnung mit den Kommunen machen, während bei uns nur 25 % bis 30 % abgerechnet werden. Der Bund stellt sich dann die Frage: Wie will denn Nordrhein-Westfalen sicherstellen, dass die Kommunen – die leider nicht mit am Tisch sitzen werden – die Refinanzierung dieser Mittel hinbekommen?
Das ist eine Frage, die in der Tat sehr spannend ist. Wir würden uns wünschen, dass auch die Kommunen am 18. Juni 2015 an einer solchen Verhandlung teilnehmen könnten. Dabei verkennen wir nicht die Aufgaben des Bundes, wir sehen aber die besondere Aufgabe des Landes und natürlich die der Kommunen, die hier am Ende der Kette stehen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich fortfahren. In der Tat handelt es sich um eine gemeinschaftliche Aufgabe. Herr Körfges, Integration findet in den Kommunen statt, und nur dort findet sie statt. Dort wird eine tolle Arbeit geleistet. Das wird hier keiner in Abrede stellen wollen.
In der Tat nehme ich diese Willkommenskultur auch wahr. Ich nehme aber auch wahr, dass sich immer mehr Kommunen in Nordrhein-Westfalen finanziell nicht mehr in der Lage sehen, diese Lasten zu tragen. Das ist nicht etwa nur ein Vortrag der CDU, sondern das sehen mittlerweile auch die Spitzenverbände so. Ich brauche Sie nur auf die entsprechenden Resolutionen dazu zu verweisen.
In der Tat wird das Problem für Kommunen immer größer. Ich will gar nicht von dem Stärkungspaktkommunen reden, die überhaupt keine Möglichkeit haben, diese Dinge vernünftig aufzugreifen, es sei denn durch Steuererhöhungen. Im Endeffekt wird nämlich diese Mehrbelastung dazu führen, dass diese Willkommenskultur zu kippen droht. Das ist aber nicht unser Interesse. Deshalb wollen wir jetzt schon darauf hinwirken, gemeinsam dafür zu sor