Protocol of the Session on March 20, 2015

(Unruhe – Glocke)

wir fahren in der Tagesordnung fort. Aufgerufen ist Tagesordnungspunkt 6. Für die Fraktion der CDU hat Herr Stein das Wort. Bitte schön.

Danke sehr. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer, auch die Menschen am Stream! Seien Sie herzlich gegrüßt! Wir haben gestern sowohl in der LEP-Debatte als auch in der Debatte über unseren Antrag „Industrie 4.0“ über das unterdurchschnittliche Wachstum der Wirtschaft in NRW gesprochen. Hätten wir in den letzten 25 Jahren hier nur ein durchschnittliches Wachstum gehabt, könnten wir heute jährlich gut 3 Milliarden € Steuermehreinnahmen haben. Statt ständig neue Schulden zu machen, könnten wir mittlerweile Schulden zurückzahlen.

(Zuruf von Norwich Rüße [GRÜNE])

Wer gut regieren will, muss die Probleme des Landes erkennen, benennen und dann abstellen. Nicht wir reden NRW schlecht, sondern Sie regieren es schlecht.

(Beifall von der CDU)

Nordrhein-Westfalen braucht daher eine Politik für mehr Wirtschaftswachstum. Die Debatten gestern haben gezeigt, die Botschaft ist bei Rot-Grün immer noch nicht angekommen. Deshalb werden wir auch zukünftig die Probleme des Landes in unseren Anträgen immer wieder klar und gerne wiederholt genauso benennen.

(Beifall von der CDU – Matthi Bolte [GRÜNE]: Vor allem wiederholt! – Lachen von den GRÜNEN)

Ja. Nun, Herr Bolte, es ist doch so, wenn Sie nicht jagen wollen, tragen wir die Jäger zum Jagen. Mit dem Thema „Jagd“ kennen Sie sich doch sowieso gut aus. Deswegen ist es auch notwendig, dass wir immer wieder – wiederholt – darauf aufmerksam machen.

NRW braucht eine Politik, die Wachstumskiller wie den LEP verhindert und Wachstumstreiber wie die Digitalisierung fördert. Es drängt sich doch der Eindruck auf, dass diese Landesregierung nicht für, sondern gegen die Interessen des Landes arbeitet.

(Beifall von der CDU)

Allein eine erfolgreiche Umsetzung von Industrie 4.0 in Nordrhein-Westfalen kann das jährliche Wirtschaftswachstum nach Berechnung des Branchenverbandes BITKOM und des Fraunhofer-Instituts um 1,7 Prozentpunkte steigern. Industrie 4.0 braucht allerdings eine digitale Infrastruktur, und

wer Maschinen vernetzen will, braucht dazu nun einmal Netze.

Und wer Industrie 4.0 umsetzen will, braucht dafür den Mittelstand. 94 % unserer Industrieunternehmen sind mittelständisch geprägt. Das bedeutet, wer Industrie 4.0 umsetzen will, braucht Breitband im ländlichen Raum. Denn unser industrieller Mittelstand ist insbesondere dort zu Hause.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Schauen wir uns die Zahlen mal an!

Herr Vogt hat gestern wieder einmal davon geschwärmt, dass NRW beim Breitbandausbau spitze sei. Für die Ballungsgebiete mag das stimmen, im ländlichen Raum verfügt aber bislang nur ein Drittel der Haushalte über schnelles Internet von mindestens 50 Mbit pro Sekunde.

2012 waren laut Auskunft der Landesregierung 67,9 % der Haushalte an das schnelle Internet angebunden; 2014 waren es 70,7 %. Bei einer jährlichen Steigerung von gerade einmal 1,4 Prozentpunkten wird in Nordrhein-Westfalen frühestens 2035 jeder Haushalt an das schnelle Internet angeschlossen sein.

(Zuruf von der CDU)

Der Freistaat Bayern, Herr Vogt – Sie sehen, wir nutzen das Beispiel noch immer –, hat eine wesentlich höhere Dynamik hingelegt.

(Beifall von der CDU )

Bayern hat im gleichen Zeitraum fast 20 Prozentpunkte geschafft, also jährlich nahezu 10 Prozentpunkte.

(Matthi Bolte [GRÜNE]: Die hatten heute auch mehr Sonnenfinsternis!)

Diese Dynamik zeigt, Herr Bolte, wenn wir nicht bald Gas geben, werden wir auch hier mal wieder abgehängt werden.

Um Gas zu geben, fehlen aber derzeit Fördergelder. Sie machen wenig über ELER, vielleicht noch ein klein wenig über EFRE. Auch das Förderprogramm bei der NRW.BANK wird nicht nachgefragt. Ideen, wie Sie wenigstens die Ausbaukosten senken könnten, haben Sie ebenfalls nicht. Und jetzt kommen die Mittel aus der Digitalen Dividende II. Immerhin hofft die Ministerpräsidentin so auf bis zu 140 Millionen €. Klar, da entstehen Begehrlichkeiten, und es bleibt die Frage: Wie setzen wir die Mittel effizient ein?

Eines direkt vorneweg, eine Zweckentfremdung für den Ausgleich von Lücken im Landeshaushalt wäre absolut kontraproduktiv. Auch die Eingliederung der Fördermittel in ein bestehendes Darlehensprogramm oder die Neuauflage eines Darlehensprogramms wäre wenig effizient. Eine solche Strategie würde den für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes notwendigen Breitbandausbau keinen Schritt vo

ranbringen. Die entfallenden Mittel aus der Versteigerung der 700-MHz-Frequenzen müssen vollständig in ein eigenständiges Förderprogramm zum Ausbau des schnellen Internets eingebracht werden.

Unserem Antrag können Sie eine ganze Reihe von Forderungen an ein solches Programm entnehmen, die wir im Ausschuss ausführlich diskutieren sollten.

Lassen Sie mich kurz auf drei dieser Forderungen eingehen:

Erstens. Nach Berechnungen des TÜV Rheinland entfallen etwa 40 % der Investitionskosten auf gerade einmal 5 % aller Haushalte. NRW braucht daher ein Programm, das insbesondere diese Haushalte in den Fokus nimmt.

Zweitens. Sofern wir andere Projekte fördern müssen, sind solche vorrangig zu bedienen, die eine hohe Upload-Rate gewährleisten, da diese insbesondere für gewerbliche Anwender immer wichtiger wird.

Drittens. Das Förderprogramm muss zudem technologieneutral für NGA-Projekte gestaltet werden, auch für solche NGA-Projekte, bei denen die kupferbasierte sogenannte letzte Meile in ihrer Übertragungsfähigkeit optimiert ist. Sonst werden wir die Breitbandziele des Landes verfehlen.

Ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Stein. – Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Schmeltzer.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lieber Herr Kollege Stein, es ist schon bewundernswert, in welch kurzer Zeit Sie in den Reihen der CDU-Fraktion die Redebausteine dieser Fraktion übernommen haben, natürlich auch das Beispiel Bayern. Ich gebe Ihnen noch einen Tipp: Lassen Sie sich von Herrn Laschet noch den Redebaustein Sachsen geben, dann haben Sie die Zitate, die in jeder Rede auftauchen, fast komplett. Das Tariftreue- und Vergabegesetz – das habe ich vergessen – hätte auch noch vorkommen müssen.

(Zuruf von Lutz Lienenkämper [CDU] – La- chen von Matthi Bolte [GRÜNE])

Herr Lienenkämper, gut, dass wir nächste Woche im Ausschuss die Evaluation debattieren. Gucken Sie sich die einmal an! Die ist gnadenhaft gut. Darauf freue ich mich schon. Da bricht ein Szenario von Ihnen zusammen; das wird eine tolle Sache.

(Beifall von den GRÜNEN)

Zur heutigen Sache – Herr Lienenkämper muss gehen, er will gar nicht weiter zuhören –: In Ihrem Antrag zur digitalen Dividende fordern Sie, die zukünftig möglicherweise auf NRW entfallenden Mittel aus einer zukünftigen Versteigerung durch die Bundesregierung in ein eigenständiges Förderprogramm einzubringen. Ich gehe jetzt nicht auf die einzelnen Punkte Ihres Antrags ein, dafür haben wir im Ausschuss noch genügend Zeit.

Für dieses Thema allgemein – die Betonung liegt auf „allgemein“ – kann man durchaus Sympathie haben. Das haben wir auch dadurch schon bewiesen, dass es bei uns schon längst Thema ist, dass die Regierungserklärung der Ministerpräsidentin dazu auch schon einiges gesagt hat.

Aber Sie wissen doch ganz genau, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, dass Sie mit diesem Antrag das Fell eines Bären verteilen wollen, der noch gar nicht erlegt ist. Die Fakten sind doch anders. Wir kennen doch alle bislang nur die Vereinbarung, die Länder an den zu erwartenden Erlösen der Versteigerung zu beteiligen. Sie kennen die Zusage der Landesregierung – ich hoffe es jedenfalls, ich unterstelle, dass Sie zuhören, wenn wir und die Landesregierung reden –, die zu erwartenden Mittel eins zu eins für den Breitbandausbau und den digitalen Wandel in unserem Land einzusetzen. Das ist von Ministerpräsidentin Kraft dargelegt worden, und natürlich vom Minister Duin immer wiederholt worden.

Sie wissen wesentliche Dinge, wir wissen wesentliche Dinge, aber heute noch nicht. Aber, wie hoch werden denn die Erlöse sein? In welchem Jahr und wie werden die Erlöse vom Bund an die Länder überwiesen? Daher mein Appell: Verantwortlich und politisch Handeln sollte man dann, wenn man weiß, worüber man spricht. Wir sollten klare Ziele für den Ausbau des Breitbandes und der Internetinfrastruktur dann auch genauso formulieren. Wir sollten natürlich – klar, wir sind dabei – offene Fragen klären, Entscheidungen dann zügig treffen, wenn die Grundlagen für diese Entscheidungen auch vorhanden sind. Deswegen ist es nur konsequent, dass natürlich dieser Antrag überwiesen wird in der Hoffnung, dass er auch dann beraten wird, wenn wir wissen, was auf Nordrhein-Westfalen an Geldern zukommt.

Die gleiche konsequente Weise ist angebracht bei der Überweisung des Piratenantrages. Auch den werden wir dann ordentlich beraten. Ich gehe davon aus, dass dies noch einige Zeit dauern wird, da die Versteigerung ja noch nicht in der nächsten Woche ansteht. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Schmeltzer. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Bolte.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Stein hat sich eben schon gefreut, dass er hier die Textbausteine aus den Breitbandanträgen der CDU wiederholen durfte. Ich habe es gestern schon gesagt: Nur zur Übung, nicht zur Strafe – das ist mittlerweile der fünfte Antrag, bei dem Sie diese Textbausteine zusammenkopiert haben. Nichtsdestotrotz debattieren wir immer wieder gerne darüber.

Mich erinnert das so ein bisschen an die SimpsonsFolge „Eine Klasse für sich“, in der Marge Simpson ein Chanel-Kostüm in einem Outlet findet. Um in den Springfielder Country Club aufgenommen zu werden, muss sie dieses jeden Tag ändern. So viel sei verraten: Am Ende wird das Kostüm von Homer Simpson zerstört, und die Familie landet bei Krusty Burger statt im Country Club. Das ist vermutlich auch das Schicksal, das mit Ihren Anträgen passiert.

So steht am Ende doch immer dasselbe darin. Ein bisschen Quengelei über die Landesregierung, ein bisschen Schlechtreden unseres Landes, ein Sammelsurium digitalpolitischer Selbstverständlichkeiten. Der Wein, den Sie hier immer wieder in neue Schläuche gießen, wird immer älter.

Die wesentlichen Forderungen, sind doch schon lange auf die Schiene gesetzt. Wir haben eine klare Zweckbindung, dass die Frequenzerlöse vollständig dem Breitbandausbau zugutekommen müssen. Das ist basiert auf einer Vereinbarung, die bereits 2012 im Vermittlungsverfahren zur TKG-Novelle getroffen wurde. Es ist dem Einsatz der Länder zu verdanken, dass diese Vereinbarung jetzt auch tatsächlich Realität wird. Die Bundesregierung hat sie lange Zeit immer wieder infrage gestellt. Die nordrheinwestfälische Landesregierung hat dafür gekämpft, dass das so Realität wird. Und dafür bin ich sehr dankbar.

Wir werden bei der Digitalen Dividende II die Fehler der Digitalen Dividende I, die die damalige schwarzgelbe Landesregierung gemacht hat, nicht wiederholen. Wir werden dafür sorgen, dass das Geld bei dem Breitbandausbau und bei den Menschen in unserem Land ankommt, denn da gehört es hin. Sie haben damals keine Maßnahmen angemeldet, Sie hatten kein vernünftiges transparentes Verfahren. Das werden wir anders machen.