Protocol of the Session on March 19, 2015

Die schwierigste Frage in NRW wird die Auswahl der Kommunen sein, die solche Mittel abrufen können, also letztlich die Definition von „Finanzschwäche“. Eine allgemeingültige Definition des Begriffs der Finanzschwäche gibt es nicht – weder im Bund noch in den einzelnen Ländern. Das heißt, jedes Land muss seine eigene Definition finden und selbst entscheiden, welche Kommunen finanzschwach sind und welche es nicht sind.

Meine Damen und Herren, mir liegt daran, dass wir in Nordrhein-Westfalen – Sie wissen, hier gibt es einen ausgeprägten Hang, den Verfassungsgerichtshof anzurufen, wenn einzelne Kommunen mit dem Handeln des Gesetzgebers nicht einverstanden sind – das Ganze auf Grundlage von amtlichen Statistiken machen, die gerichtsfest sind.

Um ehrlich zu sein, halte ich überhaupt nichts von einem Eigenbau verschiedener Parameter, die zusammengewürfelt werden. Ich könnte mir deshalb gut vorstellen, auf erprobte, gerichtsfeste Kriterien – vielleicht sogar auf eine Kombination von erprobten Kriterien – zurückgreifen zu können.

Wir haben mit den kommunen Spitzenverbänden bereits erste Gespräche zu diesem Thema aufgenommen. Mir liegt daran, ein größtmögliches Maß an Übereinstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden zu erreichen – sowohl im Verhältnis der drei Spitzenverbände untereinander aber auch im Verhältnis zwischen den kommunalen Spitzenverbänden und dem Land Nordrhein-Westfalen.

Ich komme zum Schluss. Es gibt im Volksmund die Weisheit: Beim Geld hört die Freundschaft auf. – Sie können sicher sein, meine Damen und Herren: Ich werde bei der Umsetzung dieser Investitionsinitiative alles tun, dass dieser Satz gegenüber den Kommunen in Nordrhein-Westfalen widerlegt werden kann. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister Jäger. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich die Aussprache eröffne, will ich darauf hinweisen, dass es neben dem Entschließungsantrag der Fraktion der CDU zwischenzeitlich auch einen Entschließungsantrag der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen gibt – Drucksache 16/8217. Er wird gerade gedruckt. Sobald er fertig gedruckt ist, wird er hier im Plenum verteilt.

Zur Aussprache hat Herr Kollege Kuper für die CDU-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal herzlichen Dank für Ihre Worte, Herr Minister. Die darin enthaltenen positiven und lobenden Aussagen zum Sonderinvestitionsprogramm des Bundes werden von der CDU-Landtagsfraktion voll und ganz geteilt.

(Beifall von der CDU)

Aber alles Weitere

(Zurufe von der SPD: Oh! Ah!)

war ein Stück Enttäuschung. Seit Ihrer Ankündigung vom vergangenen Freitag, eine solche Unterrichtung der Landesregierung zu einem Bundesinvestitionspaket vornehmen zu wollen, habe ich mich gefragt, was Sie, Herr Minister, uns hier heute verkünden wollen; denn es geht um eine Investitionsoffensive des Bundes und nicht des Landes. Warum dann diese Unterrichtung?

Angesichts des großen Bedarfes bei den Kommunen war davon auszugehen, dass Sie bei einer Umsetzung die große Chance nutzen würden, eine eigene Leistung des Landes zu verkaufen, also sozusagen neben der Investitionsrakete des Bundes eine ergänzende Investitionsrakete des Landes zu zünden. – Nein, Fehlanzeige! Auf das Land bezogen, sind Ihre Worte für unsere Städte und Gemeinden schwer enttäuschend.

(Beifall von der CDU)

Oder sollte es darum gehen, den Verantwortlichen der Bundesregierung einfach mal nur Danke zu sagen?

(Jochen Ott [SPD]: Vor allen Dingen den So- zialdemokraten!)

Das wäre auch eine gute Kultur. Das könnte guter Brauch werden, angesichts der Dimension der vielen Bundeshilfen einfach mal nur Danke zu sagen. – Aber Fehlanzeige! Nächste Enttäuschung für die Menschen in unserem Land.

(Jochen Ott [SPD]: Dank Sigmar Gabriel!)

Oder sollte es darum gehen, dass Sie die Bundesregierung für ihr Beispiel einer gelungenen und beispielhaften Finanzpolitik loben, welche diese Spielräume erst schafft – ohne neue Schulden – und die Unterstützung der Kommunen in NRW ermöglicht? – Wieder Fehlanzeige!

Oder wollten Sie deutlich machen, dass der Bund das Elend der Kommunen in NRW nicht mehr ansehen wollte und an Ihrer Stelle für Investitionen bei den Städten und Gemeinden in NRW antritt? Oder sollte es einfach nur darum gehen, dass die Landesregierung hier versucht, für sich einen Erfolg zu verbuchen, der aber eigentlich dem Bundesfinanzminister und der soliden Haushaltspolitik des Bundes gebührt?

(Beifall von der CDU – Zurufe von der SPD: Oh!)

Bei aller berechtigten Freude über den Beschluss des Bundeskabinetts von gestern: Es ist ein Gesetzentwurf, der nur mit der Beteiligung des Bundesrates umgesetzt werden kann.

Sollte es also darum gehen, dass Sie uns mitteilen, dass die Landesregierung bereits die Mehrheit im Bundesrat für das Bundespaket und die Verteilerschlüssel gesichert hat, dass sie die Bedenken von Thüringen und den anderen Bundesländern, dieser Verteilungsschlüssel sei zugunsten NRWs ausgefallen, schon im Voraus aus dem Weg geräumt hat? – Nein, Fehlanzeige!

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Steht doch in Ihrem Antrag auch nicht!)

Oder soll es darum gehen, eine Selbstverständlichkeit mitzuteilen, dass nämlich die Bundesmittel zu 100 % an die Kommunen gehen? – Bemerkenswert ist, dass dies von Minister Jäger und vom Fraktionsvorsitzenden der SPD ausdrücklich betont werden muss, wobei es doch eigentlich selbstverständlich ist. Aber nach der Verteilung der BAföG-Mittel und nach der Flüchtlingshilfe des Bundes muss man bei Ihnen ja sehr genau hinschauen.

(Beifall von der CDU – Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren, es ist schon ein ungewöhnlicher Vorgang, in dieser Form eine Unterrich

tung über eine Sache vorzunehmen, an der die Landesregierung kaum beteiligt war. Das war jedoch vorhersehbar, und deshalb haben wir Ihnen einen eigenen Entschließungsantrag vorgelegt, in dem einige beispielhafte Aspekte vertieft worden sind.

Wie Sie an unserem Entschließungsantrag sehen können, enthält er viele gute Aspekte und vor allen Dingen wirkungsorientierte Umsetzungsvorschläge für unsere Kommunen in NRW. Denn darum muss es hier im Landtag gehen: schleunigst das Verfahren und die Verteilung der Bundesmittel so zu regeln, dass vor Ort schnell Klarheit über Investitionsmittel und Verteilung herrscht.

Eines muss auch weiterhin klar sein – und hier darf sich das Land nicht kleiner machen, als es gemäß seiner Verfassung ist –: Die Finanzausstattung der Kommunen ist und bleibt eine Grundsatzaufgabe des Landes – und in diesem Fall derzeit Ihre Aufgabe. So muss man immer wieder die Frage stellen, warum es den Kommunen in fast allen Bundesländern so viel besser geht als denen in NRW. Hier ist die Lage nach wie vor dramatisch.

Daher ist es gut und bedeutet einen wichtigen Impuls, dass die Kommunen dank der Bundesmittel auch in Schulen, Kitas, Breitband und Co. werden investieren können. Mehr als 1 Milliarde € für NRW ist allein in diesem Paket enthalten. Dazu kommen noch weitere Milliarden. Dabei handelt es sich um Gelder aus der Beteiligung an den Kosten der Unterkunft, der Grundsicherungsübernahme, den

Flüchtlingskosten, den Mitteln für den ÖPNV usw. Und jetzt gibt es noch einmal 3,5 Milliarden Euro für die Infrastruktur.

Wenn es an die Verteilung der Mittel geht, können wir Sie nur davor warnen, wieder ein solches Chaos wie damals beim Auflegen des Stärkungspaktes anzurichten. Das Ganze muss – da stimmen wir wieder mit Ihnen überein, Herr Minister – rechtssicher, transparent und gerecht an die strukturschwachen Kommunen verteilt werden, die dieses Geld des Bundes dringend brauchen.

Wichtig ist auch: Strukturschwach sind nicht nur Kommunen in der Haushaltssicherung, im Nothaushaushaltsrecht oder im Stärkungspakt. Nein, dabei geht es auch um die Kommunen, die nur dank Schlüsselzuweisungen, vielerlei Investitionskürzungen oder Einsparungen ihren Haushalt noch so gerade ausgleichen können.

Meine Damen und Herren, wir werden genau darauf achten, dass die Fördermittel für die Kommunen aus dem Landeshaushalt in den kommenden Jahren nicht auf anderen Wegen sozusagen eingespart werden; denn es ist nicht vorgesehen, dass die Länder jetzt damit ihre Mittel einsparen und den Landeshaushalt sanieren.

(Marc Herter [SPD]: Schließen Sie nicht von sich auf andere!)

Ja, sicherlich! Wir konnten das in 39 Regierungsjahren beobachten.

(Beifall von der CDU – Zurufe)

Ich hoffe mal, dass die Verkürzung von Antragsfristen wie beispielsweise in der Städtebauförderung nicht als Indikator hiermit in Zusammenhang steht. Deshalb werden wir die Entwicklung dieser kommunalen Zuweisungen der nächsten Jahre besonders gut beobachten.

Wichtig ist auch ein weiterer Aspekt, dass nämlich bei diesem guten Bundesprogramm auf unnötige Bürokratie verzichtet wird. Nehmen Sie sich an dieser Stelle ein Beispiel an der guten Umsetzung des Konjunkturpaketes II, für die es von allen Seiten nur Lob gab. Dabei ging es um pauschale Mittelverteilung, nachrangige Berichtspflichten, Tauschbörse usw. All das sollten Sie, Herr Minister Jäger, bei der Umsetzung berücksichtigen.

Fazit: Es bleibt also, wie befürchtet, dabei, dass es der Landesregierung – nach der schon gescheiterten Unterrichtung zur digitalen Offensive und nach der Unterrichtung über die Vorfälle in Burbach – hier darum ging, zur Abwechslung auch einmal etwas Positives im Landtag zu verkünden. Sorgen Sie dafür, dass das Geld des Bundes zu 100 % da hinkommt, wo es gebraucht wird, nämlich zu den Kommunen in unserem Land. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Kuper. – Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Körfges.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Kollege Kuper, Ihre überbordende Freude über diesen historischen Beitrag des Bundes zur Konsolidierung von Kommunalfinanzen war ja nicht zu überhören. Ich darf Ihnen ganz eindeutig sagen: Ja, wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten freuen uns über diesen Erfolg. Wir freuen uns für alle Kommunen in Nordrhein-Westfalen, die jetzt davon profitieren können, und wir sind allen, die ihren Anteil dazu beigetragen haben, von Herzen dankbar.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Herr Kuper, dieses frustrationsgeleitete Begleiten unserer gemeinsamen Aktivitäten mag wohl daran liegen, dass Ihr eigener Mitwirkungsanteil überschaubar bis gering gewesen ist. Wenn Sie zu Recht an die Verantwortung des Landes den Kommunen gegenüber erinnern, dann kann ich nur sagen: Ach, wäre es schön gewesen, wenn Sie das während Ihrer kurzen Regierungszeit auch beachtet hätten!

(Beifall von der SPD)

Wir fühlen uns – da war die Landes-CDU unter KarlJosef Laumann gegebenenfalls auch schon mal ein bisschen weiter – auf dem gemeinsamen Weg dieses Landtages, die finanzschwachen Kommunen in Nordrhein-Westfalen zu entlasten, durch das von der Bundesregierung beschlossene Programm ausdrücklich bestätigt. Wir glauben, dass das am 18. März beschlossene Programm zur finanziellen Entlastung unserer Kommunen in Nordrhein-Westfalen beitragen wird.

Wir freuen uns darauf, dass wir mit den Kommunen – ich bedanke mich beim Minister Jäger ganz ausdrücklich für den zugesagten Dialog – gemeinsam beraten werden, wie diese 3,5 Milliarden € auf Bundesebene eingesetzt werden können.