Herr Laumann, ich sage Ihnen ganz persönlich: Wir gehen jetzt in die Anhörung und werden dann eine Regelung schaffen, die rechtssicher sein muss. Das, was Sie mit dem 80-Jährigen und seinem Geburtstag angesprochen haben, ist für mich kein Dogma. Das, was Sie mit dem Schützenfest und dem Zelt angesprochen haben, ist für mich auch kein Dogma.
Das gucken wir uns genau an, und dann machen wir eine rechtssichere Regelung. Aber die Regelung sollte nicht mehr durchlässig sein wie die noch gültige. Aus meiner Sicht war es das dann auch mit den Eckkneipen. Das gehört dann auch dazu.
Also: Die Anhörung durchführen, diese genau auswerten, nicht mit dem Knüppel durchgehen, aber eine klare Regelung finden, die die Menschen auch verstehen.
Lassen Sie mich noch einige wenige Worte sagen. – Mich haben im Urlaub in den Pressespiegeln immer wieder die Diskussionen über die SteuerCDs überrascht. Ich habe eine Reihe von Kommentaren gelesen, die ich mir nicht habe vorstellen können.
Der Ankauf ist rechtmäßig; das ist keine Frage. Helmut Linssen hat angekauft. Die Rechtmäßigkeit ist gerichtlich festgestellt worden. Für mich wäre es eher sogar Pflicht der Finanzfachbeamten, dass sie, wenn sie Kenntnis von so etwas erlangen, dafür sorgen, dass sie die Informationen bekommen. Wir haben doch damals mitbekommen, dass die Selbstanzeigen danach gestiegen sind. Die Leute haben diesen Weg gesucht, was auch richtig war.
Für uns ist das Steuerabkommen so, wie es Herr Schäuble ausgehandelt hat, nicht akzeptabel. Das Steuerabkommen ist so, wie es ausgehandelt wurde, die Absicherung des Schweizer Geschäftsmodells der anonymen Konten und die Ausweitung dieser Tätigkeiten auf Standorte in NordrheinWestfalen. Das kann niemand wollen. Das sind Reiseerleichterungen für Steuerhinterzieher, nichts anderes. Als der Vertrag ausgehandelt wurde, sind die Selbstanzeigen zurückgegangen. Seit klar ist, es gibt eine konsequente Linie der von SPD und Grünen regierten Länder, steigt die Zahl der Selbstanzeigen wieder.
Insofern sagen wir zu einem Abkommen grundsätzlich Ja, aber die Konditionen müssen so sein, wie die USA sie ausgehandelt hat: keine Anonymität mehr, sondern tatsächliche Transparenz über das, was gemacht worden ist. – Dann kann man über ein Abkommen reden. Was jetzt vorgelegt worden ist, ist aus meiner Sicht jedenfalls nicht akzeptabel.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, am Ende dieser Legislaturperiode werde ich 64 Jahre alt sein, wenn gesundheitlich alles gut geht.
So ist das. Danke. – Ich war dann 17 Jahre in diesem Hohen Haus und auch 17 Jahre im Koalitionsausschuss von Sozialdemokraten und Grünen. Ich habe als Landesvorsitzender schon die erste Koalition mit verhandelt. Ich sage selbstkritisch: In allen 17 Jahren mussten wir neue Schulden aufnehmen.
Ich füge aber hinzu: Diejenigen, die bei CDU und FDP Regierungsverantwortung hatten – ob als Fraktionsvorsitzende oder Abgeordnete –, könnten alle nichts anderes von sich sagen. Herr Laumann und Herr Laschet, das können Sie hier und in Berlin nicht behaupten und das können auch Sie, Herr Lindner, Herr Dr. Papke, nicht sagen. Das ist auf Bundesebene, auf Landesebene und in fast allen Kommunen durchgängig der Fall. Wir wissen, so
kann es nicht weitergehen. Das ist völlig richtig. Wir wissen, privat würden wir nicht so handeln. Das ist auch richtig. Deswegen müssen wir vernünftig miteinander umgehen und darauf verzichten, irgendwelche populistischen Mätzchen zu machen.
Das ist ganz schwierig. Das ist mir völlig klar. Wenn es ums Sparen geht, wird es normalerweise immer etwas einsamer um den Finanzminister und auch einsamer um die haushaltspolitischen Sprecher der Fraktionen. Ich sage das aus der Erfahrung der Fraktion heraus.
Bei diesen Fragen macht die Opposition in der Regel ein außerordentlich populistisches Geschäft, wissend, dass es eigentlich anders ist. Sie macht es aber immer wieder. Ich weiß auch, die Chefredakteure fordern an einem Tag zum Sparen auf, während jemand mit einem konkreten Vorschlag am nächsten Tag so behandelt wird, dass er verrückt sein müsste, noch einmal einen konkreten Vorschlag zu unterbreiten. Das wissen wir auch.
Ich weiß, es ist viel verlangt, wenn ich zu Ihnen sage: Sie haben angekündigt, Sie würden konkrete Vorschläge vorlegen.
Es ist von einer Oppositionsfraktion viel verlangt, Konkretes auf den Tisch zu legen und durchdiskutieren zu lassen, weil man gern verstehen würde, wie es gehen könnte.
Wir haben uns auf eine strukturelle Einsparung in Höhe von 1 Milliarde € innerhalb von fünf Jahren geeinigt. Das reicht nicht, um auf eine Schuldengrenze von Null zu kommen. Sie wissen genau: 1 Milliarde € ist das Volumen von 20.000 Stellen. Ich habe alles gelesen, was Sie während Ihrer Regierungszeit gesagt haben. Sie sagten, eine Kürzung geht bei der Polizei nicht, bei den Lehrern nicht, an den Hochschulen nicht und im Justizbereich nicht. Dann kommt die Chimäre Ministerien daher. Die Ministerien haben nicht einmal mehr ein Drittel von 20.000 Stellen. Insofern geht das überhaupt nicht; denn wir brauchen auch noch handlungsfähige Ministerien.
Es wurde darüber geredet, dass Stellen neu geschaffen worden sind. Mir liegt noch der Schriftwechsel von CDU-Regierungspräsident Diegel und Umweltminister Uhlenberg vor, der gesagt hat, wir brauchen zusätzliches Personal bei den Bezirksregierungen – dabei wird jetzt immer auf Johannes Remmel eingeschlagen –, weil wir die Techniker nicht mehr haben, die Envio überwachen können.
Ich habe jetzt vier Koalitionen mitgemacht. Ich habe noch nicht erlebt, dass wir derart sparsam mit finanziellen Versprechungen umgegangen sind. Wir müssen bestimmte Sachen zahlen. Aber früher bekam eine Fraktion auch einen bestimmten Bereich „zum Gestalten“. Wir haben uns als Fraktionen dieses Mal nur ganz wenig an neuen Sachen vorgenommen. Was ist die Quittung dafür? Heute Morgen stand in der Zeitung: Keine neuen Projekte vorgestellt. – Also wieder um 100 Millionen an irgendeiner Stelle erhöhen, um jemandem die Sonne zu versprechen und sich auf der anderen Seite beschimpfen lassen? Genau das haben wir nicht gemacht. Wir wissen, dass wir das nicht mehr dürfen und nicht mehr können.
Wir versuchen, eine strukturelle Einsparung in Höhe von 1 Milliarde € hinzubekommen. Das ist eine unglaubliche Anstrengung für die Fraktionen und für das Kabinett.
Ich spreche auch unseren verehrten Gast vom Landesrechnungshof, Frau Mandt, an. Frau Mandt, wir müssen auch Sie um Unterstützung bitten. Wir brauchen Sie, um das zu schaffen. Es ist notwendig. Anders kann es nicht weitergehen. Es ist aber eine Titanenaufgabe. Ich kann mir vorstellen, dass die Beifallsstürme dünner werden, wenn wir die konkreten Projekte auf den Tisch legen. Aber wir müssen es machen und haben uns darauf geeinigt, es auch zu machen.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, hinter uns liegen zwei Jahre Minderheitsregierung und ein erfolgreicher Wahlkampf mit einem klaren Regierungsauftrag. Das ist ein Vertrauensvorschuss. Mit dem Vertrauensvorschuss wollen wir arbeiten. Wir haben gute Koalitionsverhandlungen geführt. Wir haben einen guten Vertrag als Grundlage unserer Arbeit. Wir haben viel Arbeit vor uns.
Frau Ministerpräsidentin, in der Schlusssequenz Ihrer gestrigen Rede haben Sie in alphabetischer Reihenfolge die drei Landesteile aufgeführt. Hinter mir saßen drei stellvertretende Fraktionsvorsitzende, die alle auf einmal seufzten. Das war eine süße Situation. Es waren Verena Schäffer – in Hessen geboren, jetzt in Witten wohnend –, Daniela Schneckenburger – eine Baden-Württembergerin, jetzt Dortmunder Urgestein – und der gebürtig aus Niedersachsen kommende Mehrdad Mostofizadeh, der mehr Essener ist, als ich mir einen Essener vorstellen kann. Deswegen müssen wir das von gestern korrigieren. Wir machen das für unser Land, für alle Landesteile, für das Siegerland, für das Sauerland, für den Niederrhein, und wir machen es natürlich für das Ruhrgebiet. Das gehört zu uns. Es ist unser Kernstück. Das sage ich als jemand, der aus dem
Emsland nach Nordrhein-Westfalen gekommen ist und nun in Aachen lebt. Es ist eine der wunderbarsten Regionen in Nordrhein-Westfalen.
Vielen Dank, Herr Kollege Priggen. – Als nächstem Redner erteile ich für die Piratenfraktion Herrn Kollegen Dr. Paul das Wort. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Frau Ministerpräsidentin! Die kleinste Fraktion zu sein, bietet bisweilen auch einen gewissen Komfort. Man hat öfter mal Gelegenheit, das letzte Wort zu haben.
Frau Kraft, wir haben gestern Ihre Regierungserklärung gehört. Sie haben darin zahlreiche Initiativen und Programme angekündigt. Viele dieser Initiativen machen aus Piratensicht ganz sicher inhaltlich Sinn; letztlich sind es jedoch nur Luftschlösser. Denn Sie haben ausdrücklich gesagt, dass sämtliche Maßnahmen unter Finanzierungsvorbehalt stehen.
Den Worten müssen aber auch Taten folgen. Das werden wir als Piraten in unserer Oppositionsrolle genau prüfen. „In der Politik nicht nur reagieren,“ sagten Sie, „wir müssen viel öfter vorausschauend agieren.“ Aus Piratensicht müssen wir nicht nur viel öfter, sondern grundsätzlich vorausschauend in die Zukunft investieren. Darunter verstehen wir Investitionen in Bereiche, die die Arbeits- und Lebenssituation der Menschen in unserem Land spürbar und direkt verbessern. Das sind zum Beispiel Investitionen zur Verbesserung der Beschäftigungslage, Investitionen in die Betreuung unserer Kinder. Da steht Nordrhein-Westfalen leider in Deutschland immer noch auf dem letzten Platz.
Wir wollen den diskriminierungsfreien Zugang zur öffentlichen Infrastruktur und Investitionen in gute Bildung. Der öffentliche Nahverkehr ist zwar öffentlich, aber heute noch leider viel zu teuer.
Die Regierung sieht die Lösung der Probleme in Nordrhein-Westfalen darin, gezielt zu sparen, in die Zukunft zu investieren und Einnahmen zu erhöhen, ein Dreiklang – wir haben es gestern gesagt – wie in Seife gemeißelt.
ge der Regierung und nicht nur das Vertrösten auf Bundesratsinitiativen. Wir freuen uns auch, dass Sie, Frau Kraft, explizit gesagt haben, Sie möchten das Projekt der besseren Bildung gemeinsam mit uns und den anderen Oppositionsfraktionen entwickeln. Wir werden uns da ganz deutlich mit Konzepten einbringen.
Die schönen Zahlen, die Sie aus dem Bereich Bildung genannt haben, sind in vielen Fällen Augenwischerei. Wenn man sich – das ist nur ein kleines Beispiel – einmal vor Augen führt, dass in NordrheinWestfalen für Digitalmedien für Schulen pro Schüler pro Jahr etwa 51 Cent und in Finnland das Fünffache, also 2,50 €, ausgegeben werden – und das vor dem Hintergrund, dass wir alle wissen, wie gut Finnland in der PISA-Studie abgeschnitten hat –, dann zeigt dieses Beispiel deutlich, dass Bildung bei uns in Nordrhein-Westfalen total unterfinanziert ist. Wir sind das Schlusslicht in Europa.
Dabei haben wir heute die technischen Möglichkeiten, auch im Netz Dinge zu realisieren, die noch gar nicht in Angriff genommen worden sind. Anstatt Universitäten, Fachhochschulen, Volkshochschulen und andere Bildungseinrichtungen weiter im eigenen Saft kochen zu lassen, sollte man endlich Vernetzungskonzepte entwickeln. Wir werden jetzt noch weitere Beispiele aufzeigen, wie wir uns eine konkrete verantwortungsvolle Politik für unser Land vorstellen.