Protocol of the Session on September 13, 2012

Langfristig, meine Damen und Herren, wird diese Strategie Open Government die gesamte Landesverwaltung auf allen Ebenen betreffen. Das bedeutet natürlich auch mehr Geld und mehr personelle Ressourcen. Sie bemängeln, es sei noch nichts ausgegeben worden. Ich finde, das ist ein Beispiel für eine solide Haushaltsführung. Wir werden uns darüber unterhalten müssen, was wir im Zuge der Umsetzung an zusätzlichen finanziellen und personellen Ressourcen in den nächsten Jahren brauchen. Das ist übrigens auch ein Auftrag an die Arbeitsgruppe.

Zu guter Letzt möchte ich noch auf einen aus meiner Sicht ganz wichtigen Punkt hinweisen. Wir dürfen dabei die Menschen ohne Internetzugang nicht vergessen.

(Beifall von den PIRATEN)

Wir wollen Politik und Transparenz für alle Menschen in diesem Land. So ist es im Koalitionsvertrag angelegt. So werden wir es umsetzen. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD, von den GRÜNEN und von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Minister Jäger. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wir sind damit am Schluss der Beratung angelangt.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 16/811 an den Innenausschuss – federführend – sowie nach einer Vereinbarung aller Fraktionen auch an den Ausschuss für Kultur und Medien sowie an den Hauptausschuss. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Ich darf fragen, wer der Überweisungsempfehlung zustimmt. – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen?

Das ist nicht der Fall. Damit ist diese Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.

Wir verlassen den Tagesordnungspunkt 8 und kommen zum Tagesordnungspunkt

9 Auf Bundesratsinitiative zur Erhebung einer

Vermögensteuer verzichten – Landesregierung soll weitere Steuererhöhungen unterlassen

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/818

Ich eröffne die Beratung und erteile zunächst für die antragstellende FDP-Fraktion Herrn Kollegen Witzel das Wort. Bitte schön.

(Beifall von der FDP)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben auch während dieses Plenartages schon zu Recht eine sehr wichtige Frage angesprochen, Herr Finanzminister, nämlich: Was meinen Sie eigentlich, wenn Sie in Ihrem Vokabular den Begriff des Reichen in den Mund nehmen? Das taucht auf im Zusammenhang mit: Vermögen verstecken, Steuern hinterziehen, sich ins Ausland absetzen. Wir glauben, für die relevanten Fälle ist das keine repräsentative Beschreibung der Zielgruppe.

(Beifall von der FDP und Bernd Krückel [CDU])

Wir unterstellen nicht jedem, der privat Vermögen bildet, dass er sich besonders pfiffige rechtliche Konstruktionen für Scheingesellschaften überlegt, um Geld zu verstecken, sondern wir gehen erst mal davon aus, was ein normaler Mensch nach pflichtgemäßem Ermessen macht, der bei Ihnen als Steuerpflichtiger geführt wird.

Deshalb haben wir zu Recht die Frage gestellt, wie Sie das bei der Vermögensteuer rechtssicher ausgestalten wollen. Was nehmen Sie als Tatbestand? Wie grenzen Sie das ab? Welcher Personenkreis ist gemeint?

Wir sind der festen Auffassung: Eine zielgenaue Bemessungsgrundlage, die Vermögen besteuert, ohne zugleich die Substanz von Personengesellschaften anzugreifen, wird es so einfach nicht geben.

(Beifall von der FDP und Bernd Krückel [CDU])

Sind das bei einem mittelständischen Handwerksbetrieb, Herr Finanzminister, der Kapital hat, alles Betriebsmittel? Oder sind das zu 90 % Betriebsmittel und zu 10 % private Vermögensbildung? Wie

wollen Sie das alles in der Praxis rechtssicher ausgestalten?

Deshalb ist es natürlich zutreffend, was unser Fraktionsvorsitzender heute bereits an anderer Stelle gesagt hat: Das Vermögen, das in einem Unternehmen steckt, das ist Eigenkapital, mit dem ein Unternehmen wirtschaftet, investiert und auch Arbeitsplätze schafft.

(Dietmar Bell [SPD]: Heute Mittag schwach, jetzt wird es auch nicht besser!)

Von dieser Grundannahme sollten wir zunächst ausgehen.

(Beifall von der FDP)

Das eigentlich Interessante an dieser Debatte ist, Herr Minister, dass Sie Ihre eigenen strategischen Aufgaben vernachlässigen, nämlich die Haushaltskonsolidierung voranzutreiben, und als Ablenkungsmanöver eine Steuererhöhung nach der anderen wie eine Sau durchs Dorf treiben.

(Beifall von der FDP)

Sie müssen Ihre Hausaufgaben machen. Sie haben die höchsten Steuereinnahmen in der Geschichte des Landes Nordrhein-Westfalen. Sie haben also kein Einnahmeproblem, Sie haben ein Ausgabeproblem, weil Sie die Staatstätigkeit immer weiter ausdehnen, immer mehr Wahlverspechen erfüllen und dadurch immer mehr Ausgabenkostenblöcke produzieren. Hören Sie mit diesem Trend auf! Nutzen Sie die historischen Einnahmen! Dann müssen wir über die permanente Einführung neuer Steuern und Steuerarten auch an dieser Stelle nicht mehr debattieren.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Wir haben Ihnen sehr praktische Fragen gestellt, nämlich nach all dem, was Sie nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes abgrenzen müssen, um die Erhebungen überhaupt rechtssicher durchführen zu können, nach den vielen Bewertungsproblematiken, nach dem großen bürokratischen Aufwand und nach den Unsicherheiten, die das alles nach sich zieht.

Wichtiger aber finde ich noch die Frage: Was wird hier für ein gesellschaftliches Klima von Ihnen seit Wochen und Monaten auf den Weg gebracht? Das, was Sie im Vorfeld der Bundestagswahl insinuieren – deshalb bin ich auch wenig optimistisch, Herr Minister, dass Sie sich in den nächsten zwölf Monaten anders verhalten werden –, ist, dass hier ganz bewusst ein gesellschaftliches Bild etabliert wird, das ein ungutes Bauchgefühl gegen jeden in dieser Gesellschaft weckt, der Leistungsträger ist, der mehr arbeitet als andere, der dann für sich auch in Anspruch nimmt, etwas mehr von dem behalten zu dürfen, vielleicht auch einmal eigenes Vermögen zu bilden.

(Dietmar Bell [SPD]: Nein! Wir wollen gerech- te Entlohnung!)

Damit haben Sie ein Unbehagen. Deshalb gibt es diese Sachverhalte von Ihnen allen immer nur mit negativer Konnotation. Das ist ungut für das gesellschaftliche Klima in unserem Land, meine Damen und Herren.

(Dietmar Bell [SPD]: Sie sind ungut für das gesellschaftliche Klima!)

Natürlich tragen starke Schultern mehr als schwache. Und das sollen sie auch weiterhin tun. Das tun sie auch heute; denn die obere Hälfte der Einkommensbezieher erwirtschaftet 95 % des Steueraufkommens. Daran wollen wir auch überhaupt nichts ändern. Aber wir sagen: Geld, das jemand schon einmal versteuert hat – bei den Zielgruppen, mit denen wir es zu tun haben, geschieht das im Normalfall mit einer Entzugsrate von etwa 50 % –, soll er auch zum Zwecke privater Vermögensbildung oder für betrieblich-unternehmerische Aktivitäten behalten dürfen. Der Staat soll sich nicht immer wieder bei längst besteuertem Geld melden.

(Beifall von der FDP)

Damit bin ich bei einem allerletzten Hinweis, Herr Finanzminister: Wir fordern Sie auf, dass Sie das unterstützen, was sich ein normal, gesund Denkender in unserer Gesellschaft eigentlich auch wünscht, nämlich dass er sich, wenn er hart und ehrlich arbeitet, auch etwas als Sicherung fürs Alter zurücklegen kann. Es geht darum, dass wir Menschen zur Vermögensbildung ermuntern.

(Dietmar Bell [SPD]: Deshalb brauchen wir den Mindestlohn, Herr Witzel! Sie sind der Spalter!)

In dem Umfang, in dem staatliche Sicherungssysteme …

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss!

… nicht mehr auf Dauer alles absichern können, müssen wir Menschen zur privaten Vermögensbildung ermuntern und dürfen sie dafür nicht bestrafen, meine Damen und Herren.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Witzel. – Als nächstem Redner erteile ich für die SPD-Fraktion Herrn Kollegen Hübner das Wort.

(Zurufe von Christian Lindner [FDP] und Dietmar Bell [SPD])

Jetzt ist Herr Kollege Hübner dran. Bitte schön.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Witzel, ich habe mich schon gefragt, wie kreativ das war, die Vermögensteuer, die natürlich in unserem Koalitionsvertrag steht – ich gehe davon aus, dass Sie den zur Kenntnis genommen haben –, heute auf die Tagesordnung zu setzen und damit zu versuchen, eine Generaldebatte über die „Steuererhöhungsparteien“ SPD und Grüne zu führen. Das, was Sie hier gerade abgeliefert haben, war verdammt unfundiert. Denn Sie zeichnen hier ein Bild, das absolut nicht der Realität entspricht. Sie wissen, dass wir im Bund, in den Ländern und in den Gemeinden größte Probleme haben, Haushaltsausgleiche darzustellen.

Ich darf Sie auch an die Worte von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft erinnern. Sie hat dazu gesagt: Wir sind für die Einführung einer Vermögensteuer, und das ist auch gerecht. – Das ist nicht, wie Sie es beschrieben haben, ungerecht. Es ist absolut gerecht.

(Ralf Witzel [FDP] [ironisch]: Ja, natürlich!)

Wir diskutieren nicht über eine Sicherung fürs Alter, die Ihrer Meinung nach durch die Einführung einer Vermögensteuer gefährdet würde. Darüber diskutieren wir nicht. Wir reden über Freibeträge von 2 Millionen €. Insofern halten wir es für absolut solidarisch, dass sich die Menschen, die viel verdienen – das hat auch Michael Otto gesagt –,

(Ralf Witzel [FDP]: Der ist ja auch Milliardär!)