Protocol of the Session on September 13, 2012

(Beifall von der CDU)

Klar ist: Sie haben für die Zukunftsaufgabe, auf eine Gesellschaft ohne neue Schulden hinzuarbeiten, bis

jetzt nichts getan. Sie sind sich offenbar nicht einmal der Dimension bewusst, um die es geht. Es gibt in ganz Deutschland keine verantwortungslosere Haushaltspolitik als Ihre.

Nordrhein-Westfalen braucht eine Haushaltspolitik, in der die Reduzierung der Neuverschuldung auf null höchste Priorität hat. Das ist nach meiner Auffassung Prävention im besten Sinne.

Opposition heißt Kontrolle der Regierung, Aufdecken von Fehlern und Schwächen. Opposition heißt auch, Alternativen zu einer falschen Regierungspolitik zu entwickeln.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Dann fangen Sie doch mal damit an!)

Wir wollen eine eigene Politik inhaltlich und programmatisch weiterentwickeln.

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Die übergeordneten Themen sind die zeitgemäße Begründung für die Erneuerung der sozialen Marktwirtschaft.

Der Grundsatz heißt: erarbeiten vor verteilen.

Die Politik praktiziert seit Jahrzehnten das Gegenteil. Mit immer neuen Schulden wurden gesellschaftliche Strukturen und Entwicklungen aufrechterhalten und weiterentwickelt. Wir haben diese Strukturen aus vielen Gründen, auch aus sozialen Gründen, für unentbehrlich gehalten. Mit immer neuen Schulden wurde Wirtschaftswachstum gefördert. Viele waren der Meinung, dass eine Wirtschaft, die immer weiter wächst, genug Spielräume für soziale Gerechtigkeit und sozialen Frieden schafft. Ich kann Ihnen sagen: Wachstum über Schulden zu finanzieren – das zeigt uns die europäische Finanzpolitik – ist Politik von vorgestern.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Für diese alte Politik steht heute aber immer noch die nordrhein-westfälische Landesregierung. Diese alte Politik führt in die Sackgasse, wie uns die europäische Staatsfinanzkrise deutlich vor Augen führt. Ich glaube, dass wir in den nächsten Jahren schnell umkehren müssen. Schuldenbremse und europäischer Fiskalpakt legen dafür den Grundstein. Ich weiß, dass das wahrscheinlich die politische Aufgabe einer ganzen Generation ist.

Ohne Neuverschuldung müssen wir das erreichen, was wir bisher nur mit neuen Schulden geglaubt haben erreichen zu können: eine befriedete und dem Ziel der sozialen Gerechtigkeit verpflichtete Gesellschaft.

Eine Regierungserklärung in der aktuellen Lage in Europa, die zu dieser großen Aufgabe kein Wort verliert, passt nicht in die Zeit.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Ich weiß auch, dass diese Aufgabe nur gelingen kann, wenn unsere Gesellschaft zu tiefgreifendem Wandel bereit ist. Aber ich bin sicher, dazu gibt es keine Alternative. Andernfalls drohen – auch davon bin ich überzeugt – am Ende sozialer Unfrieden und sogar eine Gefahr für die Demokratie.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Wir wissen doch alle, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der wir weniger werden, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der die Älteren mehr werden, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der wir nach wie vor vor vielen ungelösten Problemen der Zuwanderung stehen. Wir alle wissen, dass die großen Probleme des demografischen Wandels in den nächsten 20 Jahren Schritt für Schritt auf uns zukommen, alleine weil die geburtenstärksten Jahrgänge unseres Landes nun einmal die Menschen sind, die zwischen 1955 und 1965 geboren sind – Menschen, die heute in der Regel noch Steuer- und Beitragszahler sind. Wenn diese Generation in zehn bis 20 Jahren in Rente geht, wird sie durch eine Generation ersetzt werden, die ein Drittel kleiner ist. Das heißt auch: ein Drittel weniger Steuerzahler, ein Drittel weniger Beitragszahler – bei einer Steigerung derjenigen, die von Alters wegen auf Rente angewiesen sind und deswegen zu Transferempfängern werden.

Und dann glauben wir allen Ernstes, wir könnten einfach so weitermachen? Ich glaube, dass wir nur noch die Zeitspanne haben, in der die relativ starke Generation Steuer- und Beitragszahler ist, um unseren Staat so einzustellen, dass wir mit dem erwirtschafteten Geld auch auskommen. Deswegen finde ich Ihre Vorstellung einer präventiven Politik, jetzt Schulden zu machen und das zu sagen, was die Leute immer schon gesagt haben, nämlich „Wir zahlen es später zurück“, eine katastrophale Entwicklung.

(Beifall von der CDU)

Wenn man in einer solchen Situation ist, muss man sich vor allen Dingen darum kümmern, dass wir das Geld da ausgeben, wo es wirklich gebraucht wird. Ich sage Ihnen: Hunderte von Modellprojekten helfen uns da nicht weiter.

(Zuruf von der CDU: Sehr richtig!)

Dafür müssen Konzepte erarbeitet werden, und für diese Konzepte muss durch die Politik bei den Menschen geworben werden.

In den letzten Jahren gab es gerade bei Rot-Grün eine deutliche Tendenz zu mehr Staat. Wenn wir null Schulden wollen, heißt das doch auch, dass der Staat keine neuen Aufgaben übernehmen kann, ohne alte infrage zu stellen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Im Ganzen müssen die Staatsaufgaben abnehmen.

Der Satz „Privat vor Staat“ war und ist richtig.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD: Oh!)

So verstehen wir das Subsidiaritätsprinzip.

(Martin Börschel [SPD]: Das sieht Ihr Lan- desvorsitzender aber anders! – Weitere Zuru- fe)

Seien Sie doch mal ruhig. – Es muss unter den Bedingungen der Schuldenbremse wieder zur Grundlage und zum Programmsatz unserer Politik werden.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

In diesem Zusammenhang – das sage ich auch klar – ist zum Beispiel auch mein Einsatz für die Lohnuntergrenze zu sehen.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Wenn man „Privat vor Staat“ für richtig hält, dann müssen wir auch dafür sorgen, dass die Menschen, die vollschichtig arbeiten, von ihrer Arbeit leben können und der Staat nicht Ersatzbürge des Lohnes wird.

(Beifall von der CDU)

Aber die Wahrheit ist auch: Für mehr Subsidiarität müssen Konzepte erarbeitet werden. Und dafür muss bei den Menschen geworben werden.

Ein letzter Gedanke: Die Quadratur des Kreises wird darin bestehen, auf den ersten Blick Unvereinbares miteinander zu verbinden. Wie werden sich Wirtschaftswachstum, Wohlstand und Lebensqualität entwickeln, wenn die Gesetzmäßigkeiten der vergangenen Jahrzehnte einfach nicht mehr gelten, wenn es keine schuldenfinanzierten Programme mehr gibt?

Konrad Adenauer hat in seiner Rede am 14. März 1946 gesagt:

„Die materialistische Weltanschauung macht den Menschen unpersönlich, zu einem kleinen Maschinenteil in einer ungeheuren Maschine, sie lehnen wir mit der größten Entschiedenheit ab. …“

(Beifall von der CDU)

Wohlstand und Lebensqualität dürfen nicht nur am Konsum gemessen werden. Qualität, finde ich, muss Quantität schlagen. Solidität, finde ich, ist in einer solchen Vorstellung von Gesellschaft etwas sehr Wichtiges. Vielleicht heißt das manchmal auch, dass weniger etwas mehr sein kann.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wir müssen einmal definieren, wo wir zum Verzicht bereit sind. Nordrhein-Westfalen kann unter den Bedingungen der Schuldenbremse mit einem gesunden Staatshaushalt ein wohlhabendes und lebenswertes Land bleiben. Davon bin ich überzeugt.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Dafür müssen Konzepte erarbeitet werden. Dafür muss bei den Menschen geworben werden.

Wir brauchen nur diese Fragen zu stellen, um das gewaltige Ausmaß der Gestaltungsaufgabe zu erkennen, vor der wir stehen.

Ich kann Ihnen nur sagen: Die CDU in NordrheinWestfalen wird sich bemühen, dazu einen aktiven Beitrag zu leisten. Die Regierung Kraft und die Mehrheitsfraktionen dieses Parlamentes haben zu dieser spannenden Aufgabe bisher so gut wie nichts zu sagen.

(Beifall von der CDU)

Wir wollen sagen, wie wir uns Nordrhein-Westfalen in 20 Jahren vorstellen und was dafür getan werden muss. Ich bin überzeugt, dass wir da etwas Gutes leisten können, auch wenn es aus heutiger Sicht wie eine Riesenherausforderung vor uns allen steht. Ich bin fest davon überzeugt, dass das mit der CDU unauflösbar verbundene Konzept der sozialen Marktwirtschaft