Sie haben den Kopf jetzt zwei Jahre in den Sand gesteckt und hoffen darauf, dass Geld und Impulse vom Bund kommen. Von den drei Hütchenspielern der Internet-Tankstelle: Gabrindt, Dobriel und de Maiziere. Supergeil.
Im Oberbergischen Kreis kann nur jeder zweite Haushalt auf bis zu 16 Mbit/s zugreifen, was aber nur bedeutet, dass er etwas mehr als 6 Mbits/s erhält. Im Kreis Heinsberg sieht es nicht viel besser aus. Aber ich bin mir sicher, die Kohle- und Kupferkabel-Landesregierung wird im ländlichen Raum kein Modem zurücklassen.
Die Landesregierung verharrt offensichtlich in der Hoffnung, dass irgendwer schon Verantwortung übernehmen und den Netzzugang im ländlichen Gebiet sicherstellen wird. Ein wenig Glück haben Sie, Frau Kraft, ja schon: Funkfrequenzen. Supergeil.
Wir fordern die Landesregierung auf, sicherzustellen, dass die erwarteten Fördermittel aus der Funkfrequenzversteigerung nicht allein großen Telekommunikationsunternehmen, sondern auch kommunalen Unternehmen zugutekommen, die nachhaltige Glasfaseranschlüsse planen und ausbauen.
Und jetzt ein Lob: Ich hatte vorhin ein klares Bekenntnis zur Netzneutralität gehört. Super! Wir werden das im Blick behalten.
Den Kernpunkt der Breitbandpolitik hat die Kohle- und Kupferkabelregierung noch gar nicht auf dem Schirm; denn Branchenkenner erwarten, dass im Jahr 2020 durchschnittliche Bandbreiten von
200 Mbit/s im Down- und 120 Mbit/s im Upstream nachgefragt werden. Die Landesregierung hat nur einen Zeithorizont bis 2018 und setzt dabei auf den heutigen Technologiestandard Kupfer. Dabei sind die auf Kuper basierenden Technologien in einigen Jahren schon wieder völlig veraltet.
Das derzeitige kupferbasierte Breitbandnetz ist Lichtjahre davon entfernt, diese Leistung zu erbringen. Deswegen fordern wir den Sprung in den Gigabitbereich. Glasfaser statt Kupfer, Giga statt Mega. Supergeil.
Wir fordern die Landesregierung auf, einen Fahrplan „Glasfaserausbau“ zu erarbeiten, der mit konkreten Schritten festlegt, wie die Mehrheit der Haushalte und Unternehmen mit Glasfaser – oder zumindest den Leerrohren – bis ins Jahr 2020 und einer flächendeckenden Glasfaserinfrastruktur bis 2025 aufgebaut wird.
Wir bitten Sie: Seien Sie mutig. Lassen Sie uns das erste Bundesland sein, das eine flächendeckende Glasfaserinfrastruktur anbietet!
Wenn wir jetzt planen und Synergien mit anderen Infrastrukturträgern nutzen, also Kanalsysteme, Straßen, Schienen oder Strommasten einbeziehen,
Ist die nordrhein-westfälische Wirtschaft gut aufgestellt für die digitale Zukunft? Wer mit einem Einzelhändler oder einem Presseverleger redet, der weiß, wie stark die Umbruchskraft der Digitalisierung bereits jetzt ist. Und das ist erst der Anfang.
Experten prognostizieren, dass die Hälfte der Arbeitsplätze durch eine fortschreitende Digitalisierung gefährdet ist. Die Industrialisierung hat für eine Automatisierung der Muskelkraft gesorgt. Die Digitalisierung wird mit ihren Algorithmen weite Teile der Kopfarbeit automatisieren. Herr Laschet sagte es: Das Oxford-Papier von Osborne und Frey sagt: In den nächsten beiden Dekaden sind 47 % aller Jobs durch Digitalisierung und Robotisierung vom Wegfall bedroht. Mit über 90 % Wahrscheinlichkeit müssen Immobilienmakler, Sachbearbeiter, Köche oder Packer um ihre Jobs fürchten.
Was erzählen Sie diesen Menschen, Frau Kraft? Ist unsere Arbeitsmarkt- und Bildungspolitik darauf vorbereitet? Und was ist mit unserer Sozialpolitik, die sich stark am Haben oder Nichthaben von Arbeit orientiert?
Seit langer Zeit ist die Arbeitslosenquote im Ruhrgebiet viel zu hoch. Wir können nicht zulassen, dass sich die Zahl der abgehängten Personen weiter erhöht. Weniger als die Hälfte aller Kleinunternehmer und Selbstständigen glaubt, im Hinblick auf die Digitalisierung ihres Geschäfts gut aufgestellt zu sein.
Auch unsere traditionsreichen Mittelständler müssen aufpassen, nicht von einer sogenannten disruptiven Innovation überrascht zu werden, also einem neuen Produkt, das das Geschäftsmodell einer ganzen Branche von heute auf morgen auf den Kopf stellt. Generell gilt: Eher wird Google die Autobranche revolutionieren, als dass ein deutscher Autokonzern zum führenden Suchmaschinenbetreiber aufsteigt.
Die Landesregierung setzt auf das Schlagwort „Industrie 4.0“. Supergeil. Gemeint ist damit die umfassende Vernetzung und Digitalisierung der Produktion. Darüber wird in Deutschland viel geredet, aber wenig gemacht. Dabei ist das sogenannte Internet der Dinge alles andere als unkritisch zu sehen.
Wenn nicht nur alle Produktions- und Arbeitsschritte, sondern auch alle Haushaltsgeräte Sensoren besitzen und sich untereinander austauschen, fallen große Mengen an sensiblen Daten an. Und nicht erst seit Google wissen wir: Mit Daten lässt sich Geld verdienen. – Es ist also von großer Wichtigkeit, dass wir klare Datenschutz- und Datensicherheitsstandards einführen. Denn dahinter verbergen sich gesellschaftliche Fragen: Haben wir noch die
Die Souveränität über die Verwertung der persönlichen Daten darf dem Bürger nicht entzogen werden. Eine entscheidende 4.0-Frage ist die nach der Energieversorgung. Wir Piraten setzen auf dezentrale Energieversorgung; das Wuppertal Institut übrigens auch. Dafür brauchen wir intelligente Netze – Netze, in denen Erzeugungsanlagen, Verbraucher und Speicher miteinander kommunizieren können. Es ist heute die Aufgabe der Politik, nicht auch noch den gläsernen Stromkunden Wirklichkeit werden zu lassen. All das sind Herausforderungen, die von der Landespolitik angegangen werden müssen.
Die Landesregierung führt an, sie wolle 640 Millionen € an Fördermitteln für innovative Projekte ausgeben. Eine imposante Zahl! Aber: Gestreckt bis 2020 wird’s doch recht überschaubar. Berücksichtigt man, dass die Landesregierung einfach nur europäische Fördermittel durchleitet, dann muss man zu dem Schluss kommen: Ihre Innovationskraft ist die einer mittleren Verwaltungsbehörde. – Das ist keine wirkliche Eigenleistung.
Immerhin sprechen Sie die Bedeutung von Datensicherheit an. Digitale Kommunikation, digitale Daten sind ein großer Wirtschaftsfaktor. Das Vertrauen in die Sicherheit, in die Integrität und den Datenschutz ist daher zu einem gesellschaftlichen Wert geworden. Das erkennt auch die Landesregierung an und möchte „Cybersicherheit“ fördern.
Was sich gut anhört, ist aber paradox: Die milliardenschweren Ausspähprogramme der Amerikaner und Engländer, die das Ziel haben, jede Kommunikation mitzulesen und jedes Netzwerk zu knacken, sind die größte Bedrohung für das Vertrauen in digitale Kommunikation. Der BND kooperiert in noch ungeklärtem Ausmaß mit den genannten Diensten. Und wer sabotiert die Aufklärung dieser Geheimdienstaffäre? Die aktuelle Große Koalition auf Bundesebene!
Da ist es – ich bitte um Verständnis – nicht wirklich glaubwürdig, wenn Frau Kraft nun ausgerechnet auf Cybersicherheit setzt. Das beste Rezept gegen den Vertrauensverlust ist der Einsatz von sogenannter quelloffener Software. Open-Source-Projekte sollten Sie also fördern und den Menschen, Unternehmen und Behörden zur Verfügung stellen und keine universitären Auftragsarbeiten für die Industrie vorantreiben.
Die Unternehmen in Nordrhein-Westfalen sind verunsichert über das Ausmaß der Wirtschaftsspionage und fragen nach möglichen Schutzmaßnahmen. Das war im Übrigen vor einem Jahr noch nicht auf ihrer Agenda. Wir hatten einen Antrag geschrieben und eine Anhörung zu dem Thema gefordert. Das
Wichtigste ist, dass wir die Bürger in die Lage versetzen, an einer modernen Informations- und Wissensgesellschaft teilnehmen zu können.
Die erfolgreiche Bewältigung der digitalen Revolution wird dezentral von den Bürgern ausgehen, die in der Lage sind, die Chancen einer globalen, digital vernetzten Welt auch zu nutzen.
Aber, liebe Frau Kraft, wenn Sie von NRW 4.0 sprechen, dann meinen Sie digitale Stauschilder. Wir Piraten sprechen aber von der Digitalisierung all unserer Lebensräume, von den eigenen vier Wänden bis hin zur öffentlichen Infrastruktur wie dem öffentlichen Nahverkehr oder der Wasserversorgung.
Smarte Wirtschaft, smarte Arbeit, smarte Verwaltungen – das sind die Begriffe, die Sie prägen wollen. Supergeil.
Dass für diese Schlagworte viele, viele Daten von nordrhein-westfälischen Konsumenten, Arbeitnehmern und Bürgern gesammelt und noch verarbeitet werden müssen, haben Sie noch nicht wahrgenommen. Wir Piraten sagen Ihnen: Der Schutz der Privatheit ist ein, wenn nicht das zentrale Thema der digitalen Revolution.
Sie sprechen beispielsweise von der smarten Dienstleistung und von der Innenstadt als einen begehbaren Onlineshop. Gehen Sie doch heute einmal auf die Website eines Onlineshops wie Amazon! Sie werden schnell feststellen, wie viele Tracker-Programme dabei Ihr Surfverhalten analysieren. Das sind oftmals zehn, 20 verschiedene Firmen, die verfolgen, welche Produkte Sie sich anschauen, welchen Geschmack Sie haben, was Sie kaufen.
Die Firmen wollen am liebsten eine 360-Grad-Sicht auf ihre Kunden haben. Und in Ihrem begehbaren Onlineshop in der Innenstadt werden Sie diese 360Grad-Sicht auch erreichen. Anstelle von unsichtbaren Programmen sind es dann unsichtbare WLANTracker der Smartphones, RFID-Chips in der Ware oder die softwaregestützte Videoüberwachung. Diese Überwachungssysteme folgen Ihnen dann wie Spione durch die Innenstadt.
In Ihrer Wahrnehmung, Frau Ministerpräsidentin, scheint die Stadt ein Urban Entertainment Center zu sein, eine Aneinanderreihung endloser Geschäfts- und Einkaufsstraßen. Wo bleibt zukünftig Raum für Begegnungsstätten und öffentliche Plätze, für einen zwanglosen, unbeobachteten und freien Umgang miteinander?
Oder, Frau Löhrmann, stellen Sie sich einmal vor, Sie gehen nach einem harten Arbeitstag durch Ihren Lieblingssupermarkt in Solingen. Stellen Sie sich weiterhin vor, der Supermarktbetreiber und 20
andere Firmen würden dabei erfassen, wie Sie zielstrebig nach der Bio-Schokolade greifen. Ihr Supermarkt schlussfolgert aufgrund Ihres Bewegungsprofils und der Videoaufnahmen, dass Sie an diesem Tag wieder einmal von Ihrem Koalitionspartner oder gar von Piraten geärgert wurden, dass Sie deshalb unbedingt Schokolade brauchen und dass der Supermarkt Ihnen diese heute ruhig für zehn Cent mehr verkaufen kann.
Solche Systeme, Frau Löhrmann, gibt es dann nicht nur im Supermarkt, sondern in der ganzen Innenstadt. Überall werden Sie durchsichtig gemacht. Wir wollen aber keine gläserne Gesellschaft!
Stichwort Datenvermeidung: Welche Lösung verarbeitet am wenigsten persönliche Daten? Stichwort Dezentralität: Gibt es dezentrale Alternativen zu zentral gespeicherten Datenbergen? Stichwort Privacy by Default: Welche Konfiguration ist die schonendste für die Rechte unserer Bürger?
Frau Ministerpräsidentin, Sie sprachen von Datensicherheit in Ihrer Rede. Sie wollen die Spitzenforschung in diesem Feld in NRW fördern. Supergeil. Entschuldigen Sie bitte, wenn ich das sage: Wir haben bereits Spitzenuniversitäten in dem Feld. Das Problem ist: Wir nutzen nur deren Forschungsergebnisse nicht,