Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist wichtig, dass wir in diesen Tagen so engagiert über den Kurs in der Energiepolitik diskutieren und auch streiten. Es ist gut, dass diese Auseinandersetzungen wirklich intensiv und offensiv geführt werden. Denn überall sind bessere Ergebnisse dringend notwendig.
Heute in einem Jahr, vom 30. November bis zum 11. Dezember 2015, läuft in Paris der UN-Klimagipfel. Dann geht es um das Nachfolgeabkommen zu Kyoto, das in Lima gerade neu vorbereitet wird. Die Klimaziele sind eine existenzielle Pflicht für die 195 Staaten in der UN-Klimarahmenkonvention und nicht zuletzt auch für die großen Emittenten. Das Ausrufezeichen dahinter setzen die Prognosen des Weltklimarats, der vor einem Temperaturanstieg um mehr als vier Grad bis zum Jahr 2100 warnt. Wir alle lesen das auch oft in der Zeitung.
Wenn es keine wirksamen und gemeinsamen Gegenmaßnahmen gibt, wird es für uns alle erschreckend sein, was da auf uns zukommt. Es ist eine Herkulesaufgabe, die wir erfolgreich lösen müssen. Dazu sind vor allem ökologische und ökonomische Parameter notwendig. Das heißt, die wirtschaftliche Wohlfahrt muss entkoppelt werden, und wir müssen darauf hinwirken, dass es zu keiner weiteren Zunahme der Treibhausgase kommt. Dazu ist der Umstieg notwendig. Wie auch immer: Mit einem einfachen Ausstieg ist das natürlich nicht zu machen.
Momentan gibt es dazu eine breit angelegte Diskussion, ob die Ausfuhr von moderner Kraftwerkstechnologie über die Kreditvergabe einzustellen ist. Das wäre für uns aus momentaner Sicht kontrapro
duktiv. Warum ist das so? Ökologisch würde die Umsetzung bedeuten, dass effiziente Anlagen, wie wir sie derzeit hier mit guten Wirkungsgraden von deutlich über 40 % haben, aus dem Markt gedrängt werden. Der Schaden entspräche dann dem CO2Saldo zwischen moderner und konventioneller Kraftwerkstechnologie mit Margen von rund 20 %.
Sozioökonomisch sind die Pläne ebenso falsch. Denn betroffen wären auch bei uns viele Arbeitsplätze, die hinter dem fortschrittlichen Know-how stehen. Es ist substanziell, den CO2-Ausstoß weiter zu reduzieren. Der Bundeswirtschaftsminister hat die grundsätzlichen Zusammenhänge – unser Antrag weist darauf hin – ebenso betont.
Mir ist bewusst, dass es dazu auch andere Einschätzungen gibt. Die Verfügbarkeit und Bezahlbarkeit ist aber eine grundlegende Voraussetzung, um Armut zu bekämpfen. Sie ist die Basis für den wirtschaftlichen Erfolg schlechthin. Ein methodischer Imperativ verfehlt die Lebenswirklichkeit in der globalen Welt, die über die einzelnen Regionen hinweg sehr unterschiedlich ist. Stichworte sind: Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und die Tatsache, dass die Energieträger zunächst einmal gar nicht zur Diskussion stehen.
Ich gebe zu bedenken, dass fast ein Sechstel der Weltbevölkerung, vor allem im ländlichen Raum, unter Energiearmut leidet. 2,5 Milliarden Menschen sind auf feste Energieträger angewiesen. Viele Länder sind wesentlich vom Kohlestrom abhängig, zum Beispiel die Mongolei, Südafrika oder Indien. Diesen Ländern sind wir partnerschaftlich verbunden.
In Indien – Sie werden das mitverfolgen – gibt es eine Versorgungslücke für über 400 Millionen Menschen, die nicht nur unterhalb der Armutsgrenze leben, sondern die auch über keinen Strom verfügen. Da gehen sogar selbst in großen Zentren manchmal die Lichter aus.
„Indiens Zwang zur Entwicklung kann nicht auf dem Altar eines eventuellen Klimawandels in ferner Zukunft geopfert werden.“
Man mag diesen engen Blickwinkel beklagen, aber das gehört zu den Richtwerten für eine erfolgreiche Umkehr in der Energiepolitik. 1,25 Milliarden Menschen in Indien werden sich die Energiewende nicht vorschreiben lassen. Sie wollen, dass Indiens Wirtschaft wächst, und sie wird auch wachsen. Aufgrund der Verfügbarkeit wird sich der Energiesprung an vielen Orten durch fossile Energieträger vollziehen.
Wir werden alle dazu beitragen müssen, dass auch in diesen Ländern zukünftig die Energieerzeugung an vielen Orten überhaupt erst möglich wird und viele Bevölkerungsgruppen Zugang zur Energie haben. Dafür verfügen wir über die passende Techno
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! In Lima kommen gerade die Vertreter der Regierungen der Welt zusammen, um Maßnahmen zu beraten, die helfen sollen, die Erderwärmung auf 2 °C zu begrenzen. Auf der langen Agenda der weltweiten Klimaschutzpolitik steht auch das Thema „Exportkredite für Kohlekraftwerke“, somit auch die Frage nach KfWKrediten für Kraftwerksbauer.
Die hiesige CDU zeigt sich in ihrem Antrag durch Äußerungen von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks von der SPD alarmiert – Herr Präsident, ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis –:
„In der klima- und entwicklungspolitischen Zusammenarbeit werden wir keine Finanzierung für Neubauten mehr zur Verfügung stellen.“
So äußerte sich auch Bundesentwicklungshilfeminister Dr. Gerd Müller beim UN-Klimaschutzgipfel in New York im September dieses Jahres. Er gehört der CSU an, einer Partei, mit der die hiesige CDU durchaus ihre Probleme bei der Durchsetzung von Interessen hat, wie allgemein bekannt ist.
Ihre Bedenken und Forderungen tragen Sie nun hier im Landtag von NRW vor. Sie werden sie sicherlich auch Ihren CDU-Ministern in Berlin und im Kanzleramt vortragen. Ich sage Ihnen: Trauen Sie sich ruhig, und sagen Sie es auch Herrn Müller von der CSU. Derzeit befassen sich fünf Ministerien in Berlin mit diesem Thema und erarbeiten eine Kabinettsvorlage.
Warum das Ganze? – Die OECD hat jüngst gefordert, den Beitrag der Exportkredite zur Bekämpfung des Klimawandels zu berücksichtigen. Weltweit werden 1.196 neue Kohlekraftwerke geplant. 76 % davon entfallen allein auf China und Indien. Vor diesem Hintergrund ist das Zwei-Grad-Ziel, also die Begrenzung der Erderwärmung auf 2 °C, nicht zu erreichen. Allein durch Chinas ungebremsten Kohlekraftwerksausbau bis 2030 werden die gesamten CO2-Reserven, die zur Erreichung des Zwei-GradZiels weltweit zur Verfügung stehen, verbraucht werden. Wie Sie das loben und als Fortschritt der Klimapolitik bezeichnen können, begreife ich nicht.
Es ist eine berechtigte Frage, welche Rolle Fördergelder für Kohleprojekte zukünftig spielen sollen. Die Antworten darauf sind so unterschiedlich wie die
jeweiligen Interessen. Die Weltbank will ihre Kredite für Kohlekraftwerke reduzieren. Die Europäische Investitionsbank bindet die Kreditvergabe an strenge Grenzen. Dänemark, Finnland, Norwegen, Schweden, Island, Großbritannien und die Niederlande wollen Kohleprojekte nicht mehr über ihre Entwicklungsbanken fördern. Die USA wollen sich aus der Finanzierung von Kohleprojekten zurückziehen, setzen aber auf Schiefergas. Jedoch steigen chinesische Banken groß ein; das verwundert uns allerdings nicht.
Die KfW-Bankengruppe gab 2013 finanzielle Zusagen für Energieprojekte in Höhe von insgesamt 25,24 Milliarden €. Der Anteil für Kohleprojekte lag bei 2,9 % oder 0,74 Milliarden €. Was wurde beispielsweise gefördert? Beispielsweise wurde mit 150 Millionen € die Modernisierung von sechs Kohlekraftwerken in Israel gefördert. Damit werden Stickoxidemissionen um über 92 % gesenkt. Sie förderte außerdem ein Demonstrationsprojekt zur Nachrüstung einer Anlage zur CO2-Abscheidung bei einem Kohlekraftwerk. Dieses Thema ist angesichts der eben genannten Zahlen von globaler strategischer Bedeutung.
Nun zu Ihrem Antrag: Nachdem Sie in der Antragsüberschrift zwar Alarm schlagen, sich aber nicht trauen, Ihre eigenen Minister in Berlin anzusprechen, bleiben Sie schließlich beim Antragsbegehren nichtssagend. Wenn man den Antrag auf den Punkt bringt, wollen Sie beschlossen haben, dass sich die KfW-Förderung zukünftig an konkreten Vorgaben orientieren solle. Das tut sie aber bereits, wie in der KfW-Position zur Finanzierung von Kohlekraftwerken – Stand: März 2014 – nachzulesen ist. Damit hat sich Ihr Antrag eigentlich erledigt, die Sache selbst aber nicht.
Es geht nun darum, wie die Vorgaben zukünftig aussehen sollen. Für NRW ist jedenfalls wichtig, dass unsere Unternehmen am Weltmarkt mit ihren Produkten und Kenntnissen dabei sind. Energie-, Kraftwerks-, Anlagen- und Umwelttechnik aus unserem Land – das ist weltweite Spitzentechnologie.
Wir wollen den Marktzugang unserer Unternehmen für möglichst alle Wertschöpfungsketten von Umwelt-, Energie- und effizienter Kraftwerkstechnik fördern. In diesem Land gibt es zahlreiche hervorragende Anlagenhersteller, kleine und mittelständische Unternehmen. Sie bauen modernste Anlagen für erneuerbare Energien, sie machen alte Anlagen effizienter und sauberer und sie bauen hocheffiziente Kraftwerke mit flexibler Kraftwerkstechnik.
Ihr Antrag hingegen erweist sich eher als heiße Luft, die auch mit KfW-Förderung kein Exportschlager wird. – Darum lehnen wir den Antrag ab.
Vielen Dank, Herr Kollege Thiel. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun Frau Kollegin Brems.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ihren Antrag, liebe CDU, finde ich bei so viel Heuchelei fast nicht zu ertragen.
Mit einem Verweis auf die bösen anderen Länder und – in ihrer Rede von gerade –die Auswirkungen auf den Klimaschutz wollen Sie erst einmal Ihre Seele reinwaschen. Aber im nächsten Schritt werben Sie dafür, mit der alten Entwicklungspolitik weiterzumachen, die die Fehlentwicklungen unserer Länder einfach in die Entwicklungsländer exportiert, anstatt die dort lebenden Menschen dabei zu unterstützen, in ihrem Land eine nachhaltige und zukunftsfähige Wirtschaft aufzubauen, ohne die gleichen Fehler zu wiederholen, die wir bereits gemacht haben.
Die Vorteile der erneuerbaren Energien, die Herr Kollege Fehring von der CDU im vorangegangenen Tagesordnungspunkt noch selbst gepriesen hat – die Demokratisierung der Energiewirtschaft, die geringeren Umweltauswirkungen und die geringeren Abhängigkeiten –, all das gilt doch nicht nur, wenn sie in Deutschland zum Einsatz kommen, sondern eben auf der ganzen Welt.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, Sie verkennen folgende Aspekte vollkommen: Kohlekraftwerke in Entwicklungs- und Schwellenländern verbessern den Energiezugang dort nicht per se. Eine Studie von Oil Change International, die die Wirkung von Energieprojekten der Weltbank untersucht hat, kommt zu dem Schluss, dass keines der in den Jahren 2008 bis 2010 finanzierten Kohlekraftwerke den Energiezugang der Armen vor Ort verbessert hat, obwohl die Finanzierung genau das erreichen sollte.
Der zweite Aspekt: Der Abbau von Kohle geht in diesen Ländern häufig mit Menschenrechtsverletzungen und größten Umweltsünden einher: Menschen werden vertrieben, ganze Gegenden unbe
wohnbar, Flüsse umgeleitet, Wälder gerodet – und das alles in einem Ausmaß, das mit der Kohlegewinnung bei uns absolut unvergleichbar ist.