Die Gefahren des Trickdiebstahls sind nicht von der Hand zu weisen. Wie leicht selbst erfahrene oder gar von Personenschützern umgebene Menschen Opfer dieser Masche werden, musste Anfang der Woche sogar der Innenminister selbst erfahren, als er auf einen vom WDR beauftragten Antänzer hereinfiel.
Er hat Sie nicht angetanzt. – Ich bin aber der Auffassung, dass dieser Trick insgesamt einen klaren Nachteil für die Rheinländer mit sich bringt; denn wir Westfalen sind bei so etwas wie offenem Tanz auf der Straße, sage ich einmal, zumindest etwas zurückhaltender. Das ist im Prinzip eigentlich auch der beste Schutz vor dieser Masche.
Damit sind wir – Scherz beiseite – jetzt bei einer Forderung im CDU-Antrag, nämlich Aufklärung und Information über das kriminelle Phänomen. Diese Forderung erscheint aus unserer Sicht mehr als berechtigt. Wenn Minister Jäger medienwirksam Blitzmarathons und „Riegel vor!“-Kampagnen organisieren kann, dürfte es ihm wohl kaum schwerfallen, auch noch die Antänzermasche in sein Repertoire mit aufzunehmen.
Die Schwierigkeit dabei ist aber nur: Die meisten Opfer sind betrunken. Der dadurch bedingte Zustand der geistigen Umnachtung erleichtert den tanzenden Tätern die Arbeit natürlich ungemein. Da stellt sich schon die Frage, ob eine im nüchternen Zustand zur Kenntnis genommene Aufklärung auch unter Alkoholeinfluss noch das Handeln des Einzelnen leitet.
Umso wichtiger ist es daher, dem Phänomen auch mit repressiven Mitteln zu begegnen. Die Forderung nach Zivilstreifen ist sicher plausibel. Schließlich geht es darum, die Täter auf frischer Tat zu ertappen. Das können Zivilstreifen leisten. Auch insofern haben wir erst einmal keine Schwierigkeiten mit Ihrem Antrag.
Der dritte Punkt Ihres Forderungskatalogs dagegen lässt für uns keinen Mehrwert erkennen. Er führt eigentlich nur zu aufgeblähter Bürokratie.
Das Antanzen soll künftig gesondert in der PKS ausgewiesen werden. Das erscheint wenig sinnvoll; denn bestimmte Erscheinungsformen des Trickdiebstahls erleben nun einmal hin und wieder Höhepunkte in Auftreten und öffentlicher Wahrnehmung, gehen dann aber später – auch aufgrund polizeilicher Aktivitäten – auch wieder zurück. Das ist normal. Es entspricht auch vernünftiger Polizeiarbeit. Hat man eine Masche erst einmal im Griff, lohnt sie sich für die Täter nicht mehr. Die steigen dann auf eine andere Masche um oder wechseln den Ort.
Die PKS hat die Funktion, einen Gesamtüberblick über die Kriminalitätsentwicklung zu geben, nicht aber einzelne tatsächliche Begehungsformen des Trickdiebstahls zu bezeichnen. Insofern besteht die Gefahr einer Fragmentierung der Darstellung und Unübersichtlichkeit.
Im Übrigen würde das Bild der Polizeiarbeit verzerrt. Der Rückgang eines bestimmten Tricks könnte politisch als Erfolg in der Kriminalitätsbekämpfung ge
wertet werden, obgleich die Täter nur auf eine andere Masche umgestiegen sind oder einfach ihr Einzugsgebiet gewechselt haben.
Nicht zuletzt benötigen wir die Polizeibeamten in der Kriminalitätsbekämpfung auf der Straße und nicht am Schreibtisch beim Erstellen der 47. Unterkategorie des Trickdiebstahls. Diese Forderung, meine Damen und Herren von der Union, gehört aus unserer Sicht deshalb eher in die bürokratiepolitische Mottenkiste.
Der Überweisung in den Ausschuss stimmen wir natürlich zu in der Hoffnung, dass wir dann im Ausschuss insgesamt zu einem stimmigen Konzept zur Bekämpfung der Antänzermasche gelangen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Lürbke, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. Auf den Podolskitrick brauchen wir nicht einzugehen.
Sie haben gerade mitgeteilt, dass Sie keine Unterklassifizierung haben wollen. Das halten Sie für bürokratischen Aufwand. Unabhängig davon: Stimmen Sie mit mir überein, dass das Ministerium, wenn ein solches Phänomen gehäuft auftritt, schon jetzt Auskunft geben muss und ein Stück weit auch statistisch geben kann, wie häufig diese Fälle vorgekommen sind und welche Qualität bzw. Güte sie haben? Das betrifft auch ein paar mehr Auskünfte darüber, was sich dahinter verbirgt, um welche Nationalitäten es sich handelt und ob eine organisierte Struktur hinter dem Phänomen steht.
Herr Sieveke, da sind wir uns nur natürlich einig. Wir brauchen die Information. Wir müssen wissen, was in unserem Land Nordrhein-Westfalen vorgeht. Insofern teile ich Ihre Sor
ge darüber, dass der Innenminister hier keine konkreten Zahlen nennen konnte, dass er keine konkreten Vorgänge benennen konnte. Aber noch einmal deutlich: Die PKS ist nun einmal der falsche Ort. Dieser eine Punkt in Ihrem Antrag erscheint uns nicht zielgerichtet.
Insgesamt stimmen wir natürlich mit dem Antrag überein. Ich denke, das ist meinen Ausführungen auch deutlich geworden. Das können wir im Ausschuss dann sicherlich noch einmal konkretisieren. – Vielen Dank.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Ich muss schon sagen, ich bin ein bisschen enttäuscht. Also nach der Steilvorlage, die der Herr Minister hier geliefert hat, als ihm das Handy entwendet wurde – dass da nicht ein Feuerwerk an doofen Sprüchen auf ihn einprasselt, enttäuscht mich leider, außer das bisschen von Herrn Lürbke, worauf er eingeht. Ich habe mich jetzt extra nicht darauf vorbereitet, weil ich dachte, es wäre schon alles gesagt worden. Aber gut! Das enttäuscht mich jetzt ein bisschen.
Ja, ich habe mich extra nicht vorbereitet. Wie viele Innenminister braucht man, um auf ein Handy aufzupassen oder so was. Das habe ich halt nicht.
Ich gehe mal auf den Antrag so ein bisschen ein. Also, ich versuche, das mal von oben nach unten ein bisschen zu strukturieren.
Also Punkt 1: Die CDU fordert, das Phänomen des Antanzens künftig als spezifische Tatbegehungsform des Taschendiebstahls in der PKS zu erfassen. Das Problem ist nur, Sie sprechen hier richtigerweise von einem Phänomen. Phänomene kommen und gehen auch irgendwann wieder. Ich will das hier jetzt nicht unter den Teppich kehren. Das ist insgesamt ein ernstes Thema, keine Frage. Taschendiebstahl, Trickdiebstahl – das ist ein Prob
lem, das wir haben. Auch die Aufklärungsquote, die wir haben, ist definitiv zu gering. Aber eben insgesamt nicht unbedingt dieses Phänomen. Also, wir müssen uns nicht darauf konzentrieren.
Und Sie wollen dann quasi jetzt der Polizei noch mehr Statistikkram aufbürden. Herr Sieveke, Sie sind kein Polizist, deswegen müssen Sie das nicht auf dem Schirm haben. Aber ich übertreibe jetzt einmal ein bisschen: Wissen Sie, wie lang der Scrollbalken jetzt schon ist, wenn Sie im IGVP, also diesem polizeilichen Vorgangsbearbeitungssystem, bei einigen Delikten die Tatbegehungsformen anklicken und dann herunterscrollen müssen? Bis ich am Ende bin, bin ich schon fast beim Dienstschluss. Und dann habe ich dann nicht einmal irgendetwas ausgewählt.
Jetzt kann man natürlich sagen: Auf einen Punkt mehr oder weniger kommt es da auch nicht mehr an. Aber ein Punkt hier und ein Punkt da, und dann ist eben genau dieser Scrollbalken zustande gekommen. Das mag sich jetzt natürlich lapidar anhören, keine Frage, aber die Statistik nimmt nun einmal tatsächlich einen signifikanten Anteil bei der Anzeigenbearbeitung ein. Das muss man einfach mal so zur Kenntnis nehmen.
Das für diesen Punkt hier zu machen – ich denke, das ist nicht nötig. Verstehen Sie mich nicht falsch: Eine Statistik, auch eine sehr detaillierte Statistik ist in vielen Bereichen sicherlich sehr, sehr wichtig, aber hier aus meiner Sicht einfach nicht.
Und dann kommen auch noch andere bemerkenswerte Punkte hinzu. Im Beschlussteil reden Sie halt nicht nur vom Antanzen, das erfasst werden soll, sondern Sie sprechen auch vom gerade schon erwähnten Podolskitrick. In Dortmund ist es dann vermutlich der Kagawatrick, auf Schalke ist es dann der Boatengtrick, in Paderborn – nein, da gibt es einen Trick nicht, weil die Spieler keiner kennt.
Was denn? Na ja, jedenfalls – worauf ich hinaus will –: Warum wollen Sie diesen Podolskitrick nicht auch statistisch erfassen? Und warum „Antanzen“ jetzt nur beim Taschendiebstahl? Sie sagen in Ihrer Begründung selber – und das auch völlig zu Recht –, dass beim Antanzen auch Gewalt angewendet wird. Dann muss es die gleiche Tatbegehungsform aber auch beim räuberischen Diebstahl oder auch beim Raub geben, nicht nur beim Taschendiebstahl. Aber so konsequent sind Sie nicht.
Und warum? – Das liegt vermutlich daran, weil es Ihnen bei diesem Antrag wie bei vielen anderen auch eigentlich nur auf eine Sache ankommt: Ein Thema bekommt in der Presse mittlere bis hohe Aufmerksamkeit, und Sie wollen ein Stück von diesem Aufmerksamkeitskuchen abhaben. – Das wäre ja nicht einmal schlimm, wenn Ihre Forderungen dann wenigstens Sinn machen würden. Aber das ist hier gar nicht der Fall.
Punkt 2: die Bevölkerung für die Antänzer sensibilisieren. Ja, dem könnte ich tatsächlich so zustimmen. Da gebe ich Ihnen recht; Prävention ist immer eine wichtige Sache. Und wenn die Leute wissen, worauf sie achten müssen, dann reagieren sie vielleicht auch entsprechend, packen ihr Portemonnaie woanders hin etc., etc. Aber das ist leider nicht der einzige Punkt, über den wir abstimmen, sondern da gibt es noch andere. Und in der Gesamtheit muss ich es leider so, wie es jetzt momentan vorliegt, ablehnen.
Punkt 3: mehr Zivilbeamte – klingt in der Theorie ganz gut, zeugt von Aktionismus, lässt die CDU als Macher dastehen. Aber ob es in der Praxis auch tatsächlich einen Mehrwert bringt und vor allem ob die Verhältnismäßigkeit bei Nutzen-Kosten-Rechnung gegeben ist, weiß ich nicht. Ich würde eher sagen, nein. Nehmen Sie einmal Köln oder die Düsseldorfer Altstadt, wo Sie aufgrund der ganzen Menschenmassen gerade einmal die Personen um sich herum sehen können.