Protocol of the Session on September 10, 2014

chung und beschlagnahmen die Datenträger. – Danke.

(Beifall von den PIRATEN)

Herr Kollege Sommer, vielen Dank, dass Sie mir die Möglichkeit geben, auch Ihnen das einmal noch zu erklären.

(Zurufe von den PIRATEN)

Zum Ersten ist es so, dass auch heute Durchsuchungen stattfinden, wenn jemand nicht zuhause ist.

Zum Zweiten – das ist der entsprechende Unterschied –: Wenn Sie ein Telefon überwachen, fragen Sie auch nicht vorher an: Entschuldigung, bist du zuhause? Wir möchten jetzt gern dein Telefon überwachen, nur dass du Bescheid weißt.

(Zuruf von Daniel Schwerd [PIRATEN])

Eine Telefonüberwachung findet auch statt, ohne dass die entsprechende Person es weiß.

Zum Dritten wissen Sie, dass in der heutigen Zeit, in der Sie dank des Mobilfunks digitale Daten auch unterwegs abrufen können, Sie persönlich nichts davon haben, zuhause zu sein, wenn die Person mit einem Smartphone oder mit einem tragbaren Computer unterwegs ist und die Daten mit sich führt.

Insofern ist zwar die Grundidee, die dahintersteckt, gut. Nur, wenn Sie sich mit der Technik ein bisschen beschäftigen, wissen Sie, dass es einfach illusorisch ist, was Sie dort fordern.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank. Soweit die Kurzintervention und die Antwort darauf. – Nächster Redner für die SPD-Fraktion ist Herr Kollege Schneider.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute reden wir über einen Antrag, den die Piraten zum Thema „Digitale Agenda“ eingebracht haben und der noch ausführlich im Ausschuss diskutiert werden wird. Dabei nimmt die Antragstellerin eine pessimistische Position ein, die – Sie werden es geahnt haben – nicht nur die SPD nicht teilen kann.

Auch andere Akteure urteilten wesentlich positiver, als es die Piraten tun, zum Beispiel der Arbeitskreis Software-Qualität und -Fortbildung – Zitat – :

„Die Bundesregierung hat die Bedeutung des digitalen Wandels für ‚Wachstum und Beschäftigung‘ erkannt und würdigt ihn mit dem Ziel nach ‚Zugang und Teilhabe‘….“

Zitat Ende. – Das Urteil des Bundesverbandes der Musikindustrie lautet – Zitat –:

„Mit der Digitalen Agenda schlägt die Bundesregierung ein neues Kapitel ihrer Netzpolitik auf, die einen klaren Gestaltungswillen erkennen lässt und sich nicht mehr nur einseitig an digitalen Chancen orientiert, sondern die digitale Transformation als Querschnittsthema für alle Gesellschafts- und Wirtschaftsbereiche begreift.“

Zitat Ende.

(Zuruf von den PIRATEN: Halleluja, die Netzpartei!)

Ein letztes Zitat stammt vom Verband der deutschen Internetwirtschaft. Dieser sagt:

„Die zentrale Herausforderung bei der Digitalisierung der Gesellschaft ist das Finden eines gemeinsamen Grundkonsens bei der Ausgestaltung der Internet- und Netzpolitik. Die Digitale Agenda ist ein erster wichtiger Schritt dazu.“

Zitat Ende.

Ich könnte nun eine Weile so weitermachen, aber das wäre leidlich langweilig; das gebe ich zu. Denn allein mit Copy & Paste ließe sich zwar eine Rede zusammenstellen, die die Digitale Agenda insgesamt positiv bewertet; soweit – das möchte ich ausdrücklich sagen – will ich aber nicht gehen. Denn an der einen oder anderen Stelle habe ich ebenfalls Konkretisierungsbedarf. Hierzu hat der Kollege Alexander Vogt alles gesagt, was gesagt werden musste.

Die Diskussion ist jedoch noch in vollem Gange. Deshalb möchte ich heute den Fokus auf einen wichtigen Teilbereich dieser Diskussion lenken. Denn, liebe Medienpolitikerinnen und Medienpolitiker, ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber in meinem Wahlkreis können die allermeisten Bürgerinnen und Bürger auf den ersten Blick rein gar nichts mit den Themen anfangen, die wir hier und heute besprechen wollen.

Hand aufs Herz: Netzneutralität, Störerhaftung und 50-Mbit-Ausbau – erst wenn man den Internetnutzerinnen und Internetnutzern erklärt, was für sie praktisch dahintersteckt, kommt die Diskussion so richtig in Gang. Das liegt nicht etwa daran, dass die Menschen in meinem niederrheinischen Wahlkreis nichts von Internet verstünden. Ganz im Gegenteil: Wie anderswo in Deutschland sind auch hier rund 75 % der Erwachsenen online und bewegen sich wie selbstverständlich im Netz.

Das so viele so wenig damit anfangen können, liegt unter anderem daran, dass die Diskussion zunehmend – und das bedauere ich sehr – in den Salons einer digitalen Boheme stattfindet und wie beim klassischen Vorbild der Salons in einer Sprache geführt wird, die die Massen nicht verstehen sollen.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Allein in der heutigen Diskussion könnten wir viel für das Verständnis tun, wenn wir statt „Störerhaftung“ einmal sagen würden, dass es darum geht, nicht den Eigentümer des offenen WLAN-Netzes zu belangen, sondern den Nutzer, der damit etwas Unrechtes tut.

Hinter Netzneutralität verbirgt sich der feste Glaube daran, dass niemand an der Auffahrt zur Datenautobahn stehen darf, um einzelne Automarken auszusortieren oder ihnen den Motor zu drosseln, wenn sie nicht bezahlen.

50 Mbit/s für alle bedeutet schließlich, dass man einen Film in HD streamen, also anschauen, und gleichzeitig einen anderen Film aufnehmen kann. Mit den derzeit durchschnittlich 7,6 Mbit/s geht das nämlich nicht.

Meine Damen und Herren, diese Beispiele zeigen, warum die Digitale Agenda so wichtig ist. Sie bezeichnet die Aufstellung der Gesprächspunkte bei politischen Verhandlungen. Nichts anderes bedeutet die Übersetzung des Wortes „Agenda“ laut Duden Fremdwörterbuch.

Bereits hier, liebe Piratinnen und Piraten, setzt das Missverständnis ein, dem Sie aufgesessen sind. Der Minister hat es gerade schon ausgeführt: Die Digitale Agenda ist nicht der in Stein gemeißelte Maßnahmenkatalog, und sie will es auch gar nicht sein.

Ich sage: Die Digitale Agenda kann gar kein abschließendes Werk sein. Denn wir alle wissen, wie viel sich im Bereich der digitalen Medien täglich – nicht wöchentlich oder monatlich, sondern täglich – verändert. Darüber müssen wir sprechen, um dann die passenden Regeln aufzustellen, und zwar bei der Störerhaftung, bei der Netzneutralität, beim Ausbau des breitbandigen Internet und bei einer Modernisierung des Urheberrechts, um nur einige der vielen Beispiele zu nennen.

Erst in dieser Woche hat der Ausschuss für Kultur und Medien des Landtags eine Reise nach Berlin unternommen, um mit den Akteuren der Bundespolitik auch über diese Themen zu sprechen. Ich schaue Sie einmal an, Herr Lamla. Denn Sie waren dabei. Zumindest mir ist dabei ganz deutlich geworden …

(Lukas Lamla [PIRATEN]: Ich schaue zurück! Sie waren ja auch dabei!)

Eben, das ist das Schöne daran. Dann können wir uns jetzt gegenseitig anschauen und miteinander sprechen, vielleicht gleich auch noch mehr.

(Zurufe von den PIRATEN: Oh!)

Ja. – Ich glaube, uns beiden ist deutlich geworden, dass die Gesetzesvorhaben jetzt nach und nach kommen werden. Beim Urheberrecht zum Beispiel wird vorher noch einmal genau hingeschaut. Denn

das Urheberrecht ist nicht mal eben so, schnips, einfach zu verändern und weist viele Facetten auf.

Ich merke aber schon, dass es bei Ihnen scheinbar nicht so richtig angekommen ist. Nicht jede Bildungsfahrt ist am Ende bei allen erfolgreich.

(Lukas Lamla [PIRATEN]: Danke für die Be- leidigung, Herr Kollege!)

Warum also dieser Antrag der Piraten, der in bester Echauffierensmanier mit „Etikettenschwindel“ überschrieben ist und auch ansonsten mit Kritik an der – Zitat – „sogenannten Digitalen Agenda“ nicht spart?

Liebe Piraten, mir scheint, Sie sind in der Ritualisierungsmaschine des Politikbetriebes angekommen.

(Beifall von der SPD)

Doch ist weiß nicht, ob ich Ihnen dazu gratulieren soll.

Was Sie einst verabscheut haben, tun Sie nun selbst: Auskeilen nach dem Prinzip, dass nicht gut sein kann, was nicht von mir selbst stammt. Und aus Ihrer Sicht: Leider sitzen Sie nun einmal nicht in Berlin. Es heißt aber, man gewöhne sich daran. Zumindest haben dies Ihre Kollegen in Berlin kürzlich noch plakatiert.

Nur das hat Sascha Lobo bei seiner Rede auf der Republica im Jahr 2014 überhaupt zu einem Kommentar über die Piraten verleitet. Was muss das für eine Ohrfeige sein, bei einem solchen Event gar nicht erwähnt zu werden? Das gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass Lobo ansonsten, wie er sagte, eigentlich über Sie schweigen wollte, wegen – ich zitiere wörtlich – „Öööaaahhh“! – Zitat Ende.

(Zuruf von den PIRATEN)

Wenn ich mir die Rede heute anschaue, kann ich Lobo verstehen.

(Lukas Lamla [PIRATEN]: Das ist doch ein Genosse, oder?)

Das Thema, zu dem Sie heute den Antrag gestellt haben, ist ein Geburtsthema der Piraten, und ihr Fraktionsvorsitzender glänzt durch Abwesenheit. Seine Vertretung liest den Text dieser Rede mehr als holprig vor. Das kann man ihm nicht zum Vorwurf machen, um Gottes willen.