Die politische Niederlage, Frau Kraft, bezieht sich auf Ihre Methode, Politik zu machen, die Art und Weise, wie Sie Politik machen.
Herr Justizminister Kutschaty hat neulich wieder ein wunderbares Beispiel gegeben, wie Sie das hier veranstalten. Er hat nämlich – dafür ist er sogar aus den eigenen Reihen kritisiert worden, aus Berlin – ein Fahrverbot für Steuersünder gefordert hat. Und
Er hat das hinterletzte Klischee bemüht, um Menschen gegeneinander auszuspielen. Genau so, Frau Kraft, haben Sie auch hier Haushaltspolitik gemacht. Sie spielen Menschen gegeneinander aus, indem Sie sagen: Wir wollen gerne, dass die starken Schultern mehr tragen. – Herr Römer ging eben in seiner Rede noch weiter. Er hat sogar gesagt: Denjenigen, die starke Schultern haben, können wir auch mehr aufladen. – Das haben Sie eben – im Protokoll werden wir es nachlesen können – hier gesagt.
Verehrte Anwesende, eine Damen und Herren, jetzt wollen wir uns einmal ansehen, wer für Sie starke Schulter ist, Frau Kraft: die besser verdienenden Beamten, wie immer geschrieben wird, die höheren Beamten. – Wir reden über Menschen, die nach einer Topausbildung, Studienabschluss in den Beruf als Lehrer einsteigen, A13 mit 3.230 € brutto. Das sind Ihre starken Schultern? Sie wollen den Eindruck erwecken, das seien Topverdiener. In Wahrheit ist das Mittelschicht, die auch ihren fairen Anteil am Aufschwung verdient hat, Frau Kraft.
mal gar nicht davon zu reden, dass auch Versorgungsempfänger und diejenigen, die zum Beispiel als Lehrerin mit A13 beschäftigt sind, nur Teilzeit arbeiten und deutlich unter 3.000 € verdienen, vom Ausbleiben der Anpassung betroffen sind. Auch die nehmen Sie aus.
Das zeigt eines: Ihre Politik ist nicht nur nicht gerecht, sie ist auch nicht verfassungskonform, und erst recht, Frau Kraft, ist sie nicht auf die Zukunft angelegt. Deshalb muss jetzt eine Zäsur in Ihrer Haushaltspolitik erfolgen, wenn Sie nicht auf Dauer Verfassungsbruch verantworten wollen.
Vielen Dank, Herr Kollege Lindner. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Priggen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lassen Sie mich als Erstes etwas sagen, was der Finanzminister bereits angesprochen hat: Wenn man vor das Verfassungsgericht geht und gewinnt – das habe ich in der Legislaturperiode erlebt, in der CDU und FDP re
giert haben –, dann freut man sich. Das merkt man Ihnen auch an, und das ist auch in Ordnung. Man muss jedoch nicht so tun, als wäre das – Stichwort „Wiederholungstäter“ – eine Einmaligkeit.
Ich habe einmal Folgendes recherchiert: Sie haben zehn Verfahren in fünf Jahren verloren, plus ein Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht.
Wenn Herr Lindner sagt, mit vier Verfahren in vier Jahren sei man ein Wiederholungstäter, dann ist das nicht schön. Jede Niederlage tut weh, aber es ist jedenfalls kein Anlass für Sie, sich bei Ihrer eigenen Bilanz hinzustellen und so zu tun, als wäre Ihnen das noch nie passiert und als hätten Sie immer regiert und gearbeitet,
ohne dass das Verfassungsgericht Sie korrigiert hat. Das Gegenteil war der Fall. Wenn man ganz genau hinschaut, dann erkennt man: Wir zahlen jetzt in erheblichen Teilen die Kosten für das, was Sie vergurkt haben. Das muss man in diesem Zusammenhang auch einmal sagen.
Ich sage es ganz klar und gebe das zu: Sie waren als Abgeordnete erfolgreich, und wenn man in der Opposition ist, nutzt man die Möglichkeiten, die man hat.
Das Verfassungsgericht hat gesprochen, und wir müssen mit dem Ergebnis umgehen. Es hat in fünf Leitsätzen ein Urteil gesprochen, das eine Gesetzesänderung erforderlich macht. Wir müssen diesen Arbeitsprozess jetzt beginnen. Denn wir brauchen eine neue gesetzliche Regelung. Während der Sommerpause werden wir die Entscheidung des Verfassungsgerichtes im Einzelnen auswerten, und nach der Sommerpause müssen wir dann einen neuen Gesetzentwurf in das parlamentarische Verfahren einbringen.
Das Problem, das dem Ganzen zugrunde liegt, ist aber – und das fand ich bemerkenswert –, dass der Kollege Lindner eben fast zehn Minuten geredet hat, aber mit keinem Wort einen Lösungsansatz erwähnt hat.
Nein, ist doch völlig in Ordnung. Wir regieren, wir müssen handeln. Wenn Sie allerdings solche Vorwürfe in den Raum stellen, darf ich Sie doch an dem messen, was Sie selber zur Lösung von Problemen beitragen. Das wird man wohl noch machen dürfen. Der Kollege Laschet hat das Beispiel des Saarlandes angeführt. Darauf werden wir gleich noch etwas detaillierter eingehen.
Unser Anliegen war es, bei einem Personalkostenanteil von 43 % im Landeshaushalt, eine Lösung zu finden, die aus unserer Sicht sozialverträglich ist. Das würde bedeuten, dass für diejenigen mit dem
niedrigsten Einkommen, sprich A6 bis A10, der volle Tarifvertrag gilt. Danach geht es mit A11 und A12 mit 1 % pro Jahr gestuft weiter, und ab A13 – das war unsere Einschätzung – bedarf es keiner Erhöhung mehr. Das hat uns das Gericht jetzt zerlegt.
Um es ganz klar zu sagen: Wir werden keine doppelte Nullrunde machen können. Wir müssen für diejenigen mit dem niedrigsten Einkommen sowie für A11 und A12 eine andere Regelung finden. Das ist eindeutig unsere Aufgabe. Wir haben versucht, das auf eine sozialverträgliche Art und Weise zu lösen, da man ansonsten tatsächlich stärkere Personaleinsparungen vornehmen muss.
Herr Kollege Laschet, was die 45.000 Polizisten angeht, kann ich Ihnen eines nicht ersparen: Sie führen das Beispiel des Saarlandes an. Das Saarland kürzt bis 2020 10 % seines Personals. Das wären bis 2020 bei uns 4.500 Polizistenstellen. Ich erinnere mich an die Diskussion …
Bis 2020 soll das im Saarland geschehen. Ich erinnere mich jedoch an Debatten, die wir hier geführt haben, bei denen ich so tollkühn war, das alte Scheu-Gutachten zu erwähnen. Gemäß diesem Gutachten sollte die Polizeiverwaltung zusammengelegt werden. Zudem wurden damals knapp 2.000 Stellen avisiert. Dies ist teilweise geschehen, deswegen wird die Zahl wohl nicht mehr stimmen. Damals haben Sie gesagt: Sicherheitsrisiko Priggen. Jetzt sagen Sie selber: 4.500 Stellen würden der Umsetzung des Saarlandes hier bei uns entsprechen.
Das Leben ist so konkret. Wenn wir dann hingehen und sagen: Es gibt 180.000 Stellen im Schulbereich, sind 10 % davon 18.000 Stellen. Wenn wir über 100.000 Stellen an den Hochschulen finanzieren, sind das 10.000 Stellen an den Hochschulen. So konkret ist die Umsetzung dessen, was Herr Laschet hier eben gefordert hat.
Wir haben versucht, eine doppelte Nullrunde durchzuführen. Ich möchte noch einmal erwähnen: Wir haben es im Übrigen mir Ihrer Zustimmung auch bei uns selbst so gemacht. Wir haben uns keinen schlanken Fuß gemacht, sondern auch für uns die vierte Nullrunde beschlossen.
Das Verfassungsgericht sagt jedoch: Das ist nicht zulässig. Deshalb werden wir die Konsequenzen daraus ziehen müssen. Das wird allerdings nicht
ohne Personaleinsparungen gelingen. Ich bin schon auf Ihren Beitrag in den weiteren Diskussionsrunden gespannt. Denn bei jedem Sparvorschlag, den wir machen – das haben wir in den vier Jahren zu Genüge erlebt –, gibt es zwei Vorschläge der CDU, an der gleichen Stelle Erhöhungen statt Einsparungen vorzunehmen. Das war bei jeder Haushaltsposition der Fall.
Sie werden sagen: Ihr müsst sparen, aber nicht bei der Wissenschaft, nicht bei der Polizei, nicht bei der Justiz und bei den Finanzbeamten schon gar nicht, denn die bringen Geld herein. Spart diese Stellen in den Ministerien.
In den Ministerien gibt es 3.400 Stellen. Aus 3.400 Stellen machen Sie dann eingesparte 40.000 Stellen. Das ist Voodoo-Personalpolitik, die uns nicht helfen wird.
Wir haben eine klare Aufgabenstellung bekommen, und ich gebe zu: Daran müssen wir während der Sommerpause arbeiten, um im Herbst in die nächste Debatte einsteigen zu können. Wir werden das Gesetz ändern müssen. Denn die Nullrunden werden wir nicht schaffen. Wir werden am Personal und an einem anderen Tarifabschluss arbeiten müssen. Wir werden den Dialog mit den Gewerkschaften und den Vertretern der Beschäftigten führen.
Des Weiteren werden wir darüber reden müssen, wie eine Einnahmensteigerung erreicht werden kann. Dieses ganze Bündel werden wir vor dem Hintergrund der Haushaltssituation abarbeiten müssen. Ich bin wirklich gespannt, ob Sie wieder an jeder Stelle auf der anderen Seite sind und sagen: Das ist Regierungsarbeit. Ich ahne bereits jetzt, dass wir die Arbeit ohne Sie machen müssen. In der Sommerpause werden wir damit beginnen und im Herbst dann zum Abschluss bringen. – Danke schön.