Protocol of the Session on June 5, 2014

Das heißt auch, dass wir erst 2020 endgültig sagen können, wie das mit dem Abbaupfad gewesen sein wird.

Außerdem möchte ich auf folgende Entwicklung hinweisen: Sie haben ja mehrfach die Forschungsinstitute zitiert. Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln und auch das RWI haben uns im Frühjahr letzten Jahres – und das ist jetzt mehrfach in der Debatte vorgetragen worden – konstatiert, dass die Landesregierung auf einem guten Pfad ist, was den Abbau anbelangt.

In diesem Zusammenhang will ich nur einige Vorhalte machen. Zunächst: Was ist seitdem passiert? Wie haben sich die Zinsen entwickelt? Der Finanzminister hat etwas zur Prognose gesagt, aber was ist tatsächlich passiert? Die Zinsen sind noch deutlich runtergegangen; das sehe ich durchaus auch mit Sorge, denn der Grund hierfür ist eher bedauerlich.

Wir müssen jedoch konstatieren, dass die Zinsen wahrscheinlich dauerhaft niedrig bleiben werden, und das, weil bei den Ländern in Europa die Schere zwischen Arm und Reich noch weiter auseinandergeht. Fakt ist jedoch: Deutschlands Wirtschaftsleistung steigt, die in Südeuropa fällt. Insofern ist die Zinsprognose des Finanzministers durchaus tragfähig.

Ein letzter Punkt, der mir wichtig ist: Wir haben jetzt mehrfach über Zahlenkolonnen gestritten und wie man diese interpretiert. CDU und FDP jedoch bleiben konkrete Hinweise schuldig, wie sie denn konsolidieren wollen. Ein Punkt könnte deutlich machen, warum das so ist. Wir haben mal einen ProKopf-Vergleich der Ausgaben der Länderhaushalte angestellt und herausgefunden, dass NordrheinWestfalen bei den Pro-Kopf-Ausgaben ganz am Ende liegt.

Wir sind beispielsweise im Bildungsbereich offensichtlich sehr effizient. Davon kommt aber bei der Opposition nichts an. Die Opposition macht keine Vorschläge, wie die Konsolidierung hier konkret aussehen soll.

Dann möchte ich noch einen letzten Vorschlag der Opposition zitieren. Beide Oppositionsfraktionen haben vorgeschlagen, 500 Millionen € Mehreinnahmen aus dem Abschluss eines Schweizer Steuerabkommens zu generieren. Wie das ausgegangen ist, wissen wir alle. Wir nehmen deutlich mehr

Geld ein, weil wir dieses Schweizer Steuerabkommen nicht eingegangen sind. CDU und FDP müssen sich diese 500 Millionen € aus ihren Konzepten schon wieder rausstreichen lassen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Fraktion der Piraten hat sich noch der Kollege Schulz gemeldet.

Bevor der Kollege Schulz gleich das Wort ergreift, möchte ich zwischendurch einige Ehrengäste begrüßen, die auf der Besuchertribüne in diesem Hohen Haus Platz genommen haben.

Ich begrüße sehr herzlich für die Volksrepublik China aus der Provinz Sichuan und der Hauptstadt Chengdu die Vizebürgermeisterin Frau Zhao Lili. Ich begrüße Sie und Ihre Delegation sehr herzlich und heiße Sie im Landtag von Nordrhein-Westfalen willkommen. Ich wünsche Ihnen gute Gespräche und einen guten Aufenthalt.

(Allgemeiner Beifall)

Nun spricht für uns Herr Abgeordneter Schulz von den Piraten.

Vielen Dank, Herr Präsident! Ich kann leider die letzten Ausführungen der kleineren Regierungsfraktion Bündnis 90/Die Grünen von Herrn Mostofizadeh nicht einfach im Raum stehen lassen – zulasten der gesamten Opposition, zulasten der Bürgerinnen und Bürger des Landes Nordrhein-Westfalen, zulasten des Landeshaushalts.

(Vereinzelt Beifall von den PIRATEN und der CDU)

Letztlich tun Sie, Herr Mostofizadeh, dem Finanzminister auch keinen Gefallen, wenn Sie sich hierhin stellen und sagen: Das Spiel ist zu Ende, wenn abgepfiffen wird. Abgepfiffen wird nämlich entweder 2017, und unter Berücksichtigung des aktuellen Themas, das wir hier debattieren, 2020.

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Das heißt mit anderen Worten: Wenn wir ohne Plan und Ziel bis 2020 warten, ob hier etwas passiert sein wird, wie Sie es ausgedrückt haben, dann geht es uns allen verdammt schlecht.

(Beifall von den PIRATEN, der CDU und der FDP)

Ich habe eben ausgeführt, dass wir einen transparenten Konsolidierungspfad vonseiten der Piratenfraktion erwarten, auch in Bezug auf die Globalpositionen, die nach wie vor nicht spezifiziert sind.

Wenn es das Ziel der Regierungsfraktionen ist, die Haushaltspolitik in den nächsten Jahren so zu gestalten, dass es sich im Prinzip um nicht mehr han

delt als schöngerechnete Wunschzettel mit spekulativem Charakter bis hin zum Jahr 2020 – also über die 2017 zu Ende gehende Legislaturperiode hinaus –, dann könnte ich Ihnen nur attestieren, dass vor dem Hintergrund all dieser Orakel, Annahmen und Spekulationen eine gewisse Zockermentalität hier im Raume herrscht, die ich für dieses Hohe Haus ehrlich gesagt nicht gutheißen kann. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den PIRATEN – Vereinzelt Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Schulz. – Für die Landesregierung hat sich noch einmal Herr Minister Dr. Walter-Borjans gemeldet.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will nur einige Dinge anmerken. – Bei den Haushalten, die ich zu verantworten habe und die wir hier insgesamt mit der Mehrheit des Parlaments zu verantworten haben, ist ein deutlicher Rückgang der Neuverschuldung zu verzeichnen. Nach den Planzahlen – und man muss entweder Planzahlen mit Planzahlen oder Istzahlen mit Istzahlen vergleichen –

(Stefan Zimkeit [SPD]: So ist es!)

haben wir die Neuverschuldung nach fünf Jahren um 70 % reduziert.

(Ralf Witzel [FDP]: Wie waren denn die Steu- ermehreinahmen in dieser Zeit?)

Es ist klar, dass nach diesen 70 % die restlichen 30 % kein Pappenstiel sind. Ich habe immer wieder gesagt: Auch diese Reduktion wird noch eine Menge Arbeit machen.

Schließlich wollen wir das nicht nach der Methode machen, die ein junger wissenschaftlicher Mitarbeiter aus dem Walter Eucken Institut des Herrn Prof. Feld, den Sie ja zur Genüge kennen und auch gerne zu Verfassungsgerichtsverhandlungen mitbringen, beschrieben hat, indem er ein Zitat des Kulturhistorikers Jacob Burckhardt aus dem 19. Jahrhundert angeführt hat. Der hat gesagt, man solle bloß nicht über das Mittelalter lästern; denn es habe wenigstens eines erreicht, nämlich keine Staatsschulden hinterlassen. – Aber was hat es denn hinterlassen? Seuchen, Mord und Totschlag, null Infrastruktur, keine Bildung! Aber Hauptsache, keine Schulden!

(Beifall von Stefan Zimkeit [SPD])

Das ist das neoliberale Verständnis von Staat, das diese Wissenschaftler mitbringen.

(Christian Möbius [CDU]: Unglaublich! – Wei- tere Zurufe von der CDU)

Sie können ja nachgucken. Das ist kein Gewerkschaftsinstitut, das das geschrieben hat.

Lassen Sie mich jetzt noch einmal Folgendes sagen: Wir nehmen es ernst, dass der Staat Aufgaben hat und dass er für diese Aufgaben auch Steuereinnahmen braucht.

(Ralf Witzel [FDP]: Natürlich!)

Die Steuereinnahmen müssen auch steigen. Selbst Sie fordern ja Mehrausgaben in Milliardenhöhe. Vieles davon hat durchaus einen Hintergrund und ist auch gut. Dafür braucht man aber auch die entsprechenden Einnahmen. Die Einnahmen und die Ausgaben im Zusammenspiel in Übereinstimmung zu bringen, ist das Ziel. Das machen wir.

Herr Schmitz, Sie halten sich hier daran fest, dass die Steuerprognose nicht ganz eingetroffen ist. Ich weise darauf hin, dass sie zu 99,6 % eingehalten worden ist, nachdem wir in den Vorjahren jedes Jahr höhere Steuereinnahmen als geschätzt hatten, obwohl Sie vorher immer behauptet haben, wir hätten uns um mindestens 1 Milliarde € zu unseren Gunsten verschätzt. Was das Anerkennen der Lebenswirklichkeit angeht, halte ich damit gerne dagegen.

Wenn Sie als CDU und FDP eine verbindliche Finanzplanung wollen, erinnert mich das an den Fünfjahresplan, der häufiger nicht hingehauen hat. Eine Finanzplanung verbindlich vorzugeben, ist wirklich nichts, was aus dem demokratischen Rechtsstaat kommt. Vielmehr stecken dahinter einige andere Überlegungen. Hier geht es darum, dass man eine Ziellinie hat. Diese Ziellinie haben wir. Das ist die schwarze Null im Jahr 2020. Wir sind dabei, diese Linie Stück für Stück kontinuierlich zu erreichen. Daran werden wir weiter arbeiten.

Unser Staatsverständnis in Sachen Sparen entspricht aber nicht dem des Mittelalters. Unser Verständnis ist es, dass unser moderner Staat seinen Menschen und seiner Wirtschaft auch etwas zu bieten haben muss. Wenn wir keinen sozialen Zusammenhalt und keine Infrastruktur haben, ist das auch für Investoren alles andere als attraktiv.

Genau darauf hat Michael Hüther hingewiesen – bis hin zu Fragen der Pflege im Alter und der Versorgung von kleinen Kindern. Auch der Leiter des Instituts der deutschen Wirtschaft weiß, dass alle diese Dinge für die Zukunft wichtig sind. Daran sollten Sie sich einmal ein Beispiel nehmen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit schließe ich die Aktuelle Stunde.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt

2 Bürger, Wirtschaft und öffentliche Verwaltung

entlasten – Nordrhein-Westfalen als Impulsgeber für mutigen und konsequenten Bürokratieabbau

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/5755

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die FDPFraktion dem Herrn Kollegen Bombis das Wort.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Sehr geehrte Herren! Bürokratie ist wichtig und notwendig; denn unsere Demokratie, unsere freiheitliche Grundordnung und insbesondere unsere soziale Marktwirtschaft brauchen einen Rahmen. Sie brauchen Regeln, die unsere Freiheit überhaupt erst garantieren und es uns ermöglichen, uns frei zu entfalten. In diesem wohlverstandenen Sinne ist Bürokratie auch positiv. Ich vermute, dass in diesem Hause darüber auch Einigkeit besteht.

Das Problem sind in aller Regel ja nicht die Ziele, die durch die bürokratischen Maßnahmen verfolgt werden, sondern die nicht beabsichtigten Folgeerscheinungen und die administrative Eigendynamik, die aus ihnen erwächst.