Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist sehr löblich, dass die Landesregierung nach langer Ankündigung endlich den Entwurf des Mittelstandsförderungsgesetzes vorlegt. Inhaltlich ist das Ganze noch nicht einmal schlecht geraten.
Entscheidend für den Mittelstand ist allerdings das Gesamtpaket. Zusammen mit dem Tariftreue- und Vergabegesetz schneidet es dem Mittelstand die Luft ab.
Deswegen ist der vorliegende Entwurf ein reines Placebo. Die vorgeschlagene Clearingstelle ist eine schöne Idee. Sie hilft auch, wenn sie mit Leben gefüllt wird. Andernfalls ist die Clearingstelle zusammen mit dem Mittelstandsbeirat nur ein weiteres Kaffeekränzchen, das Zeit und Ressourcen raubt.
In § 1 Abs. 3 Nr. 2 des Gesetzentwurfs ist die Rede von der „Stärkung der Haftung im unternehmerischen Entscheidungskalkül“. Nun wissen wir alle, dass im klassischen inhabergeführten mittelständischen Unternehmen die Entscheidungsträger nach wie vor haften. Ich kann Ihnen gerne noch einmal sagen: Mehr haften als haften geht nicht.
„Die Leistungserbringung durch die öffentliche Hand darf auf kommunaler Ebene … nur im Rahmen der §§ 107 ff. der Gemeindeordnung erfolgen.“
Genau dieser Anwendungsbereich ist aber von RotGrün deutlich erweitert worden. Insofern klingt das Ganze auch hier besser, als es ist.
Im Weiteren heißt es dann: Die Preisbildung am Markt sollte nicht behindert werden. – Ein Konjunktiv an der falschen Stelle ist mitunter gefährlicher als ein Imperativ. Das Ganze klingt nicht böse, aber ehe man sich versieht, steht der Bolschewismus wieder vor der Tür.
Der § 10 des Entwurfs besagt, dass die Gesellschaft vielfältiger wird, unter anderem auch weiblicher. Mir ist es persönlich neu, dass der weibliche Bevölkerungsanteil nennenswert erhöht wird oder sich erhöht. Was aber gemeint ist, ist richtig, wobei gerade unter jungen Migranten die Bereitschaft, sich unternehmerisch zu engagieren, stark ausgeprägt ist. Insofern fallen zusätzliche Hilfestellungen auf besonders fruchtbaren Boden.
Unklar ist, was die Ausführungen zur Mitbestimmung in § 16 des Entwurfes sollen. Dafür haben wir das Betriebsverfassungsgesetz und weitere Instrumente. Gerade in den klassischen inhabergeführten mittelständischen Betrieben ist die Mitwirkung unumgänglich zum Erhalt des guten Betriebsklimas. Das wird auch jeder gute Chef berücksichtigen. Deswegen reichen die Vorgaben des Betriebsverfassungsgesetzes, und es sind auch diesbezüglich keine weiteren Fördermittel für die Mitbestimmung notwendig.
Löblich finden wir, dass der Sachverstand der mittelständischen Wirtschaft abgerufen werden soll. Ich dachte zwar eigentlich, dass auch in den Ministerien geballter Sachverstand säße. Aber ich denke, diese Beteiligung soll eher der Beruhigung dienen, um der Wirtschaft den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Zusammenfassend können wir sagen: Die CDU hatte selber auch schon einmal einen ähnlichen Entwurf in petto. Wir haben uns allerdings damals entschlossen, diesen nicht umzusetzen, sondern lieber in den jeweiligen Einzel- und Fachgesetzen wirtschafts- und mittelstandsfreundliche Politik zu machen.
Ich denke, man kann sagen, der Entwurf schadet auch nicht. Aber das alleine kann auch nicht der Anspruch von Regierungshandeln sein. Dieser Entwurf ist inhaltlich so leer wie der Koalitionsvertrag. Es sind warme Worthülsen, mit denen der Mittelstand umgarnt werden soll.
Ich kann Ihnen einen politischen Dreisatz mit in die Sommerpause geben, der da heißt: Wo die CDU regiert, geht es dem Mittelstand besser. Wo es dem Mittelstand gut geht, geht es den Menschen besser. Und das Fazit daraus kann nur sein: Wo die CDU regiert, geht es dem Mittelstand und damit den Menschen besser. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Moritz. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Kollegin Schneckenburger.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Moritz, heute scheint der Tag der Geschichtsvergessenheit zu sein.
Dass Sie den Bolschewismus vor der Tür stehen sehen in Nordrhein-Westfalen, das ist wirklich abenteuerlich. Geschichtsvergessenheit scheint auch das Handeln der eigenen Fraktion zu betreffen.
werden, weil die Verbände es wollen; der Kollege Eiskirch hat darauf hingewiesen. Herr Lienenkämper, Sie waren es, der die Presseerklärung verfasst hat.
Was haben Sie fünf Jahre lang hinbekommen? – Nichts haben Sie hinbekommen. Wer hat es gemacht? – Wir haben es gemacht.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben in den vergangenen Monaten – und das haben Sie auch getan – zahlreiche Gespräche mit Verbänden geführt. Herr Duin hat eben noch einmal darauf hingewiesen, dass er zunächst auch den Kontakt zum Handwerk bei dieser Fragestellung gesucht hat.
Was mir am häufigsten begegnete, war viel Lob für den Prozess der Erarbeitung eines Mittelstandsgesetzentwurfs, viel Lob für den dialogischen Prozess, den die Landesregierung aufgenommen hat, um ein entsprechendes Gesetz zu erarbeiten.
Ich sage ganz bewusst in Richtung der Kollegen der CDU, die das im Grunde genommen auch wissen, denn eigentlich müssten sie das Ohr an den Verbänden haben: Kommen Sie heraus aus Ihrer Schmollecke. Arbeiten Sie mit am Mittelstandsgesetz. Sie haben es in fünf Jahren nicht hinbekommen. Jetzt ist die Zeit, sich konstruktiv in einen Prozess einzubringen, bei dem der Mittelstand sagt: Er ist gut für uns. Es ist gut, dass wir gehört werden in Nordrhein-Westfalen. Und es ist gut, dass die Landesregierung sich auf den Weg macht und konkrete Initiativen und Regularien in diesem Gesetz entwickelt.
Sie sind herzlich dazu eingeladen. Herr Laschet hat in einer Selbstdiagnose zum Ausgang der Landtagswahl 2012 gesagt, dass der CDU wirtschaftspolitisches Profil, wirtschaftspolitische Kompetenz fehle. Ich glaube, das ist jetzt eine Möglichkeit, um das zurückzugewinnen. Insofern sollten Sie sich besser beteiligen. Das ist meine Einladung an der Stelle.
Ich will noch einmal zum Gesetz selber kommen. Es ist die erste wirtschaftspolitische Initiative, die in dieser Legislaturperiode in den Landtag eingebracht wird, und das hat auch seinen Grund. Wir haben das bewusst gemacht, um ein entsprechendes Signal zu setzen im Land.
Dieses Signal lautet: Der Mittelstand ist die tragende Säule wirtschaftlichen Lebens in NordrheinWestfalen. 80 % der Beschäftigten sind im Mittelstand beschäftigt. Wir wissen, dass der Mittelstand der Ausbildungsträger in Nordrhein-Westfalen ist. Darum ist es notwendig, die Belange des Mittelstandes bei allen Gesetzesvorhaben auch genau in den Blick zu nehmen, weil man da Dynamik hat und
Der Gesetzentwurf ist darum angelegt als Prozess der Einladung, als Prozess des Dialoges. Daher kommt der Beifall schon im Entstehungsprozess selbst.
Es gibt zwei wesentliche Elemente, nämlich den Mittelstandsbeirat und die Clearingstelle. Das sind zwei Gremien, in denen mit den Vertretern des Mittelstandes über optimale Rahmenbedingungen für kleine und mittlere Unternehmen in NordrheinWestfalen beraten werden soll. Und die nehmen diese Einladung auch sehr gerne an.
Ich will noch auf einen anderen Punkt eingehen, bei dem Herr Moritz offensichtlich auch ein paar Probleme hat. Das will ich Ihnen auch gerne noch einmal erklären. Da ging es um die Frage, wie Wirtschaft weiblicher wird und wie eine Plattform geschaffen werden kann, aus der heraus dann am Ende eine Gesamtstrategie entwickelt werden kann. Dies ist extrem wichtig. Die Großunternehmen sowie die kleinen und mittleren Unternehmen wissen, warum das extrem wichtig ist. Denn eine motivierte Belegschaft, die in der Lage ist, das kreative Potenzial ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu heben, ist das wichtigste Pfund, das nordrhein-westfälische Unternehmen in diesem Land haben. Das ist der Standortvorteil, den wir in Nordrhein-Westfalen haben: gut ausgebildete Fachkräfte, die sich motiviert für ein Unternehmen einsetzen. Daher macht es sehr viel Sinn, die Unternehmen auch an dieser Stelle zu begleiten.
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Das habe ich eigentlich auch so verstanden. Aber im Gesetzentwurf steht – ich zitiere –:
„Vor dem Hintergrund der zunehmenden Vielfalt der Gesellschaft, die insgesamt internationaler, älter, weiblicher … wird, …“
Arbeitswelt, weil die Belegschaften der Unternehmen, wie Sie schon ausgeführt haben, weiblicher werden. Der Frauenanteil in den Unternehmen ist gewachsen. Es ist ein entscheidendes Potenzial für die Zukunft, diesen Anteil der Fachkräfte zu heben, ihn als wirtschaftliche Subjekte einzubinden und damit die Unternehmen in die Lage zu versetzen, sich mit diesem Potenzial künftig im Weltmarkt aufzustellen. Es wird eine wesentliche Frage sein, ob es gelingt, Internationalisierung und die Hebung der Potenziale im Land miteinander zu verbinden.
Nachdem wir diese Frage geklärt haben, Herr Moritz, noch einmal zurück. Kompetenzen und Talente der Mitarbeiterinnen sind das wesentliche Element. Deshalb ist das auch in den Entwurf aufgenommen. Daher glaube ich, dass aus dem guten Entwurf im gemeinsamen Beratungsprozess ein gutes Gesetz wird, von dem die Unternehmen profitieren werden, so wie sie uns das zurückgemeldet haben.
Ich hoffe, dass die CDU in der Lage ist, sich von der Positionierung, die Herr Wüst vorgenommen hat: „Wer so etwas beschließt, der weiß nicht, wie der Mittelstand denkt und arbeitet“, zu verabschieden und das Gespräch mit dem Mittelstand wieder zu suchen. Herr Wüst, das kann wohl allen Beteiligten nur nutzen.