Protocol of the Session on May 15, 2014

Wir haben also nichts abgeschafft, sondern wir haben etwas ermöglicht und neu geschaffen. Ich lese Ihnen jetzt die Orte vor, in denen zukünftig Jugendliche nicht mehr in die nächste Kreisstadt fahren müssen, um ihr Abitur zu machen: SelfkantGangelt, Freudenberg, Wenden, Bad Lippspringe, Hamminkeln, Alfter, Gescher, Hörstel, Rhede.

(Ministerin Sylvia Löhrmann spricht „Gescher“ am Anfang mit lang gezogenem „e“. – Zuruf von der FDP: Gescher!)

Ja, Gescher, gerne. – In diesen Städten gibt es jetzt Angebote, die zum Abitur führen, also mehr Bildungschancen für Kinder und Jugendliche, die in diesen Orten leben:

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

nicht vom Ministerium oder von SPD oder Grünen erzwungen, sondern von den Kommunen vor Ort so entschieden und gewollt.

Noch einmal: Die Ermöglichungsstrategie greift erkennbar. Herr Laschet hat ja auf die Koalitionsverhandlungen hingewiesen. Offenbar waren die Grünen für diese Konsensfindung ausgesprochen wichtig, weil es CDU und SPD alleine nicht hinbekommen haben.

Es gibt aber eine Schulform, die insbesondere die FDP wollte: die Verbundschule. Die Verbundschule gibt es inzwischen fast gar nicht mehr. Denn sie war als einzige Möglichkeit aufgezwungen. Die Verbundschulen haben sich inzwischen fast alle aufgrund eigener Entscheidung in Sekundarschulen umgewandelt, weil sie sagen, dass die Eltern das längere gemeinsame Lernen in den Klassen 5 und 6 wollen.

Deswegen glauben wir, dass es gut ist, dass wir es in die Hände der Kommunen und der örtlich Aktiven gelegt haben, damit der ideologische Streit, der heute in der Debatte noch einmal aufgeflammt ist, nicht so weitergeführt wird, sondern konstruktivpragmatisch an einer guten Schule für alle Kinder in Nordrhein-Westfalen gearbeitet wird. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht noch einmal Frau Kollegin Beer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil ich den letzten Beitrag von Frau Gebauer leider kommentieren muss.

Wenn Sie die Wahlmöglichkeiten in der Oberstufe umtreiben, dann lassen Sie uns bitte gemeinsam über Pflichtbindungen reden. Da werden wir dann einiges zu diskutieren haben. Das nehme ich gerne konstruktiv auf.

Wenn Sie aber wie Ihr Fraktionsvorsitzender wieder eine Legendenbildung in Richtung Gesamtschulen vornehmen, dann möchte ich dazu einiges sagen. Denn das Abitur an Gesamtschulen ist nicht schlechter.

(Beifall von Eva Voigt-Küppers [SPD])

Die Schüler und Schülerinnen haben das Zentralabitur abgelegt. Es ist gerade mal eine Drittelnote Unterschied im Durchschnitt aller Abiturientinnen zwischen den Gymnasien und den Gesamtschulen. Und hinzufügen muss man Folgendes, Frau Gebauer – das wissen Sie doch eigentlich –, dass nämlich über 70 % der Schülerinnen und Schüler, die an den Gesamtschulen das Abitur ablegen, keine Gymnasialempfehlung gehabt haben.

(Eva Voigt-Küppers [SPD]: So ist das!)

Das heißt, die Leistung der Gesamtschulen, diesen jungen Menschen zu helfen, ihre Potenziale zu entfalten, ist an erster Stelle zu würdigen. Und dann werden wir gemeinsam darüber reden, wie weitere Unterstützungsmaßnahmen auch in diesem Prozess gerade für die Gesamtschulen ausgebracht werden können.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Sie sprechen hier vom Ausbluten der Gymnasien. Dieser Kampfbegriff entbehrt wirklich jeder Grundlage.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

Herr Lindner, Sie wissen doch, dass wir 1.000 zusätzliche Stellen bei den Gymnasien belassen haben, damit wir den Übergang von G8 zu G9 abfedern. Nun belassen wir noch einmal 500 zusätzliche Stellen bei den Gymnasien. Das ist viel mehr – ich habe es bereits vorhin gesagt –, als Sie jemals investiert haben. Bei Ihnen waren 10.000 Stellen weg. Hätten Sie es sich aus den Rippen schneiden wollen? Wie wäre es damals eigentlich gegangen? So auf jeden Fall nicht!

Die Legendenbildung, die Sie hier versuchen, geht fehl. Wir investieren in alle Schulformen gleichermaßen. Auch das steht auch im Schulkonsens. Denn für die bestehenden Schulen ab der Sekundarstufe werden die Klassenfrequenzrichtwerte auch abgesenkt. Auch das setzen wir mit dem Haushalt um, und die nächsten Schritte erfolgen auch.

Sie sind draußen, Herr Lindner. Sie haben sich beim Schulkonsens außen vor gesetzt und auch bei der Bildungskonferenz. Ich bin froh, dass die Kollegin Gebauer beim „Runden Tisch G8/G9“ dabei ist. Dann kann sie auch sehen, wie ernsthaft wir dort miteinander diskutieren.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Beer. – Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Deshalb schließe ich den Tagesordnungspunkt 2.

Ich rufe auf:

3 Einbruchskriminalität in Nordrhein-Westfalen

auf Rekordniveau – Anteil der Kriminalpolizei am Personalbestand der Polizei muss endlich erhöht werden!

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/5760

Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner für die antragstellende CDU-Fraktion Herrn Abgeordneten Kruse das Wort. Bitte, Herr Kollege.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Nach dieser intensiven Schuldebatte wenden wir uns nunmehr einem zweiten klassischen Landesthema zu, bei dem die Entwicklung ähnlich besorgniserregend ist wie in der Schulpolitik.

Ich darf darauf hinweisen, dass der Schutz und die Gewährleistung der inneren Sicherheit zu den Kernaufgaben unseres Staates gehören. Der

Schutz vor Kriminalität, die Verhinderung von Straftaten und deren konsequente Ahndung sind unabdingbare Voraussetzungen für die Lebensqualität unserer Bürgerinnen und Bürger. Die Erfüllung dieser Aufgaben liegt in Deutschland ausschließlich in der Zuständigkeit der Länder.

Am 10. März 2014 stellte Innenminister Jäger der Öffentlichkeit die Polizeiliche Kriminalstatistik vor, die aus unserer Sicht einem Versagensbericht der rot-grünen Landesregierung gleichkommt. Denn mit einer Aufklärungsquote von nur noch 48,9 % wurde auch im vierten Jahr der rot-grünen Regierungsverantwortung deutlich weniger als jede zweite Straftat aufgeklärt.

(Armin Laschet [CDU]: Wo ist denn der In- nenminister?)

Nordrhein-Westfalen nimmt erneut den letzten Platz unter den bundesdeutschen Flächenländern ein.

(Minister Ralf Jäger betritt den Plenarsaal.)

Ich freue mich, Herr Minister Jäger, dass Sie so allmählich, aber dennoch einigermaßen rechtzeitig zu dieser so wichtigen Debatte erscheinen.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, besonders dramatisch ist die Entwicklung bei der Einbruchskriminalität.

(Beifall von Dr. Stefan Berger [CDU])

Seit dem Amtsantritt von Innenminister Jäger im Jahre 2010 ist nämlich die Zahl der Wohnungseinbrüche in NRW von mehr als 44.000 auf mehr als 54.000 Fälle pro Jahr angewachsen. Nach vier Jahren rot-grüner Regierungszeit werden in NordrheinWestfalen über 10.000 Wohnungseinbrüche mehr begangen als zuvor.

Auffällig ist, dass dem dramatischen Anstieg der Fallzahlen ein massiver Rückgang der Aufklärungsquote gegenübersteht. Von 100 Einbrüchen bleiben in unserem Land mehr als 86 unaufgeklärt. Das entspricht einer Aufklärungsquote von nur noch 13,6 %, die in einigen Regionen noch desolater ist, so zum Beispiel in Essen mit nur noch 8 %.

Das ist eine außerordentlich tragische und beschämende Entwicklung, für die Sie, Herr Minister, als federführender Minister in besonderer Weise die Verantwortung tragen, gestützt von den rot-grünen Fraktionen, die sozusagen diesem Treiben tatenlos zusehen.

(Beifall von der CDU)

Wenn ein Höchstmaß an Sicherheit Voraussetzung für die Lebensqualität und ein wichtiger Faktor für den Wirtschaftsstandort in unserem Land ist, dann schaffen Sie, Herr Minister Jäger, mit Ihrer Empfehlung an die Wohnungs- und Hausbesitzer, ihr Eigentum zu sichern, in der Tendenz schleichend, aber dennoch deutlich eine Sicherheit erster und zweiter Klasse, nämlich eine käufliche Sicherheit.

Hinzu kommt – das ist aus meiner Sicht noch viel gravierender –, dass Sie mit Ihren Kampagnen und populistischen Aktionen verdeutlichen, dass Nordrhein-Westfalen bei der Bekämpfung der Einbruchskriminalität sein Gewaltmonopol nicht mehr durchsetzen kann.

Denn die tatsächliche oder vermeintliche Gefahr, Opfer eines Einbruchs oder Überfalls zu werden, hat privaten Sicherheitsunternehmen einen Aufschwung sondergleichen beschert mit inzwischen mehr als 37.000 Beschäftigten im privaten Sicherheitsgewerbe nur bei uns in Nordrhein-Westfalen. Diese Arbeitnehmer füllen eine Lücke, die der Staat – also das Land Nordrhein-Westfalen – gelassen hat; zu welchen Kosten und mit welchen langfristigen Auswirkungen im Verhältnis Bürger und Staat scheinen Sie überhaupt nicht zu bedenken.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, besorgniserregend und alarmierend ist ein Bericht unter „Spiegel Online“ vom 03.04.2013, der aus einer Arbeitsgrup

pe des Innenministeriums Nordrhein-Westfalens zum Einbruchsdiebstahl über Folgendes aufklärt. Ich darf zitieren mit Erlaubnis des Präsidenten:

„Der träge Behördenapparat kann bislang mit den ebenso wendigen wie windigen Tätern nicht Schritt halten, weshalb die geschnappten Seriendiebe häufig behandelt werden wie harmlose Ersttäter. Oftmals erkennen die örtlich zuständigen Beamten offenbar gar nicht, wen sie da vor sich haben … So würden Datenbanken schlecht gepflegt, Kriminalakten vernachlässigt und erkennungsdienstliche Instrumente wie Fotos oder Fingerabdrücke nicht aktualisiert. ‚Überregional arbeitsteilig organisierte Berufs- und Gewohnheitstäter, die in mehreren Kreispolizeibehörden Straftaten begehen (…), erfahren in NordrheinWestfalen einen zu geringen Verfolgungsdruck‘.“

Dies notieren die Fachleute aus dem Landeskriminalamt.