Protocol of the Session on May 15, 2014

Das mit den Allgemeinplätzen betrifft leider auch die Antwort auf die Große Anfrage. Eine Große Anfrage soll nicht Thesen benennen, sondern Fakten liefern.

(Jochen Ott [SPD]: Viele Fakten!)

An vielen Stellen wird grammatikalisch das Passiv oder auch ein unbestimmter Plural verwendet, wo doch eigentlich „die Landesregierung“ stehen müsste. Wenn die Landesregierung fordert, dass Einfluss genommen werden müsse oder sich Akteure an einen Tisch setzen sollten, dann fragt man sich schon, wer hier im Land eigentlich Politik umsetzt und die Lebensbedingungen gestaltet.

(Beifall von den PIRATEN)

Wer verbirgt sich hinter dem Passiv? Ein großer Unbekannter, ein Weltenretter? Wer sind die Akteure? Wenn die Landesregierung überhaupt einen Akteur konkret benennt, dann sind das die Kommunen, im Zweifel also das schwächste Glied in der Kette. Herr Ellerbrock hat dazu gerade etwas ausgeführt.

Wenn eine zukunftsfähige Wohnungspolitik vornehmlich kommunale Wohnungspolitik ist und Akteure kommunale Akteure sind, dann müssen die Akteure auch entsprechend ausgestattet werden. Aber gibt es dazu eine umsetzungsreife Aussage der Landesregierung? Nein, habe ich nicht gesehen.

Hiermit bin ich am Schluss und würde sagen: Lassen wir einmal die Allgemeinplätze sein und kommen zum nächsten Tagesordnungspunkt. – Danke schön.

(Beifall von den PIRATEN)

Danke schön, Herr Bayer. – Für die CDU-Fraktion hat sich noch einmal Herr Kollege Schemmer zu Wort gemeldet.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister, noch einige Anmerkungen.

Ich hatte zum Beispiel zu der Frage, wie nun die Bestände „Tatsächliche Nutzung“ sind, wie viele leer stehen, nach Fakten gefragt. Fakten werden nicht mitgeteilt. Sie liefern uns zwar vier Versionen, aber keine ist richtig. Oder ich hatte gefragt: Wie ist es mit Ihren faktisch 400.000 zusätzlich gefundenen Wohnungen? Keine Antwort.

Dann reden Sie hier pathetisch von „Oma ihr klein‘ Häuschen“ und von „Schluss mit der Gießkannenförderung“. Noch einmal für Sie und auch für die Vertreter der beiden Regierungsparteien, die hier

gesprochen haben: Die Eigentumsförderung war unter Schwarz-Gelb 2006, 2007, 2008 geringer als vorher unter Rot-Grün. Die Mietwohnraumförderung war unter Schwarz-Gelb höher als unter Rot-Grün zuvor. Jede andere Darstellung, auch wenn Sie sie zwanzig Mal wiederholen, kommt nicht näher an die Wirklichkeit.

Dann hat der Groschek hier vorgetragen.

(Jochen Ott [SPD]: Der Groschek! Das Schmuckstückchen!)

Ich dachte, der wird uns etwas zum Wohnungsbau erzählen. Ich dachte, da spricht der Bauminister, doch ich habe die ganze Zeit nur den Generalsekretär gehört.

(Jochen Ott [SPD]: Da spricht der Neid!)

Das war wieder der alte Generalsekretär, mit „Minister“ möglichst wenig zu tun.

(Beifall von der CDU)

Keine Antwort auf die Frage: Warum sind bei uns von den 800 Millionen € nur 500 Millionen € im letzten Jahr ausgegeben worden? Bei uns waren das noch über 1,1 Milliarden €.

Noch ein weiterer Hinweis. Warum erzählen Sie diesem Hause nicht, dass Sie 50 Millionen € als verlorene Tilgungsnachlässe verschwinden lassen,

(Jochen Ott [SPD]: Zauberei! Schmuckstück- chen-Voodoo!)

es quasi zum Zuschuss machen, anstatt der Wohnraumförderung herkömmlich zukommen zu lassen? Damit könnten Sie eine Dreiviertelmilliarde zusätzlich mit Zinsen und Tilgung finanzieren.

Kurzum: Sie machen eine schlechte Wohnraumförderung.

Letzter Satz. Bei einer Reihe von Kommunen, die Sie in die Kategorie 3 „Unterdurchschnittlicher Bedarf“ einordnen – ich kann Ihnen das an den Beispielen Gescher, Velen, Havixbeck erklären –, unterstellen Sie unterdurchschnittlichen Bedarf, obwohl es da weniger als 2 % Leerstand gibt. Das heißt, dort gibt es Bedarf. Dort wird nicht gefördert. Das ist die Wirklichkeit, die in diesem Land stattfindet. – Schönen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Schemmer. – Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr.

(Zurufe: Oh!)

Gibt es noch eine Wortmeldung? – Nein. Es wird bedauert, dass es keine Wortmeldung mehr gibt. Verstehe. Da die Zeit durch alle gut ausgenutzt worden ist, ist das kein Wunder. Ich stelle damit

fest, dass die Große Anfrage 9 der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen erledigt ist.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt

8 Stärkungspakt jetzt reformieren – verzögerte

Evaluierung ist nicht ausreichend

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/5764

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die CDUFraktion Herrn Kollegen Kuper das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion fordert mit diesem Antrag eine grundlegende Reform des Stärkungspaktgesetzes. Die Notwendigkeit eines Hilfsprogramms für notleidende Kommunen ist hier im Hause sicherlich unstrittig. Aber es ist bei einem solchen Programm wichtig, dass es a) die richtigen Ansatzpunkte findet, b) die richtige Ausgestaltung und c) dann auch die erhoffte Wirkung eintritt.

Wenn man auf die Ursachen der Kommunalfinanzkrise in den NRW-Kommunen schaut, so sind diese vielfältig. Das heißt, es braucht nicht nur eine Antwort und das Drehen an einer Schraube, sondern einen ganzheitlichen Ansatz.

Diesem Anspruch wird der Stärkungspakt in seiner bisherigen Art und Weise eben nicht gerecht. Es ist quasi ein Eimer Wasser, der in ein brennendes Haus geschüttet wird. Mit diesen Anforderungen wird der Stärkungspakt denen eines wirksamen Hilfsprogrammes für notleidende Kommunen nicht gerecht.

Von daher verwundert es auch nicht, wenn es jede Menge Kritik in der Kommunalpolitik gibt, wenn dort gesagt wird, dass in den Zahlenkolonnen beispielsweise der Haushaltssanierungspläne der Zukunftsjahre reine Luftnummern gesehen werden. Wenn man jetzt schaut, dass beispielsweise die Tariferhöhungen ja gar nicht eingeplant sind, scheint sich das auch zu bewahrheiten.

Der Bürgermeister der Stadt Herten, Herr Ulrich Paetzel, sagte, dass die Landesregierung beim Stärkungspakt mit „Hoffnungswerten“ rechne. Der Sozialdemokrat mutmaßte, dass bis zu den Kommunalwahlen „alle alles tun werden, um ihre Haushalte passend zu machen“. In spätestens zwei Jahren werde das System nicht mehr funktionieren.

Ähnlich hat sich auch der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Holtkamp geäußert. Er sagte: „Das Ganze wird dann in zwei Jahren wie eine Bombe platzen.“

Meine Damen und Herren, wir wollen uns an diesen Mutmaßungen gar nicht weiter beteiligen, aber zumindest über die Defizite dieses Stärkungspaktes

muss man reden. Das haben wir mit unserem Antrag gemacht.

Zunächst einmal ist festzustellen: Dieser Stärkungspakt ist ein Steuererhöhungspakt. Die Probleme des Landes sollen jetzt von den Bürgern und Unternehmen gelöst werden.

Das kann man daran sehen, dass 54 der 61 betroffenen Städte im Stärkungspakt jetzt drastische Steuererhöhungen vorgenommen haben. Gleiches passiert und droht in den Kommunen, die den Kommunal-Soli zahlen sollen.

Wenn man sieht, dass die GPA aktuell davon ausgeht, dass rund ein Drittel der Maßnahmen Steuererhöhungen bei Gewerbe- oder Grundsteuer sind, dann ist das etwas, was uns in jedem Falle zum Nachdenken anregen muss. Wenn wir dann noch sehen, dass in diesen Tagen veröffentlicht wird, dass wir in NRW bezogen auf unsere Kommunen schon ein Höchststeuerland sind, dann müssen an der Stelle weitere Schritte folgen.

Das Zweite ist aber: Die Kassenkredite sind auf Rekordhoch. Das heißt, insoweit ist der Stärkungspakt wirkungslos. Allein im letzten Jahr sind die Kassenkredite um 7 % auf jetzt 1,7 Milliarden € gestiegen. Selbst in den Stärkungspakt-Empfängerkommunen steigen die Kassenkredite weiter. Das kann nicht so weitergehen.

Aber auch ein weiterer Punkt: die Auswahl der Kommunen. Die Problemkommunen wachsen nach. Ich erinnere noch einmal an Prof. Oebbecke, der sagte: Es kann nicht sein, dass Sie hier einen relativ kleinen Kreis zu sanieren versuchen und keine Vorkehrungen dagegen treffen, dass das Problem nachwächst.

Oder die SPD-OB Frau Mühlenfeld: Es werde ein „Keil in die kommunale Familie“ getrieben, wenn zwischen „notleidenden Kommunen erster und zweiter Klasse“ unterschieden werde. Oder der SGK-Vorsitzende Baranowski: Die Auswahl der Kommunen sei „die Schwäche des Programms“.

Sie helfen 61 Kommunen mit dem Programm auf der Basis von 2010er-Eckwerten. Aber außen vor bleiben die 113, die in der Haushaltssicherung oder im Nothaushalt sind. Da besteht dringend Änderungsbedarf. Nehmen wir nur mal das Beispiel Mülheim an der Ruhr, das nicht nur stark überschuldet ist, sondern jetzt nach Korrektur der Aktienwerte auch noch bilanziell überschuldet ist.

In anderen Bundesländern wird nicht über ein Spezialprogramm ausgeschüttet, sondern im Rahmen der Gemeindefinanzierung. Das heißt, die jeweils in dem Jahr Notleidenden bekommen auch eine entsprechende Hilfe. Wichtig wäre also, nicht starr und stur mit einem einmal beschlossenen Programm zu arbeiten, sondern flexibel auf Bedarfe zu reagieren.