Protocol of the Session on May 15, 2014

Im Übrigen entsprechen die 400.000 Wohnungen mehr als dem kompletten Wohnungsbau, der in Nordrhein-Westfalen in zehn Jahren stattfindet.

Noch interessanter wird es bei der Wohnungsleerstandsstatistik. Mit vier solchen Statistiken haben Sie uns in jüngerer Vergangenheit zwangsbeglückt: erstens der Vorlage 16/1144 „Auswirkungen des Zensus 2011 auf den sozialen Wohnungsbau in Nordrhein-Westfalen“, zweitens dem F+B

Gutachten vom Dezember 2013 sowie drittens und viertens den Grafiken auf den Seiten 7 und 36 der Beantwortung der Großen Anfrage.

Ich habe diese vier Versionen einmal miteinander verglichen. Nun enthält die eine 1%-Sprünge und die andere 0,5%-Sprünge. Interessant ist bei einer Version aber Folgendes: Leerstand unter 3 % ist für SPD und Grüne gleich. Unter 3 % Leerstand gibt es nichts mehr. Da kann man nicht mehr differenzieren.

(Jochen Ott [SPD]: Das ist visionäre Woh- nungspolitik!)

Man muss zwar ab 3 % in 0,5-%-Sprüngen differenzieren. Unter 3 % findet aber nichts mehr statt. Nun weiß jeder, dass 3 bis 3,5 % Leerstand einen ausgeglichenen Wohnungsmarkt bedeuten.

(Jochen Ott [SPD]: Haben Sie auch eine poli- tische Idee?)

Dann schaue ich mir einmal die tollen Zahlen an, die Sie liefern. Ich nenne einmal drei Orte aus dem Westmünsterland.

Stadt Vreden: Version 1: unter 2 % Leerstand; Version 2: 3 bis 3,5 % Leerstand; Versionen 3 und 4: jeweils unter 2 % Leerstand – sogar richtig.

Gescher: Version 1: 2 bis 3 % Leerstand; Version 2: 3 bis 3,5 % Leerstand; Version 3: 2 bis 3 % Leerstand; Version 4: unter 2 % Leerstand.

Die Zahlen von Velen könnte ich Ihnen jetzt auch noch nennen. Ich sage Ihnen das einmal präzise vom Ergebnis her.

Bei den realen Zahlen von Vreden, Gescher und Velen haben Sie bei zwölf Antworten sogar vier Mal das richtige Ergebnis geliefert. Glückwunsch zu dieser tollen Leistung! Ich sage Ihnen: Beim Lottospielen sind vier von zwölf eine top Quote. Davon kann ich eigentlich nur träumen. Aber für die Wohnungspolitik ist diese Antwort nicht einmal drittklassig.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Im Übrigen verschlimmbessern Sie die Antwort auf meine Kleine Anfrage, die ich gestellt habe, über die tatsächliche Situation, weil Sie das mit den unter 3 % immer noch nicht verstanden haben.

Kurzum: 400.000 Wohnungen mehr in Relation Einwohnerzahl und tatsächliche Bewohner und die zwei Drittel bei den Leerstandsquoten wurden uns falsch mitgeteilt. Herr Minister, bevor das große Segnen dieses Hauses stattfindet, erarbeiten Sie einfach eine korrekte Datengrundlage, erklären Sie sie uns, erklären Sie uns Ihre Halbierung bezüglich des sozialen Wohnungsbaus, und dann können wir weiterdiskutieren. – Schönen Dank.

(Beifall von der CDU – Jochen Ott [SPD]: Das ist die Wohnungspolitik der CDU!)

Vielen Dank, Herr Kollege Schemmer. – Für die FDP-Fraktion spricht nun Herr Kollege Ellerbrock.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kollege Ott hat einen Satz gesagt, den ich unterstreiche.

(Jochen Ott [SPD]: Oh! Nur einen!)

Weil der Rest Mist war, deswegen. Das werde ich gleich im Einzelnen nachweisen.

Dieser Bericht ist eine Bestandsaufnahme. Das ist in Ordnung. Leider bringt er zu wenig Zukunft. Der Kollege redet von Slums, der Kollege redet von Reichenghettos. Sein eigener Minister hat in der Öffentlichkeit gesagt, diese Worte, die er damals in Bezug auf Düsseldorf gefunden hätte, würde er heute so nicht mehr äußern. – Richtig, darauf hatten wir uns geeinigt. In Ordnung!

Kollege Ott, Sie haben ein Zerrbild NordrheinWestfalens dargestellt, das mit der Realität null Komma null zu tun hat.

(Beifall von der FDP)

Meine Damen und Herren, es ist ein Zerrbild von einem Land voller Probleme dargestellt worden, das

sozial zerrissen ist. Der Mieter ist dem Markt der Vermieterprofitgier hilflos ausgeliefert. Sie sagen: Eine staatliche Mietpreisaufsicht muss her – ich leite daraus ab: mit staatlicher Subvention, um die Mieten niedrig zu halten –,

(Jochen Ott [SPD]: Leitete ich ab! Leitete ich ab!)

eine staatliche Wohnungszuweisung in entleerte Gebiete.

Meine Damen und Herren, Sie malen ein Zerrbild Nordrhein-Westfalens im Vergleich zur DDR, und das war die Planwirtschaft, ein abgewirtschaftetes Modell. Das ist SPD. So reden Sie dieses Land schlecht.

(Beifall von der FDP)

Meine Damen und Herren, mit Nordrhein-Westfalen haben wir ein Land, auf das wir stolz sein können. Wir haben auch Probleme, und um diese müssen wir uns kümmern. Deswegen haben wir in der Enquetekommission aus meiner Sicht auch ganz vernünftig zusammengearbeitet und Handlungsempfehlungen erarbeitet, die wir hoffentlich gemeinsam Schritt für Schritt abarbeiten.

(Jochen Ott [SPD]: Sie sagen ja immer Nein zu allem!)

Klar gesagt: Kollege Schemmer, was bietet diese Anfrage? Sie bietet nichts Neues. Über die Faktenbasis können wir reden. Wir können auch gleich bei der Mietpreisbremse noch etwas dazu sagen. Was die Mietpreisbremse betrifft, stellt sich zum Beispiel in Bottrop heraus, dass die ideologisch begründete Theorie mit der Realität nicht in Übereinstimmung zu bringen ist und dieser Minister deswegen sagt: Dann muss sich die Realität der ideologisch begründeten Theorie anpassen. Die Partei hat immer recht. – Das ist dieser Minister.

(Beifall von der FDP – Jochen Ott [SPD]: Das ist ja lächerlich!)

So gehen Sie mit Fakten um. Darüber können wir uns gerne austauschen.

Meine Damen und Herren, was ist diese Anfrage? Diese Anfrage ist eine Datensammlung, über die man streiten kann. In Ordnung. Bringt sie etwas Neues? Nein, das haben wir in den Ausschüssen besprochen. Es ist also ein Kompendium zum Nachweis der Arbeitsfähigkeit der Regierung. Jetzt kann ich das auch verstehen. Bei einem Fragenkatalog wird ein guter Referatsleiter nicht in Schnappatmung geraten, sondern er nimmt sein Diktiergerät und diktiert die Antworten. Die Zusammenführung bzw. die Ressortabstimmung ist das, was so viel Spaß macht. Aber drei Monate waren erstaunlich schnell. Das muss man sagen. Waren die Fragen vielleicht nicht ganz unbekannt?

(Zuruf von der FDP: Die waren vorformuliert!)

Also, Herr Kollege, „sie waren vorformuliert“ würde ich nicht sagen. Das würde ein Referatsleiter nie machen. Das geht nicht. So machen wir das nicht. Aber der Minister wird vielleicht etwas machen. Also ist es eine Selbstdarstellung. Und Herr Groschek, mit Verlaub: Das haben Sie gar nicht nötig. Das könnten wir anders machen. Das muss ich einmal ganz deutlich sagen.

(Heiterkeit von der SPD)

Meine Damen und Herren, es wird deutlich, dass sich die SPD und die Grünen längst von ihren Wahlversprechen aus dem Jahr 2010 verabschiedet haben. Damals wurde für die Wohnbauförderung eine Milliarde Euro gefordert. Das sollte sogar nach Ausführungen des Kollegen von Grünberg doch noch in die Verfassung aufgenommen werden. Zumindest sollte das gesetzmäßig festgelegt werden.

(Jochen Ott [SPD]: Heuchlerisch!)

Wir müssen auch einmal etwas Positives sagen. Denn die Überlegung, die Wohnraumförderung zu verstetigen und eine Kalkulationsgrundlage auf vier Jahre zu machen, ist vom Prinzip her eine gute Sache, Herr Minister. Wenn aber die Mittel nicht abgerufen werden, wie es sich zurzeit darstellt, dann bedeuten vier Jahre zwar eine Kalkulationssicherheit, aber lediglich zur Fehlsteuerung. Das kann so nicht richtig sein.

(Beifall von der FDP – Karlheinz Busen [FDP]: Richtig! Genau das ist der Punkt!)

Meine Damen und Herren, zur Mietpreisbremse. Das ist ein Problem, das hochgejazzt wird. Es ist ein Problem, das in einzelnen Städten – und dort auch nicht flächendeckend – besteht. Zum Glück ist es in nicht zu vielen Städten ein Problem. Aber das Beispiel Bottrop, über das wir uns schon einmal ausgetauscht hatten, ist nun einmal ein Beispiel, bei dem man an den Indikatoren zur Festlegung der Gebiete hätte variieren müssen. Denn Bottrop hat nun wirklich keinen angespannten Wohnungsmarkt. Und dann zu sagen, Herr Minister, hier müssten wir die Mietpreisbremse geltend machen, fand ich nicht so toll. Wir haben nun einmal die Theorie, jetzt müssen wir da durch, und lassen es so sein.

Umgekehrt hätte ich es als sinnvoll erachtet, wenn sie gesagt hätten, wir müssten Bauland ausweisen, wir müssten den Kommunen helfen, und wir müssten Brachflächenmobilisierung betreiben, und zwar eventuell durch Nutzungsänderungen, damit Großkonzerne noch bereit seien, freie Flächen zu mobilisieren.

Darüber können wir uns unterhalten. Wir brauchen eine praxisorientierte Energieeinsparverordnung. Und wir müssen vor allen Dingen dafür sorgen, dass jemand wieder diese Möglichkeiten auch nutzt, also eine stärkere degressive Abschreibungsmöglichkeit finden.

Das alles ist bei Ihnen nicht drin. Ich möchte aber gerne gleich noch auf Ihre Rede antworten. Deswegen mache ich hier Stopp. – Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Ellerbrock. – Für die Fraktion der Piraten spricht der Kollege Wegner.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Menschen im Stream und auf der Tribüne! Ist es nicht schön, dass die regierungstragenden Fraktionen ihrer eigenen Regierung rechtzeitig zu den anstehenden Wahlen großzügig Gelegenheit geben, sich und ihre Politik ins rechte Licht zu stellen? Ist es nicht schön, dass wir an den Erkenntnissen der Landesregierung teilhaben dürfen, weil offenbar der direkte Draht von SPD und Grünen zur eigenen Regierung nicht mehr funktioniert?

Mal ehrlich: Was will man im parlamentarischen Betrieb üblicherweise mit einer Anfrage erreichen, erst recht mit einer Großen Anfrage? Man will, dass die Landesregierung Farbe bekennt. Man will, dass die Landesregierung zu strittigen Punkten Stellung bezieht. Man will ein probates Mittel nutzen, um auf Lücken und Widersprüche in der Regierungspolitik hinzuweisen.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Wo steht das in der Geschäftsordnung? – Weitere Zu- rufe)