Protocol of the Session on May 15, 2014

Wir wollen keine Politik unter der Käseglocke. Unsere repräsentative Demokratie lebt daher davon, dass sich aus allen Bevölkerungsgruppen Personen finden, die Verantwortung auf Zeit in unseren Parlamenten übernehmen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Lassen Sie mich an dieser Stelle eine persönliche Ausführung machen: Ich bin Inhaber eines mittelständischen, produzierenden Unternehmens mit einer 100-jährigen Unternehmensgeschichte. Wir produzieren fast ausschließlich am Standort Wuppertal. Als ich vor zwei Jahren in den Landtag gewählt wurde, war die erste Frage meiner Mitarbeiter, ob jetzt die Konsequenz wäre, dass sie ihren Arbeitsplatz verlieren. Sie wollten wissen, ob ich aufgrund der Mandatsübernahme nun den Betrieb schließe und sie auf die Straße setze. Ich habe dies nicht getan – zum einen aus Verantwortung meinen

langjährigen Mitarbeitern gegenüber, zum anderen weil ich mein Mandat nur auf Zeit habe. Nach meiner Mandatstätigkeit kann ich nicht wie ein Beamter zurück auf eine Planstelle. Wenn meine Mandatstätigkeit vorbei ist, bin ich wieder „nur“ oder „guter“ Unternehmer.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Warum erzähle ich das? Sie werden mir sicherlich zustimmen, dass es für ein Parlament wie unseres wichtig ist, auch Mittelständler, Handwerker und Selbstständige als Abgeordnete zu gewinnen. Wenn wir das wollen, müssen wir diesen Gruppen auch ermöglichen – aus Verantwortung für die betroffenen Mitarbeiter und für die eigene Zukunft, da man nicht wie ein Beamter auf eine Planstelle zurück kann –, ihre selbstständige Tätigkeit während des Mandats aufrecht zu erhalten. Es muss daher unser aller Interesse sein, Transparenzregeln so zu gestalten, dass wir unternehmerische Tätigkeit nicht unmöglich machen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Ich habe kein Problem …

Herr Kollege

Spiecker, ich darf Sie einmal unterbrechen: Der Kollege Schulz würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen.

Nein, jetzt nicht. – Ich habe kein Problem mit Transparenz. Ich habe kein Problem damit, Transparenz über mein Einkommen neben meiner Mandatstätigkeit herzustellen. Ich habe kein Problem, Transparenz über meine Auftraggeber herzustellen. Mein Unternehmen produziert weder für den Bund noch für das Land und auch nicht für die Kommunen.

Transparenzregeln dürfen aber nicht so konzipiert sein, dass sie Unternehmer und Selbstständige unverhältnismäßig mit Bürokratie belasten. Transparenzregeln dürfen nicht so konzipiert sein, dass sie zu einer Wettbewerbsverzerrung zulasten des selbstständig tätigen Abgeordneten führen.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Wir alle wissen: Das Gegenteil von gut ist gut gemeint. – Gut gemeinte Transparenzregeln, die dafür Sorge tragen, dass ganze Bevölkerungsgruppen eine Kandidatur für unser Parlament für sich persönlich ausschließen, müssen wir gemeinsam verhindern.

Ich bin mir sicher, dass dies unter gemeinsames Interesse ist, dass wir gemeinsam gute Transparenzregeln schaffen werden, dass das ein guter Weg ist. Wir freuen uns auf die weitere Beratung. – Danke schön.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der SPD und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Spiecker. – Für die grüne Landtagsfraktion spricht jetzt Frau Kollegin Beer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Zuruf von der CDU)

Nein, es gibt jetzt nichts zur Gesamtschule. Da kann ich die CDU-Fraktion beruhigen.

Niemand hier im Parlament muss sich Sorgen machen. Es wird eine neue umfassende Transparenzregelung im Landtag von NRW geben. Die Nebeneinkünfte für das Kalenderjahr 2014 werden davon schon erfasst. Am Termin zum Inkrafttreten der neuen Abgeordnetenverhaltensregeln zum 1. Januar 2015 wird nicht gerüttelt.

Wir Grünen haben in der Frage der Offenlegung eine ganz klare Agenda: Seit 2005, der Neuordnung des Abgeordnetenrechts, legen die grünen Abgeordneten ihre Einkünfte ab dem ersten Euro offen. Da kann uns auch keiner treiben.

Frau Kollegin Beer, darf ich Sie einmal kurz unterbrechen: Der Kollege Biesenbach hat eine Zwischenfrage. Möchten Sie die zulassen?

Die können wir gerne anschließen. Ich möchte zunächst im Zusammenhang vortragen. Vielleicht ergeben sich auch noch andere Aspekte, von denen sich Herr Biesenbach angesprochen fühlt.

Sagen Sie Bescheid.

Die Offenlegung, die wir seit 2005 machen, kann jeder auf unserer Homepage nachlesen.

Ich habe schon vor einem Jahr gesagt – wunderbar recherchiert! –, dass wir die Transparenzregeln ändern werden. Und genau so kommt es.

Übrigens, Herr Marsching: Wenn die Piraten in der Diskussion ganz vorne sein wollen, dann wäre es gut, wenn derjenige, der den Gesetzentwurf hier heute so forsch einbringt, für seine Angaben auf der Piratenhomepage auch diese Transparenzregeln anlegen würde.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Da erfährt man nämlich nur Wolkiges von Herrn Marsching.

Auch in der Koalition haben wir einen gemeinsamen Kurs. Ob der Fraktionsvorsitzende der SPD, der Kollege Herter, oder ich: Wir haben uns früh geäußert. Alle wissen, woran sie sind. Die Koalition ist handlungsfähig.

Wir setzen allerdings noch darauf, und das gemeinsam, dass es gelingen kann, ein von allen Abgeordneten dieses Hauses getragenes Gesetz zu verabschieden. Das ist ein hohes Gut. Und das tut diesem Haus gut.

(Lachen von Dr. Wilhelm Droste [CDU])

Ich verhehle gar nicht, dass die Diskussionsbedarfe, die aus anderen Fraktionen noch angemeldet worden sind, auch meine Geduld strapaziert haben. Ich sage auch: Es dauert länger, als ich es mir gewünscht habe. Aber da es die Chance für umfassende, gemeinsam getragene Transparenzregeln gibt, die in diesem Haus breit gefasst und vertreten werden, habe ich meine Ungeduld noch einmal gezügelt.

Wir räumen CDU und FDP, die ernsthaft Signale gesetzt haben, dass auch sie eine umfängliche Regelung wollen, quasi – ich sage das jetzt so; ich komme aus Paderborn – eine letzte Nachspielzeit ein, damit der gemeinsame Aufstieg in die Transparenz-Liga gelingen kann.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich muss sagen: Ich habe mich schon darüber geärgert, dass sich Schwarz-Gelb nicht genügend um einen Kompromiss mit Rot-Grün auf Bundesebene bemüht hat, sondern sein grobmaschiges Stufenmodell durchgezogen hat. Deswegen wollen wir das hier nicht einfach umgekehrt handhaben.

Ich will aber auch deutlich sagen: Ein Vertagen auf den Sankt Nimmerleinstag wird es mit Rot-Grün nicht geben.

Ich habe im Übrigen auch immer wieder betont: Das Abgeordnetengesetz wird nicht jede Woche angefasst. Wenn, dann werden alle notwendigen Veränderungen zusammengeführt. Und das tun wir; denn wir wollen nicht nur die Nebeneinkünfte umfänglich offenlegen, wir wollen auch die Regeln für die Beschäftigung von Mitarbeiterinnen und von Verwandten neu fassen. Darüber haben wir ja geredet.

(Dietmar Schulz [PIRATEN]: Also doch Sankt Nimmerleinstag!)

Des Weiteren haben wir die erfreuliche Notwendigkeit, dass wir den Beitritt des Landtags Brandenburg zum Versorgungswerk im Gesetz nachvollziehen müssen.

Deswegen will ich zum vorliegenden Gesetzentwurf der Piraten nur kurz das Wichtigste anmerken: Es fehlen ganze Teile, die notwendig geregelt werden müssen, er ist handwerklich leider unzureichend.

(Unruhe von den PIRATEN)

Rot-Grün hat mit seinem Entschließungsantrag Eckpunkte vorgelegt, die aus unserer Sicht mehrere Dinge zusammenbringen: Das Mandat muss im Zentrum stehen und ist Haupttätigkeit. Wir wollen alle Berufsgruppen im Parlament vertreten haben. Ein Weiterführen der beruflichen Existenz für eine Tätigkeit nach der Parlamentszeit muss gewahrt bleiben. – Ich will noch mal darauf hinweisen, dass die durchschnittliche Dauer der Abgeordnetentätigkeit im Landtag von Nordrhein-Westfalen bei zehn Jahren liegt.

Nebeneinkünfte, die aus einer solchen beruflichen Tätigkeit neben der zentralen Abgeordnetentätigkeit erzielt werden, sollen in einem engmaschigen Stufenmodell Jahreseinkünfte dargelegt werden, das alle Einkommensstufen erfasst und nicht einfach das aus unserer Sicht unzureichende Bundesmodell überträgt. Dieses hat nämlich weite Spielräume und zieht eine Grenze ein, wo nur noch registriert werden kann, dass Nebeneinkünfte „darüber liegen“. Im Bund wird nicht dargelegt, in welcher Region sich solche Nebeneinkünfte bewegen.

Ein besonderes Augenmerk legen wir auf die sogenannten sonstigen Einkünfte, die auf Interessenverknüpfungen hinweisen könnten, zum Beispiel durch Beratungen, Gutachten, Vortragstätigkeiten, Tätigkeiten in Aufsichtsräten und Vorständen, die dann auf Euro und Cent bezogen auf den Monat anzugeben sind.

Bei einem solchen Kombimodell, wie ich es gerade noch einmal skizziert habe, gibt es keine Nebelregionen. Es wird nichts verschleiert, es ist für die Öffentlichkeit gut nachvollziehbar …

Ihre Redezeit.

… und spiegelt die Vielfältigkeit im Landtag wider.

So, jetzt nehme ich gerne die Frage vom Kollegen Biesenbach auf.

Wunderbar! Ich darf schon mal ankündigen, dass der Kollege Marsching eine Kurzintervention angemeldet hat.