Ich kann es Ihnen noch einmal erklären: Kumulieren und Panaschieren haben Sie verstanden bis dahin? – Hört sich schwierig an, ist es aber gar nicht.
Zwischenrufe helfen bei diesem Thema übrigens an der Stelle so nicht. Aber Sie sind ja nicht daran interessiert, den Wählerwillen präziser abzufragen. Wir schon! Wir möchten schon ganz gerne von unserem Souverän wissen: Möchten Sie den einen Kandidaten weiter oben auf der Liste haben oder den ande
Dass ich gerade von der Dortmunder SPD so viel Widerspruch höre, kann ich verstehen. Dort findet ja nun einmal viel nichtöffentlich statt.
Der Dortmunder SPD habe ich zugestimmt? Interessant! Das glaube ich nicht. Dem Modell kann ich kaum zustimmen.
Einfach vielleicht mal eine Zwischenfrage stellen. Dann kommt es auch genau an. Nicht einfach nur reinbrüllen! – Vielen Dank.
Die einzige kleine Einschränkung, die Kumulieren und Panaschieren mit sich bringen, ist die, dass die Auszählung etwa ein bis zwei Tage länger dauert. Aber damit hat man hinterher ein viel genaueres Abbild des Wählerwillens. Dann kann ich auch ein oder zwei Tage länger warten, da die Mandatsträger bei uns im Land normalerweise fünf Jahre im Amt verbleiben. Bei der nächsten Wahl sind es sogar sechs Jahre.
Wir denken aber, dass wir das Ganze für die nächsten Kommunalwahlen noch nicht einführen können. Das wäre zu früh. Wir möchten es jetzt anstoßen, um es in den Kommunalwahlen danach anzuwenden.
Ich denke, dass wir unseren Wählern auf keinen Fall zu viel zumuten. In fast allen Bundesländern ist das schon gang und gäbe. Wir sollten es einfach tun. Ich bedanke mich für Ihre Zustimmung, nicht nur Ihre Zwischenrufe. Danke sehr.
Vielen Dank, Herr Kollege Sommer. – Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Kämmerling das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzter Herr Kollege Sommer, vielen Dank für den sympathischen und gewinnenden Vortrag. Das ist eine bemerkenswerte Vorgehensweise, wenn man Menschen für einen Antrag mit einem Anliegen gewinnen will. Hierfür herzlichen Dank!
Sicherlich sind wir – auch wenn die hier vertretenen Fraktionen unterschiedliche Wahlsystematiken prä
ferieren – alle der Meinung, dass schon das bisherige Wahlrecht geeignet ist, den Wählerwillen abzubilden.
Ich respektiere, dass die Fraktion der Piraten der Meinung ist, dass ein aus ihrer Sicht besseres System als das derzeit praktizierte anzuwenden sei.
Aktuell wird die Hälfte eines Kommunalparlaments per Mehrheitswahl und die andere Hälfte nach Listen bestimmt. Die Entscheidung für einen Wahlkreisbewerber ist derzeit auch die Entscheidung für eine Reserveliste. Diese Reserveliste ist in einem demokratischen Verfahren zuvor durch die Parteien und Wählergruppen aufzustellen.
In meiner Partei ist ein Anspruch an eine ausgewogene Liste beispielsweise der, dass Frauen und Männer hierauf gleichermaßen vertreten sein sollen. Dass diese Berücksichtigung beider Geschlechter richtig ist, ist eine Meinung, der sich selbstverständlich nicht zwangsläufig jeder anschließen muss. Ich bin der Meinung, diese Berücksichtigung ist richtig. Die SPD ist aus ihrem Selbstverständnis heraus – wie in meinem Beispiel dargelegt –, dass Frauen und Männer gleichermaßen an politischer Willensbildung mitwirken sollten, der Meinung, dass sich dies auch in Kommunalparlamenten abbilden sollte. Das ist auch bekannt. Der Wähler weiß, welche Art der Liste er bekommt, wenn er die SPD in ein Kommunalparlament wählt. – Für die anderen demokratischen Parteien gilt dies entsprechend.
Ich sage Ihnen ganz offen: Ich möchte weiterhin ausgewogene Reservelisten. Darüber hinaus möchte ich weiterhin, dass Parteien sie definieren dürfen. Parteien sind selbstverständlich – und das schon aus Eigeninteresse – gehalten, das Verfahren und die Kriterien ihrer Listenaufstellung transparent zu machen und ihre Beweggründe offensiv zu kommunizieren.
Klar ist, dass den Parteien mit der Aufgabe der Listenzusammensetzung eine herausragende Rolle zukommt. Dass den Parteien nach Art. 21 Grundgesetz eine herausragende Rolle bei der Verwirklichung parlamentarischer Demokratie zugedacht ist, beschreiben die Antragsteller in ihrem Antrag im Übrigen auch selbst.
Ich habe ausgeführt, warum ich das bisherige System präferiere. Um dieses bewährte System zu verlassen, bedarf es sehr guter Argumente, und es bedarf Vorteilen für unsere Demokratie. Und exakt diese sind aus meiner Sicht nicht gegeben. Ich möchte das auch begründen.
Sie führen aus, dass Sie die Demokratie stärken wollen, und unterstellen, Bürgerinnen und Bürger würden kumulieren und panaschieren wollen. Und weil sie dies wollten, würden sie es tun, wenn sie es
denn könnten. Ob die Bürgerinnen und Bürger denn kumulieren und panaschieren wollen, ist nach meiner Kenntnis empirisch bislang nicht erfasst. Ob sie aber kumulieren und panaschieren, wenn der Wahlzettel dies hergibt, ist sehr wohl erfasst.
Die Erfahrungen anderer Bundesländer zeigen, dass vom Recht der sozusagen mehrfachen bzw. differenzierten Stimmabgabe von einem erheblichen Teil der Wählerinnen und Wähler kein Gebrauch gemacht wird. Wenn Gebrauch davon gemacht wird, dann in der Regel in sehr kleinen Kommunen, bei denen alle Bewerberinnen und Bewerber vor Ort in der gesamten Bevölkerung bekannt sind.
Betrachten wir den Variantenreichtum bei den Größenordnungen von Kommunen in unserem Land, dürfte eine solche Bekanntheitsdichte in NordrheinWestfalen wohl kaum die Regel sein. Ein überwiegender Teil der Mitglieder der kommunalen Familie dürfte hierfür schlicht zu bevölkerungsreich sein.
Und die 28 nordrhein-westfälischen Großstädte mit mehr als 100.000 Einwohnern und bis zu 90 Vertretern, die für die Kommunalparlamente zu wählen sind, möchte ich hier nicht einmal als alleinigen Grund dafür anführen, dass ich nicht glaube, dass große Teile der Wählerinnen und Wähler bis zu 90 Bewerberinnen und Bewerber überhaupt kennen können. Die gegenteilige Annahme widerspricht schlicht der Lebenswirklichkeit.
Auch ein ganz praktischer Grund lässt mich Ihrem Anliegen sehr skeptisch gegenübertreten. Wahlzettel, die die Ausmaße von über einem Meter Länge annehmen, sind aus meiner Sicht nicht geeignet, Bürgerinnen und Bürgern das Wählengehen
Ich führte zu Beginn aus, dass nur gewichtige Vorteile für die Demokratie ein Grund sein sollten, das in der Bevölkerung akzeptierte und bekannte Wahlsystem bei Kommunalwahlen zu verändern. Ihr Antrag führt nicht überzeugend aus, dass dies bei einer Umsetzung der Fall wäre. – Ich freue mich auf die weiteren Beratungen in den zuständigen Ausschüssen und danke für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege. Ich konnte Ihnen nicht mehr die Frage stellen, ob Sie die Zwischenfrage des Kollegen Sommer noch zulassen würden. Wollen wir das noch einmal abfragen?
Vielen Dank, Herr Präsident! Vielen Dank, lieber Kollege, dass Sie die Frage noch zulassen. – Sie sagten gerade, dass Wahlzettel von über einem Meter Länge die Bevölkerung nicht unbedingt dazu bringen würden, vermehrt wählen zu gehen. Dazu meine Nachfrage: Ist Ihnen bekannt, wie hoch die Wahlbeteiligung bei den Wahlen bisher war, zum Beispiel bei den Kommunalwahlen in Dortmund? Es waren knapp 33 %. Ich glaube, wenn wir weiterhin diesen Weg gehen und nichts verändern,…
Ja, mache ich. Danke. – Sind Sie meiner Meinung, dass wir, wenn wir nichts verändern, bessere Chancen haben, die Leute davon zu überzeugen, zur Wahl zu gehen?
Vielen Dank für die Nachfrage. Würden Sie entsprechend argumentieren und mich davon überzeugen können, dass sich die Wahlbeteiligung bei der Umsetzung Ihres Vorschlages automatisch erhöht, dann würde ich Ihnen folgen.
Fakt ist aber: Das Land Bremen hat bei der letzten Landtagswahl 2011 das von Ihnen vorgeschlagene System eingeführt, und in der Folge ging dort die Wahlbeteiligung im Vergleich zu der vorangegangenen Wahl sogar noch einmal deutlich zurück. Das ist der erste Aspekt, den ich Ihnen entgegenhalten möchte.
Der zweite Aspekt ist folgender: Die Wählerinnen und Wähler machen dort, wo sie die Möglichkeit haben, in der Wahlkabine maximal zu 50 % vom Kumulieren und Panaschieren Gebrauch.
Diese beiden Fakten, die, glaube ich, auch von Ihnen nicht bestritten werden, führen dazu, dass ich nicht der Meinung bin, dass Ihr Vorschlag uns weiterbringt.