Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung begrüßt den gemeinsamen Antrag von SPD und Grünen. Er zeigt klar, dass sich die Regierungsfraktionen und die Landesregierung ihrer Mitverantwortung für die kommunalen Haushalte sehr bewusst sind. Wir setzen alles daran, dass die Kommunen durch den Bund finanziell von den Sozialausgaben weiter entlastet werden. Dies gilt auch bei den Kosten der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen.
Im Koalitionsvertrag auf Bundesebene wurde vereinbart, dass sich der Bund künftig an den Kosten der Eingliederungshilfe beteiligt. Bereits ab dem Jahr 2015 entlastet der Bund die Kommunen mit 1 Milliarde € in der Eingliederungshilfe. In der Endstufe werden es dann nach Inkrafttreten eines Bundesteilhabegesetzes 5 Milliarden € sein.
Die Bundesarbeitsministerin hat in diesem Zusammenhang erklärt, dass das Bundesteilhabegesetz aus ihrer Sicht 2016 verabschiedet werden soll. Wir
können also sagen, dass die im Koalitionsvertrag des Bundes vorgesehene Entlastung ein gutes Ergebnis für die Kommunen in Nordrhein-Westfalen ist. Wir dürfen aber hierbei nicht vergessen, dass uns mit der anstehenden Reform der Eingliederungshilfe und der Schaffung eines Bundesteilhabegesetzes auch eine wichtige sozialpolitische Aufgabe bevorsteht.
Die Menschen mit Behinderungen erwarten zu Recht von uns, dass durch ein Bundesteilhabegesetz ein deutlicher Schritt hin zu einer umfassenden gesellschaftlichen Teilhabe gegangen wird. Sie erwarten, dass ihre Rechte gestärkt werden und dass sie ein selbstbestimmtes Leben führen können. Und sie erwarten, dass dieses Gesetz ein wichtiger Baustein hin zu einer inklusiven Gesellschaft wird.
Ein künftiges Bundesteilhabegesetz muss den Bedürfnissen aller Menschen mit Behinderungen gerecht werden. Es muss die Anforderungen der UNBehindertenrechtskommission umsetzen. Es muss die Beteiligungsrechte von Menschen mit Behinderungen stärken, und die Leistungen der Eingliederungshilfe müssen aus dem sogenannten Fürsorgesystem der Sozialhilfe herausgetrennt werden.
Menschen mit Behinderungen sind eben keine Bittsteller. Sie sollen und wollen zum Beispiel selbst entscheiden, wo, wie und mit wem sie leben wollen. Ein Bundesteilhabegesetz muss hierfür die Weichen stellen. Ich wünsche mir, dass Menschen mit Behinderungen künftig von einem Bundesteilhabegeld profitieren können. Damit wird ein klares Signal an die Betroffenen gesendet, dass Inklusion und die Stärkung der Selbstbestimmung der Menschen gesamtgesellschaftliche Aufgaben sind.
Klar ist, die Reform der Eingliederungshilfe und die Schaffung eines Bundesteilhabegesetzes gehören zu den wichtigsten sozialpolitischen Herausforderungen der nächsten Jahre. Die Landesregierung setzt sich mit aller Kraft hierfür ein und wird dafür kämpfen, dass diese Reform gelingt.
Selbstverständlich gehen wir an die Ausarbeitung eines Bundesteilhabegesetzes mit Augenmaß heran. Wir müssen die Ausgaben fest im Blick haben.
Aus sozialpolitischer Sicht bringt ein gelungenes Bundesteilhabegesetz die finanziellen Interessen der kommunalen Familie und die gleichermaßen berechtigten Interessen der betroffenen Menschen mit Behinderungen in Einklang. Dies ist unser Ziel.
Bitte, unterlassen wir alle auch nur den Anschein, sozialpolitische Inhalte gegen finanzpolitische oder kommunalpolitische Inhalte ausspielen zu wollen. Beides gehört zusammen, beides muss berücksichtigt werden. Die Kommunen benötigen dringend finanzielle Entlastung, die behinderten Menschen ein modernes Sozialrecht. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich will die Debatte, die in Teilen ganz amüsant war, einordnen. Sie war übrigens so amüsant wie gestern Abend die Debatte zum Thema „Altschuldenfonds“, wo wir eine kommunale Entlastung aufgerufen haben und vonseiten der FDP, der CDU und der Piraten hemmungslos am Thema vorbeigeredet worden ist. Man hat sich nicht einmal darauf konzentriert, worum es uns geht.
Lieber Kollege Abruszat – er ist nicht mehr im Raum; ich weiß, wie normalerweise die Reflexe bei der FDP sind, wenn einmal ein Minister nicht zugegen ist, aber ich will ihn trotzdem ansprechen –, …
Wenn die FDP, Herr Kollege, feststellt, dass ein Minister nicht zugegen ist, dann sind die Reflexe relativ eindeutig. – Die FDP hatte in der letzten Aktuellen Stunde exakt diesem Antrag zugestimmt. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, Sie müssen sich das selbst – und nicht uns – erklären, wieso Sie einmal bei der Entlastung zustimmen und warum Sie das heute ablehnen. Das ist nicht in Ordnung und hat auch nichts mit lautbarer Politik zu tun.
Sich darüber hinaus – da spreche ich auch in Richtung CDU – hier als Retter der landespolitischen Verantwortung gegenüber den Kommunen darzustellen, ist schon sehr beachtlich.
Zwischen 2005 und 2010 – ich mache das einmal ganz konkret – haben Sie zur Konsolidierung des Landeshaushaltes in das Gemeindefinanzierungsgesetz eingegriffen. Das geschah nicht für kommunale Zwecke, sondern zur Konsolidierung des Landeshaushaltes. Heute stellen Sie sich hin und sagen: „Da hat doch das Land eine gewisse Mitverantwortung“. – Schönen Dank, dass Sie 2014 für sich erkannt haben, dass das Land eine gewisse Mitverantwortung hat.
Wir haben den Griff in die kommunalen Kassen 2010 gestoppt. Das verdient Dank und Achtung. Kommen Sie aber bitte heute nicht mit einem solchen Antrag.
Entlastung – da geht es um Grundsicherung im Alter – fußt vom Grundsatz her auf unserem Beschluss von 2010. Den haben wir damals im Einvernehmen – zugegebenermaßen ohne die Piraten; die waren noch nicht im Landtag – gefasst. Damit haben wir aber auch die Landesregierung aufgefordert, und Hannelore Kraft hat das dann ja auch im Bundesrat durchgesetzt. Dabei ging es um eine entsprechende Entlastung bei Soziallasten.
Die erste Entlastung im SGB XII betraf die Grundsicherung im Alter. Die haben wir im Bundesrat durchgesetzt. Das ist keine milde Gabe der Bundesregierung – schon gar nicht der aktuellen Bundesregierung. Vielmehr hatten wir es vorher vereinbart gehabt. Dafür gebührt auch der Landesregierung, was ihr Handeln im Bundesrat anbelangt, ganz viel Respekt, meine Damen und Herren.
Zu dem Griff in die kommunalen Kassen habe ich schon etwas gesagt. Sie wollten diese Politik im Übrigen – Herr Kollege Biesenbach kann gleich noch darauf reagieren – noch fortsetzen. Ich erinnere Sie an Ihre ganz tollen Papiere „KomPAsS I“ und „KomPAsS II“. Manchmal denke ich auch, dass die CDU den Kompass komplett verloren hat. Sie haben gesagt, man könne solch einen Stärkungspakt viel gerechter machen.
Wir machen das Gemeindefinanzierungsgesetz, um besonders benachteiligten Kommunen zu helfen. Die bekommen besonders viel. Bessergestellte Kommunen bekommen daraus etwas weniger. – Sie haben im Rahmen des „KomPAsS II“ den Vorschlag gemacht, dass die benachteiligten Kommunen dafür besonders bluten müssen. Sie haben gesagt, man könne einfach einmal 700 Millionen € aus dem Gemeindefinanzierungsgesetz herausnehmen und allen Kommunen sozusagen die Finanzierungsmasse entziehen.
Vielen Dank, Herr Hübner, dass Sie die Frage zulassen. – Herr Kollege Kuper hat eben in diesem Zusammenhang – und das im Detail – ausgeführt, warum die CDU dem von SPD und Grünen vorgelegten Antrag nicht zustimmen kann. Würden Sie meiner Verwirrung gegebenenfalls Abhilfe schaffen können? Denn ich muss feststellen, dass in Nordrhein-Westfalen zahlreiche Stadträte ein identisches Papier mit überzeu
gender Mehrheit – mit den Stimmen von CDURatsfraktionen – beschlossen haben. Können Sie mir das erläutern?
Lieber Herr Kollege Kämmerling, ich stimme Ihnen in Ihrer Einschätzung ausdrücklich zu. Es waren zahlreiche Gemeinde- und Stadträte aus 396 Städten und Gemeinden. In der Frage gab es übrigens auch keine Abweichler bei der CDU. Ich weiß, dass das in Köln einvernehmlich mit der CDU beschlossen wurde: 2015 eine Entlastung in Höhe von 1 Milliarde €, 2016 1 Milliarde € und 2017 5 Milliarden €. In meiner Heimatstadt Gladbeck, Herr Kollege Kämmerling, hat die CDU übrigens gesagt, sie könne dem Antrag – der übrigens relativ deckungsgleich mit dem Antrag aus Köln war – nicht zustimmen, weil er nicht scharf genug sei.
Die Kollegen von der CDU in Gladbeck haben gesagt, dass auch 2014 die Milliarde da stehen müsse. Sonst könne man nicht zustimmen. Kolleginnen und Kollegen, die haben den gleichen Koalitionsvertrag gelesen wie wir. Er hat bei uns zu einem Mitgliedervotum geführt – bei Ihnen nicht. Bei Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, sieht Demokratie auch ganz anders aus.
Herr Kollege Kämmerling, wir haben entsprechende deckungsgleiche Anträge aus den Landschaftsverbänden – in großer Zahl auch von der CDU unterstützt – bekommen. Von daher verwundert es mich in der Tat, dass die CDU heute im Landtag Nordrhein-Westfalen eine solche Blockadehaltung einnimmt. Es verwundert mich noch mehr, weil sie aus ihrer Erfahrung schlau geworden sein müsste. Sie müsste wissen, dass man für die Kommunen etwas tun kann. Offenbar entspricht das aktuell aber nicht Ihrer Interessenslage. Von daher wünsche ich uns viel Glück bei den weiteren Entscheidungen zur Entlastung der kommunalen Familie.
Herr Kuper hat noch einen weiteren Punkt angesprochen, nämlich die Finanzanlagen – Stichwort: RWE – und dass Mülheim in den Stärkungspakt müsste. Herr Kuper, Sie waren damals zwar noch nicht im Landtag, aber Sie müssten doch mittlerweile die Grundsätze des Stärkungspaktgesetzes verstanden haben.
Es ging um eine Überschuldung, die sich damals abzeichnete. Natürlich gibt es – das will ich Ihnen gerne zugestehen – auch die eine oder andere Stadt, die nachlaufend in die Überschuldung gerät. Hierzu hat der Kollege Kämmerling deutlich gemacht, dass wir § 76 der nordrhein-westfälischen Gemeindeordnung entsprechend geändert haben. Nunmehr gilt ein Zeitraum von zehn Jahren zur Konsolidierung, weil wir genau solche Situationen vermeiden wollen.
Es ist aber nicht in Ordnung, jede Finanzanlage zu kritisieren und sie schlechtzureden. Das ist bitte schön immer noch Sache der Kommunen; insoweit verstehen wir die Subsidiarität. Das sollten Sie auch akzeptieren. Ihr Verweis auf den Stärkungspakt und die Rolle der Stadt Mülheim geht da völlig fehl, Herr Kollege Kuper.
Ich möchte – weil ich mich eigentlich mit dem Kollegen Biesenbach darauf verständigt hatte, etwas kürzer zu sprechen – nun zum Ende kommen. Wir machen mit diesem Antrag deutlich, wer im Land Nordrhein-Westfalen die kommunale Verantwortung übernimmt. Das sind wir, und das ist in keinem Fall die CDU hier in diesem Hause. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn es aus den Reihen der Koalition beim ersten Tagesordnungspunkt ständig hieß „Wahlkampf“, dann frage ich mich, was das jetzt alles war.
Wenn man das Sprichwort bemüht: „Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen“, Herr Mostofizadeh, dann haben Sie heute so viel Glasbruch erzeugt, dass die Stadtwerke Düsseldorf stundenlang arbeiten müssten, um das wieder zu beseitigen.