Protocol of the Session on April 9, 2014

Das ist in der Theorie auch möglich und gesetzlich geregelt. In der Praxis gibt es aber zahlreiche Gründe, warum eine Teilnahme an öffentlichen Sitzungen oft nicht erfolgt: die räumliche Entfernung zum Sitzungsort, die mangelhafte Verkehrsanbindung, ungünstige Sitzungszeiten oder die Versorgung der Kinder. Neben den im Gesetzentwurf angebrachten Gründen werden Ihnen sicher weitere Punkte einfallen, warum eine Teilnahme an den Sitzungen für die Bürger nicht immer gewährleistet werden kann.

Moderne Technik könnte hier problemlos Abhilfe schaffen. Den Kommunen muss dafür aber die nötige Rechtssicherheit gegeben werden. Zurzeit schlagen sich die Kommunen noch einzeln mit der Bewertung der rechtlichen Bedingungen in Arbeitsgruppen herum. Hier sind wir, der Landesgesetzgeber, gefordert, die Rahmenbedingungen zu verbessern.

(Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)

Unser Lösungsansatz ist ein erster Aufschlag. Die Einfügung von Übertragungen und Veröffentlichungen von Sitzungen der kommunalen Vertretungen und ihrer Ausschüsse in die Hauptsatzung der Kommunen in Nordrhein-Westfalen wird ein wichtiger Schritt zu einem Abbau von Zugangsbarrieren des Bürgers zur Politik sein.

Bundesländer wie Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein sind uns da in Nord

rhein-Westfalen schon weit voraus. In SchleswigHolstein ist man diesen Weg mit allen im Landtag vertretenen Fraktionen gegangen. Daher ergeht hier in Nordrhein-Westfalen unsere Einladung an alle Fraktionen zu einer gemeinsamen Anhörung im Ausschuss, damit sich im Sinne der Kommunen eine Verbesserung und vor allem Rechtssicherheit ergeben.

Im Übrigen: Ob wir nicht nur gleichziehen, sondern sogar einen Überholvorgang starten werden, wird sich dann hoffentlich ergeben. Vielleicht werden sich Lösungsansätze zeigen, die kommunalfest im ganzen Land die Möglichkeit der Teilhabe an allen Entscheidungen in den jeweiligen Vertretungen vorsehen.

Ich sage deshalb „Lösungsansätze“, weil ich mir bewusst bin, dass mit diesem ersten Aufschlag nicht das Ende der Fahnenstange erreicht ist oder sein kann. Ich beziehe mich dabei auf Problematiken, die aus den Kommunen selbst kommen. Wir Piraten haben uns im Land informiert und sehen, dass es erstens ein Interesse an gestreamten, das heißt per Internet übertragenen Sitzungen gibt und dass es zweitens nicht immer einfach war, diese Vorhaben in die Tat umzusetzen.

Oft war die Vermutung: Weil es nicht explizit erlaubt ist, ist es vielleicht verboten. Genau das wollen wir mit unserem Gesetzentwurf klarstellen!

Zum Glück kann man sagen, dass einzelne Kommunen eigenverantwortlich den Schritt gegangen sind, eine Partizipation zu ermöglichen. Aber einen einheitlichen Rahmen hat es noch nicht gegeben. Deshalb sehen wir unseren Gesetzentwurf auch nur als Anfang.

Wir wollen den Kommunen zeigen, dass wir dieses Problem sehen und mit ihnen gemeinsam einen gangbaren Weg finden möchten. Eine Ermöglichung in der Hauptsatzung ist insofern ein erster Schritt. Den darf man gerne zusammen gehen und weiter daran arbeiten. Lassen Sie uns das im Ausschuss gemeinsam machen! – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Herrmann. – Nun spricht für die SPD-Fraktion Frau Steinmann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste auf den Rängen! Erschrecken Sie nicht, dass es so leer geworden ist. Es war gerade sehr emotional. Wir kommen jetzt zu einem Thema – ich begrüße auch die Gäste am Livestream –,

(Beifall von Nicolaus Kern [PIRATEN])

das in der Verheißung so schnell und so einfach klingt, zum Livestream, zu einem Gesetzentwurf – Herr Herrmann hat ihn gerade vorgestellt –, der zur Stärkung der Partizipation ausgeschrieben ist auf kommunaler Ebene.

Dieser Gesetzentwurf will in der Gemeindeordnung regeln, wie Medienöffentlichkeit auf kommunaler Ebene herzustellen ist: in Form von Aufzeichnungen, Übertragungen und entsprechenden Veröffentlichungen, nämlich der Sitzungen der kommunalen Mandatsträger in Kreistagen, in Gemeinderäten und den entsprechenden Ausschüssen.

Livestream ist eine Sache; ich begrüße das persönlich sehr, und ich glaube, als Landtag haben wir da auch vorbildlich Schritt für Schritt zur Verschönerung und zur Verbesserung dieser Leistung beigetragen. Sie sehen heute eine neue Bauchbinde: am Livestream kann man es sehen; wir haben einen Livestream, den man nachträglich abrufen kann, seit Kurzem auch tagesordnungsbezogen im HalbStunden-Rhythmus, wo man wirklich auch im Nachhinein gucken kann, was zu dem Tagesordnungspunkt das Thema war.

Wir haben vermehrt nach dem Plenarsaal in diesem Jahr in Angriff genommen verschiedene andere Säle, Sitzungssäle mit technischer Voraussetzung für Livestreamübertragung von Ausschüssen und Anhörungen auszustatten.

Ich denke, wir sprechen da die richtige Sprache und marschieren auf dem richtigen Weg auf dieser Ebene, auf Landesebene.

Ich habe mir das als Netzpolitikerin auf kommunaler Ebene deutschlandweit seit 2008 angeguckt, was da so passiert, und muss sagen, es ist sehr unterschiedlich in der deutschen Landschaft, wie kommunale Parlamente, Räte sich digital abbilden und live beobachten lassen. Von hoch technisch ausgestatteten Liveübertragungen, die nachträglich abrufbar sind, bis hin zu einfachsten Webcam

Übertragungen ist so ziemlich alles dabei. Und alles, was ich gesehen habe, hat mir immer den Mut und die Anerkennung entlockt, zu sagen: Liebe Leute, toll, dass ihr das macht, dass ihr diesen Mut habt, in der Freiwilligkeit euch entscheidet, mit euren eigenen Formen eure Sitzungen in irgendeiner Form zu übertragen.

Aber, meine Damen und Herren, solange in Nordrhein-Westfalen das kommunale Mandat ein Ehrenamt ist, um dessen Verbesserung der Rahmenbedingungen wir uns gerade aktuell auf Landesebene in einer extra dafür eingesetzten Ehrenamtskommission bemühen und darum ringen. Solange Menschen sich neben Beruf und Familie persönlich verausgaben, um sich politisch zu engagieren …. Als Beispiel nenne ich eine Ratssitzung der Stadt Köln gestern: Sie hat um 14 Uhr begonnen mit 157 Tagesordnungspunkten, um 24 Uhr glücklicherweise „schon“ ihr Ende gefunden.

(Zuruf von Britta Altenkamp [SPD])

Ich könnte von genügend Beispielen aus kleineren Kommunen auch berichten, wo die Kommunalen froh sind, dass ihre Sitzungen nicht live übertragen werden, dann würde es nämlich dort auch länger dauern, oder wo die Kommunalen sagen: Wir sind live übertragen, und nur dadurch dauert es länger.

Aber ich will es gar nicht explizit, denn wir werden das Gespräch ja im Kommunalausschuss noch führen, ich will es gar nicht im Detail schon jetzt ausdiskutieren. Ich möchte es auf den Punkt bringen noch einmal das kommunale Mandat zu heben in der Achtung und in der Anerkennung. Denn solange sich Menschen in dieser Form ehrenamtlich einbringen, so lange dürfen wir auf Landesebene uns nicht anmaßen, Vorschriften zu machen, die in meinen Augen ohne Rücksicht auf Datenschutz dieser Menschen und die persönlichen Hemmnisse eingehen.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von der CDU und der FDP)

Herr Herrmann, das sage ich Ihnen insbesondere noch einmal als Vorsitzende dieser Ehrenamtskommission, die mir, wie Sie wissen, eine besondere Leidenschaft und Angelegenheit ist: Wir haben in meinen Augen die Pflicht, unser Basis, nämlich die Kommunalpolitik, zu stärken und sehr ernst zu nehmen. Für mich gilt hier besonders, dass wir nur dann ein guter Partner sind, wenn wir den Kommunalen zur Seite stehen, und zwar nicht als Diktator, sondern als Gestalter.

In diesem Sinne: Wir stimmen der Überweisung an den Kopo natürlich zu. Ich freue mich auf den Austausch dort. Ich muss aber sagen, mehr Achtung vor der Kommunalpolitik, das ist unsere stärkste Basis, unser wichtigster Partner in NRW. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Steinmann. – Nun spricht für die CDUFraktion Herr Kollege Biesenbach.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Verehrte Gäste im Saal oder auch am Livestream! Herr Herrmann, mir ist nicht klar, was Sie mit Ihrem Antrag wollen. Denn alles, was da drinsteht, können Kommunen bereits.

(Nicolaus Kern [PIRATEN]: Ist Auslegungs- sache!)

Der Öffentlichkeitsgrundsatz des § 48 Abs. 2 Satz 1 der Gemeindeordnung umfasst dieses Recht, lieber Herr Kollege. Es gibt auch zahlreiche Kommunen in Nordrhein-Westfalen, die diese Möglichkeit wahrgenommen haben und auch wahrnehmen.

(Nicolaus Kern [PIRATEN]: Andere nicht!)

Die Stadt Bonn beispielsweise ist Vorreiter. Die Stadt Bonn veröffentlicht ja auch Zahlen. Die Sprecherin der Stadt sagt: Wenn es voll ist, sitzen 30 bis 40 Zuschauer im Sitzungssaal, aber mehrere Hundert Menschen schauen im Netz zu – nicht immer, aber sie schalten sich häufig ein und können den gesamten Sitzungsverlauf verfolgen. Die Stadt Bonn veröffentlicht dazu auch Zahlen. Das kann nachvollzogen werden.

Neben der Stadt Bonn sind mir Bottrop, Düsseldorf, Essen, Wuppertal und Köln eingefallen. Diese Städte sagen nicht mehr, sie bräuchten eine Kannbestimmung in der Gemeindeordnung.

Was bieten Sie Neues? Wo ist Ihr Problem? Was soll das? Das, was Sie beantragen, ist heute rechtlich möglich. Warum also diese Regelung? Sollen wir alles aufschreiben, was zulässig ist?

Wenn Sie uns diese Frage im Ausschuss beantworten, können wir – neben den Überlegungen, die Frau Kollegin Steinmann angesprochen hat – im Ausschuss auch sachlich darüber debattieren. So ist es aber im Augenblick nutzlos und sinnlos. Wir hören Ihnen im Ausschuss aufmerksam zu. Machen Sie uns aber bitte deutlich, warum Sie etwas aufschreiben wollen, was längst rechtlich zulässig ist. Das müssen Sie uns noch erklären.

(Beifall von der CDU, der FDP und Marc Her- ter [SPD])

Vielen Dank, Herr Biesenbach. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun Herr Krüger.

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Herr Herrmann, im Gegensatz zu Ihnen – das haben wir ja schon einmal ausgetauscht – habe ich an einer Vielzahl von Ratssitzungen teilnehmen dürfen. Ich habe auch wahrnehmen können, wie in diesem Zusammenhang die Information der Bürgerschaft erfolgt.

Im Rahmen der Konzentration des Pressewesens – beispielsweise ist in Dortmund von drei Stadtredaktionen nur noch eine übrig geblieben – reduzieren sich spannende Diskussionen im Rat letztendlich, wenn überhaupt, auf 200 Zeichen.

Gerade deshalb haben wir ein großes Interesse daran, dass Öffentlichkeit hergestellt wird. Zwar findet Kommunalpolitik in der Regel in öffentlichen Räumen statt. Mangels zeitlicher Möglichkeiten ist eine Zugänglichkeit aber häufig nicht gegeben. Insofern stehen wir dem Livestream bzw. Streaming aus Räten und Kreistagen sehr aufgeschlossen gegenüber und wollen in diesem Zusammenhang auch entsprechende Regelungen zulassen.

Wie mein Vorredner, Herr Biesenbach, gerade betont hat, wird das schon längst angepackt. In Städ

ten wie Köln, Essen, Wuppertal und Düsseldorf ist es heute gängige Praxis.

Als Landesgesetzgeber wollen wir hier aber keine stringente Vorgabe machen. Wir werden den Kommunen nicht zwingend vorgeben, das so zu machen.

(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Natürlich kennen wir auch die Diskussionen, die in einigen Räten über die Frage „Machen wir das, oder machen wir das nicht?“ geführt worden sind. An dieser Stelle gibt es zwei widerstreitende Interessen: zum einen das Grundrecht des Ratsmitglieds auf informationelle Selbstbestimmung und zum anderen das Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Wenn man sagt, das könne man formal abwägen, ist das zwar so weit in Ordnung.

Ich möchte aber Folgendes zu bedenken geben:

Auf der einen Seite sitzen gerade in den Kommunalparlamenten eine Reihe von Menschen, die nicht so redegewandt sind, die möglicherweise in ihrem Redefluss gehemmt sind, die sich nicht trauen, ans Podium zu gehen, die nervös sind, wenn sie vor einer solchen Runde stehen, und deshalb ihren eigenen Beitrag nicht einbringen – insbesondere dann, wenn sie sich mit der Situation auseinandersetzen müssen, dass dieser Beitrag anschließend weltweit im Netz zu sehen ist.