„Die Landesregierung misst hier jedoch mit zweierlei Maß, da SPD und Grüne mit dieser Entscheidung den Erhalt von mehr als 12.000 Arbeitsplätzen bei RWE sowie weiterer 30.000 im Zuliefererbereich in Frage gestellt haben.“
Man sollte sich ein klein bisschen an den Fakten, die für alle nachvollziehbar sind, orientieren. Es gibt im Hambach eine Kohlereserve -- Stand Ende 2012 von 1,6 Milliarden t, in Garzweiler von 1,2 Milliarden t und in Inden 0,4 Milliarden t. Das sind in der Summe 3,2 Milliarden t Kohlereserve.
Das, was wir diskutieren – das war im Koalitionsvertrag angelegt und ist auch vernünftig –, ist eine Reduktion aus Gründen, die ich gleich noch erläutere. Wir reden über 300 Millionen t; unter Umständen über ein bisschen mehr. Das heißt, das Unternehmen könnte bei voller Produktion trotzdem 29 Jahre fördern. Ich frage Sie: Glauben Sie, dass Thyssen den Stahlarbeitern in Duisburg 29 Jahre Produktion bei gleicher Leistung garantiert, dass irgendein Autokonzern den Arbeitern 29 Jahre gleiche Produktion garantiert? – Das gibt es nirgendwo.
Das hat nichts mit der Realität zu tun. Sie können uns kritisieren, beschimpfen – die ganze Leiter rauf und runter. Aber wenn Sie anfangen, mit den Ängsten der Leute zu spielen,
„Mit Blick auf die aktuelle Debatte um die Unabhängigkeit von russischen Energielieferungen vor dem Hintergrund der Krim-Krise…“
Man kann es gar nicht fassen. Jetzt muss Holzweiler abgebaggert werden, weil Herr Putin uns bedroht? Absurder geht es in der Zuspitzung überhaupt nicht mehr!
Ich will es Ihnen gern umgekehrt zurückspiegeln. Wir haben eine Importabhängigkeit bei Öl und Gas in der Art, dass wir über 60 Milliarden € im Jahr für Importe ausgeben,
und wir verbrauchen den Großteil dieser Importe in unseren Gebäuden. Wir haben jetzt, Kollege Laschet, in Berlin die größte Große Koalition aller Zeiten. Wenn wir irgendetwas machen wollten, was vernünftig wäre, um Importabhängigkeit zu reduzieren, dann sollten Sie in Berlin zusammen dafür sorgen, dass wir endlich das Programm „Gebäudesanierung“ bekommen, das das Handwerk braucht.
Sie, Herr Brockes, spielen in Berlin im Moment zum Glück keine Rolle mehr. Sie haben in den letzten vier Jahren so viel Unheil angerichtet.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, die größte Koalition aller Zeiten muss jetzt dafür sorgen, dass hier etwas passiert. Wenn sie nicht dafür sorgt, dann werden wir das wahrscheinlich nicht mehr bekommen. An der Stelle ist es das größte Potenzial zur Energieeinsparung, zur Reduktion der Importabhängigkeit.
Die jetzige Entscheidung ist doch nicht plötzlich gekommen. Es ist völlig absurd, das so darzustellen. Diejenigen, die an diesem Verfahren beteiligt waren, die im Betrieb, im Umsiedlungsbereich zu Hause sind, wussten, dass diese Entscheidung jetzt ansteht.
Seit Juli 2011 wird nach einem neuen Standort für die Dörfer Kuckum, Keyenberg und die anderen drei Orte gesucht. Im Oktober/November 2012 sind die Menschen aufgefordert worden, sich unter den verschiedenen Standorten einen auszusuchen. Eigentlich war der Termin des Braunkohlenausschusses für November vergangenen Jahres vorgesehen.
Dann haben unser grüner Kollege Stephan Pütz und der BUND erreicht, dass sich das Bundesverfassungsgericht endlich einmal mit Garzweiler und der Braunkohle beschäftigte, und zwar mit der Frage, ob Menschen gezwungen werden dürfen, ihre Heimat zu verlassen oder nicht, und ein Urteil anstand. Alle haben vernünftigerweise gesagt, weil aus der mündlichen Verhandlung klar war, dass es Hinweise geben wird, wir schieben diesen Termin des Braunkohlenausschusses und warten das Urteil ab, um die Hinweise, die uns das Bundesverfassungsgericht gibt, auch auszuwerten. Das war kein Dissens. Deswegen ist der Termin für den Braunkohlenausschuss vom November auf den 28. April verschoben worden. Schon Anfang November des letzten Jahres gab es nichts Überraschendes, weil alle wussten, dass der Termin kommt.
Dann haben wir auf das Urteil gewartet. Das Urteil war für viele von uns enttäuschender als erwartet. Aber es hat den Entscheidungsspielraum und die Entscheidungskompetenz der Landesregierung
Und wir bemühten uns – genau das haben wir im Rahmen des CDU-Antrags diskutiert –, diese Entscheidung der Landesregierung schnell zu fällen, damit die Menschen in dieser Hinsicht Klarheit haben.
Denn für die Menschen, die jetzt umsiedeln müssen, beginnt eine sehr schwierige und anstrengende Zeit. Weil die Landesregierung klar gesagt hat, was sie will, müssen sie sich umsehen und festlegen, wohin sie genau im neuen Umsiedlungsdorf wollen. Sie müssen Gespräche führen und nachfragen, wieviel sie für ihre Häuser bekommen. Erst nach Abschluss des Prozesses, der am 28. April beginnt und nach einem Jahr abgeschlossen sein wird, haben sie die Chance, die neuen Grundstücke zu erwerben und ihre alten Grundstücke und Häuser zu verkaufen. Dieser Prozess zehrt natürlich an den Leuten, die Klarheit haben wollen. Diese Klarheit haben sie jetzt.
Deswegen gibt es aus meiner Sicht einen absolut richtigen und guten Grund, sich über beide noch anstehenden größeren Umsiedlungen zu unterhalten. Denn der gleiche Prozess, den die Menschen in Holzweiler, Kuckum, Keyenberg, Unterwestrich, Oberwestrich und Berverath in den letzten Jahren durchgemacht haben, steht in Holzweiler in der Zuspitzung ab dem nächsten Jahr bevor. Dort würde dann die Standortsuche beginnen. Dann fahren die Leute durch die Gegend und überlegen: Wollen wir hier, da oder dorthin? Und dann beginnt der gleiche Prozess von vorn.
An diesem Punkt sollte man einen Moment innehalten und sich fragen: Ist alles noch so wie bei der zuletzt getroffenen Leitentscheidung, oder haben sich im Energiebereich solch dramatische Veränderungen ergeben, dass man überlegen kann, noch alles abbaggern zu müssen, was man einmal wollte? – Genau hierin liegt die Zäsur.
Ich möchte auf den letzten Punkt in Ihrem Antrag zu sprechen kommen. Mehr möchte ich gar nicht zitieren. Dort schreiben Sie – Herr Lindner hat das eben bereits in seiner unnachahmlichen Klarheit deutlich gemacht –:
„Eine solche Entscheidung war zum jetzigen Zeitpunkt fachlich nicht notwendig. Sie diente einzig dem Erhalt des Koalitionsfriedens, um den Grünen die Zustimmung …abzukaufen.“
Der Punkt ist: Diese Entscheidung war sehr wohl richtig. Denn wir wissen, wie schwierig dieser Prozess für die Menschen in Kuckum und Keyenberg ist. Wenn den Menschen in Holzweiler genau der gleiche Prozess in wenigen Jahren, beginnend ab nächstem Jahr, zugemutet wird, dann ist es richtig, dass es zwar unter Umständen fachlich nicht nötig war, aber menschlich ist es sehr wohl notwendig, Herr Kollege Laschet.
Herr Laschet, ich habe den Satz bei Ihnen gehört - bei Herrn Lindner nicht; seine Position ist nach wie vor verachtend gegenüber den Menschen in Holzweiler –: …
Der Kollege Laschet hat eben gesagt: Wenn die Leitentscheidung getroffen ist, dann gilt sie auch für die CDU. – Das hat er gesagt. Ich möchte nicht, dass das untergeht. Denn für die Menschen vor Ort ist das ein wichtiges Signal.
Wir haben unser politisches Ziel für die Leitentscheidung verabredet und werden es auch umsetzen. Die CDU hat gesagt, sie stelle diese nicht infrage. Das heißt, die Menschen in Holzweiler sind auch in dieser Hinsicht nicht weiter dem Risiko ausgesetzt, unter Umständen doch wieder in die Mangel genommen zu werden. Es ist mir wichtig, das zu erwähnen. Deswegen ein Dankeschön dafür.
In diesem ganzen Prozess geht es um diejenigen, die dort leben. Dann bekommen sie aus diesem Plenarsaal zumindest eine positive Nachricht.
Was die Piraten betrifft, kenne ich die Antwort noch nicht, kann mir aber eine ähnliche Aussage vorstellen. Bis auf die FDP sagen alle: Diese Leitentscheidung für die Umzusiedelnden wird von hier aus im Ergebnis nicht infrage gestellt. Dafür danke ich Ihnen.
Herr Kollege Priggen, Sie haben eben von der Umsiedlung in Keyenberg, Kaulhausen und Kuckum gesprochen und davon, dass die Bürger nach einem Jahr die Möglichkeit haben, in Verkaufsverhandlungen mit RWE einzutreten. Sie wissen sicherlich genauso wie wir alle, dass es dafür keine Garantie gibt. Wenn die Landesregierung jetzt als Zielrichtung ausgibt, dass die Abbaugeschwindigkeit reduziert wird, dann ergibt sich daraus natürlich eine neue Lage für diejenigen, die in Keyenberg umsiedeln müssen, weil sie sich jetzt nicht mehr darauf verlassen können, dass sie den Umsiedlerstatus Ende 2016, Anfang 2017 bekommen. Können Sie dazu etwas Konkretes sagen?
Herr Dr. Hachen, danke schön für die Frage. Wie waren beide gestern mit den Kolleginnen Frau Dr. Seidl und Frau Zentis sowie dem Bürgermeister von Erkelenz und anderen beim Evangelischen Kirchenkreis in Erkelenz.
Dort ist die Sorge derjenigen, die umsiedeln müssen, sehr deutlich herübergekommen. Sie sind besorgt, dass das Unternehmen aufgrund seiner bekannten wirtschaftlichen Schwierigkeiten es zum einen an ihnen auslässt, wenn gespart werden muss, und zum anderen nicht gewährleistet, dass es zu einer kompletten Umsiedlung kommt. Die Sorge ist konkret, dass sich zu Beginn einige am neuen Standort befinden, andere hingegen noch am alten und schließlich wird alles abgebrochen. Dann wären sie völlig zerrissen, und kein Ort wäre mehr lebensfähig. Das war auch gestern die mehrfach artikulierte Sorge.
Ich möchte ganz klar sagen, dass es unser aller Ziel sein muss, das zu verhindern. Ich habe den Termin mit dem Bürgermeister in Erkelenz, bei dem auch der Chef der Staatskanzlei und Herr Hartung von RWE anwesend waren, so verstanden, dass es eine klare Zusage seitens des Unternehmens gibt, dass diese Umsiedelung im vorgesehenen Zeitraum nicht zulasten der Menschen, sondern nach den gleichen Regularien wie in der Vergangenheit abläuft und keine Sparversion gemacht werden soll. So ist es jedenfalls gesagt worden.
Wir können uns im politischen Wettbewerb zwar streiten, und Sie können uns kritisieren, aber unser aller Aufgabe muss es sein, dafür zu sorgen, dass für diejenigen, die noch umsiedeln müssen, diese Konditionen auch weiterhin gelten. An ihnen darf nicht gespart werden, sondern das Opfer, das sie bringen müssen, nämlich ihre Heimat aufzugeben, muss unter solchen Umständen erbracht werden, dass mit der Bereitschaft, gehen zu wollen, vernünftig umgegangen wird. Das wird unser aller Aufgabe sein, und das können wir zusammen erreichen.