Vielen Dank, Herr Präsident. Ich habe einen Antrag zur Geschäftsordnung auf Sitzungsunterbrechung, weil wir einen Vorfall erlebt haben, dass Kollegen einerseits für ihr Verhalten gerügt werden, während andererseits Verhalten nicht gerügt wird. Es wurde gesagt, es handele sich um einen Beschluss, an den sich alle zu halten hätten.
Ich möchte darauf hinweisen, dass es in dieser Legislaturperiode, seit wir Piraten Mitglied im Parlament sind, keinen Beschluss gab, wie hier mit Laptops umzugehen ist. Außerdem laufen gerade Verhandlungen im Parlament, um einen solchen Beschluss herbeizuführen. Insofern halten wir es für äußerst unglücklich, jetzt in dieser Art und Weise vorzugehen, und verwahren uns dagegen. Wir beantragen eine Sitzungsunterbrechung, um eine außerordentliche Ältestenratssitzung zu diesem Thema abzuhalten. – Vielen Dank.
Danke, Herr Kollege. Zur Gegenrede hat sich Frau Kollegin Beer von der Fraktion der Grünen gemeldet.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Prinzip gilt: Wenn Regelungen unter den Fraktionen vereinbart sind, gelten die, auch über eine Legislatur hinweg, wenn sie nicht geändert werden. Das ist in der Runde der Parlamentarischen Geschäftsführerinnen und im Ältestenrat mehrfach thematisiert worden. Die Piraten wissen sehr wohl um alle Regelungen im Haus.
Ich kann Sie nur bitten, sich daran zu halten. Eine Sitzungsunterbrechung ist nicht notwendig. Wir haben Gremien, in denen die Änderungsanträge besprochen werden. – Danke schön.
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Im Moment sehe ich keine weiteren Wortmeldungen. Es hat zum Thema „Geschäftsordnung“ Wort und Widerwort gegeben. Auch ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass wir in der letzten Ältestenratssitzung auf diesen Punkt eingegangen sind, möchte aber nicht weiter zur Sache sprechen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der Piraten auf Sitzungsunterbrechung und Einberufung des Ältestenrats: Wer dem seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer kann dem nicht zustimmen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Antrag der Fraktion der Piraten abgelehnt.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielleicht erinnern Sie sich noch an den 15. März 2012. Einen Tag vorher gab es übrigens auch eine Sitzungsunterbrechung. An diesem Tag stand das Sozialticket zum letzten Mal als Thema auf der Tagesordnung eines Plenartags. Dieser Plenarsitzungstag hat nicht wie geplant stattgefunden, denn vorher gab es diesen Tag mit der Sitzungsunterbrechung, und der Landtag wurde aufgelöst. Die Debatte zum Sozialticket fand nicht statt. Auch der erste Antrag zum Sozialticket vom April 2011 wurde vor der Auflösung des Landtags nicht mehr beschlossen.
Wir im Landtag NRW unterstützen zwar seit 2011 den Runderlass des Ministeriums zum Sozialticket mit einem Budget im Haushalt, aber inhaltlich haben wir nichts beschlossen. Daher sollten wir die Debatte um das Sozialticket ganz dringend aus dem unwürdigen Zustand befreien, bei dem die Menschen in NRW völlig ausgeblendet werden. Für die einen ist dieses schlecht konstruierte Sozialticket nur ein Alibi für die Teilhabe an der gesellschaftlichen Mobilität – leider in der Praxis völlig unzulänglich –, und für die anderen ist es immer ein willkommener Haushaltsposten, den man alljährlich zur Finanzierung von allem Möglichen streichen könnte.
Das Wichtige am Sozialticket sind aber nicht die 30 Millionen €, sondern es ist das Konzept. Dieses Konzept stimmt nicht. Die Richtlinie ist noch bis Ende 2015 in Kraft. Doch bereits jetzt besteht Handlungsbedarf. Nach drei Jahren liegen uns genug Erkenntnisse aus dem Praxistest vor. Es wird Zeit, mit deutlichen Korrekturen am Konzept auf die Erfahrungen zu reagieren und ein echtes Sozialticket einzuführen.
Wenn es kein Pilotprojekt mehr ist, dann gibt es auch keinen Grund mehr, einigen Menschen im Land aufgrund ihres Wohnortes das Sozialticket vorzuenthalten. Es muss flächendeckend eingeführt werden, ohne dass die Kommunen in NRW – siehe Aktuelle Stunde – die Verlierer sind, wie sie es derzeit bei der gesamten ÖPNV-Finanzierung sind.
Das Ziel des Sozialtickets sollte sich nicht ändern. Ziel des Sozialtickets ist es nämlich, wenig begüterten Menschen die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs zu ermöglichen. Wir – Sie, ich und die da oben – haben die Aufgabe, allen Menschen in NRW eine umfassende Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Dazu gehört eine entsprechende Mobilität.
Wie wichtig Mobilität ist und wie wichtig der ÖPNV ist, haben wir heute gemerkt. Einige sind immer noch nicht angekommen oder sind bei ihren Laptops, weil sie sie nicht hier reinbringen dürfen; das kann natürlich auch sein.
Das aktuelle Sozialticket erfüllt dieses Ziel leider nicht. Dazu müssten Angebot und Preis in einem Verhältnis stehen, das zu den finanziellen Möglichkeiten der Zielgruppe passt. Diese kann sich derzeit das Sozialticket überhaupt nicht leisten, zum Beispiel die 30 € pro Monat plus die Tickets, die aus der eigenen Stadt auch einmal herausführen.
Der Preis muss angemessen sein und innerhalb des Mobilitätsbudgets des SGB-II-Regelsatzes liegen. Das rechnet sich; denn es geht nicht einfach um soziale Gerechtigkeit. Es geht um das faire Angebot an alle, am Leben der Gemeinschaft teilhaben zu können. Davon profitieren das Land, der Haushalt, die Gesellschaft, und das auch deshalb, weil wir mit dem Sozialticket mehr Fahrgäste vor allem in die Fahrzeuge mit weniger guter Auslastung holen. Auch Fahrgäste mit wenig Geld tragen dazu bei, dass ÖPNV-System zu tragen und insgesamt attraktiver zu machen. Es profitieren also auch die Vollzahler im Nahverkehr, die Verkehrsbetriebe, die Umwelt, die Klimaschutzziele hier in NRW – das zumindest, wenn wir das Sozialticket als Sofortmaßnahme begreifen, die den Weg für zukünftige Mobilitätskonzepte offenhält. So sehe ich das.
Denn solange wir noch mit Verkehrskonzepten der Vergangenheit hantieren – siehe den nächsten Tagesordnungspunkt – und die Verkehrswende nicht geschafft ist, müssen wir zumindest Bug-Fixing betreiben.
Wir müssen ein Sozialticket anbieten, das seinen Zielen gerecht wird. Lassen Sie uns also die Debatte schnell wieder aufnehmen und schnell die „Knäcken“ reparieren, also fix die Bugs fixen. – Vielen Dank.
Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Teilhabe an Mobilität zu gewährleisten, zu ermöglichen – das ist auch für die SPDFraktion im Landtag von Nordrhein-Westfalen ein wichtiges verkehrspolitisches Ziel. Herr Kollege Bayer, Sie haben darauf hingewiesen, dass in diesem Hause Einigkeit darüber besteht, dass Teilhabe an der Mobilität zugleich Voraussetzung für Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist; denn nur, wer von A nach B kommen kann, der kann auch an dem Leben in seiner Stadt tatsächlich teilnehmen. Dazu müssen nicht nur die erforderlichen Verkehrsinfrastrukturen bereitgestellt werden, sondern wir müssen auch bezahlbare und attraktive Mobilitätsangebote zur Verfügung stellen. So weit unser Konsens.
Es scheint aber aus unserer Sicht Verständnisschwierigkeiten zu geben, was bei der Ausgestaltung des Sozialtickets in Nordrhein-Westfalen genau zu beachten ist. Wir hatten uns 2010 im Koalitionsvertrag zum Ziel gesetzt, ein Sozialticket einzuführen. Das wurde 2011 umgesetzt, zunächst mit 15 Millionen € und mittlerweile mit insgesamt 30 Millionen € pro Jahr.
Ein zentraler Punkt dabei ist: Es handelt sich bei den zur Verfügung gestellten Mitteln um eine sogenannte Anreizfinanzierung zur Einführung von Sozialtickets für die Verkehrsunternehmen und die Verkehrsverbünde des Landes. Eine vollständige Kompensation der entstehenden Aufwendungen bei den Verkehrsunternehmen war nie vorgesehen und wird auch in Zukunft nicht vorgesehen sein. Letztlich handelt es sich also um eine Maßnahme zur Förderung des ÖPNV.
Es handelt sich explizit nicht – das ist an der Stelle wichtig – um eine sozialpolitische Maßnahme. Rein ordnungspolitisch gehört deswegen aus unserer Sicht Ihre Forderung, die ich ohne Zweifel nachvollziehen kann – da sind wir uns auf jeden Fall einig –
Insofern würde es sich eigentlich erübrigen, an der Stelle weiter auf den Antrag einzugehen, weil Sie von falschen Voraussetzungen ausgehen. Aber dennoch einige Anmerkungen zum Antrag:
Der Berechtigtenkreis, den Sie ja auch kritisieren, für Sozialtickets ist bereits sehr groß und kann von den Verkehrsunternehmen und den Kommunen sogar noch um Geringverdiener oder Wohngeldempfänger erweitert werden. Das ist heute bereits möglich und wird von vielen Kommunen in einigen Bereichen des Landes auch heute schon so durchgeführt.
Diese Entscheidung obliegt auch den Verkehrsunternehmen als selbstständig wirtschaftende Unternehmen. Wenn Sie den Berechtigtenkreis ausweiten wollen, dann müssen Sie heute auch sagen, wer das bezahlen und wie das finanziert werden soll.
Erst mit den entsprechenden Initiativen auf dieser Ebene könnte dann ein flächendeckendes Angebot hergestellt werden. Die Frage der Finanzierung bleibt aber bei diesem Antrag zum Sozialticket genauso wie auch zum fahrscheinlosen ÖPNV aus Ihrer Sicht heute leider wieder offen.
Also noch einmal: Die konkrete Einführung und Umsetzung des Sozialtickets liegt in der Zuständigkeit der Verkehrsunternehmen und -verbünde. Das macht insofern Sinn – das ist ganz wichtig –, als vor Ort das Wissen und das Können liegt, um ein Tarifangebot vor Ort auch vernünftig auszugestalten. In meiner Heimatstadt Duisburg ist dieses Sozialticket vor einigen Jahren eingeführt worden. Da wurde die Unterstützung des Landes außerordentlich begrüßt und eben auch zur Voraussetzung gemacht, um das Ticket überhaupt vor Ort einführen zu können. Dabei wird eines immer unverzichtbarer: eine solide Kalkulation und damit letztendlich die Klarheit über die Finanzierung durch das einzelne Verkehrsunternehmen und den Verkehrsverbund vor Ort.
Vor dem Hintergrund der finanziellen Situation des Landes und den Vorgaben der uns allen bekannten sogenannten Schuldenbremse ist eine Ausweitung des Haushaltsansatzes von derzeit 30 Millionen € pro Jahr einfach nicht realistisch. Es handelt sich um eine freiwillige Leistung des Landes, das heißt um originäre Mittel aus dem Landeshaushalt. Wenn im Rahmen dieser Anreizfinanzierung eine Ausweitung des Berechtigtenkreises erfolgen würde, hätte das zur Folge, dass die Anreizfinanzierung pro potenziellem Nutzer deutlich geringer werden würde. Zuletzt hieße dies auch, dass die Einführung bzw. Aufrechterhaltung von Sozialtickets für die Ver
kehrsunternehmen letztendlich unwirtschaftlich werden könnte und der Vorschlag in der Konsequenz das Gegenteil von dem bewirken würde, was Sie eigentlich fordern.
Wir würden natürlich gerne die Anhebung der Mobilitätspauschale im SGB-II-Regelsatz unterstützen, um damit noch mehr Menschen zu erreichen, wenn es um Teilhabe an Mobilität für alle Bevölkerungsgruppen geht. Dort gehört Ihre Forderung auch hin, dort macht sie Sinn, weil es sich eben um eine sozialpolitische Forderung handelt.
Wir können somit Ihren Antrag deswegen in den einzelnen Punkten nicht unterstützen, freuen uns aber natürlich auf die Diskussion im Ausschuss. Wir sind uns auch darüber einig, dass man dieses Sozialticket nach einer gewissen Zeit einmal evaluieren sollte, um zu schauen, wo offene Punkte sind. Deswegen stimmen wir der Überweisung zu. – Recht herzlichen Dank.