Protocol of the Session on February 20, 2014

(Beifall von der FDP – Martin-Sebastian Abel [GRÜNE]: So macht das die „heute-show“!)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Vogt.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Tribüne! Es ist keine acht Wochen her, da haben wir hier an gleicher Stelle über den gleichen Inhalt eines Antrags beraten, damals von der CDU.

(Ralf Witzel [FDP]: Und nichts ist passiert!)

Jetzt diskutieren wir, obwohl sich die Rahmenbedingungen überhaupt nicht geändert haben, über einen inhaltsgleichen oder sehr ähnlichen Antrag der FDP.

Das neue Beitragsmodell für den öffentlichrechtlichen Rundfunk orientiert sich seit Januar 2013 nicht mehr an den einzelnen Empfangsgeräten, sondern an Betriebsstätten und Wohnungen. Das System ist insgesamt transparenter und gerechter geworden.

Aber eine solche große Umstellung eines Systems zeigt natürlich auch, dass eventuell an einzelnen Stellen nachgebessert werden muss.

Wenn wir uns nämlich die Zahlen ansehen, sagt die Prognose der KEF, es soll zu etwa 1,1 Milliarden € Mehreinnahmen in der Beitragsperiode 2013 bis 2016 kommen. Vor diesem Hintergrund hat der Landtag im Dezember 2013 beschlossen, dass die Mehreinnahmen auch zur Beitragssenkung zur Verfügung stehen sollen. Aber anders als die FDP fordert haben wir auch beschlossen, dass zwei weitere Gegebenheiten in die Überlegungen mit einbezogen werden müssen.

Erstens soll die Evaluation abgewartet werden. Mit dem 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag wurde beschlossen, dass eine ausführliche Überprüfung des neuen Systems noch in diesem Jahr stattfinden soll. Möglicherweise benachteiligte Gruppen müssen dann entlastet werden. Kommunen, Unternehmen und andere Gruppen haben Diskussionsbedarf angemeldet. Ich hatte die FDP bisher auch immer so verstanden, dass auch sie Wert auf die Evaluation und mögliche Nachbesserung legen würde.

Zweitens. Wir wollen einen schrittweisen Ausstieg aus der Werbung. Ein Teil der Mehreinnahmen ist hierzu einsetzbar. Meine Damen und Herren, Herr Nückel, am 15. Februar 2011 – das ist noch gar nicht so lange her – wurde in den Landtag ein Antrag eingebracht mit dem Titel „Für einen werbefreien öffentlich-rechtlichen Rundfunk – Mehr Qualität statt Kommerz soll das Programm bestimmen“. Von wem ist dieser Antrag? – Der Antrag ist von der FDP.

(Zuruf von den GRÜNEN: Hört! Hört!)

Herr Witzel hatte gerade einen Zwischenruf gemacht. Sie, Herr Witzel, standen hier vorne – auch das ist noch gar nicht lange her – und haben mit den Worten diesen Antrag begründet – ich erlaube mir, das zu zitieren –: Wir sind der Auffassung, dass es Möglichkeiten gibt, schrittweise und sukzessive in ganz realistischer Art und Weise den Umfang der Werbung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zurückzufahren und damit Zeitungsverlagen, Onlinediensten sowie privaten Rundfunkveranstaltern mehr vom Werbekuchen zu lassen und zugleich aus Sicht des Zuschauers und des Zuhörers im öffentlichrechtlichen Programm nicht zu einem Qualitätsverlust zu kommen.

(Beifall von der FDP)

Ich muss sagen: Das ist etwas umständlich formuliert. Über die Begründung kann man streiten. Aber von der Zielsetzung her ist das durchaus eine Perspektive, die Werbefreiheit erlaubt, die Sie ja mit Ihrem heutigen Antrag ablehnen. Wie schnell doch die FDP vergisst!

(Zurufe von der FDP)

Diese Chance der Werbereduzierung ist mit den Mehreinnahmen gegeben.

Meine Damen und Herren, wir wollen auch darum keine vorschnelle Senkung. Wir brauchen eine vernünftige Evaluation. Wir wollen den schrittweisen Ausstieg aus der Werbung. Und ja: Wir haben auch eine Beitragssenkung im Blick, so wie wir es im Dezember hier beschlossen haben.

Der FDP-Antrag greift zu kurz. Wir lehnen diesen ab. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Vogt. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Schick.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Vogt, wenn Sie feststellen, dass der FDP-Antrag eine gewisse Ähnlichkeit mit unserem vergangenen Antrag hat, dann ist das ja nichts Schlechtes. Wer nahe bei uns ist, ist nahe an der Wahrheit. Vielleicht sollten Sie häufiger mal etwas von uns übernehmen. Das würde Ihnen inhaltlich in der einen oder anderen Frage helfen.

(Beifall von der CDU – Zurufe)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, fast könnte man den Eindruck gewinnen, dass die Debatte um die Höhe der Rundfunkgebühren – man merkt es ja jetzt auch – mehr Emotionen auslöst als das normale Programm der öffentlich-rechtlichen Sender.

Sachlich lässt sich allerdings festhalten: Das neue Gebührenmodell kann nicht dazu führen, dass auf einmal alle möglichen Wünsche erfüllt werden, die bislang nicht realisiert werden konnten.

Das Verfahren ist eindeutig. Seit 1975 ermittelt die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten, kurz KEF, Vorschläge für die Gebührenfestsetzung. Diese werden dann von den Ministerpräsidenten und den Landesparlamenten beschlossen.

Sollte es wie im Augenblick durch eine Neuordnung der Rundfunkfinanzierung zu Mehreinnahmen kommen, müssen diese selbstverständlich zu einer Reduzierung der Belastungen für die Beitragszahler führen. Das hat unsere Fraktion bereits in einem Antrag im Dezember 2011 festgehalten.

Es ist allerdings auch richtig, dass mit der Umstellung der Gebührenerhebung Schieflagen aufgetreten sind. Es gibt Menschen, die Gebühren zahlen, die eigentlich freigestellt werden müssten. Genauso gibt es Unternehmen, die durch die neuen Regelungen stark steigende Gebühren aufbringen müssen. Hier laufen im Augenblick Prozesse. Rossmann und Sixt sind nur zwei Namen.

Ein erster Vorschlag der KEF liegt seit dem 18. September des vergangenen Jahres auf dem Tisch. Wie bereits angeklungen, schlägt die Kommission vor, den Beitrag zum 1. Januar 2015 um 73 Cent zu reduzieren und auf 17,25 € im Monat festzusetzen.

Die andere Hälfte der prognostizierten Zusatzerlöse soll nach dem Willen der KEF dazu dienen, den möglichen Anstieg von Rundfunkbeiträgen in der nächsten Gebührenperiode, also ab dem Jahr 2017, abzufedern.

Zu diesem ersten Vorschlag konnten sich die Länder und die Anstalten äußern. Den endgültigen Bericht der KEF wird es dann in der kommenden Woche rechtzeitig einen Tag vor dem Eintritt in die heiße Phase des Karnevals geben. In Mainz wird er vorgestellt, aber rechtzeitig, wie gesagt, vor der Karnevalszeit, sodass man die notwendige Ernsthaftigkeit und eine vernünftige Entscheidungsgrundlage erwarten kann.

Heute schon festzustellen, dass der volle Umfang der Mehreinnahmen, sprich 1,15 Milliarden €, dann den Beitragszahlern direkt erstattet wird, halte ich für etwas verfrüht. Lassen Sie uns erst das endgültige Ergebnis abwarten. Dann können wir uns entsprechend äußern. – Danke.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Keymis.

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Herr Marsching, ich habe einen Arbeitsauftrag an Sie. Googeln Sie doch bitte mal den Umsatz der Firma Rossmann 2012. Und? – 6,6 Milliarden € Umsatz macht die Firma. Stimmt das?

(Michele Marsching [PIRATEN]: Das lädt hier zu langsam!)

Schade. Es ist eh die Frage, ob wir den Laptop immer aufgeklappt lassen dürfen.

(Heiterkeit – Nicolaus Kern [PIRATEN]: Sie haben die ja damit quasi beantwortet!)

Ich wollte die 6,6 Milliarden € Umsatz bloß mal ins Verhältnis setzen zu den Einnahmen, die wir durch den sogenannten Rundfunkbeitrag in Deutschland erzielen. Die liegen bei etwas über 7 Milliarden €. Noch einmal im Vergleich: Rossmann macht 6,6 Milliarden Umsatz.

Ich will das nur deshalb in den Zusammenhang stellen, weil eben der Name dieser Firma fiel – gegen die wir alle nichts haben; jeder soll machen, was er will; ich könnte noch zehn andere Firmen nennen. Der Chef dieser Firma klagt jetzt gegen den Rundfunkbeitrag, weil er durch die Umstellung von der Gebühr auf den Rundfunkbeitrag, wenn ich das richtig nachvollzogen habe, Mehrkosten im Rahmen von etwa 150.000 oder 200.000 € zahlen muss. Ich erwähne das nur, weil das in etwa deutlich macht, über welche Größenordnungen wir hier reden.

Das alles sind für mich keine Kriterien, die uns dazu veranlassen sollten, zu fragen: Was machen wir mit den vermuteten, bisher prognostizierten Mehreinnahmen? Meine Fraktion und ich sind gemeinsam der Meinung, dass es vor allem darum geht, den Rundfunkbeitrag stabil zu halten. Das war die entscheidende Voraussetzung. Wenn es irgendwann in unserer Zeit möglich wäre, den Beitrag sogar zu senken – wir haben es in unserer Entschließung im Dezember 2013 so formuliert –, würden wir das auch sehr begrüßen. Vorher müssen wir aber die Evaluation abwarten. Die Auswertung der Umstellungsfolgen kennen wir frühestens ab Ende 2014. Dann wissen wir auch, wo wir in Bezug auf die eingenommenen Rundfunkbeiträge möglicherweise

werden nachjustieren müssen.

Das sollten wir – Herr Schick hat es gerade schon so ähnlich formuliert – zunächst einmal abwarten. So haben wir es uns auch politisch in den Landtagen vorgenommen.

Ansonsten beteiligen sich im Moment viele Leute am Ruderwettbewerb. Wer rudert zurück, nachdem er nach vorne gestoßen ist? Das prägnanteste Beispiel für mich ist Herr Staatssekretär Beermann, der Chef der Staatskanzlei im Freistaat Sachsen. Er hat sich ganz deutlich für die Senkung ausgesprochen. Inzwischen rudert er mit großen Zügen zurück und sagt: Vorsicht; man darf alles nicht so heiß essen, wie man es vorher gekocht hat. – Das trifft auf ihn

selbst auch zu. Er hat natürlich erkannt, dass man die vermuteten Mehreinnahmen möglicherweise sinnvoller für die Gesellschaft nutzt, indem man den Beitrag jetzt nicht um 73 Cent senkt.

Das ist doch Augenwischerei, Herr Nückel. Was haben die Menschen denn davon, wenn sie 73 Cent weniger im Monat ausgeben? Gleichzeitig wird am Bahnhof das Brötchen um 20 oder 40 Cent teurer. Das merkt doch keiner. Was Sie da erzählen, ist dummes Zeug. Seien Sie sicher: Die Menschen wissen, was sie am öffentlich-rechtlichen Rundfunk haben. Die Leute sehen das gerne. Viele schauen sich das an. Millionen hören und sehen jeden Tag öffentlich-rechtliche Angebote. Das ist auch gut so.

(Thomas Nückel [FDP]: Millionen auch nicht!)

Millionen tun es auch nicht. Auch sie zahlen übrigens den Beitrag, weil das eine Gemeinschaftsleistung der Menschen für unser Land ist. Das Verfassungsgericht hat uns schon sehr früh viele gute Gründe aufgeschrieben, warum das gut ist.

Die Menschen werden von den 73 Cent im Monat nichts haben. Sie haben aber etwas von einer breiten Meinungsvielfalt und einem qualitätsgesicherten Programmangebot in all den verschiedenen Farben – von ARD über das ZDF bis zu den Digitalangeboten.

Richtig ist, dass die großen öffentlich-rechtlichen Angebote sparen müssen. Sie sparen auch. Sie konzentrieren die Digitalsender. Sie weiten aber auch Angebote aus. Sie diskutieren über das Mehrangebot für die Jugend – linear und non-linear. Ich finde es gut, dass man überlegt, welche gesellschaftlichen Bedürfnisse es gibt und wie man sich ihnen anpassen kann.

Das gilt auch für die von vielen nicht geliebte Samstagabendshow. Ich kenne eine Menge Menschen, die sie gerne gucken. Das ist doch nicht schlimm. Das ist doch auch gut. Das ist doch auch qualitätsvoll gemachte Unterhaltung.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Doch, das ist schlimm!)