Protocol of the Session on February 19, 2014

(Beifall von der SPD, den GRÜNEN und der FDP)

Zweitens. Der Bedarf ist ungleich der Kassenlage. Wir brauchen mehr Steuergeld für die Finanzierung. Wir brauchen mehr Bahngewinn für die Finanzierung. Wir brauchen mehr Mauteinnahmen. Wir müssen beim etablierten Bauen über Standardisierung mehr sparen. Wir brauchen kein „Mehr Privat“, denn das hat sich als Sackgasse erwiesen. Deshalb brauchen wir einen verlässlichen Staat und eine verlässliche staatliche Finanzierung.

Bei der Maut bleibe ich natürlich bei meiner Position, dass das politische Ziel sein muss, alle Verkehrswege für Lkw mautpflichtig zu machen. Der Internethandel schließt die Lücke zu den Kommunen in der logischen Argumentation. Deshalb ist das Projekt des Bundesstraßeneinstiegs aus Berlin nur ein erster Schritt und darf auf keinen Fall schon als Zielerreichung charakterisiert werden.

(Beifall von der SPD)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Schemmer?

Ja, selbstverständlich.

Das ist sehr nett. – Bitte schön, Herr Schemmer.

Herr Minister, Sie haben gerade vorgetragen, in welcher Form Sie wünschen, erwarten und hoffen, dass es mehr Geld des Bundes in den Verkehrssystemen gibt. Ich teile den einen oder anderen Wunsch. Wünsche darf man haben.

Meine Frage lautet: Wie verknüpfen Sie die angesprochene Vorgehensweise mit dem Nichtausgeben der Bundesmittel im letzten Jahr und insbesondere mit der eigenen Landeshaushaltssituation? Sie hat

ten zwar in den letzten vier Jahren eine Steigerung des Haushaltsvolumens um 20 %,

(Reiner Breuer [SPD]: Schöne Steigerung!)

aber haben 15 % weniger für Landesstraßen ausgegeben.

Das verknüpfe ich selbstverständlich durch konsequentes Handeln.

(Zustimmung von Reiner Breuer [SPD] – La- chen von Holger Ellerbrock [FDP])

Erstens haben wir den sehr fahrlässigen Beschluss korrigiert, dem Landesbestrieb Straßen 20 % mehr Personalabbau aufzuzwingen als allen anderen Ressorts. Diese Unvernunft gibt es mit der Verkehrspolitik dieser Landesregierung nicht mehr.

(Beifall von der SPD)

Zweitens haben wir den Stellenabbau durch einen Stellenaufwuchs an ganz prominenter Stelle korrigiert, nämlich beim konstruktiven Brückenbau, wo 20 zusätzliche Ingenieurinnen und Ingenieure eingestellt werden. Auch das ist ein guter Hinweis.

Drittens haben wir uns mit Blick auf die Zukunft der Planungsreserve der DEGES versichert. Das ist gemessen an der schwarz-gelben Praxis ein großer Fortschritt. Das bringt mich zu dem Hinweis, Herr Voussem: Von Bismarck stammt auch der Satz: Nicht jedes Gelb ist das Gelbe vom Ei!

(Beifall und Heiterkeit von der SPD und den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Minister, für die sehr schöne Antwort. – Jetzt gibt es eine zweite Zwischenfrage. Würden Sie die noch zulassen?

Ja.

Das ist nett. – Herr Schmalenbach, bitte.

Vielen Dank, Herr Minister, dass Sie die Frage zulassen. – Ich möchte eine Frage wiederholen, die der Kollege Bayer in der letzten Ausschusssitzung gestellt hat. Darauf haben wir leider keine Antwort bekommen. Sie haben gerade erwähnt, dass Sie die Bundesstraßen mautpflichtig für Lkw machen wollen. Wollen Sie dafür die Gefahr eines Fiaskos wie bei Toll Collect bei den Autobahnen eingehen, oder wie soll das technisch realisiert werden?

Nein, alle LkwVerkehre über die handwerkerrelevanten Tonnagen hinaus müssen mautpflichtig auf allen deutschen Straßen werden – sowohl in- als auch ausländische Lkw. Denn die Lkw sind die Hauptverursacher der großen Reparaturbedarfe. Unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten ist den Pkw-Fahrerinnen und -Fahrern eine zusätzliche Maut nicht zumutbar, wenn man die Lkw-Verkehre als Verursacher des Dramas ungeschoren davonkommen lässt.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Das ist eine rein volkswirtschaftliche Betrachtung.

Das bekommt man erstens hin, indem man endlich Toll Collect nationalisiert, bundespolitische Verantwortung für Toll Collect übernimmt und die CallOption beansprucht. Das heißt: Nicht Telekom und Daimler dürfen weiterhin die betriebswirtschaftliche Verantwortung für dieses Unternehmen haben, sondern die Bundesrepublik Deutschland und wir alle müssen an dieser Stelle Verantwortung tragen.

Es darf kein modernes Raubrittertum von privatisierten Zolleinnahmen geben, die auf Verkehre erhoben werden, sondern nur wir haben nach meiner Überzeugung das Recht auf die Erhebung der entsprechenden Mauteinnahmen. Daher habe ich dem Bundesverkehrsminister im persönlichen Gespräch den folgenden dringlichen Rat gegeben: Herr Dobrindt, handeln Sie in unser aller Interesse und übernehmen Sie Toll Collect durch die Ausübung der Call-Option.

(Beifall von Reiner Breuer [SPD] und Arndt Klocke [GRÜNE])

Inwieweit das technisch möglich ist, darüber kann man gesondert sprechen. Ob Toll Collect bei der technischen Kompetenz genauso weit ist wie die Truppe aus Langenberg vor den Toren des Landtags, die technisch darum ringt, der neue Betreiber zu werden, weiß ich nicht. Aber für mich ist das vorrangig kein technisches, sondern ein politisches Problem. Die politische Lösung liegt nach meinem Verständnis auf der Hand.

Zurück zu meiner Rede: Ich glaube, dass die 5 Milliarden € ein Teilerfolg sind. Herr Voussem hat zu Recht beschrieben, wie um einen nicht größer gewordenen Kuchen hart gerungen wird. Wir müssen gemeinsam dafür kämpfen, dass diese 5 Milliarden wirklich netto im Verkehr landen. Das dürfen keine Gelder zur Fremdfinanzierung des Digitalnetzes von Herrn Dobrindt werden.

(Beifall von der SPD)

Er nennt sich jetzt zwar Minister für Mobilität und Modernität, aber diese übergreifende, sich gegenseitig deckende Finanzierung muss verhindert werden. Ich kann nur davor warnen, die Augen davor zu verschließen, was aus diesen 5 Milliarden finanziert wird.

Meine Forderung ist glasklar: Das durch den Koalitionsvertrag nicht garantierte Geld zum Ausbau des Digitalnetzes darf nicht politisch missverständlich aus dem anderen Topf genommen werden. Das ist ein großer offener Punkt, an dem gemeinsam gearbeitet werden muss.

Insgesamt lade ich alle im Landtag vertretenen Fraktionen ein: Machen Sie mit beim Team-Building für Nordrhein-Westfalen! Ich leiste meinen Teil daran. Ich habe mit den entsprechenden Bundestagsabgeordneten der Parteien gesprochen, die auch im nordrhein-westfälischen Landtag vertreten sind und einen Vertreter im Verkehrsausschuss haben. Wir haben uns auf gewisse Vorgehensweisen verständigt. Bei den Koalitionsverhandlungen hat das Miteinander von Herrn Jarzombek und mir – meine ich jedenfalls – vernünftig geklappt, sodass ich glaube: Diejenigen haben recht, die potenziell eher einen Bund-Länder-Konflikt sehen als einen Streit der Parteien auf einer parlamentarischen Ebene.

Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass wir viel Gutes an Reparatur und bedarfsorientiertem Aus- und Neubau auf die Schiene, auf die Straße, auf die Kanäle setzen können. Dann können Sie gerne sagen: Ich sitze da in der Lok und da im Schlafwagen. – Das ist mir schnurzpiepegal, weil ich ja der Verkehrsminister bin, der eine Projektgruppe „Lärmbekämpfung“ eingesetzt hat. Also seien Sie gewiss: Auch da wird es ruhiger.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Minister Groschek. – Wir sind am Ende unserer Aussprache und kommen zur Abstimmung.

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 16/5032 an den Ausschuss für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr. Wer stimmt der Überweisung zu? – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist einstimmig so überwiesen.

Wir kommen zu

4 Mehr Chancengleichheit durch verlässliche

Gewährung von Nachteilsausgleichen für Schülerinnen und Schüler mit Teilleistungsschwächen

Antrag der Fraktion der PIRATEN Drucksache 16/5028

Ich eröffne die Aussprache und erteile der antragstellenden Fraktion und damit Frau Pieper das Wort.

Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Schülerinnen und Schüler, Eltern und Kollegen! Worum

geht es uns in diesem Antrag? – Es geht, wie im Titel steht, um die Chancengleichheit an unseren Schulen und um gelingende Bildungsbiografien vieler Kinder und Jugendlicher. Denn wie wir wissen, Frau Löhrmann, wollen wir ja kein Kind zurücklassen.

Es geht um Schülerinnen und Schüler mit Teilleistungsschwächen, also um Kinder und Jugendliche, die ansonsten ganz normal begabt sind, aber Leistungsdefizite in begrenzten Teilbereichen haben. Am bekanntesten ist die Lese-Rechtschreib-Schwäche. Es kann aber beispielsweise auch das Rechnen oder das Sprechen betreffen.

Neben möglichst früher spezieller Förderung brauchen die Betroffenen auch Nachteilsausgleiche. Hierzu sind die Leistungsanforderungen, die Unterricht und Prüfung stellen, so anzupassen, dass sie von den Betroffenen auch bewältigt werden können. Dazu können zum Beispiel Bearbeitungszeiten verlängert und angepasste Aufgaben gestellt werden. Ich kenne es auch von Klausuren, dass man Aufgaben nacheinander gibt und nicht nur einen Aufgabenzettel, der bei Schülern, die Prüfungsängste haben, dazu führt, dass sie gar nicht erst anfangen, eine Aufgabe zu lösen.

Von Teilleistungsschwächen ist eine relativ große Gruppe von Kindern betroffen. Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete am 13. Februar in einem Artikel über Dyskalkulie, also Rechenschwäche, bei Schülerinnen und Schülern. Dort wird der Anteil der betroffenen Kinder in den Grundschulen auf ca. 5 % geschätzt. Dort wird auch Christine Sczygiel vom Bundesverband für Legasthenie und Dyskalkulie wie folgt zitiert:

„Es müsste aber endlich verbindlich festgelegt werden, welche Formen von Nachteilsausgleich es für Schüler mit Dyskalkulie gibt, …“

Das gilt aber längst nicht nur für Kinder mit Rechenschwäche, sondern auch für andere Teilleistungsschwächen. Es gibt zahlreiche Problemlagen, die bei Kindern und Jugendlichen mit unverminderter kognitiver Leistungsfähigkeit zu Lernproblemen führen. Das können zum Beispiel Nebenwirkungen von wichtigen Medikamenten sein, die Folgen einer epileptischen Erkrankung, aber auch andere Beeinträchtigungen, die zu Erschwernissen und Nachteilen im Lernprozess führen.