Protocol of the Session on January 31, 2014

Die immer wieder durchsichtigen Botschaften, auch die der FDP, haben am Ende ein Ergebnis: Es geht nicht um Entfesselung, sondern es geht um die Entzauberung eines Spitzenkandidaten.

Worauf beziehen Sie Ihre Vorschläge denn? In dem Antrag steht: Sechs von 13 Bundesländern haben einen ausgeglichenen Haushalt. – Das alles hatten wir vorgestern schon. Sie wissen ganz genau, dass die ausgeglichenen Haushalte unter anderem durch Mittel zustande kommen, die Nordrhein-Westfalen in den horizontalen Finanzausgleich einzahlt. Wenn man mir sagt: „Mach es doch auch wie die“, und man würde uns die Gelegenheit dazu geben, dann ständen wir an anderer Stelle.

Sie beziehen sich dann auf den Nachhaltigkeitsbericht und sagen: Der zeigt doch, dass es bis 2020 noch eine Lücke von 0,8 Milliarden € gibt. Ich habe schon erklärt: Das ist ein Bericht auf der Grundlage, dass nichts passiert. In den letzten Jahren ist aber viel geschehen. Das mögen Sie auch am Nachhaltigkeitsbericht erkennen, denn der Nachhaltigkeitsbericht des Jahres 2010 hat für 2020 noch eine Lücke von 7,4 Milliarden € ausgewiesen. Die ist auf 0,8 Milliarden € zusammengeschrumpft. Das geht zurück auf das, was in der Zwischenzeit passiert ist.

(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

Sie können sicher sein: Diese Landesregierung wird weiter daran arbeiten, dass auch in den nächsten Jahren noch etwas geschieht, was aus den 0,8 Milliarden € die Null macht.

Dann kommt das Beispiel, wir würden immer mit Globalpositionen rechnen. – 300 Millionen € Mehreinnahmen sind, gemessen an einem 62-MilliardenEuro-Haushalt, weniger als 0,5 %. Ich will Ihnen – das war auch ein Ergebnis von Oppositionsarbeit, das in dieser Woche zutage trat – noch sagen: Im vergangenen Jahr hatte ich für die Schul- und Studienfonds 80 Millionen € – titelscharf als Einnahme in einem Haushalt – sauber ausgewiesen. Manch einer – auch unter den Berichterstattern in den Medien – stellte dazu süffisant fest: Das haben die Piraten jetzt aber dem Finanzminister weggenommen.

Wir haben auch ohne die 80 Millionen € einen guten Abschluss hinbekommen. Sie aber, liebe Piratenfraktion, haben Folgendes getan: Sie haben 80 Millionen € globale Mehreinnahmen für 2014 zusätzlich vorgesehen. Von den 300 Millionen € kommen jetzt 80 Millionen € – ich kann Ihnen benennen, wo sie herkommen – aus den Schul- und Studienfonds.

Deswegen kann gesagt werden, dass es im Laufe eines Jahres immer wieder Positionen gibt, mit denen nicht zu rechnen ist, bei denen aber bei einem Volumen von 62 Milliarden € davon ausgegangen werden kann: Die werden kommen. Da gibt es Schwankungen, und das wird auch weiterhin so bleiben. Dazu gibt es noch weitere Erwartungen, die dann, wenn sie vorzutragen sind bzw. wenn man das zeigen kann, auch in das Ergebnis eines konkreten Haushaltes hineinkommen.

Ich will nur noch einen Punkt ansprechen, den Kommunal-Soli. Auch dazu sollten Sie die „WirtschaftsWoche“ richtig lesen. Ich habe gesagt: Wenn die Kommunen in Deutschland insgesamt – das ist die Gesamtkommunalebene – ausgeglichene

Haushalte haben und es sehr große Unterschiede – die man gut bezeichnen und beschreiben kann – zwischen den Kommunen gibt, sollte – das ist doch klar – auch die Frage einer Solidarität, wie wir sie üben, insgesamt eine Rolle spielen.

Das ist aber schon Teil des bestehenden Länderfinanzausgleichs. Ich habe nichts anderes als Folgendes gesagt: Wenn wir jetzt über die Fortsetzung des Länderfinanzausgleichs ab 2020 reden – zurzeit gehen schon 64 % der kommunalen Einnahmen in die Berechnung des Länderfinanzausgleichs ein –, müssen wir auch über solche Fragen sprechen.

Dann wird deutlich werden, dass die Decke zu kurz ist. Wenn sie in Deutschland gerecht verteilt werden würde, wäre das zu kurze Ende nicht unbedingt bei uns. In dem Zusammenhang muss man sich nämlich darüber im Klaren sein, dass wir immer noch – im Jahr 2013 waren es 1,7 Milliarden € – in den horizontalen Finanzausgleich einzahlen und dass wir an Zinslasten zu tragen haben, die mit dem Umbau dieses Landes zu tun haben, für den es keinen Soli gab.

Des Weiteren habe ich noch gestern in der Finanzministerkonferenz mit anderen über Fluthilfe gesprochen. Dafür nehmen wir jedes Jahr 44 Millionen € an Krediten auf, damit andere sie nicht aufnehmen müssen. Sie benennen die dann als Musterknaben, die keine Altschulden haben und keine Neuschulden machen. Darüber muss man reden, und das werden wir auch tun. Dann wird sich die ganze Angelegenheit deutlich anders darstellen.

Wir sind nicht nur mit diesen Überlegungen, sondern insgesamt auf einem guten Weg der Konsolidierung. Das ist aber eine Konsolidierung, die nicht nur Ausgaben im Blick hat, sondern bei der gesehen wird, dass das Land auch Aufgaben hat. Wer solide konsolidieren will, muss beides im Auge behalten. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Finanzminister. – Der Finanzminister hat seine Re

dezeit um 2 Minuten und 8 Sekunden überzogen. Da wir im Rahmen der Aktuellen Stunde, was die Redezeiten anbelangt, eigene Regeln haben, werden wir in der zweiten Runde bei den Fraktionsrednerinnen und -rednern entsprechend großzügig sein. – Ich erteile für die CDU-Fraktion Herrn Kollegen Schmitz das Wort.

Frau Präsidentin! Meine werten Kollegen! Meine Damen und Herren! Neben den Zeitschulden, die uns der Finanzminister jetzt noch hinterlassen hat, reden wir auch noch über andere Schulden im Rahmen des Finanzhaushalts. Herr Minister, ich bin seit Mai 2012 hier im Parlament und weiß, dass es Reden von Ihnen im Plenum gab, in denen Sie deutlich mehr Substanz geliefert haben. Ich hätte, was diese Frage anbelangt, in dieser Aktuellen Stunde mehr erwartet, dass Sie uns nämlich Ihre nachhaltige Finanzpolitik erklären und konkret werden. Das war aber – ich muss das sagen -nicht so.

Ich komme zu den Grünen: Von ihnen wurde in der Debatte gesagt, dass diese Aktuelle Stunde unnötig und die Bundespolitik auf die Ebene der Landespolitik gezogen worden sei. Herr Kollege Mostofizadeh, ich muss Ihnen ganz deutlich sagen: Die Rentenpläne der Großen Koalition zu kritisieren, ist das eine. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Rentenpläne, welche die Grünen im Bundestagswahlkampf vorgeschlagen haben, sogar noch um einiges – sogar wesentlich – teurer geworden wären als das, was wir jetzt umsetzen.

(Beifall von der CDU)

Meine Damen und Herren, ich möchte aber auf die Aktuelle Stunde zurückkommen und würde sie gerne mit einer Frage beginnen. Wer von Ihnen, werte Kollegen, würde heute einen Mittelklassewagen kaufen, dessen Gegenwert auf 25.000 € beziffert würde? Wer würde den auf Pump kaufen und ernsthaft in Betracht ziehen, am nächsten Tag weitere Schulden zu machen, ohne diese zeitnah zurückzahlen zu wollen? – Ich sehe keine Reaktion, keine Zustimmung. Wen wundert’s?

(Lachen von den GRÜNEN)

Ja, da lachen Sie! – Nichtsdestotrotz hätte ich mir von den Grünen und von der SPD mehr Zustimmung erwartet; denn 25.000 € sind die aktuelle ProKopf-Verschuldung eines jeden Bundesbürgers. Die Hälfte davon – jetzt wird es dramatisch –, rund 12.000 €, gehen auf Nordrhein-Westfalen zurück.

Ich will das noch einmal verdeutlichen: Rechnerisch gesehen stehen quasi schon Neugeborene für ein Fahrzeug in der Kreide, das sie nach derzeitigem Recht erst in 17 Jahren fahren dürfen. Angesichts dieser Situation erscheint es mir – und sicherlich auch den Menschen in unserem Land – ganz und gar nicht abwegig, von der Landesregierung ein entschiedenes Vorgehen in Sachen Entschuldung

zu erwarten, denn es ist dringend an der Zeit, den Staat – dieses Land –, verehrte Kolleginnen und Kollegen, auf die kommenden Herausforderungen vorzubereiten, sprich: Sie müssen das Land zukunftsfest machen.

Bei Ihnen aber bewegt sich das gegen null. Man findet nichts. Ihr Mantra bzw. Ihr Credo heißt immer wieder: „Nichts verändern, viel versprechen“. An anderer Stelle aber – Herr Minister, das hat man eben noch einmal gehört – wird immer wieder viel gefordert. – Es darf viel gefordert werden. Dann müssen aber auch die Punkte angesprochen werden, die kritisch sind und die gemeinsam gelöst werden müssen. Andererseits muss man dann aber auch den Willen zeigen, bei sich selber anzufangen und zu konsolidieren. Das aber vermissen wir bei Ihnen.

(Beifall von der CDU)

Ihr Begriff von nachhaltiger Finanzpolitik reicht – verzeihen Sie es mir – von zwölf Uhr bis mittags. Trotzdem schaffen Sie es in diesem Interview mit viel Pathos, eine nationale Anstrengung zu fordern. Das machen Sie nicht, weil Sie erkannt haben, dass Sie die Verantwortung haben, zu konsolidieren, und weil Sie den kommenden Generationen zeigen wollen, dass es strukturelle Veränderungen geben muss.

Das Gegenteil ist der Fall, liebe Kolleginnen und Kollegen: Sie wollen die Folgen Ihrer kurzsichtigen Politik nur noch auf noch mehr Schultern verteilen.

Und dass Sie es im angesprochenen Interview bewerkstelligen, werter Herr Finanzminister, ganz Nordrhein-Westfalen, für das die Wählerinnen und Wähler Ihnen Verantwortung übertragen haben, auf eine einzelne Region zu reduzieren, nämlich auf das Ruhrgebiet, das setzt meiner Ansicht nach dem Ganzen die Krone auf.

(Beifall von der CDU)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, es geht im Einzelnen nicht um den Wortlaut eines Interviews, das der Finanzminister hier geführt hat – darin sind wir uns alle einig –, sondern um etwas viel Grundsätzlicheres. Es geht darum – das möchte ich an dieser Stelle auch mal ansprechen –, dass sich innerhalb der Landesregierung ganz unterschiedliche Auffassungen bezüglich der nordrhein-westfälischen Zukunft präsentieren. Das ist eigentlich nichts Neues, also diese Kakophonie, dieses Agieren ohne Kompass, wenn es um grundlegende, wichtige Dinge für unser Land geht.

Doch dieses Mal spreche ich nicht von den bekannten Unstimmigkeiten zwischen den Koalitionären, also Rot und Grün, sondern ich rede von unterschiedlichen Ansichten der SPD-Minister. Und das möchte ich Ihnen gerne erläutern.

Ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin aus der „Westdeutschen Zeitung“ von vor knapp zwei Wo

chen. Da heißt es, zur Nachhaltigkeit zähle auch der Blick auf die nächste und übernächste Generation. Unternehmen müssten enkelfähig sein, sagte der Minister. Und gemeint ist in diesem Fall der Wirtschaftsminister, Herr Duin.

(Vorsitz: Vizepräsident Eckhard Uhlenberg)

Er lobt die Familienunternehmen in der „Westfalenpost“ zu Beginn dieser Woche für zahlreiche Eigenschaften, zum Beispiel für die Orientierung am Ziel der Langfristigkeit.

Und, meine Damen und Herren, das, wofür der Wirtschaftsminister so schwärmt, nämlich die von ihm genannte Enkelfähigkeit – das ist ein neuer Begriff –, das nennt man auch Nachhaltigkeit. Und die kann man auch in der Finanzpolitik betreiben.

Auch wenn der Wirtschaftsminister meiner Ansicht nach oft eher ein bisschen als Rhetorikminister auftritt, so scheint er doch im Gegensatz zum Finanzminister verstanden zu haben, was der ehemalige britische Premierminister Major mit einem, wie ich finde, guten Satz beschrieben hat: Die bequemen Lösungen von heute sind die unbequemen Aufgaben von morgen.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Aller- dings!)

Schön, dass Sie mir zustimmen, Herr Kollege. – Diese plötzliche Erkenntnis eines SPD-Ministers, also das zu akzeptieren, macht mich dann doch ein wenig stutzig.

Herrn Duins plötzliches Faible für nachhaltiges Handeln passt doch so gar nicht zum Wirken Ihres Finanzministers, werte Kolleginnen und Kollegen. Man muss sich doch nur mal den Landeshaushalt anschauen. Das tun wir ja auch regelmäßig. Dabei wird mehr als deutlich, dass Herr Finanzminister Norbert Walter-Borjans nicht viel von Nachhaltigkeit in der Finanzpolitik hält.

Ich nenne Ihnen gerne einige Beispiele.

Nehmen wir – Sie haben es eben angesprochen – das letzte Kindergartenjahr, das beitragsfrei ist. Worin liegt hier die Sinnhaftigkeit, wenn bereits 98 % der Kinder in den Kindergarten gehen? Hier wird unter dem Deckmäntelchen der Anreizschaffung auf Einnahmen verzichtet, obwohl dies durch nichts begründet ist. Wir können gerne darüber reden, was sinnvoll ist. Aber dies ist ein Beispiel, das ich so nicht gelten lasse.

(Jochen Ott [SPD]: Wie bitte, durch nichts begründet? Sie haben doch keine Ahnung! Schwarz-Grün hat es doch eingeführt im VRR! Sie haben es doch eingeführt!)

Wir können auch noch über weitere Themen reden. Was ist denn mit dem Sozialticket? Worin liegt unter Nachhaltigkeitsaspekten die Notwendigkeit einer Förderung in Höhe von 30 Millionen €? Wo kommen diese Ausgaben denn den kommenden Generatio

nen zugute, Herr Zimkeit? Darüber müssen wir doch reden.

(Jochen Ott [SPD]: Wo kommen Sie eigent- lich her? Haben Sie eine Ahnung, wofür das Ticket gebraucht wird?)

Wir können doch über alles reden, aber dafür müssen Sie auch wissen, was Nachhaltigkeit in der Finanzpolitik bedeutet.

(Beifall von der CDU)

Das müssen Sie auch zur Kenntnis nehmen. Was ist denn mit den Fahrradautobahnen, werter Kollege? Was ist das? Sind das Infrastrukturmaßnahmen, die unseren Kindern und Enkeln zugutekommen?