Protocol of the Session on October 17, 2013

Nach dem Scheitern des 14. Rundfunkänderungsstaatsvertrages sollte im Landtag Nordrhein

Westfalen eine Arbeitsgruppe eingerichtet werden – so lautete die seinerzeitige Verabredung zwischen den Fraktionen –, die sich mit der Frage von mehr Transparenz in diesem Sinne beschäftigen sollte. Passiert ist – natürlich auch infolge der Diskontinuität der letzten Legislaturperiode – bislang leider nichts.

Rückblickend ist Folgendes zu sagen: In der Vergangenheit hat es seitens der Landesregierung zwar teilweise Bemühungen gegeben, die Fraktionen im Vorfeld und während der Beratungen detaillierter zu informieren. Ein gutes Beispiel dafür ist der Glücksspielstaatsvertrag. Seinerzeit gab es verschiedene Konsultationsrunden beim Chef der Staatskanzlei. Das ist aber längst nicht an allen Stellen so praktiziert worden. Diese Vorgehensweise einer möglichst ausführlichen Information aller Fraktionen in diesem Haus ist offenbar im Zuge der Neuwahlen wieder zurückgefahren worden. Insoweit ist aus der behaupteten Koalition der Einladung eher wieder eine praktizierte Koalition der Geheimhaltung geworden.

Das Anliegen der Piraten ist deshalb grundsätzlich zu begrüßen. Inhaltlich geht ihr Antrag unseres Erachtens jedoch zu weit. Ob wir überall InternetLivestreaming und Aufzeichnungen von Sitzungen der Rundfunkkommission, und zwar bei grundsätzlicher Öffentlichkeit ihrer Sitzungen, brauchen, kann man zwar debattieren. Das wird aber sicherlich an anderen Stellen wieder zu neuen Problemen führen.

Das alleinige Bereitstellen eines dauerhaften Online-Konsultationsportals wäre auch nicht ausrei

chend. Das würde nämlich die Qualitätsfrage des Dialogs und der Auswertung für sich genommen noch nicht lösen. Außerdem stellen sich hier organisatorische und finanzielle Fragen.

Die FDP-Landtagsfraktion begrüßt daher die Entscheidung der Kollegen der Piratenfraktion, über diesen Antrag heute nicht direkt abstimmen zu lassen, sondern ihn in den Fachausschuss überweisen zu lassen. Dieser Überweisung stimmen wir selbstverständlich gerne zu, um dort noch eine detailliertere Diskussion zu führen.

Eine letzte Anmerkung – denn das sollte uns allen wichtig sein, sowohl den regierungstragenden Fraktionen als auch der Opposition –: Wir sollten selbstbewusste Demokraten und selbstbewusste Parlamentarier sein, die ihre Rechte als Verfassungsorgan bei Staatsvertragsverhandlungen einfordern. Das ist eine Frage unseres Selbstverständnisses. Unabhängig von der konkreten politischen Mehrheit und der augenblicklichen Rollenverteilung müssen wir Interesse daran haben, das Parlament an sich zu stärken. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Danke schön, Herr Witzel. – Nun spricht für die Landesregierung die zuständige Ministerin, Frau Dr. Schwall-Düren.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Sehr geehrte Abgeordnete! Zunächst möchte ich einige Worte zum Antrag der Fraktion der Piraten „Mehr Transparenz in der Arbeit der Rundfunkkommission“ sagen: Die Landesregierung hält selbstverständlich eine umfassende Information des Landtags zum Stand der Arbeiten an Staatsverträgen für geboten. Das Scheitern des 14. Rundfunkänderungsstaatsvertrages – Sie haben es schon mehrfach angesprochen – hat das noch einmal ganz eindeutig unterstrichen. Ein Element dabei ist die von der Fraktion der Piraten zitierte Vereinbarung mit dem Landtag. Diese Vereinbarung ist gut und richtig, sie ist gängige Praxis dieser Landesregierung genauso wie früherer Landesregierungen.

Die jetzige Landesregierung ist der Meinung, dass die Einbindung des Landtags darüber hinaus noch weiter verbessert werden kann, um die Vorstellungen des Parlaments frühzeitig in das Verfahren einbeziehen zu können. Denn wenn dies erst nach der Befassung der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder mit einem Staatsvertragsentwurf und kurz vor dessen Unterzeichnung geschieht, müssten die Veränderungswünsche des Landtags ja erneute Verhandlungen im Länderkreis auslösen, was – das werden Sie mir zugestehen – sehr schwierig wäre.

Aus diesem Grund hat die jetzige Landesregierung eine zusätzliche Unterrichtung des Landtags eingeführt. Beim 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag – wir lernen schnell – wurde der Entwurf der Fachebene, der noch nicht einmal auf Staatssekretärsebene gebilligt war, über die medienpolitischen Sprecher dem Landtag NRW zugeleitet. Der Entwurf sollte so im zuständigen Ausschuss diskutiert werden können. Bei dieser Praxis kann die Meinungsbildung des Landtags in die endgültigen Beratungen der Rundfunkkommission einfließen. Erst im Anschluss daran wird dann die Regierungschefebene mit dem Text befasst.

Ich möchte darauf hinweisen, dass die Landesregierung neben der zusätzlichen Unterrichtung des Landtags von sich aus über die Arbeit der Rundfunkkommission dem zuständigen Ausschuss berichtet; so ist es zum Beispiel in der SeptemberSitzung des Ausschusses für Kultur und Medien geschehen. Die Forderung der Piraten, der Landtag solle zukünftig verbindliche Verhandlungsrichtlinien für die Landesregierung beschließen, verkennt die nach der Landesverfassung bestehende Aufgabenverteilung zwischen Exekutive und Legislative; denn Staatsverträge werden von den jeweiligen Regierungen verhandelt, ganz abgesehen davon – das ist schon von Herrn Bolte angesprochen worden –, dass ein imperatives Mandat jegliche Verhandlungsmöglichkeiten beschränken würde.

Das verkürzt andererseits nicht die Rechte des Parlaments, denn die Staatsverträge – auch hierfür ist der 14. Rundfunkänderungsstaatsvertrag ein Beispiel – werden selbstverständlich nur wirksam, wenn der Landtag zugestimmt hat.

Vor diesem Hintergrund möchte ich zusammenfassen: Wir unterrichten so umfassend wie möglich. Dafür brauchen wir den Anstoß der Piraten nicht.

Nun noch kurz zum zweiten Punkt, der Großen Anfrage 6: Ich möchte hierzu hervorheben, dass sich die Landesregierung nach Scheitern des

14. Rundfunkänderungsstaatsvertrages dafür eingesetzt hat, zügig erneut an eine Überarbeitung des Staatsvertrages zu gehen, und das unter Berücksichtigung der geäußerten Bedenken und unter Einbeziehung aller Beteiligten. Noch unmittelbar im Jahr 2011 hat die Landesregierung hierzu eine Anhörung durchgeführt und damit einen Impuls zur Weiterführung der Arbeiten auf Länderebene gesetzt.

Die Rundfunkkommission hat zuletzt am

13. September in Erfurt zum Jugendmedienschutz beraten. Herr Witzel, wir sind uns völlig einig, dass nicht nur die gesetzliche Regelung entscheidend ist, sondern auch die Medienkompetenz. Sie wissen, dass wir hier eine Menge tun. Ich darf nur daran erinnern, dass wir in den Schulen mit großem Erfolg den Medienpass eingeführt haben. Da werden wir auch in Zukunft sehr aktiv sein.

In Bezug auf die Arbeit in der Rundfunkkommission besteht aber noch weiterer Klärungsbedarf. Deshalb ist sie übereingekommen, nicht wie ursprünglich vorgesehen bereits zur Jahres-MPK einen Staatsvertragsentwurf vorzulegen. Eine Arbeitsgruppe soll zunächst Eckpunkte für eine Novellierung des Jugendmedienschutzes erarbeiten und diese dann der Rundfunkkommission im Dezember 2013 zur Diskussion vorlegen.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung selbst hat in der Beantwortung der Großen Anfrage durchaus ihre Eckpunkte in Form von Novellierungsbedarf formuliert; ich darf an die Antwort auf die Frage 4 erinnern. In der Antwort auf die Anfrage ist sehr deutlich gemacht worden, welch breite Gruppe von Experten und Expertinnen einberufen wird, um an der Erarbeitung des neuen Staatsvertrages mitzuwirken.

Das hindert niemanden daran – auch Sie, die Abgeordneten, nicht –, seine Vorstellungen zum Jugendmedienschutz zu formulieren, zur Debatte zu stellen und in den Prozess einzuspeisen. Ich bin gespannt auf die Lösungsvorschläge, die aus den verschiedenen Fraktionen dazu kommen werden. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Ich habe keine weiteren Wortmeldungen.

Also kommen wir zur Abstimmung, erstens über den Antrag Drucksache 16/4020. Wie schon in den Reden angesprochen, haben sich die Fraktionen mittlerweile darauf verständigt, den Antrag nicht direkt abzustimmen, sondern federführend an den Ausschuss für Kultur und Medien sowie zur Mitberatung an den Hauptausschuss zu überweisen. Die abschließende Beratung und Abstimmung sollen im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer stimmt dem so zu? – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.

Ich will zweitens darauf hinweisen, dass die Große Anfrage 6 heute beraten wurde. Es liegen auch dazu keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit schließe ich die Beratungen zu der Großen Anfrage 6 und stelle fest, dass sie damit als erledigt betrachtet werden kann.

Ich rufe auf:

4 Gesetz zur Änderung des Flüchtlingsaufnah

megesetzes

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 16/4139

erste Lesung

In Verbindung mit:

Unser Land braucht eine Neukonzeption der Flüchtlingsaufnahme – hin zu einer humanen und dezentralen Unterbringung in ganz NRW

Antrag der Fraktion der PIRATEN Drucksache 16/4164

Ich eröffne die Beratung und erteile für die Landesregierung Herrn Minister Jäger das Wort.

Herzlichen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Zahlen sprechen für sich und eine eindeutige Sprache. Allein im Monat September kam es in Deutschland zu weiteren 11.000 Erstanträgen auf Asyl; für das laufende Jahr sind es bereits jetzt über 74.000. Zum Vergleich: Im Vorjahr waren es lediglich 40.000.

Auch die Zahlen für Nordrhein-Westfalen sind deutlich gestiegen. Bis Ende September wurden fast 6.000 Anträge mehr gestellt als im selben Vorjahreszeitraum. Die Zahl der Anträge nimmt rasant zu; das stellt das Land, vor allem aber auch die Kommunen, vor große Aufgaben.

Das sind nüchtern klingende Zahlen, hinter denen sich jeweils das Schicksal von Menschen verbirgt, die in diesem Land Schutz suchen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ihnen eine menschenwürdige Unterkunft zur Verfügung zu stellen, ist Aufgabe dieses Landes, und dazu kann es keine zwei Meinungen geben.

(Allgemeiner Beifall)

Das bedeutet für das Land Nordrhein-Westfalen, Erstaufnahme und zentrale Unterbringungseinrichtungen vorzuhalten. Das bedeutet vor allem für unsere Kommunen, die das letzte Glied in der Kette sind, dass sie die Hauptlast zu tragen haben.

Genau deshalb wollen wir mit dem vorliegenden Gesetzentwurf die Kommunen entlasten, vor allem die Kommunen, auf deren Gebiet für mindestens sechs Monate eine Aufnahmeeinrichtung des Landes betrieben wird. Dazu sollen auch diejenigen zählen, die nur vorübergehend als Unterkünfte genutzt werden.

Wir wollen gerade mit dieser Entlastung Anreize schaffen, damit sich Kommunen für die Idee einer Aufnahmeeinrichtung des Landes innerhalb ihrer Gemeinde erwärmen können. Wir wollen hierbei die Kommunen überzeugen, wir wollen sie mitnehmen. Deshalb suchen wir weiterhin den Dialog vor Ort.

Wir wollen Ängste abbauen sowie Vorurteilen und Verunsicherungen begegnen.

Gestatten Sie mir an dieser Stelle folgenden Hinweis: Hierzu zählt eigentlich auch die Verpflichtung aller demokratischen Politiker vor Ort, mit diesem Thema nicht zündeln zu wollen,

(Allgemeiner Beifall)

denn hierbei sind Gewinner nie die demokratischen Parteien. Gewinner einer solchen Diskussion sind genau die, die wir nicht in den Parlamenten sehen wollen.

Eine weitere Entlastung betrifft die Mehrausgaben der Kommunen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Diese haben sich nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes erhöht, und wir reagieren darauf. Statt bisher 14,4 Millionen € erhöhen wir die Zuweisungen an die Kommunen auf über 20 Millionen €. Diese Zuweisungen werden wir natürlich dann anpassen, wenn der Bundesgesetzgeber das entsprechende Urteil umgesetzt hat.

Ich will auf den Antrag der Piraten hier nicht näher eingehen, weil die parlamentarischen Regularien vorsehen, dass man darüber im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens fachlich mit berät. Aber seien Sie sicher: Die Landesregierung ist sich der bestehenden ernsten Lage, insbesondere für unsere Kommunen, bewusst. Deshalb wollen wir mit diesem Gesetzentwurf den Grundstein legen, dass diese Kommunen bei dieser wichtigen und schweren Aufgabe Zug um Zug entlastet werden. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.