Die Interessen der Arbeitnehmer sind von RWE stets beachtet worden. Dem einen oder anderen wird es zwar nicht unbedingt gefallen haben, wie bereits in der Vergangenheit praktiziert, frühzeitig aufs Altenteil geschoben worden zu sein, aber wenn über Sozialpläne, wie ich gelesen habe, bereits verhandelt wird – so sind wir es von RWE gewohnt –, dann können wir auch diese ruhig abwarten.
Und dann gibt es da noch eine Gruppe von Menschen vor Ort, deren Schicksal mich sehr berührt. Das sind die Menschen, die am Tagebaurand leben, die dort zur Sicherung eines Wirtschaftsstandorts einem höheren gesundheitlichen Risiko durch Lärm und Staub aus dem Tagebau ausgesetzt sind als andere, die davon profitieren.
Auch wenn diese Menschen seit Jahrzehnten wissen, dass sie aus ihrer Heimat vertrieben werden, sie dem Tagebau weichen müssen, sie umsiedeln müssen wie es im Amtsdeutsch heißt, tun sie das nicht gern, machen das nicht freiwillig, machen es nicht mit Freude, sondern meist mit großer Wehmut und Traurigkeit. Diese Menschen haben es nicht verdient, auch noch zum Spielball von Interessen zu werden.
sen sterbenden Orten, in Pier, das es jetzt eigentlich nicht mehr gibt, in Borschemich, in Immerath ebenfalls, in Manheim, in Morschenich, die bereits im Verfahren sind.
Sicher nicht die Mehrzahl von Ihnen kann nachempfinden, wie es für die Menschen ist, dort zu leben. Nach und nach leert sich der Ort. Immer weniger Lichter brennen morgens und abends, Vorgärten werden nicht mehr gepflegt, Menschen zum Plausch an der Ecke trifft man nicht mehr. Ganze Straßenzüge veröden, Infrastruktur wird zurückgenommen, Bäume und Sträucher werden gefällt. Schließlich wird mit dem Abbruch der Häuser begonnen, Stück für Stück.
Sicherheitsdienste kontrollieren, sollen vor Plünderungen und sonstigen Verbrechen schützen. Die Katzenpopulation nimmt überhand, weil Katzen nicht so einfach umzusiedeln sind. Hasen, Kaninchen, Füchse, Rehe suchen neuen Lebensraum in den sterbenden Orten.
Aktuell ist ein Bildband über den sterbenden Ort Manheim erschienen. Ich kann Ihnen diesen Bildband empfehlen. Es ist sicher eines der letzten Druckerzeugnisse eines uralten Dorfes.
Die Menschen werden umgesiedelt in eine neue Umgebung, in ein neues Haus. Sie haben Aufwand, sie haben sehr wahrscheinlich neue Schulden, die Nachbarschaft ist anders, und es gibt kein Zurück. Ein Besuch in der alten Heimat ist noch nicht einmal zur Erinnerung möglich. Jahre später können sie ihren Nachkommen sagen: Da, in dem Loch, dort, in dem See bin ich aufgewachsen, da hat mein Elternhaus gestanden, dort bin ich zur Schule gegangen, da war die Stelle, da habe ich mit meiner großen Liebe die ersten Zärtlichkeiten ausgetauscht. Nichts davon ist vorzeigbar.
Ich kann die Menschen in Keyenberg, Kuckum, Holzweiler, Beverath, Unter- und Oberwestrich verstehen, die wissen wollen, wo sie bleiben oder nicht, die wissen wollen, welches Schicksal ihnen beschert ist. Gekämpft für den Erhalt ihrer Heimat haben sie seit Jahrzehnten, aber in unserem Rechtsstaat geht vermeintliches Allgemeinwohl vor Eigenwohl. Dies wurde auch letzten Sonntag so benannt, als der Immerather Dom entweiht wurde.
„Doch aller Widerstand war angesichts der Übermacht von Politik, Wirtschaftsinteresse und Gewinnmaximierung von vornherein zum Scheitern verurteilt, denn nicht die hier lebenden Menschen waren im Blick, sondern die Energiegewinnung hatte politischen und wirtschaftlichen Vorrang.“
Aus Karlsruhe wird ein Urteil erwartet, welches – so wird vermutet – den Anwohnern mehr Rechte einräumt …
Wer kann es dann den Vorstandsmitgliedern von RWE Power verdenken, in der Situation, in der sie sich befinden, zu erwägen, nicht mehr den ganzen möglichen Tagebaubereich in Anspruch zu nehmen.
Sehr geehrte Vorstandsmitglieder von RWE Power, beweisen Sie die Zukunftsfähigkeit Ihres Konzerns. Entscheiden Sie sich nach marktwirtschaftlichen Kriterien für Ihr Unternehmen und für die Menschen, die von der Umsiedlung bedroht sind und noch in Keyenberg, Kuckum, Holzweiler, Beverath, Unter- und Oberwestrich leben. Entscheiden Sie sich bitte für den Erhalt der Heimat dieser Betroffenen.
Letzter Satz. – Seien Sie so mutig und verzichten auf die Braunkohle unter diesen Orten. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Kollegin Zentis. Wenn die Interpretation für „sofort“ 30 Sekunden bedeutet, nachdem Sie schon 40 Sekunden überzogen hatten, finde ich das etwas lange. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Brockes.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Schmalenbach, auch wir haben uns mit dem Gedanken getragen, für den heutigen Tag eine Aktuelle Stunde zu beantragen.
Denn wenn das, was in der „Süddeutschen Zeitung“ angedeutet wurde, Wirklichkeit werden würde, bedeutete das wirklich einen gravierenden Einschnitt nicht nur für die deutsche Energiepolitik, sondern auch für die 3.000 von Umsiedlung betroffenen Bürgerinnen und Bürger, die sich seit Jahren damit beschäftigen, dass sie ihre Heimat verlassen müssen, und durch diese Diskussion wieder in ein
Wechselbad der Gefühle gestürzt werden. Ebenso gilt das für Zehntausende Arbeitsplätze bei RWE, aber auch bei den Zuliefererunternehmen, die hierdurch gefährdet wären. Umso mehr waren wir aber froh – deshalb haben wir auch keine Aktuelle Stunde beantragt –, dass der RWE-Konzern in aller Deutlichkeit diese Gerüchte abgewiesen hat.
Meine Damen und Herren, es hat nicht – wie es sonst auch üblich ist, gerade auch hier bei den Ministerinnen und Ministern – ein Sprecher verkündet, „dass …“. Nein, Peter Terium selbst, der Vorstandsvorsitzende von RWE, hat – ich zitiere – klar und deutlich gesagt:
„RWE hält an seinen bisherigen Planungen zur Fortführung des Tagebaus Garzweiler II unverändert fest.“
Man könnte eigentlich meinen, dass das Thema damit erledigt wäre. Deshalb hätten wir, glaube ich, heute eigentlich auch keine Aktuelle Stunde benötigt.
Herr Kollege Dr. Hachen, ich schätze Sie sehr, aber meine Fantasie reicht ehrlicherweise nicht dafür, dass jetzt – wo in Berlin gerade erst Sondierungsgespräche laufen und zu diesem Zeitpunkt völlig unklar war, in welche Richtung denn die Regierungsbildung geht; aber gerade auch vor der Entweihung des Immerather Doms – vonseiten des Konzerns so etwas gesetzt würde. An der Stelle versagt meine Phantasie.
Meine Damen und Herren, das Thema wäre eigentlich erledigt, wenn nicht gerade von politischer Seite gewollt wäre, dass diese Diskussion weitergeht. Da ist es nicht die Piratenpartei, die hier sozusagen als Steigbügelhalter für grüne Politik dient,
sondern es ist die grüne Fraktion, die bewusst dieses Thema hier weiter forciert. Herr Priggen, es passt zu dem, was Sie auch nach der Wahl gesagt haben. Sie haben deutlich gemacht, dass Ihre Kollegen in Berlin mit der Finanzpolitik usw. die falschen Themen gesetzt haben und dass die Grünen wieder ihre Kernthemen in den Vordergrund stellen müssten. Dazu gehört für Sie natürlich der Kampf gegen die hiesige Braunkohle.
Deshalb verwundert es nicht, wenn Herr Kollege Priggen bewusst durch unterschiedliche Aussagen diese Diskussion in Gang hält. Erst am Mittwoch letzter Woche sagten Sie in der „Rheinischen Post“:
„Ich halte die angeblichen Gedankenspiele von RWE für eine Drohung als Begleitmusik für die Koalitionsverhandlungen.“
Das haben Sie bewusst gesagt, um sozusagen den Schwarzen Peter in der Diskussion an RWE zu schieben. Einen Tag später wurde durch eine Überschrift in der „Kölnischen Rundschau“ – „NRWGrüne fordern das vorzeitige Aus für Garzweiler II“ – deutlich – das wurde gerade eben auch noch einmal durch die Aussagen der Kollegin Zentis deutlich –, dass die Grünen mit aller Macht verhindern wollen, dass die Braunkohlenförderung in Nordrhein-Westfalen weitergeht.
„Die NRW-Grünen haben den Stromkonzern RWE aufgefordert, bisherige Pläne für den Braunkohlenabbau in Garzweiler schnell zu korrigieren und mehr als 3.200 Menschen eine Umsiedlung zu ersparen. Trotz der Dementis von RWE erwartet nämlich Grünen-Fraktionschef Reiner Priggen, dass der Konzern die Kohleförderung in Garzweiler zwischen 2017 und 2025 aus Kostengründen beenden wird.“
Meine Damen und Herren, Sie seitens der GrünenFraktion machen hier Politik mit den Ängsten der Bürgerinnen und Bürger gerade in der betroffenen Region. Es ist unanständig, mit Angst Politik zu machen.
Letzten Endes wissen auch Sie ganz genau, dass es kein vorzeitiges Aus für den Braunkohlentagebau Garzweiler II geben wird. Der Tagebau ist Kernbestandteil der Unternehmensstrategie. Auch Ihnen sind die Studien bekannt, aufgrund derer die energiepolitische Notwendigkeit der Braunkohle bis weit über das Jahr 2030 belegt ist.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss noch sagen: Zum Gelingen der Energiewende brauchen wir – da bin ich ganz sicher – den einzigen heimischen subventionsfreien Energieträger, die Braunkohle.
Deshalb bin ich mir auch sicher, dass sie dies auch im Hinblick auf das zukünftige Marktdesign tun wird.
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns vernünftig und sachlich über die Energiepolitik sprechen, aber hören wir auf, mit Ängsten Politik gegen die betroffenen Bürgerinnen und Bürger zu machen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.