Protocol of the Session on June 21, 2012

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Haben Sie Herrn Remmel nicht zugehört?)

Herr Remmel hat nur gesagt, man werde seitens der Landesregierung eine eigene Stellungnahme vorlegen. Wir haben sie aber doch noch nicht. Selbst wenn diese Stellungnahme zu dem Ergebnis kommt, es sei rechtlich anders, sollten wir doch einmal abwarten, was die Gerichte dazu sagen. Aber allein deshalb, weil möglicherweise vonseiten der Landesregierung ein solches Gutachten kommt, ist unsere Argumentation einer nicht nachgewiesenen Gefahr nicht aus der Welt.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Der Ruf nach der bundeseinheitlichen Regelung, Herr Kollege Remmel, ist doch auch nichts anderes als ein deutliches Rückzugsgefecht.

(Zuruf von der CDU: Sehr richtig!)

Sie kennen die bundesweite Lage. Dreizehn Länder sagen: Wir denken gar nicht daran. – Drei wollen eine Regelung wie wir. Der damalige Bundesumweltminister hat auch gesagt, er sehe die Notwendigkeit nicht und darum wolle er auch keine bundeseinheitliche Lösung.

Wenn Sie sagen, wir warten ab, bis wir eine bundeseinheitliche Lösung bekommen, können wir uns darauf verständigen. Dann dürfen Sie nur nicht immer so tun, als ob Sie eine Regelung nach dem Motto „flächendeckende Prüfung“ bräuchten, ohne dann klarmachen zu können, warum wir wirklich eine solche Lösung brauchen.

Wenn Sie eine bürgerfreundliche und soziale Lösung wollen, dann machen Sie doch bitte erst einmal klar, ob die von Ihnen behauptete Gefahr besteht! Wir haben doch angeboten, dass wir, wenn der Beweis erbracht ist, dass die Gefahr besteht, mitmachen.

Herr Abgeordneter, würden Sie eine Zwischenfrage des Abgeordnetenkollegen Markert zulassen?

Lieber Kollege Biesenbach, herzlichen Dank für die Möglichkeit, hier eine Frage zu stellen. Sie beziehen sich in Ihren rechtlichen Ausführungen, wenn Sie von Gutachten sprechen, offensichtlich regelmäßig auf das Gutachten, das die Linksfraktion, die früher diesem Landtag ja angehört hat, beim gutachterlichen Dienst des Landtags in Auftrag gegeben hat.

Ist Ihnen denn dann auch bekannt, dass offensichtlich bei der Erstellung des Gutachtens ein veralteter Gesetzestext zugrunde gelegt wurde?

Herr Markert, mit einer solchen Attacke hätten Sie bei der Europameisterschaft den Ball nicht einmal in das gegnerische Feld bekommen. Warum?

(Heiterkeit von der CDU – Rainer Schmeltzer [SPD]: Er ist auch kein Holländer! – Hans Christian Markert [GRÜNE]: Ich spiele übri- gens Floorball und nicht Fußball!)

Ich beziehe mich ja gerade nicht auf ein bestimmtes Gutachten. Ich kenne auch diese Stellungnahme. Aber diese Stellungnahme ist identisch mit einem Gutachten eines Rechtsprofessors der Universität Köln, den Bürgerinitiativen beauftragt haben. Dieses Gutachten basierte auf aktuellen Gesetzestexten. Beide sind in ihrem Schluss identisch. Also leider keine Entlastung für Sie, sondern allenfalls der Beleg, dass die Juristen, die sich bisher dazu schriftlich geäußert haben, ein und derselben Meinung sind.

Ich möchte noch einmal darauf zurückkommen, dass Sie sagen: Wir wollen eine bürgerfreundliche und soziale Lösung. – Dann wählen Sie doch eine Lösung und versuchen Sie sich dann bitte mit den Grenzwerten auseinanderzusetzen, die ich im Januar angesprochen habe!

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Sie haben gerade gesagt, Sie hätten die Reden aus dem Januar noch einmal nachgelesen. Ich habe leider kein Wort dazu gehört. Ich will das gerne noch einmal aus meiner damaligen Rede zitieren: Nehmen wir eine ganz simple Situation, was die Gefahr für das Grundwasser und den Boden angeht. Es gibt Messungen aus der Stadt Dülmen. Dort wurde verglichen – das ist rechnerisch und wissenschaftlich nie angegriffen worden –: Wie groß ist denn die Gefahr aus möglicherweise undichten Hausanschlussleitungen und dem täglichen organischen Schmutzfrachteintrag aus legalen und zugelassenen Kläranlagenabläufen? Jetzt kommen doch die Zahlen, die uns zumindest erschreckt haben. Es zeigt sich, dass das Verhältnis zum organischen Schmutzfrachteintrag eins zu 400 ist. Das heißt, das, was für Kläranlagen genehmigt und zugelas

sen ist, ist am Auslass 400-fach höher als die denkbare Belastung durch undichte Hausanschlussleitungen.

Und noch schlimmer wird es, wenn es um die angeblichen pharmazeutischen Medikamentenrückstände in Abwässern geht. Da ist das Verhältnis eins zu 10.000. Noch einmal: Das Frachtverhältnis, das auch Sie zulassen, das Sie aus Kläranlagenabläufen genehmigen, ist bei pharmazeutischen Medikamentenrückständen 10.000-fach höher als das errechnete Risiko aus den Hausanschlussleitungen.

Wenn Sie sich mit diesen Fakten auseinandersetzen und wir uns darüber unterhalten können und dann wirklich in die Sache einsteigen, dann kommen wir auch ein Stückchen weiter vorwärts. Aber lassen Sie Ideologie weg und lassen Sie Vorsorge da weg, wo keine Gefahr besteht!

(Beifall von der CDU)

Insoweit freue ich mich, Herr Rohwedder, dass wir diese Thesen wirklich im Ausschuss vertiefen können. Ich bin einmal gespannt, Herr Schmeltzer, ob die Koalition dann noch zulegen kann

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Seien Sie gewiss!)

ober ob Sie sagen: Okay, wir warten auf die bundeseinheitliche Lösung.

(Beifall von der CDU und den PIRATEN – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Biesenbach. Weitere Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt liegen nicht vor. Wir sind damit am Ende der Beratung.

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs Drucksache 16/45 an den Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz – federführend –, an den Ausschuss für Kommunalpolitik sowie an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk. Darf ich fragen, wer dieser Überweisung zustimmen möchte? – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Beides ist nicht der Fall. Dann ist die Überweisungsempfehlung angenommen und der Gesetzentwurf einstimmig an die genannten Ausschüsse überwiesen.

Wir treten ein in den Tagesordnungspunkt

8 Gesetz zur Stärkung des kommunalen Ehren

amtes und zur Änderung weiterer kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften

Gesetzentwurf der Fraktion der SPD, der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Fraktion der FDP Drucksache 16/48 – Neudruck

erste Lesung

Ich eröffne die Beratung und erteile zunächst für die antragstellende SPD-Fraktion dem Kollegen Börschel das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Präsident! Wir haben heute offensichtlich nicht nur eine Vielzahl von Jungfernreden, sondern auch eine Jungfernpräsidentschaft. Ich habe mich früher immer gerne mit Ihnen in einer anderen Rolle – so vis à vis – gezankt. Jetzt müssen Sie unparteiisch und milde hinter mir wachen. Darauf freue ich mich sehr.

(Heiterkeit)

Ich bin gespannt, ob wir das beide hinbekommen.

(Beifall von der SPD, den GRÜNEN, der FDP und den PIRATEN)

Die Freude ist ganz meinerseits, Herr Kollege.

(Heiterkeit – Allgemeiner Beifall)

Es ist in der letzten Wahlperiode das Anliegen der SPD-Fraktion und auch der Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen gewesen, das kommunale Ehrenamt in Räten, Kreistagen und Landschaftsverbänden zu stärken. Wir haben das in unserem Gesetzentwurf, der am 9. Dezember 2011 plenar beraten wurde, zum Ausdruck gebracht. Dem sind damals wie heute dankenswerterweise auch die Kolleginnen und Kollegen der FDPFraktion beigetreten. Ich kann vollinhaltlich auf meine damalige plenare Einbringungsrede vom 9. Dezember des vergangen Jahres Bezug nehmen, damit ich das hier nicht wiederholen muss.

Wir bringen das Gesetz unverändert wieder ein, damit wir die Angelegenheit beschleunigen können, weil es uns wirklich sehr wichtig ist, für die Kolleginnen und Kollegen in den Kommunen etwas zu tun. Ich hoffe sehr, dass auch die CDU-Fraktion – damals hat sie noch durch ihren designierten Generalsekretär Löttgen, der kommunalpolitischer Sprecher war, angekündigt, da eine ernsthafte und wohlwollende Prüfung vornehmen zu wollen – dem vielleicht noch beitreten kann. Das wäre sehr schön.

Wir wollen also beschleunigen, sagen allerdings schon jetzt bei der Einbringung dieses unveränderten Gesetzentwurfs, dass wir einen Änderungsan

trag gemäß des Koalitionsvertrages von SPD und Bündnis 90/Die Grünen einbringen werden – einen Änderungsantrag, der im Wesentlichen auf den Punkten beruht, die in der Sachverständigenanhörung, die es, kurz bevor sich der Landtag aufgelöst hat, noch gegeben hat, unstreitig von den Expertinnen und Experten formuliert worden sind.

Ich will insbesondere die Regelung zur Hausarbeitsentschädigung, die wir dringend treffen wollen, herausgreifen. Durch die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen gibt es hier seit Neuerem ein Problem. Das wollen wir ebenfalls im Rahmen dieses Gesetzentwurfs regeln. Wir möchten auch kritisch die Genehmigungspflicht von Aufgaben, die auf Veranlassung des Rates wahrgenommen werden, bei Kolleginnen und Kollegen, die Angestellte oder Beamte des öffentlichen Dienstes sind, überprüfen – also im Rahmen des Nebentätigkeitsrechts.

Auch das war uns von den kommunalpolitischen Vereinigungen einmütig als Anregung mit auf den Weg gegeben worden. Das möchten wir aufgreifen und schauen, ob es weitere Punkte gibt, die aus der Sachverständigenanhörung wichtig sind und noch umgesetzt werden können. Auch dazu laden wir CDU und FDP, aber selbstverständlich auch die Kolleginnen und Kollegen der Piraten ein, das wohlwollend und kritisch mit uns zu beraten.

Wir haben zugesagt – das werden wir auch umsetzen –, noch einmal eine Expertenkommission ins Leben zu rufen, die sich mit weiteren Stärkungen des kommunalen Ehrenamts beschäftigt, aber auch mit einer Stärkung der Räte gegenüber den Verwaltungen insgesamt. Da haben wir noch nicht die Weisheit mit Löffeln gefressen. Wir sind darauf angewiesen, dass uns Expertinnen und Experten dabei helfen. Das werden wir offen angehen, kündigen aber an, dass es diesen Prozess geben wird. Ich hoffe, dass wir das hier gemeinsam gut und konstruktiv beraten können. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD, den GRÜNEN, der FDP und den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Börschel. – Für die zweite antragstellende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erteile ich Herrn Kollegen Mostofizadeh das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dies ist, wie gesagt, der dritte Gesetzentwurf, der von der letzten Plenarrunde übriggeblieben ist, als der Landtag aufgelöst worden ist. Dazu möchte ich noch einige Takte sagen.