Protocol of the Session on July 11, 2013

Andersherum ist es natürlich nicht schön gelaufen. 600.000 für eine Webseite – tun Sie mir einen Gefallen, liebe Bundesregierung, geben Sie die Kohle der Piratenpartei, das machen wir besser.

(Heiterkeit von den PIRATEN)

Dieses Projekt ist symptomatisch tatsächlich für den Stellenwert, den die Energiewende im Bund hat. Der Stellenwert ist nämlich nahe null. Die Nutzerzahlen – sie wurden gerade schon genannt – liegen momentan bei rund 1.000. Diese Webseite ist so schlecht nicht. Ich würde mir zumindest wünschen, dass man Geld in die Hand nimmt, um diese Initiati

ve auch zu verbreiten, den Leuten immer wieder zu sagen: Hey, da gibt es etwas, es gibt Beratung. – Man kann nicht einfach für so ein Projekt eine Webseite aufsetzen und dann sagen: Da habt ihr sie und gut.

An den Nutzerzahlen sieht man sehr gut, dass es am Anfang Informationen darüber gab. Denn da sind die Leute auf die Webseite gegangen, und seitdem sinken die Zahlen permanent. Das Projekt wird nicht begleitet. Einmal eine Webseite zu installieren, nützt gar nichts.

(Beifall von den PIRATEN)

Zudem gibt es ähnliche Dinge längst im Netz, die man auch hätte bewerben können. Da hätte man sich viel Geld mit der Webseite sparen können. Ich selber habe die Webseite benutzt, man kommt relativ gut durch, aber es wird einem nicht richtig klar, was die Webseite tut. Man kann am Ende seine EMail-Adresse eintragen, und ich warte seit vier Tagen auf eine Antwort. Da ist aber nichts passiert.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Die ist überlastet! – Dr. Joachim Paul [PIRATEN]: Die Mail ist gerade bei der NSA!)

Wie auch immer, das kann man besser machen. Wenn ich sehe, dass 600.000 € in diese Webseite investiert wurden, kann ich nur sagen, dass man das mit diesem Geld hätte besser machen können.

Ich möchte noch ein wenig auf den Bundesminister eingehen. Die permanenten Versuche, die Energiewende abzuwürgen, sind sehr erfolgreich. Hier wird gerade davon gesprochen, dass die FDPPolitik da sehr erfolgreich ist. Ich sage Ihnen: Wir haben bis Juni dieses Jahres einen Zubau von 1.800 Megawattstunden, im Vergleich dazu lag dieser in den letzten Jahren bei über 7.000.

Ich würde mir wünschen, dass wir insgesamt deutlich mutiger sind, dass wir nicht über einen 52Gigawatt-Deckel reden, sondern ich würde mir wünschen, dass wir tatsächlich mehr zubauen, schneller zubauen, weil es sich am Ende bezahlt machen wird. Das fehlt mir in der ganzen Debatte. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Remmel.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe der Debatte aufmerksam gelauscht und kann nur feststellen, dass die Regierungsfraktionen mit der Beantragung der Aktuellen Stunde voll ins Schwarze getroffen haben.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – La- chen von der CDU und der FDP)

Herr Höne hat sich hier in Überschriften und Schlagworten ergangen, aber zur Sache selbst, zu den konkreten Anwürfen an die Bundesregierung haben Sie kein Wort verloren, Sie haben kein Verhältnis hergestellt, wie passt das zusammen mit dem Energiekonzept einerseits und dem, was die Bundesregierung tatsächlich tut. Noch eindrucksvoller, muss ich sagen, war Herr Deppe.

(Henning Höne [FDP]: Wo ist denn der Mas- terplan von den Grünen?)

Herr Deppe hat reagiert nach dem bekannten Muster: Getroffener Hund bellt. Erst kam der Gegenangriff und dann aber eine zu 90 % sachliche Rede, bei der man fast jeden Satz unterschreiben kann.

(Beifall von Rainer Deppe [CDU])

In der Sache haben Sie uns offensichtlich recht gegeben, dass wir hier eine Lücke haben. Sie haben das aber nicht ins Verhältnis gesetzt zu der mangelnden Aktivität der Bundesregierung. Und das müssen wir zurzeit feststellen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Damit sind wir beim Thema. Herr Deppe, Sie haben ja recht.

(Zuruf von der CDU: Natürlich!)

Im Energiekonzept der Bundesregierung ist formuliert, erneuerbare Energien auszubauen. Das soll gleichwertig zur Energieeinsparung erfolgen. Das Energiekonzept der Bundesregierung sieht auch vor, dass wir hier zu erheblichen Anstrengungen bei dem schlafenden Riesen der Energiewende, der Energieeinsparung, kommen. Nur wo drückt sich das in praktischer Politik aus? Wo findet das öffentlich statt? Bei welchem Konzept, bei welchem Gesetz, bei welchem Vorschlag? – Da ist aufseiten der Bundesregierung gähnende Leere. Nichts ist erkennbar in Sachen Energieeinsparung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn man Energiewende will, dann darf man beispielsweise den Wärmesektor nicht ausklammern. 40 % der Energie wird in Wärme umgewandelt. Wo findet eine Diskussion darüber statt, wie wir im Wärmebereich zu erneuerbaren Anstrengungen kommen?

(Zuruf von Henning Höne [FDP])

Ich will es vielleicht noch etwas zugespitzter formulieren. Wir diskutieren zurzeit eine Stromwende, aber keine Energiewende. Wenn die Energiewende aber gelingen soll, müssen wir es in der Breite diskutieren und dann auch den schlafenden Riesen „Energieeinsparung“ wecken. Gut 30 % sind dort möglich, ohne dass wir irgendeinen Komfortverlust hätten. Da hat die Bundesregierung zurzeit jedenfalls nichts zu bieten.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ich will es an einem einfachen Beispiel deutlich machen, wo die Widersinnigkeit der politischen Debatte zurzeit auf Bundesebene liegt. Wenn wir es herunterrechnen, was die Strompreisbremse von Herrn Altmaier für einen Vier-Personen-Haushalt bedeuten würde, kämen wir auf eine Einsparung von 25 € im Jahr.

Wenn wir das dagegen setzen, was wir machen müssten, nämlich energieeffiziente Geräte in unseren Haushalten einzusetzen, dann steht das in keinem Verhältnis. Ich hoffe, Sie wissen es mittlerweile – ich wusste es auch nicht –: Was ist das stromintensivste Gerät im Haushalt? Das ist die Heizungspumpe. Eine neue Heizungspumpe kann einem 4Personen-Haushalt gut 120 € Stromkosten im Jahr ersparen. Was ist das für ein Verhältnis? Warum haben wir nicht bereits in jedem Haushalt eine solche neue Heizungspumpe? Der Clou bei der Geschichte ist: Die Heizungspumpen kommen auch noch aus Nordrhein-Westfalen, werden hier konzipiert, werden hier entwickelt. Das ist Standortpolitik für Nordrhein-Westfalen, wenn es um die Einsparung und solche Technologien geht.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zu- rufe von der CDU)

Wenn wir konkret bei der Frage der einkommensschwachen Haushalte sind: Ja, wir leisten schon vieles in Nordrhein-Westfalen mit unserer Energieberatung in den Verbraucherzentralen und den verschiedenen Projekten. Aber wir könnten hier Unterstützung gebrauchen. Ich habe darauf gewartet, dass uns der Bundesumweltminister unterstützt.

Wenn wir uns die Landkarte von NordrheinWestfalen anschauen, wo wir bereits aktiv sind und wo noch weiße Flecken sind, dann können wir das aus eigener Kraft nicht finanzieren. Da hätten uns die angekündigten Millionen geholfen, eine flächendeckende Beratung – das wäre das Beste für Nordrhein-Westfalen – zu sichern und auszubauen. Hier fehlt es an entsprechender Unterstützung.

Wir sind aktiv beim „Stromspar-Check“, wir sind aktiv mit der Verbraucherzentrale. Wir sind aktiv bei „NRW bekämpft die Energiearmut“. Das sind alles gute Projekte, die in Nordrhein-Westfalen laufen, die aber breitere Unterstützung gebrauchen können.

Meine Damen und Herren, natürlich haben wir versucht, auf der Ebene des Bundesrates, da, wo es uns möglich war, entsprechende Initiativen einzubringen. Aber die Bundesregierung war nicht bereit, uns hier zu folgen. Man kann nicht auf der einen Seite die Debatte so wie gestern führen: Wir müssen einerseits im Haushalt sparen, dürfen aber keine Sparvorschläge machen, andererseits wird gefordert, wir sollten Lösungen der Bundesregierung übernehmen, die massiv in unseren Haushalt eingreifen. – Das passt nicht zusammen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition. Da muss Ihre Argumentation stimmiger werden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ja, wir wollen eine entsprechende steuerliche Entlastung für diejenigen, die Energieeinsparung machen. Aber es muss auch gerecht zwischen den einzelnen Ebenen des Staates austariert und finanziert sein. Und das ging eindeutig zulasten der Länder. Das können sich unsere Haushalte nicht erlauben.

Im Übrigen ist auch interessant, was Sie nicht erwähnen. Der Bundestag hat neulich ein Gesetz verabschiedet, mit dem die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und FDP klammheimlich zum Schluss der Sitzung das Wiederbeleben der Nachtspeicheröfen einfach so mit einem Federstrich beschlossen haben. Für Nordrhein-Westfalen ist es ein zentrales Moment, den Austausch dieser Nachtspeicheröfen endlich hinzubekommen, die eine veraltete Technologie darstellen, die die Energieeinsparung gerade im Wärmemarkt massiv behindert.

Warum haben Sie das auf Bundesebene gemacht und unseren Ansatz in Nordrhein-Westfalen im Bereich der Energieeinsparung konterkariert? Das passt nicht mit einer Strategie zusammen, die auf Nah- und Fernwärme setzt. Das konterkariert den Standort Nordrhein-Westfalen.

Unterm Strich: Wir sind in Nordrhein-Westfalen in Sachen Energieeinsparung gut aufgestellt. Wir haben einen starken Maschinen- und Anlagenbau. Wir würden und werden von einer Strategie, die auf Energieeinsparung setzt, profitieren. Das ist ein Kernelement des Standortes Nordrhein-Westfalen. Hier muss uns die Bundesregierung, hier muss uns eine nächste Bundesregierung besser unterstützen. – Vielen Dank.

(Beifall von den SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister Remmel. – Der nächste Redner ist Kollege Kufen von der CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister Remmel, ich muss noch einmal im Protokoll nachlesen, dass Sie wirklich glauben, Sie hätten mit dieser Aktuellen Stunde ins Schwarze getroffen.

Jetzt will ich ausdrücklich den Damen und Herren, die auf der Besuchertribüne sitzen und die ich sehr herzlich begrüßen möchte, noch einmal erklären, was eine Aktuelle Stunde ist. Aktuelle Stunden werden mit verkürzter Ladungszeit angesetzt, wenn ganz dringende, ganz brisante, unter den Nägeln brennende Themen diskutiert werden sollen.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Gucken Sie sich einmal die Aktuellen Stunden an, die Sie be- antragt haben! – Zurufe von der SPD)

Herr Schmeltzer, ich erkläre Ihnen das gerne auch noch einmal privat.

(Zuruf von Rainer Schmeltzer [SPD] – Anhal- tende Zurufe von der SPD)

Sie kennen es vielleicht schon, aber die Damen und Herren auf der Tribüne noch nicht. Halten Sie sich einmal zurück!

Meine Damen und Herren, also ganz brisante, dringende Themen! Jetzt machen Sie einmal den Faktencheck, den es auch beim WDR gibt. Schauen Sie einmal ganz nach rechts von Ihnen, da ist die Pressetribüne.

(Reiner Priggen [GRÜNE]: Wir sind nicht beim WDR hier!)

Herrn Zierhut müssen Sie abziehen, der ist von der CDU-Fraktion – so viel zum Thema, ganz aktuell. Die Pressetribüne ist voll in diesem Haus!