Protocol of the Session on June 19, 2013

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 16/177

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Klimaschutz, Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Drucksache 16/3252

zweite Lesung

Ich eröffne die Beratung und erteile für die SPDFraktion Herrn Kollegen Börner das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir beschäftigen uns heute im Plenum in der zweiten Lesung mit dem von der Landesregierung vorgelegten Gesetzentwurf über das Verbandsklagerecht und Mitwirkungsrechte für Tierschutzvereine.

Bei der kommerziellen Haltung von Tieren für die Fleischproduktion soll es nun für Tierschutzverbände die Möglichkeit geben, gegen nicht tiergerechte Planungen von Ställen mit einem eigenen Klagerecht vorzugehen. Dies dient dem Schutz der Tiere, die so eine Chance haben, ihr Recht auf artgerechte Haltung erleben zu können. Dies dient den Bauern, die ihre Ställe in Ordnung halten, und schützt sie vor Wettbewerbsverzerrungen durch Bauern, denen der Tierschutz egal ist.

Wenn ich an den Beitrag der Kollegin Schulze Föcking denke, die in der letzten Plenardebatte zu diesem Thema vorgetragen hatte, dass die meisten Bauern in Nordrhein-Westfalen ihre Ställe korrekt führen, dann wird dieses Gesetz kaum Anwendung finden. Da, wo es nicht der Fall ist, soll es dann aber wirken.

Im Rahmen einer Anhörung haben wir Fachgutachten zur Kenntnis genommen und im Ausschuss bewertet. Es gab keine substanziellen Vorbehalte, die gegen ein Verbandsklagerecht sprechen. Die SPD im Landtag spricht sich weiter für diesen Gesetz

entwurf in der von der Landesregierung eingebrachten Form aus.

Ähnlich wie beim Planungsrecht, bei dem Umweltverbände eine Beteiligungsmöglichkeit haben, werden diese Rechte nun auch Tierschutzverbänden eingeräumt, wenn neue Stallungen kommerzieller Art errichtet werden sollen. Schon aus wirtschaftlichen Gründen wird es nicht zu einer Klageflut kommen – im Gegenteil: Die Verbände werden mit Augenmaß einschreiten, wenn im Zuge der Planungen eklatante Verstöße gegen den Tierschutz erkennbar werden.

Die Tierschutzverbände müssen anerkannt und mindestens fünf Jahre in Nordrhein-Westfalen aktiv sein. Damit schließt sich beispielsweise auch ein Nachbarschaftsstreit aus.

Bisher gab es lediglich die Möglichkeit, dass ein Bauer gegen die Genehmigungsbehörde klagen kann, wenn seiner Auffassung nach ein Zuviel an Tierschutz eingefordert wurde. Mit diesem Gesetz schaffen wir juristische Gleichberechtigung, da nun auch gegen ein Zuwenig an Tierschutz geklagt werden kann.

Auch betreffend ein Klagerecht bei Tierversuchen wurde im Rahmen der Anhörung nur wenig gegen den Gesetzentwurf vorgebracht. Insbesondere weil es sich lediglich um eine Feststellungsklage handelt, ist auch nicht zu erwarten, dass dadurch wissenschaftliche Forschungsreihen verzögert werden. Von daher ist nicht die Gefahr zu erkennen, dass wir als Forschungsstandort ins Hintertreffen geraten.

Spannend in diesem Zusammenhang ist ein anderer Antrag, den wir morgen im Plenum beraten und an den Umweltausschuss überweisen werden. Die FDP spricht sich hier plötzlich für ein Mehr an Tierschutz aus, indem sie Bauern – wenn auch geringe – Kosten aufbürden will, um Wildtiere gegen Mähmaschinen zu schützen.

Das ist ein durchaus lobenswerter Einfall, nur habe ich den Eindruck, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird. Sind die Augen von Rehkitzen so viel schöner als die von Kühen, Schweinen, Hühnern oder Puten? – Damit entscheidet sich letztlich, ob Tiere geschützt werden sollen oder nicht. Oder reicht es, wenn wir die Qual der Tiere durch Stallmauern nicht sehen müssen und so auch politisch verdrängen können?

Wir müssen allen Lebewesen mit Respekt und Würde entgegen treten, unabhängig von deren Lieblichkeitsfaktor.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, lassen Sie uns heute gemeinsam der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen mehr Kraft geben. Lassen Sie uns heute gemeinsam einen weiteren Schritt für den Tierschutz gehen. Stimmen Sie mit uns für ein Verbandsklagerecht im Tierschutz. – Glückauf.

(Beifall von der SPD, den GRÜNEN und den PIRATEN)

Herzlichen Dank, Herr Börner. – Nun spricht für die CDU-Fraktion Herr Hovenjürgen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf darauf hinweisen, dass in der Rednerliste eigentlich die Kollegin Schulze Föcking als Rednerin vorgesehen war. Ich darf Ihnen sagen: Das, was sie sagen wollte, werden Sie gleich hören. Für die Optik, die ich Ihnen biete, kann ich nichts.

(Allgemeine Heiterkeit und Beifall)

Insofern, meine Damen und Herren, sei der Hinweis gestattet, dass Sie jetzt eine fachlich von Frau Schulze Föcking autorisierte Rede von mir hören.

Herr Börner, Sie haben gerade ausgeführt, dass dieses Gesetz, über das wir heute diskutieren, einen Beitrag liefern soll, nicht tierschutzgerechte Planungen von Ställen zu verhindern. – Herr Börner, ich darf Ihnen sagen: Nicht tierschutzgerechte Ställe werden in Nordrhein-Westfalen gar nicht genehmigt.

(Beifall von der CDU)

Insofern bedarf es dieses Gesetzes für diesen Faktor nicht.

Wenn Sie sagen, dass Sie mehr Kontrolle und intensivere Fachlichkeit brauchen, dann ist dies, was Sie hier ausgeführt haben, im Übrigen auch ein Misstrauensvotum gegen Herrn Minister Remmel und gegen sein Haus. Denn denen obliegt die Aufsicht über den Tierschutz in Nordrhein-Westfalen, meine Damen und Herren.

(Beifall von der CDU)

Es gab eine Anhörung zum Verbandsklagerecht. Was war das Ergebnis dieses Termins? – Die überwiegende Zahl der Experten warnt vor einer überbordenden Bürokratie und sieht im Endeffekt zusätzliche Rechtsstreitigkeiten auf alle Beteiligten zukommen.

Sie, Herr Remmel, haben heute schon Möglichkeiten und Mittel, den Tierschutz umzusetzen. Sie müssen nur tätig werden.

Außerdem warnen forschende Pharmaunternehmen davor, dass sie mit den zu erwartenden Reglementierungen und Beschränkungen ins Ausland abgedrängt werden. Wenn diese Unternehmen ins Ausland abwandern – dies auch an die Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün gerichtet –, dann haben wir in der Regel schlechteren Tierschutz – also weniger Schutz der Tiere – und insofern nichts für die Tiere erreicht. Wir haben vielleicht hier ein gutes

Gefühl erzeugt, aber den Tierschutz nicht verbessert.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Im Übrigen gibt es Beispiele für Situationen, die wir in Zukunft erleben werden: Wenn sich eine Kuh im Stall ihren Schwanz verletzt und der im unteren Teil abgeklemmt ist, dann müsste dieser eigentlich teilamputiert werden.

(Norwich Rüße [GRÜNE]: Nichts verstan- den!)

Nach dem neuen Gesetz müsste sich der Veterinär des Kreises zuerst an die Tierschutzverbände wenden, bevor dieses Tier behandelt werden dürfte. Man könnte die notwendige Amputation nicht vornehmen, weil vorher eine Abstimmung über diese medizinische Maßnahme durchgeführt werden

(Zuruf von Martin-Sebastian Abel [GRÜNE])

Herr Abel, Sie reden gleich nach mir. Sie schütteln den Kopf. Wir konnten es auch nicht glauben. Wir haben uns dreimal mit verschiedenen Fachleuten unterhalten: Genau so sieht es Ihr Gesetz vor.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Insofern, meine Damen und Herren, hilft uns ein überbordender Bürokratismus in diesem Fall nicht weiter.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Börner?

Ja, aber gerne.

Das ist aber nett von Ihnen. Bitte schön, Herr Kollege Börner.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Kennen Sie mich anders, Herr Keymis?)

Erlauben Sie mir nur kurz eine Frage: Planen Sie, für diese Operation einen neuen Stall zu bauen, damit das Verbandsklagerecht greifen kann, oder wollen Sie diese Kuh – wie in Ihrem Beispiel genannt – nur operieren? – Das Gesetz würde ja nur dann greifen, wenn man einen neuen Stall baut. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sofort eine neue Einrichtung gebaut wird, wenn sich eine Kuh oder ein anderes Tier verletzt.

Wissen Sie, Herr Börner, es ist immer hilfreich, wenn man über Sachkompetenz verfügt, wenn man Fragen stellt.

In diesem Fall habe ich von einem Tier in einem Stall geredet und unter anderem...

(Martin Börschel [SPD]: Das ist eine Frech- heit!)

Herr Börschel, was eine Frechheit ist, das mögen Sie für sich entscheiden. Ich habe von Ihnen schon Dinge gehört! Dagegen bin ich ein sehr höflicher Mensch, mein Lieber.

(Beifall von der CDU – Zuruf von Martin Bör- schel [SPD])

Wenn Sie bei der Behandlung von Tieren nur noch nach Rücksprache mit Dritten tätig werden dürfen, ist das dann Tierschutz für Sie? – Aus unserer Sicht nicht.