Aus diesem Grund diskutieren wir Ihre Steuererhöhungspläne auch hier im Landtag von NordrheinWestfalen. Es ist nicht allein eine bundespolitische Frage, denn bis in die Regierungserklärung der Ministerpräsidentin baut Ihre gesamte Finanzstrategie auf Steuererhöhungen des Bundes auf.
Diese rot-grünen Pläne sind unglaubwürdig, sie sind ungerecht und gefährlich. Zu diesen drei Aspekten Ihrer Pläne will ich hier sprechen.
Erstens. Sie sagen, Sie wollten und müssten trotz der Rekordeinnahmen des Staates massiv an der Steuerschraube drehen, um in Bildung und Infrastruktur zu investieren und um die öffentliche Verschuldung abzubauen. Das ist das, was wir regelmäßig dann hören, wenn wir Sie befragen, warum Sie in diesen konjunkturellen Zeiten die Steuern so stark erhöhen wollen. In Nordrhein-Westfalen haben Sie seit dem Jahr 2010 6 Milliarden € zusätzlich in der Staatskasse, als damals zu erwarten war.
Was ist passiert bei Bildung, bei Infrastruktur, beim Abbau der Verschuldung? Dreimal ein verfassungswidriger Haushalt in Folge. Sylvia Löhrmann halbiert den Vertretungsunterricht an Schulen, um die globale Minderausgabe zu erwirtschaften, und Sie kürzen mit Ausnahme des Radwegebaus auch bei den Landesstraßen.
Weil Sie hier in Nordrhein-Westfalen das Gegenteil von dem machen, was Sie im Bund fordern, sind Sie unglaubwürdig mit Ihren Plänen, meine Damen und Herren,
Ich nenne einmal nur beispielhaft das grüne Programm. Sie haben in Ihrem Programm den Menschen 25 Milliarden € zusätzliche Staatsaufgaben, zusätzliche soziale Leistungen versprochen. Das, was Sie ausgeben wollen, ist fünfmal mehr, als Sie allein über die Erhöhung der Einkommensteuer in die Kasse bekommen könnten.
Wir werden aber unseren Staat niemals aus den Schulden befreien, wenn Sie den Menschen immer noch neue Sozialleistungen auf Pump versprechen. Wir müssen irgendwann lernen, mit dem Geld des Staates auszukommen.
Zweitens. Die IG Metall hat am gestrigen Tag einen sehr beachtlichen Tarifabschluss von 5,6 % erzielt. Das ist ein beachtlicher, aber ein angemessener Tarifabschluss, weil die Beschäftigten unseren Aufschwung mit erwirtschaftet haben.
Übrigens: Die von Rot-Grün vielgescholtene Wirtschaft behandelt ihre Beschäftigten damit sozialer als die rot-grüne Landesregierung in NordrheinWestfalen, weil Sie den Bediensteten nämlich ihren Anteil am Aufschwung verweigern.
Doch der entscheidende Punkt ist, dass den Beschäftigten der IG Metall viel zu wenig von dem, was sie an Gehaltserhöhung bekommen, tatsächlich verbleibt, weil Sie sich der Anpassung des Steuersystems an die allgemeine Preisentwicklung verweigern.
Sie blockieren die Dämpfung der kalten Progression im Bundesrat, und das ist die erste, die heimliche Steuererhöhung, die Sie zu verantworten haben, und zwar nicht für Banker und Manager, sondern für die Mitte der Gesellschaft.
Es wird noch schöner. Den Grundfreibetrag, von Verfassungs wegen erforderlich, haben Sie mit uns gemeinsam erhöht, aber die Anpassung des Tarifverlaufs haben Sie mit Ihrer Mehrheit blockiert. Das Ergebnis ist, dass die Tarifkurve des Steuersystems jetzt noch steiler ansteigt, und zwar für die kleinen Einkommen. Für die Bezieher niedriger Einkommen steigt der Tarif steiler an. Das kennzeichnet Ihre Politik: Sie reden über die Reichen, aber Sie kassieren
(Beifall von der FDP und der CDU – Jochen Ott [SPD]: Sie reden über die Reichen und geben es den Reichen!)
Diese Politik ist ein Menetekel für das, was Mittelstand und Mittelschicht, was die Fleißigen und Qualifizierten nach der Bundestagswahl zu erwarten hätten, wenn die SPD mehr als 23 % erzielen würde und tatsächlich in eine verantwortliche Situation käme.
Getroffen werden nämlich die Fleißigen und Qualifizierten in unserer Gesellschaft, zum Beispiel der Industriemeister bei Ford und seine Frau, die als Erzieherin bei der Stadt Köln arbeitet. Herr Priggen, was verdienen die beiden im Jahr? Welches Jahreseinkommen haben ein Industriemeister bei Ford und seine Frau, wenn sie Erzieherin bei der Stadt Köln ist? Das sind Menschen, die deutlich über 70.000 € Jahreseinkommen haben, und sie sind damit voll getroffen von Ihrer Politik der Steuererhöhung, der Bürgerversicherung, der Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze und von anderen Fragen.
Diese Mitte der Gesellschaft treffen Sie, die Fleißigen und Qualifizierten wollen Sie zur Ader lassen. Und für diese Menschen hat Leistungsfeindlichkeit zwei Farben: Rot und Grün.
Verehrte Damen, meine Herren! Die Pläne, die Sie auf Ihren Parteitagen beschlossen haben, sind gefährlich. Niemand kann glauben, dass eine Steuererhöhung von insgesamt 40 Milliarden € ohne jede Auswirkung auf Wachstum und Beschäftigung in Deutschland wäre.
Der Deutsche Industrie-Handelskammertag beziffert die Arbeitsplatzverluste durch diese Politik auf 1,4 Millionen Arbeitsplätze. Für die Familienunternehmen, für die vielfach die Einkommensteuer die betriebliche Steuer ist, summieren sich beispielsweise die Pläne von Bündnis 90/Die Grünen auf eine Grenzbelastung von 87 %. Damit sägen Sie den Ast ab, auf dem wir alle sitzen, nämlich unsere stabile mittelständische Struktur in Deutschland.
Ihre eigenen Leute kritisieren das. Herr Kretschmann warnt vor unzumutbaren Belastungen für die Mittelschicht und den Mittelstand. Rezzo Schlauch spricht von einem Sperrfeuer von Steuererhöhungen. Aber all das beeindruckt Sie nicht.
Rot-Grün glaubt offenbar, Deutschland wird sozialer mit jedem Euro, den Sie in den Händen haben. Wir
sagen, Deutschland wird unsozialer mit jedem Arbeitsplatz, der durch Ihre Politik vernichtet wird. Deshalb stellen wir uns dem entgegen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Landtag ist der Ort, an dem wir in vielen Jahrzehnten immer die Interessen des Industrielandes Nordrhein-Westfalen vertreten haben, der Arbeitnehmer, der Unternehmer, der Handwerker. Das war in diesem Haus auch sehr oft Konsens. Seit Karl Arnold hat man hier dafür gekämpft, dass wir der wirtschaftliche Motor in ganz Deutschland sind. Deshalb ist es gut, dass man sich bei manchen Themen vielleicht auch über Parteigrenzen hinweg zu diesem Industrieland bekennt.
Wir merken im Moment, dass die deutsche Wirtschaft gut dasteht. Herr Römer schmunzelt vor Freude. So ist das. Auch die Gewerkschaften sind hoch zufrieden mit dieser Bundesregierung,
weil so viele Menschen wie noch nie seit der Wiedervereinigung heute in sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen sind, weil die Sozialkassen übersprudeln, weil die Bundesagentur für Arbeit Milliardeneinnahmen hat, weil die Steuereinnahmen – auch zugunsten des nordrhein-westfälischen Finanzministers – sprudeln wie noch nie.
Dennoch stehen wir vor der Frage, wie wir Industrieland bleiben können. Christian Lindner hat ein paar Beispiele genannt. Was ist mit der Infrastruktur? Wie entwickeln sich die Energiekosten für Unternehmen und Verbraucher? Wie wird es mit exzellenten Universitäten? Das sind alles Fragen, über die wir den Wettstreit führen.
Dann geht es um die Frage, was wir jetzt eigentlich noch tun können, damit wir unsere Wirtschaft nicht noch zusätzlich belasten. Steuerentlastungen, lieber Christian Lindner, wie 2009 gehen auch nicht mehr. Wir wissen heute: Wir wollen mit den Steuereinnahmen, die da sind – sie sind sehr hoch –, vernünftig wirtschaften.
Ich erwarte aber von einer Landesregierung – von Frau Kraft, von Herrn Duin, auch von Frau Löhrmann –, dass sie diese Interessen des Landes Nordrhein-Westfalen auch einmal in Berlin anmeldet, so wie das Karl-Josef Laumann diese Woche zum Fracking gemacht hat. Er hat ein Thema auf die Tagesordnung gesetzt und etwas erreicht.
Notfalls muss man das auch einmal gegen die eigenen Leute machen, weil es um die Bürger des Landes Nordrhein-Westfalen geht.
Andere machen das ja. Christian Lindner hat einige zitiert. Die frühere Mittelstandsbeauftragte der Grünen, Christine Scheel, aus Bayern macht das. Thomas Gambke, grüner Mittelstandsbeauftragter der Bundestagsfraktion aus Bayern, meldet Kritik an diesen grünen Plänen an. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Kerstin Andreae, aus Baden-Württemberg kritisiert das ebenfalls. Ministerpräsident Kretschmann schreibt mit Nils Schmid zusammen einen Brief. Wo ist denn der Brief von Frau Kraft und von Frau Löhrmann an ihre Parteivorsitzenden?
Erklären Sie mir doch bitte einmal, wieso Herr Kretschmann und Nils Schmid die Interessen des Landes Baden-Württemberg wahrnehmen. BadenWürttemberg hat 484.000 kleine und mittlere Unternehmen, Nordrhein-Westfalen hat 750.000. Sie hätten dreimal Briefe schreiben müssen, Frau Löhrmann und Frau Kraft, anstatt hier einfach Stillschweigen herrschen zu lassen.
Schauen wir uns einmal an, um wen es denn geht. Nehmen wir einmal ein Beispiel. Das rheinische Familienunternehmen Henkelhausen stellt Notstromaggregate und Hebebühnen her. Es hat 260 Mitarbeiter, einen Umsatz von 70 Millionen €. Dieses Unternehmen müsste nach Ihren Plänen 420.000 € Vermögensteuer zahlen. Das sind 20 % des Jahresüberschusses. Der Unternehmer erklärt dann, das müssen wir jetzt aus dem Unternehmen herausnehmen. Wir haben das Vermögen ja nicht irgendwo liegen, sondern das ist im Unternehmen.
Dieses Geld fehlt für Investitionen, für internationale Expansion und für neue Arbeitsplätze. Deshalb vernichten Sie Arbeitsplätze.