Man kann Ihnen, liebe Kollegen der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, an dieser Stelle einfach noch mal Ihre Kritik am Bundesanerkennungsgesetz vorhalten, beispielsweise im Rahmen der Plenardebatte vom 28. September 2011. Herr Ünal kritisierte damals das Gesetz als – ich zitiere – „handwerklich sehr schlecht“. Herr Minister Schneider bezeichnete das Gesetz als „mangelhaft“ und forderte einen Rechtsanspruch. – Herr Minister, eigentlich müssten Sie nach der Forderung, die Sie hier noch 2011 gestellt haben, dem nun vorliegenden FDP-Antrag zustimmen.
Bezogen auf Ihre damalige Kritik stellt man sich heute unweigerlich die Frage: Warum haben Sie es eigentlich jetzt, als Sie die Gelegenheit dazu hatten, nicht besser gemacht? Wahrscheinlich weil es im Allgemeinen nicht besser ging!
Herr Kollege Kerkhoff hat es eben schon angesprochen: Das Gesetz ist gut. Es ist, wie ja bereits angemerkt, fast eine Eins-zu-eins-Übernahme des Bundesgesetzes. Was diesem Gesetz entscheidend fehlt, sind die eigenen Akzente.
Stattdessen legen Sie uns heute einen Entschließungsantrag vor, in dem Sie auf die Versäumnisse des Bundes eingehen und in dem Sie sich selbst dafür loben, dass Sie dem Bund finanzielle Zusagen abringen konnten. Welch eine grandiose Leistung: Handaufhalten und dafür ein Lob verlangen! Liebe Kollegen, das ist nicht lobenswert, das ist Ihr Verständnis von Politik.
Lobenswert wäre es eher gewesen, wenn Sie der Forderung des Sachverständigenrats für Integration und Migration gefolgt wären, wenn Sie sich die Kritik vieler Verbände im Rahmen der Anhörung hier im Landtag zu Herzen genommen und die Lehrerberufe doch mit ins Gesetz aufgenommen hätten.
Ich frage mich: Was ist denn hier der Unterschied zu den Ärzten? Sie, Herr Minister Schneider, Frau Kollegin Velte, Frau Kollegin Howe, haben beteuert, dass die Qualität bei der Anerkennung von Facharztabschlüssen nicht leiden wird. Sie, Herr Minister Schneider, haben in Ihrer Rede eben, wie ich finde, treffend gesagt, dass ein Mediziner aus dem Ausland kein schlechter Mediziner sein muss. Zu Recht! Doch ich frage mich: Warum gilt das eigentlich nicht für Lehrer?
Sie verweisen in diesem Zusammenhang oft darauf, dass die Anerkennung der Lehrerberufe bereits durch die Bezirksregierungen geregelt werde. Das ist gleichzeitig ein Verweis auf einen Beratungsdschungel. Für die Betroffenen wäre ein wenig mehr Transparenz an dieser Stelle hilfreicher.
Liebe Frau Ministerin Löhrmann, es schmeichelt uns natürlich außerordentlich, wenn Sie im Ausschuss erklären, dass das Lehrerausbildungsgesetz von 2009, das ja den Seiteneinstieg in den Lehrerberuf ermöglicht und in unsere Regierungszeit fällt, sogar vorteilhafter als das Landesanerkennungsgesetz ist. Das schmeichelt uns wirklich, entbindet Sie aber trotzdem nicht von Ihrer politischen Verantwortung. Sie sagen, dass weitere Verfahrensverbesserungen anzustreben sind. Ich sage: Sie hätten dieses Gesetzgebungsverfahren für Verbesserungen nutzen können. Ich bedaure sehr, dass das nicht passiert ist.
Es wäre ebenfalls lobenswert gewesen, wenn der federführende Ausschuss unserem Antrag zur Rückmeldung des Anerkennungsergebnisses an die Ausländerbehörden, vor allem um den bürokratischen Aufwand zu vermeiden, zugestimmt und ihn nicht abgelehnt hätte.
Frau Velte, Herr Minister Schneider und Frau Howe, Sie alle tragen hier vor, dass dieses Thema für parteipolitisches Gezänk nicht geeignet ist. Ihnen möchte ich entgegnen, allen voran Ihnen, Herr Minister, für die Aussage „Im Gegensatz zur Bundesregierung lassen wir Migrantinnen und Migranten nicht im Stich“: Auch Sie selbst sollten sich an Ihren eigenen Appell halten.
In diesem Zusammenhang möchte ich auch erwähnen, dass ich die Kritik des bildungspolitischen Sprechers der SPD-Bundestagsfraktion an dem Bundesgesetz schon sehr amüsant fand.
So warf er Bundesministerin Wanka vor, die Kosten für das Anerkennungsverfahren seien viel zu hoch, sie würden oft 500 € betragen. Vielleicht klären Sie, lieber Herr Schneider, Ihren Parteikollegen mal darüber auf, dass auch hier in Nordrhein-Westfalen, in einem rot-grün-regierten Bundesland, die Kosten für die Anerkennung nicht geringer sind. Klären Sie ihn bitte gleichzeitig darüber auf, dass Sie wenig Einfluss darauf haben.
Kurzum: Das Gesetz ist notwendig. Es ist überfällig. Es ist wichtig. Die Landesregierung hat es jedoch leider versäumt, an einigen Stellen eigene Impulse zu setzen. Das ist äußerst bedauerlich. Nichtsdestotrotz werden wir dieses Gesetz im Sinne der Zugewanderten in unserem Land natürlich mittragen. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Howe – ich will das noch mal persönlich sagen –, das war vorhin unanständig. Wir haben hier eine faire, in einzelnen Aspekten kontroverse Debatte. Vielleicht ist es an Ihnen vorbeigegangen, dass wir insgesamt konstruktiv zusammenarbeiten. Deswegen werden wir auch zustimmen; das hat der Kollege Alda schon ausgeführt. Es ist ein gutes Gesetz, auch wenn aus unserer Sicht ein noch etwas besseres Gesetz möglich gewesen wäre.
Rechtsanspruch auf die Beratung. Das wurde in der Anhörung von verschiedenen Organisationen eingefordert – Herr Minister, auch von Ihrem DGB –, weil das Bundesland Hamburg so hervorragende Erfahrungen damit gemacht hat. Das Totschlagargument „Hamburg ist nicht gleich NRW“ zieht an dieser Stelle nicht.
Es ist auch nicht so, Frau Velte, dass die FDP hier Mehrkosten verursachen will. Wenn Sie unseren Antrag genau gelesen hätten, dann hätten Sie gesehen, dass wir genau das nicht wollen.
Wir wollen vielmehr eine entsprechende Prioritätensetzung bei den vom Land geförderten Stellen in der Integrationsarbeit vor Ort. Wir wollen den Kommunen das auch tatsächlich mit auf den Weg geben, weil wir diese Beratung in der Integrationsarbeit für prioritär halten, weil uns die Verbände sagen: Es ist einer der ganz wesentlichen Schlüssel zu gelungener Integration, dass die Abschlüsse anerkannt werden; und es ist eines der größten Hemmnisse dafür, dass das bisher immer noch so schwach wahrgenommen wird.
In Hamburg klappt das! Deswegen sollten wir uns daran orientieren. Ich wäre froh, wenn Sie hier über Ihren Schatten springen würden – auch dann, wenn ein Impuls nicht von Rot-Grün, sondern von der Opposition kommt.
In persönlichen Gesprächen habe ich gehört, das ginge ja nicht, weil der Europäische Sozialfonds, den man vielleicht noch für zusätzliche Stellen bemühen möchte, nicht mehr fördern würde, wenn es den Rechtsanspruch gäbe. – Wir haben uns gestern noch mal schlau gemacht: In Hamburg werden mit Geldern des Europäischen Sozialfonds zusätzliche Stellen in der Beratung finanziert. Es geht also sehr wohl. Und selbst wenn dies nicht ginge, wäre ja auch noch eine Verschiebung möglich: dass man die Gelder des Sozialfonds für andere Projekte und die freiwerdenden Gelder dann wiederum für die Beratung nutzt.
Das ist also ohne nennenswerten finanziellen Mehraufwand zu bewerkstelligen. Deswegen wäre ich dankbar, wenn Sie über Ihren Schatten springen und unserem Änderungsantrag zustimmen würden.
Wir werden uns in jedem Fall konstruktiv verhalten und freuen uns, dass wir, wie ich hoffe, in diesem Hause gemeinsam dieses Gesetz beschließen können. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer! Beratung und Willkommenskultur sind die Stichworte, die mein Kollege eben erwähnte und mit denen ich beginnen möchte, bevor ich auf die einzelnen Anträge eingehe.
Ausdruck einer gelungenen Willkommenskultur ist, wenn wir im Ausland erworbene Hochschulabschlüsse und Qualifikationen auch in Deutschland als das anerkennen und wertschätzen, was sie sind, wenn wir hochqualifizierten Menschen den Weg zur Anerkennung so einfach wie möglich gestalten.
Ausdruck einer gelungenen Willkommenskultur ist aber auch, alle Menschen, die zu uns kommen, sei es aufgrund von Arbeitsinteressen oder aufgrund von Verfolgung im Heimatland, in einer Art und Weise zu empfangen, dass diese Menschen sich hier zu Hause fühlen.
Meine Damen und Herren, mit dem Anerkennungsgesetz werden wir die Weichen dafür stellen, dass in vielen Berufszweigen der Anspruch auf Anerkennung der Gleichwertigkeit ausländischer Berufsabschlüsse geschaffen wird, auch wenn wir bei der Feststellung der Gleichwertigkeit und den Kriterien dafür noch Optimierungsbedarf sehen. Um die Gleichwertigkeit feststellen zu können, bedarf es möglicherweise neben dem ausländischen Abschluss einer Vielzahl weiterer Unterlagen, Übersetzungen oder Nachqualifizierungsmaßnahmen.
Die Fragen lauten also: Wie gelangen die hochqualifizierten Menschen schnellstmöglich zu einer erfolgreichen Anerkennung ihres Abschlusses? Wer hilft den Menschen beim Kampf gegen die Bürokratie? Wer weiß die Chancen auf Anerkennung und die Folgen von unvollständigen Unterlagen abzuschätzen? Wer bezahlt eine möglicherweise notwendige Nachqualifizierung?
Wir haben diese Fragen gestellt. Aus integrationspolitischer Sicht und im Hinblick auf eine gelungene Willkommenskultur muss die Landesregierung Antworten auf diese Fragen geben.
Die Frage nach Umfang und Inhalt von Beratungsleistungen hat uns die Landesregierung, haben Sie uns, Herr Minister Schneider, gebetsmühlenartig mit dem Verweis auf die 50 neu geschaffenen Beratungsstellen der G.I.B. beantwortet, die bisher mit durchwachsener Telefonberatung glänzte. In welcher Form die Beratung nun stattfinden soll – neun Stunden stehen da, denke ich, im Raum –, wurde jedoch nicht gesagt. Einen Slalomlauf durch die verschiedenen Zuständigkeiten der Behörden haben Sie im Ausschuss leider nicht ausschließen können.
Daher begrüßen wir den Vorstoß der Koalitionsfraktionen mit dem Entschließungsantrag, unter anderem die Mitarbeiter in den Beratungsstellen weiter
zubilden und zu schulen. Sie gestehen damit allerdings auch ein, dass die Mitarbeiter der Callcenter ihren Aufgaben derzeit noch nicht ganz gewachsen sind. Es wäre schön gewesen, wenn das bereits im Vorfeld Berücksichtigung gefunden hätte. Aber so ist es ja nun auch gut.
Auch die Finanzierung der Nachqualifizierung sprechen Sie an. Das gilt es ebenfalls zu loben. Der Bund ist ab September in die Pflicht zu nehmen.
Dennoch ist aus unserer Sicht wichtig, dass wir den Anspruch auf Beratung gesetzlich verankern. Der entsprechende Änderungsantrag der FDP geht in die richtige Richtung. Ihm hätte man sich fast anschließen können. Aber man kann es noch besser machen. Das haben wir mit unserem Änderungsantrag getan. Er ist besser, weil er weitreichender ist, und dementsprechend wärmstens der Zustimmung zu empfehlen.
Der letzte – dritte – Punkt, der mir besonders wichtig ist und der Ausdruck einer ehrlichen Willkommenskultur ist: ein weltoffener Umgang in allen Belangen der Zuwanderung. Dabei helfen – „Achtung!!“ – Pauschalisierungen und Panikmache von Herrn Jäger ebenso wenig weiter wie die unsäglichen Statements von Herrn Friedrich oder die Äußerungen vom Deutschen Städtetag zum Thema „Armutsflüchtlinge“! – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Brand. – Für die Landesregierung hat sich noch einmal Herr Minister Schneider zu Wort gemeldet.