Protocol of the Session on March 21, 2013

Aktuell haben wir mit dem verabschiedeten Haushalt eine halbe Million Euro draufgelegt. Wenn Sie schauen, wo wir begonnen haben, und sehen, dass wir jetzt jedes Jahr 7,9 Millionen € alleine in diese Projekte geben – JeKi nicht mit eingerechnet –, dann zeigt Ihnen das doch bei einem Gesamtetat von etwas mehr als 182 Millionen €, wo die Prioritäten liegen.

Damit wäre eigentlich alles erschöpfend gesagt. Jetzt gibt es aber noch den Antrag von den Kolleginnen und Kollegen der FDP. Ich hatte mir überlegt – aber das lässt die Geschäftsordnung des Hohen Hauses nicht zu –, mit einem Beamer durch die Webseite kulturrucksack.nrw.de zu klicken. Denn alles, was Sie in Ihrem Antrag einfordern – Transparenz, Kriterien offenlegen, bisherige Projekte online stellen –, können Sie seit Beginn des Projektes Kulturrucksack auf dieser Webseite nachlesen.

Da wir das jetzt hier nicht online nachvollziehen können, habe ich für die Kolleginnen und Kollegen schon einmal nachgeschaut, was es dazu in ihrem Heimatkreis in den nächsten Wochen so gibt. Zum Beispiel findet am 28. März im Burgenmuseum Nideggen, sehr geehrte Kollegin Schmitz, eine Reise in die musikalische Welt des Mittelalters statt. Da können Kinder viele interessante Instrumente, alte Texte und Speisen kennenlernen.

Herr Nückel, in den Flottmann-Hallen Herne probt bereits seit Februar eine Gruppe 10- bis 14-Jähriger Szenen und Performances für Improvisationstheater ein. Die Aufführungen werden am 22. und 23. Juni im Rahmen des Herner Kulturfestivals gezeigt. Die Teilnahme ist für die Kinder kostenlos. Ich drücke ihnen alle Daumen für eine gelungene Aufführung.

Jetzt muss ich etwas mit der Redezeit improvisieren. – Meine Damen und Herren, ich bin Ihnen für den Antrag trotzdem sehr dankbar. Denn auch wenn er sich wohl erledigt hat – das können wir im

Ausschuss noch mal beleuchten –, können wir im Hohen Hause somit noch mal über die Kulturpolitik sprechen, was ja nie schaden kann, und auch noch mal sagen, was wir machen wollen.

Wir wollen eine biografische Kulturförderung: vom Kindergarten über die Grundschule bis hin zu den 10- bis 14-Jährigen und darüber hinaus.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir knüpfen an den vorhandenen Angebotsstrukturen an: Kunst im Kindergarten, dem Projekt „Jedem Kind ein Instrument“ – lieber Thomas Sternberg, ich bin sehr gespannt auf deine Vorschläge im Ausschuss – und dem Landesprogramm „Kultur und Schule“.

Unser Ziel ist, dass wir allen Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit geben, die ganz andere Welt von Kunst und Kultur zu erleben. Das ist besonders wichtig für die Städte, in denen es knapp ist.

Wir werden Ihren Antrag im Ausschuss debattieren. Vielleicht schauen Sie bis dahin, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, noch mal auf die Webseite. Möglicherweise brauchen wir dann gar nicht alle Punkte zu besprechen. Wenn es irgendwo gute Verbesserungsvorschläge gibt: Wir sind sehr offen dafür. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Abel. – Für die Fraktion der Piraten spricht der Kollege Lamla.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer! Kulturelle Bildung in Nordrhein-Westfalen gleicht einem Kinderzimmer. Es ist nicht besonders ordentlich darin, und an der Tür hängt ein Schild, auf dem steht: Erwachsene unerwünscht. Auf dem Boden liegt der Kulturrucksack, der Inhalt verstreut. Dazu stapeln sich Kultur- und Schulsachen auf dem Schreibtisch, während das Instrument von JeKi verstaubt im Regal liegt und dort darauf wartet, das nächste Mal benutzt zu werden.

Das ist zwar typisch für ein Kinderzimmer, aber dennoch: Hier sollte aufgeräumt werden.

Ich habe kürzlich versucht, mir einen schnellen Überblick über die Angebote im Bereich kultureller Bildung zu verschaffen, und dabei festgestellt: Es gibt viele bunte Bilder auf verschiedensten Webseiten, aber – das muss ich ganz klar betonen – ich habe nur einen einzigen roten Faden gefunden und erkannt, dass kulturelle Bildung sich vor allem an Kinder und Jugendliche richtet. Der Nachwuchs soll ja schließlich nicht nur Kultur aus dem Joghurtbecher kennenlernen. Das ist auch gut so.

Gleichzeitig bekomme ich jedoch den Eindruck, dass sich die Landesregierung hier nur auf einen einzigen Bereich konzentriert, streng nach dem Highlander-Prinzip: Es kann nur einen geben. – Dieser eine Bereich ist jedoch zu wenig.

Auf der Webseite des Ministeriums wird unter dem Punkt „Kulturelle Bildung“ neben bunter Bebilderung im kinderfreundlichen Stil die Erwachsenenbildung nur ganz kurz thematisiert. Ich möchte diesen kleinen Passus hier einmal zitieren. Dort heißt es:

„Auch Erwachsene aus bildungsfernen Schichten oder mit Migrationshintergrund und die Bedürfnisse von Senioren erfordern neue Wege, um Menschen mit Kultur vertraut zu machen.“

Doch wo genau sind diese neuen Wege, Frau Ministerin? Dieses winzige Bekenntnis zur kulturellen Erwachsenenbildung steht allein auf dem Flur, während die Party im Kinderzimmer stattfindet.

Die Bundeszentrale für politische Bildung hat auch schon festgestellt, dass die kulturelle Erwachsenenbildung häufig nicht mehr als Grundversorgung, sondern als Luxusangebot angesehen wird. Das ist ein fataler Fehler, denn Erwachsenenbildung darf sich in Zeiten großer gesellschaftlicher Veränderungen nicht mehr oder weniger nur auf berufliche oder erwerbsorientierte Weiterbildung beschränken.

(Beifall von den PIRATEN)

Denn das wäre geistige Verarmung.

Dabei muss in NRW wirklich niemand geistig verarmen, ganz im Gegenteil. Einerseits gibt es eine Fülle verschiedenster Kulturangebote: von der Oper bis hin zum Theater, über Comedy, Kino, Konzerte. Alle Geschmacks- und Stilrichtungen werden bedient. Andererseits müssen diese Angebote von Theater und Oper im Leben der vielen Menschen überhaupt erst stattfinden. Opern und Theater sind für viele Bürger oft nicht mehr als der Name einer Haltestelle in der Nähe eines Prachtbaus. Das ist sehr schade.

Dieser Zustand soll aber nicht als bildungsferne Geistesarmut abgetan werden. Bildungsferne ist nämlich heilbar, sie muss kein Dauerzustand sein. Bildungsferne entsteht in allen gesellschaftlichen Schichten, wenn kulturelle Bildung nach der Schule aus dem Leben wegfällt, die Zeit dafür fehlt oder Berufliches in den Vordergrund rückt.

Es gibt im Ausschuss daher dringenden Redebedarf. Einerseits muss das Angebot für Kinder und Jugendliche übersichtlich und für die Öffentlichkeit einsehbar dargestellt werden. Insoweit haben die Antragsteller recht. Die Möglichkeiten zur Zusammenfassung dieser Angebote sollten auch geprüft werden. Darüber hinaus fordern wir Piraten eine Auseinandersetzung mit dem Status der Erwachsenen- und Seniorenbildung im Bereich Kunst und Kultur auf Landesebene.

(Beifall von den PIRATEN)

Es muss ja nicht beim chaotischen Kinderzimmer bleiben. Teenager können auch mal erwachsen werden.

Meine Damen und Herren, es fällt mir persönlich gerade wirklich schwer, über den Bereich Kultur und ganz besonders über Bildung zu sprechen, wenn ich gleichzeitig mitbekomme, dass die NRW-SPDFraktion sich auf Bundesebene für das Leistungsschutzrecht ausspricht. Denn das Leistungsschutzrecht ist für die kulturelle Vielfalt im Netz eine große Gefahr. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Danke schön, Herr Kollege Lamla. – Für die Landesregierung spricht nun Frau Ministerin Schäfer.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gemeinsam mit den Kommunen und den vielen freien Trägern sorgen wir dafür, dass in Nordrhein-Westfalen für Kinder und Jugendliche ein dichtes, oft auch kostenloses, zumindest aber kostengünstiges Angebot der kulturellen Bildung bereitsteht.

Unterschiedliche Ansätze und Zielgruppen brauchen allerdings auch unterschiedliche Formen der Ansprache, der Beratung und der Vernetzung.

Ich freue mich, dass Sie, Frau Schmitz, das breitgefächerte Angebot in Ihrem Antrag begrüßen. Sie kritisieren aber, dass es kein ganzheitliches Angebot ist.

Ich sage an dieser Stelle allerdings ausdrücklich, dass uns diese Vielfalt der Angebote ganz besonders wichtig, dass sie für uns sogar ein Markenzeichen ist. Um sie zu sichern und weiterzuentwickeln, arbeiten wir mit vielen erfahrenen und kompetenten Partnern zusammen, zum Beispiel mit der Landesarbeitsgemeinschaft Kulturpädagogische Dienste oder mit der Landesmusikakademie NordrheinWestfalen. Damit gewinnen wir viele wertvolle Kompetenzen für die kulturelle Bildung. Es kommt zu Synergieeffekten für alle Beteiligten. So entstehen Qualität und Effizienz in der kulturellen Bildung.

In diesem Zusammenhang möchte ich gerne noch einmal ein paar Worte zu JeKi sagen, das von FDP und CDU mehrfach angesprochen worden ist. Um es ganz deutlich zu sagen: Als wir dieses Projekt übernommen haben, war es schlicht und einfach auf Sand gebaut, weil CDU und FPD keinerlei Vorsorge dafür getroffen hatten, wie dieses Projekt ausfinanziert werden sollte, nachdem sich die Bundeskulturstiftung daraus zurückgezogen haben würde. Man wusste: Sie hat nur Mittel in Höhe von 3 Millionen € für drei Jahre bereitgestellt.

Das war eine Riesenbaustelle für uns. Wir mussten dieses Projekt erst einmal stabilisieren, Herr Prof. Sternberg. Ansonsten hätte es gar nicht mehr stattfinden können. Sie hatten keinerlei Vorsorge dafür getroffen!

Liebe Frau Schmitz, wollte man das auf das ganze Land ausweiten, würde das für Nordrhein

Westfalen – das ist mal berechnet worden – 83 Millionen € kosten.

(Widerspruch von Prof. Dr. Thomas Stern- berg [CDU])

Herr Prof. Sternberg, ich gebe Ihnen ja recht: Man kann das verändern. Nur mussten wir diese große Baustelle erst mal aufräumen und stabilisieren. Natürlich werden wir auch etwas verändern.

Zwischendurch hatten wir eine Neuwahl. Es gab also eine Zeit, in der wir nicht weiterarbeiten konnten. Das gilt auch für das Kulturfördergesetz.

Also: Seien Sie ganz beruhigt! Wir machen unsere Hausaufgaben Zug um Zug. Aber wir hatten nun mal viel damit zu tun, Ihre Baustellen aufzuräumen.

In der Förderpolitik lege ich großen Wert darauf – das will ich ausdrücklich sagen –, Programme und Initiativen gemeinsam mit den jeweiligen Akteuren zu entwickeln. Das gilt natürlich auch für die kulturelle Bildung.

(Vorsitz: Vizepräsident Oliver Keymis)

Transparenz ist dazu eine wichtige Grundlage. Deshalb gibt es zu all unseren Aktivitäten umfassende Informationen im Netz, vor allem natürlich auf unserer Ministeriumsseite, soweit es uns betrifft. Zu jedem Landesprogramm – etwa „Kultur und Schule“ und „Kulturrucksack“ – bieten wir neben verschiedenen Medien auch das Internetportal an, das Interessierte und Beteiligte informiert und auch zur Kommunikation einlädt. Es wird im Übrigen sehr gut genutzt.

Wir informieren auch mit dem jährlich vorgelegten Kulturförderbericht über die kulturelle Bildung in Nordrhein-Westfalen. Dazu gibt es Fachgespräche, Konferenzen und andere Veranstaltungen.

Frau Ministerin.

Außerdem trägt zur Transparenz die von der Landesregierung finanzierte Arbeitsstelle „Kulturelle Bildung in Schule und Jugendarbeit“ bei. Sie unterstützt Schulen, Einrichtungen und Kulturpartner. Auch dazu gibt es ein Internetangebot und zahlreiche Veröffentlichungen.

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Prof. Sternberg?

Ja, bitte.