Protocol of the Session on February 28, 2013

(Dr. Stefan Berger [CDU]: Sie nicht, aber die Hochschulrektoren schon! Die sagen es auch! – Gegenruf von Jochen Ott [SPD])

Herr Dr. Berger, ich nehme regelmäßig an den Rektorenkonferenzen gerade der Fachhochschulen teil. Es ist mir ein großes Anliegen, unsere Fachhochschulen im System zu stärken und eine vernünftige Kommunikation walten zu lassen. Was Sie hier beschreiben, findet dort nicht statt. Natürlich gibt es auch Kritik und andere Vorschläge. Das ist

gar keine Frage. Aber dass die Hochschulen wegen eines Hochschulzukunftsgesetzes auf den Barrikaden wären, das es noch gar nicht als Gesetzesvorlage gibt, sondern wo wir nur über Eckpunkte diskutieren, stimmt einfach nicht. Das bestimmt auch nicht die Realität an den Hochschulen. Ich selbst komme von einem sehr starken Hochschulstandort, nämlich von der RWTH Aachen, und führe dort regelmäßig Gespräche mit dem Rektor, Herrn Prof. Schmachtenberg.

(Zuruf von Dr. Stefan Berger [CDU])

Wir können sehr vernünftig miteinander umgehen. Ich habe mir einmal die erste Senatsvorlage für eine Stellungnahme zu den Eckpunkten angeschaut, die auf den Weg gebracht worden ist. Herr Prof. Schmachtenberg als Rektor der RWTH Aachen will dadurch erreichen, dass die Personalräte, der AStA und der Senat gemeinsam eine Position zu den Eckpunkten erarbeiten. Da steht sehr viel Sinnvolles drin, was Frau Ministerin Schulze auch so formuliert hat. Insofern glaube ich, dass wir nach dem Motto „Fürchtet euch nicht!“ und „Keine Panikmache“ zu einem guten Ergebnis kommen werden, meine Damen und Herren.

Sie haben die Aktuelle Stunde mit der Überschrift „Hochschulen am Limit“ betitelt. Ich muss Ihnen sagen, Sie sind schon seit längerer Zeit absolut am Limit.

(Beifall von der SPD – Zuruf von der SPD: Er ist schon drüber!)

Sie haben den Gipfelpunkt der Unmöglichkeiten schon lange überschritten. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die FDP-Fraktion spricht Frau Abgeordnete Freimuth.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Schultheis, an der Stelle gebe ich eine kleine Hilfe für Ihre Erinnerung. G8 wurde 2004/2005 von Rot-Grün auf die Agenda und ins Gesetz gebracht.

(Beifall von der FDP und der CDU – Werner Jostmeier [CDU]: Sehr richtig!)

Da können Sie sich gern bei Frau Kollegin Schäfer erkundigen, deren Ausführungen ich sehr wohl noch im Ohr habe.

Zum Thema der heutigen Aktuellen Stunde muss man unstreitig feststellen, dass die Auslastung an unseren Hochschulen sehr hoch ist und wir durch den doppelten Abiturjahrgang hier in NordrheinWestfalen zum Wintersemester 2013/2014 voraus

sichtlich noch einmal ein Rekordniveau erreichen werden.

Es ist eine Freude, dass so viele junge Menschen die Fähigkeit und die Zulassung zu einer akademischen Hochschulausbildung haben und die sich daraus ergebenden Chancen nutzen wollen. Aber das bringt natürlich enorme Herausforderungen für unsere Hochschulen mit sich. Ich glaube, das ist genauso unstreitig. Man muss der Fairness halber konstatieren, dass unsere Hochschulen dem in vorbildlicher Weise Rechnung tragen und sich darauf vorbereiten.

Denn angefangen bei den Aufnahmekapazitäten und sich daraus wegen des höheren Numerus clausus ergebenden Zulassungsbeschränkungen – das Beispiel wurde gerade schon erwähnt – über Raum- und Lehrplatzmangel, verschlechterte Betreuungsrelationen bis hin zu einem Mangel an studentischem Wohnraum, Mensakapazitäten und allem, was wir sonst noch in diese Liste aufnehmen könnten, handelt es sich um enorme Herausforderungen, vor denen die Hochschulen stehen.

Unsere Hochschulen stellen sich diesen großen Herausforderungen. Allen Beteiligten sind großer Dank und Anerkennung zu zollen. Das gilt im Übrigen auch für die Kommunen, die das Glück haben, Hochschulen zu beherbergen, die wegen der hohen Studierendenzahlen große Herausforderungen zu bewältigen haben.

(Karl Schultheis [SPD]: Sie haben vergessen, der Landesregierung zu danken!)

Angesichts dieser großen Herausforderungen müssen wir natürlich auch fragen dürfen, ob wir als Landesgesetzgeber oder ob die Landesregierung die Rahmenbedingungen so setzen, dass die Hochschulen den Herausforderungen weiterhin erfolgreich begegnen können, ohne dass vor allen Dingen die Qualität der Hochschulausbildung darunter leidet.

In der Vergangenheit wurden in dem Zusammenhang viele wichtige und richtungsweisende Entscheidungen getroffen. Ich darf beispielsweise den durch Innovationsminister Pinkwart auf den Weg gebrachten Fachhochschulausbau erwähnen, der gerade schon genannt wurde. Mit den neuen Fachhochschulen und ihren Standorten wurden zusätzliche, qualitativ hochwertige Studienangebote geschaffen. Diese Konzeption war richtungsweisend und vorausschauend.

Ich glaube, wir sind uns auch darin einig, dass pragmatische Ansätze – zum Beispiel Vorlesungen in Kinosälen oder leerstehenden Baumärkten – allenfalls eine Übergangslösung sein können, aber keinesfalls Maßstab für gute Qualität werden.

Der Vorgriff auf die verabredeten Hochschulpaktmittel kann, meine Damen und Herren, auch hier nicht die einzige Antwort sein. Wichtig ist es ganz ohne

jeden Zweifel, den Hochschulen, die zur Bewältigung der höheren Studienanfängerzahlen wegen des doppelten Abiturjahrgangs angedachten Mittel tatsächlich zur Verfügung zu stellen und insbesondere die verabredete Kofinanzierung des Landes zu leisten.

Gestatten Sie mir aber schon ein paar Anmerkungen zu einigen vorgestellten Vorhaben der Landesregierung. Zur Ankündigung der Schaffung von 750 zusätzlichen Wohnheimplätzen: Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei 20.000 neuen Studienanfängern können wird das ganz sicher kaum als ausreichend oder als mehr als einen Tropfen auf den heißen Stein bezeichnen.

(Karl Schultheis [SPD]: Sie haben fünf Jahre gekürzt!)

Ein studentisches Wohnraumförderungsprogramm muss ebenfalls erst noch anlaufen und ist ebenso nicht geeignet, die Situation der Studienanfänger kurzfristig und damit rechtzeitig zu entlasten. Im Zusammenhang mit den Problemen mit den BAföGAnträgen haben Sie auch erst reagiert, nachdem es an allen Ecken brannte. Gerade in einer Situation, in der angesichts der Sorgen und Fragen der aktuellen und zukünftigen Studierenden Konzeptionen, Lösungskompetenz und Besonnenheit gefordert wären, lässt die Landesregierung das leider nicht erkennen. Die jungen Menschen sind verunsichert.

Meine Damen und Herren, ich bin der festen Überzeugung: Das kann und darf so nicht bleiben. Ausgerechnet beim doppelten Abiturjahrgang ist ein so oft beschworener präventiver Ansatz bei dieser rotgrünen Landesregierung nicht erkennbar.

(Beifall von Klaus Kaiser [CDU])

Seit fast drei Jahren regieren Sie, Frau Ministerin Schulze. Damit müssen Sie sich auch diesen eigenen Versäumnissen stellen. Der ständige Ruf nach Berlin überzeugt nicht.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Denn gerade die Gespräche mit Berlin würden doch umso besser untermauert, unterlegt und unterstützt werden, wenn Sie in Nordrhein-Westfalen Ihre eigenen Hausaufgaben machten. Ich will nur auf Folgendes hinweisen: Die Lockerung des Kooperationsverbots insbesondere für den Hochschulbereich ist insbesondere von den rot-grün-geführten Bundesländern blockiert worden.

(Vorsitz: Vizepräsident Oliver Keymis)

Meine Damen und Herren, die Hochschulen sind uns an der Stelle Gott sei Dank einige Schritte voraus. Sie haben sehr wohl gezeigt, dass sie mit der Verantwortung, die ihnen im Hochschulfreiheitsgesetz eingeräumt wurde, sehr besonnen und verantwortungsvoll umgehen. Sie haben in Ihrem Monitoring-Bericht letztes Jahr selber hervorgehoben, dass

die Hochschulen ihrer Verantwortung in besonderer Weise entsprechen.

Aber bei aller Anerkennung dafür, dass die Hochschulen sehr eigenverantwortlich und verantwortungsbewusst mit ihren Freiheiten umgehen und so die Möglichkeiten nutzen, diesen großen Herausforderungen entgegenzutreten, statt darauf zu warten, dass von oben irgendwie eine Direktive erlassen wird, sondern stattdessen freiheitlich-eigenverantwortlich die Möglichkeiten nutzen, bedeutet es eine Verhöhnung dieser Leistung und Verantwortung, wenn Sie ausgerechnet in diesem Moment mit Ihren Eckpunkten für ein Hochschulentmündigungsgesetz die Botschaft senden: Meine Güte, Ihr könnt das ja alles nicht! – Damit kommt Misstrauen zum Ausdruck. Es wird angezweifelt, dass die Hochschulen diesen Herausforderungen entsprechen können.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Leider ist die Redezeit an dieser Stelle immer zu kurz. Liebe Kolleginnen, es gäbe noch vieles anzusprechen.

(Die Abgeordnete hält ein Blatt Papier hoch.)

Ein solcher Zeitungsartikel mit der Überschrift „Zahl der Studenten überfordert Professoren“, Texte wie „Betreuungsrelationen von 1:100“ – gemeint sind Professoren und Studierende –, können doch für uns nicht Maßstab sein, liebe Kolleginnen und Kollegen, und das in einem Land, das den Anspruch erhebt, immer noch Innovationsland Nummer eins zu sein und im europäischen Wettbewerb mitzuspielen, wenn es um die Gewinnung von Exzellenzen für unser Land geht. Wir leben davon, dass junge Menschen ihre Innovationskraft hier einsetzen und ihre Chancen in dieser Gesellschaft nutzen und einbringen können.

Deshalb kann es nicht unser Maßstab sein, sehenden Auges die Verschlechterung der Qualitäten in Kauf zu nehmen und darüber hinaus landesseitig nicht auf die großen Anforderungen zu reagieren. Diese Versäumnisse müssen Sie sich leider vorhalten lassen. – Vielen Dank!

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Frau Freimuth. – Nun spricht für die grüne Fraktion Frau Dr. Seidl.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch noch einmal zu Ihrer Erinnerung, Frau Freimuth: In der Tat ist G8 unter Rot-Grün beschlossen worden. Das haben wir damals als Wahloption beschlossen. Vielleicht erinnern Sie sich auch daran.

(Widerspruch von Klaus Kaiser [CDU])

Das heißt: Die Schulen hätten sich für G8 oder G9 entscheiden können.

Sie haben das 2005 anders umgesetzt. Die Schulen haben es anders machen müssen.

(Klaus Kaiser [CDU]: Nein, nein!)

Wir hätten heute ganz andere Zahlen gehabt, als die, die jetzt auf die Hochschulen zukommen.

Wir haben gestern auch über den Landeshaushalt 2013 für die Hochschulen diskutiert. Und wir haben bei nüchterner Betrachtung festgestellt, dass wir noch nie so viel Geld in die Hochschulen gesteckt haben wie heute.

(Dr. Stefan Berger [CDU]: Wir hatten noch nie so viele Studenten!)