Protocol of the Session on February 27, 2013

Hören reicht. Das ist hier aber auch ein Gewusel wie in einem Bienenstock. Verzeihen Sie den schlechten Wortwitz!

Meine Damen und Herren! Was die Honigbiene für unsere Umwelt bedeutet, das lernen Kinder heute schon in der Grundschule. Mit der Honigbiene selbst verbinden wir alle meist nur Positives: leckeren Honig, das wohlriechende Wachs und die Kerzen. Wenn wir an die Honigbienen denken, dann vergessen wir jedoch meist ihre über 500 Artverwandten, nämlich die Wildbienen.

Genau diese Wildbienen sind es neben einer weiteren Reihe von Faltern, Fliegen und Käfern, die mit ihrer Bestäubungsleistung eine elementare Schlüsselrolle im landwirtschaftlichen Ökosystem einnehmen. Auf der Suche nach Nektar übertragen sie den Pollen von Blüte zu Blüte und sorgen so dafür, dass im Spätsommer an einem Apfelbaum auch ein Apfel

hängt. Denn nur dort, wo eine Bestäubung stattgefunden hat, kann auch eine Frucht entstehen.

Sogar im Bereich der nachhaltigen Energiepolitik spielt diese Bestäubungsleistung eine wichtige Rolle. So bilden zum Beispiel Rapsschoten umso mehr Erträge, je intensiver sie von den Bienen besucht werden. Den Wert dieser Bestäubungsleistung kann man sogar beziffern. Er beträgt allein hier in Deutschland jährlich ca. 2,5 Milliarden €.

Aber um die Bienen steht es bei uns nicht so gut, denn von den etwas über 500 Wildbienenarten sind fast 200 stark vom Aussterben bedroht, 38 sind nachweislich bereits ausgestorben. Manche Quellen sprechen sogar von über 60 % gefährdeter Arten.

Wie kommt das? Als eine der wesentlichen Ursachen wird die Landnutzung aufgeführt, dort vor allem die intensive moderne Landwirtschaft. Wir alle kennen die kräftig gelben, fast bis zum Horizont reichenden Rapsfelder im Sommer. Man könnte fast meinen: Die auf Nektar angewiesenen Insekten leben dort in einem Paradies. Ja, das tun sie auch für ca. drei Wochen. Davor und danach müssen sie hungern, denn in so einer Agrarmonokultur blüht nichts mehr. Und genau das ist das Problem.

Um einen Artenreichtum an Blütenbestäubern zu gewährleisten, ist es absolut notwendig, während der gesamten Vegetationsperiode eine kontinuierliche Nahrungsgrundlage zu schaffen. Dabei ist es egal, ob man zuerst die ökologischen oder die volkswirtschaftlichen Interessen in den Vordergrund stellt; denn beide Bereiche stehen in direktem Zusammenhang und können nicht unabhängig voneinander betrachtet werden.

Die acht Forderungen in unserem Antrag stellen einen ersten Schritt dar, dieses Problem zu lösen. Damit sollen Landwirte und die Bevölkerung für dieses Problem sensibilisiert werden, und sie sollen dazu führen, dass erste konkrete Maßnahmen getroffen werden.

Noch ein paar Nice Facts zu diesem Antrag: Die Urfassung dieses Antrags wurde im saarländischen Landtag durch die Fraktionen der Grünen und der Piraten ins Plenum eingebracht und dort auch von allen Fraktionen erfolgreich beschlossen. Schon damals habe ich diesen Antrag für die Piratenfraktion beratend begleitet und konnte als Imker mein Fachwissen dort einbringen. In NRW wurde der Antrag von uns noch einmal überarbeitet. Dabei wurden von uns im Vorfeld gezielt Imker angeschrieben und nach ihrer Meinung gefragt. Menschen, die vorher mit Politik wenig zu tun hatten, konnten sich plötzlich direkt an einem parlamentarischen Prozess beteiligen.

(Beifall von den PIRATEN)

Diese Tatsache freut mich besonders; denn das ist Mitmach-Politik, wie sie erst durch das Internet möglich wurde. Weiterhin freue ich mich außeror

dentlich über die positiven Stimmen und Signale der Regierungsfraktionen zu unserem Antrag im Vorfeld; denn das zeigt doch, dass dies ein wichtiges Thema ist. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall von den PIRATEN und Norwich Rüße [GRÜNE])

Vielen Dank, Herr Kollege Lamla. – Für die Fraktion der SPD spricht Herr Kollege Börner.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der eine oder andere aus diesem Haus mag sich gefragt haben, warum wir uns zu dieser späten Stunde noch mit Bienen beschäftigen müssen. Vielleicht scheint dieses Thema kurios oder komisch zu sein; aber nur auf den ersten Blick ist die Beschäftigung mit der Bienenpopulation trivial. Denn für die Arbeit der Bienen können wir durchaus das Wort „systemrelevant“ heranziehen. Das ist – wenn ich das zu dieser späten Stunde sagen darf – nicht nur deshalb so, weil Eltern Bienen natürlich auch benötigen, um ihrem Nachwuchs zu erklären, wie Kinder entstehen. Viel wichtiger ist es aber – das wurde gerade schon angeführt –, die eigentliche Leistung der Bienen zu beleuchten.

Wild- und Honigbienen nehmen als Bestäuber von Nutz- und Waldpflanzen eine zentrale Rolle bei der Pflanzenproduktion ein und haben eine große Bedeutung für die Landwirtschaft. Ungefähr 80 % der heimischen Nutz- und Wildpflanzen sind auf die Bestäubung durch Bienen angewiesen. Etwa 85 % der Erträge im Pflanzen- und Obstbau hängen direkt von der Bestäubung durch Bienen ab. Die Bestäubungsleistung der Bienen trägt aber auch in hohem Maße dazu bei, die Artenvielfalt auf den Feldern, im Wald sowie auf den Naturschutz- und Brachflächen zu sichern. Damit ist – es ist ganz spannend, wenn man das herausfindet – die Biene das drittwichtigste landwirtschaftliche Nutztier nach Schwein und Rind.

Aufgrund des eingeschränkten Nahrungsangebotes in monostrukturierten Kulturlandschaften oder durch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln sind viele Bienenarten in ihrem Bestand stark bedroht und stehen mittlerweile auf der Roten Liste. Gleichzeitig nimmt die Zahl der Imker ab, da Imker als Beruf oder auch als Hobby immer weniger attraktiv wird. Das Durchschnittsalter der Imker liegt inzwischen bei über 60 Jahren.

Blütenreiche Lebensräume für Bienen in ländlichen Gebieten sind bedroht. Sie müssen geschützt und ausgeweitet werden. Seit einigen Jahren ist ein fortwährendes Massensterben ganzer Bienenvölker – zunächst in den USA und in Asien, zunehmend aber auch in Europa – zu beobachten. Die

Ursachen sind vielfältig und nicht auf einen einzigen Faktor zurückzuführen.

Der unbegrenzte Einsatz von Insektiziden in der Landwirtschaft, Mangelernährung durch Schaffung von Monokulturen und Befall durch Parasiten, Viren und Bakterien stellen eine enorme Gefahr für die Population der Bienen dar. Besonders dramatisch wird es, wenn alle diese Faktoren zusammenkommen. Um dem fortwährenden Bienensterben entgegenzuwirken, ist ein ganzes Bündel politischer und auch wirtschaftlicher Maßnahmen erforderlich, welches die Eindämmung aller aufgezeigten Faktoren beinhaltet.

Wir sind der Fraktion der Piraten dankbar, dass sie dieses Thema durch ihren Antrag mehr in den Mittelpunkt unserer Beratungen gerückt hat.

(Beifall von den PIRATEN)

Wir müssen an mehreren Stellen ansetzen. Der immer weiter gehenden Ausweitung von Monokulturen und dem dadurch notwendigen hemmungslosen Einsatz von Insektiziden müssen wir mit klügeren Formen der Nahrungsmittelgewinnung begegnen.

Da Imkereien oft dezentral zu finden sind, vermeiden wir zusätzliche Transportwege mit ihren klimabeeinträchtigenden Wirkungen. Diesen Imkern, die die Imkerei oft als Hobby betreiben, müssen Weiterbildungen angeboten werden. Letztlich können sie durch ihre Arbeit der Gesundheit der Tiere – zum Beispiel durch die Bekämpfung von Milbenbefall – dienen. Dies ist nicht nur für NordrheinWestfalen von Bedeutung, sondern muss auch im Bund und in Europa Beachtung finden. Überall tauchen die gleichen Symptome auf oder werden in absehbarer Zeit auftauchen, wenn wir dem nicht entgegenwirken.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, lassen Sie uns gemeinsam jetzt die notwendigen Schritte unternehmen, um ein weiteres Sterben von Bienenvölkern zu vermeiden – nicht erst dann, wenn uns die heute schon bekannten Probleme irgendwann überrollen. – Glück auf!

(Beifall von der SPD und den PIRATEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Börner. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Schick.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die etwa 10.000 Imker und rund 60.000 Bienenvölker leisten einen beachtlichen Beitrag für das Ökosystem in Nordrhein-Westfalen. Deshalb hat die Befassung des Landtags mit den Lebensbedingungen von Bienen zweifelsohne auch zu dieser späten Stunde eine Berechtigung.

Schaut man auf die nackten Zahlen, stellt man fest, dass die Zahl der Bienenvölker rückläufig ist; nach dem Zweiten Weltkrieg gab es noch über 150.000 Bienenvölker in Nordrhein-Westfalen. Eine weitere Fortsetzung dieses negativen Trends würde sich bedenklich auswirken.

Bienen spielen bei uns in Deutschland – also auch bei uns in Nordrhein-Westfalen – eine sehr wichtige Rolle. Nach dem Rind und dem Schwein belegen sie in der Liste der wichtigsten Nutztiere Platz 3. Das ist bei der Biene nicht in erster Linie wegen des Honigs der Fall, den sie uns liefert. Ich denke, dass auch sehr, sehr viele Landtagskollegen ihn schätzen. Die weitaus größere Bedeutung hat unsere Biene für die Pflanzenwelt. Ohne Bienen ist unsere Flora in der bekannten Form gar nicht möglich.

Schätzungen zufolge hängen etwa 30 % unserer heimischen Nutzpflanzen von der Bestäubung durch Bienen ab. Vier von fünf heimischen Pflanzen sind darauf angewiesen, dass sie von Bienen bestäubt werden. Findet das nicht statt, sinken die Erträge. Ganz besonders deutlich würde sich das beim Obst zeigen.

Aus diesem Grund gibt es bereits zahlreiche Initiativen, die sich zum Ziel gesetzt haben, Lebensräume von Bienen zu erhalten oder neue zu erschließen. Auf Internetseiten – beispielsweise der Imkerverbände – oder beim Netzwerk Blühende Landschaft erhalten Interessierte Anregungen, wie sie zum Fortbestand von Bienenvölkern beitragen können. Wichtig dabei ist, dass es in unserer Gesellschaft sehr viele Gruppen gibt, die einen Beitrag leisten können:

Gartenbesitzer zum Beispiel haben die Möglichkeit, für paradiesische Zustände zu sorgen. Selbst wenn der eigene Garten fehlt, gibt es auf dem Balkon in Form von Balkonkästen oder Kübeln die Möglichkeit, Bienen etwas Gutes zu tun, wenn man nicht auf die klassischen Balkonpflanzen wie Geranien oder Fleißige Lieschen setzt.

Auch Landwirte können durch Anpflanzung und Fruchtfolgen die Lebensbedingungen von Bienen verbessern. Vorschnelle Schuldzuweisungen in Richtung der Landwirtschaft wegen des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln helfen dagegen nicht weiter. Die strengen Zulassungsverfahren und die obligatorischen Fortbildungen für Landwirte sorgen dafür, dass die Bienen in Deutschland im europäischen Vergleich sehr gut geschützt sind. Hauptgefahr für die Bienen in Nordrhein-Westfalen sind Milben, die sich direkt in der Brut entwickeln und sich dort vermehren.

Auch öffentliche Flächen können genauso wie Gärten oder landwirtschaftliche Flächen einen Beitrag leisten, egal ob es sich um Straßenränder, Verkehrsinseln, Friedhöfe, Parks oder Ausgleichsflächen handelt, überall bieten sich Möglichkeiten einer insekten- und bienenfreundlichen Bewirtschaf

tung. Diese Maßnahmen sind häufig sogar günstiger als die bislang praktizierte Bepflanzung und Pflege.

Diese Bedeutung misst auch Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner diesem Thema bei, die in wichtigen Fragen gemeinsame Positionen mit den Imkerverbänden bezieht. Zuletzt ist das in dem einstimmig gefassten Beschluss zur Null-ToleranzGrenze bei nicht zugelassenen, gentechnisch veränderten Organismen in Lebensmitteln deutlich geworden. Imker werden in besonderer Weise durch Agrogentechnik betroffen, denn ihrer Arbeit und den Honigprodukten bringen die Verbraucher ein sehr, sehr hohes Vertrauen entgegen, das dadurch erheblich leiden könnte.

Doch auch wenn wir der Beurteilung des Imkerwesens und dem Antragsteller damit in weiten Teilen zustimmen, heißt das nicht, dass wir dem Antrag zustimmen werden. Das Greening hilft den Bienen nicht. Deshalb werden wir den Antrag ablehnen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Schick. – Für die Grünen spricht Herr Kollege Rüße.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Schick, das war genau die erwartete Sonntagsrede der CDU zum Thema. Am Ende umkurven Sie die Probleme wieder ganz geschickt. Ich glaube, dass wir an der Stelle so nicht wirklich weiter kommen.

Ein paar Nistkästen für Bienen im Garten, ein paar Blühpflanzen für Bienen im Garten und in den Städten helfen uns nicht weiter. Die Probleme sind schon ein bisschen tiefgreifender. An der Stelle kann ich nur sagen: Vielen Dank an die Piratenfraktion, dass Sie den Antrag hier und heute gestellt haben. Es macht in der Tat Sinn, dass wir uns solchen ökologischen Problemen – zumal dann, wenn sie so tiefgreifend sind – stellen und sie hier in Nordrhein-Westfalen so intensiv diskutieren.

(Beifall von den GRÜNEN und den PIRATEN)

Wir haben als grüne Landtagsfraktion Ende Oktober letzten Jahres den Film „More than Honey“ gezeigt. Das war in NRW eine Premiere. Unglaublich viele Imker haben sich diesen Film mit uns zusammen angeguckt. Am Ende waren sie sprachlos darüber, wie wir Menschen auf der ganzen Welt mit Bienen umgehen, was dort gemacht wird und wie der ökologische Zustand ist:

Mittlerweile haben wir in vielen Erdteilen schon gar keine Bienen mehr. China ist an der Stelle das beste Beispiel. Das gilt aber auch für die USA. Haben Sie die Bilder dieser großen Trucks gesehen, die in die kalifornischen Mandelbaumplantagen hineinfahren und dort gegen Geld Bestäubung verrichten? Es

geht gar nicht mehr um den Honig, sondern es geht darum, Bestäubungsleistung zu verkaufen, die Bienen dort einzubringen. Damit wird der Ertrag der Mandelbäume hochgefahren. Das bezahlen die den Imkern dort.

Die Bienenverluste, die es dort aufgrund der Spritzmittel gibt, die gleichzeitig in den Intensivkulturen eingesetzt werden, sind schon beeindruckend. Das aber kalkulieren die Imker ein. Trotzdem lohnt es sich. Man kann dann an der Stelle schon sagen, dass das eine regelrechte Bestäubungsindustrie ist. In China klettern dagegen Menschen auf Bäume, um dort die Biene zu ersetzen und die Blüten zu bestäuben. Das ist ein Zustand, zu dem wir auf keinen Fall wollen.

Wir könnten jetzt sagen, dass für uns Kalifornien weit weg und China noch viel weiter weg ist und wir die Situation hier nicht haben. Trotzdem haben wir mittlerweile riesige Probleme, die eben schon einmal dargestellt worden sind: Wir haben bei den Bienenvölkern einen Rückgang, und wir haben etliche Imker, die mittlerweile keine Lust mehr haben, weil sie Jahr für Jahr so hohe Verluste an Bienen haben, dass es ihnen einfach keinen Spaß mehr macht.

An der Stelle muss man innehalten. Eben wurde gesagt, dass Spritzmittel, die erlaubt sind, keine Probleme bereiten. 2008 haben wir 11.000 Bienenvölker verloren, weil ein erlaubtes Beizmittel im Maisanbau eingesetzt wurde. Darüber kann man nicht einfach hinweggehen.

2010 und 2011 gab es in der Bienenhaltung die großen Verluste durch die Varroamilbe. Das war für die Imkerei auch eine Katastrophe und in der Tat ein Grund dafür, dass viele Imker keine Lust mehr haben.