Im Herbst hat es eine Pressekonferenz von Herrn Girsky gegeben, die er in Deutschland abgehalten hat, bei der die Absicht, nach 2016 keine weiteren Automobile in Bochum herzustellen, bestätigt worden ist. Einige Agenturen haben daraus eine Neuigkeit gemacht, die es aber eigentlich nicht gewesen ist, sondern es ist die Bestätigung einer Absicht gewesen.
Wir sind nicht von der Ankündigung überrascht gewesen, aber wir sind in der Tat davon überrascht gewesen, dass sich der Vorstand – nachdem er sich am Freitag nach der Einladung zu einer kurzfristig anberaumten Betriebsversammlung am Montag entschließt, dort hinzugehen –, obwohl das Unternehmen, der Betriebsrat und wir mitten in Gesprächen darüber sind, wie man eine vernünftige Perspektive für Bochum entwickeln kann, in der Betriebsversammlung sagt: Wir reden zwar noch über
alles, aber das schichten wir schon einmal ab: Wir werden die Produktion von Automobilen in Bochum definitiv nach 2016 einstellen. – Das ist kein guter Stil, wenn man sich in Verhandlungen über eine Gesamtkonzeption befindet.
Wir wollen jetzt Folgendes tun, und das machen wir seit Monaten: Wir wollen deutlich machen, dass das kein Bochumer Problem ist und dass wir die Wirtschaftsförderung und die politisch Verantwortlichen in der Stadt Bochum damit nicht alleine lassen, sondern unserer Verantwortung als Land gerecht werden. Wir werden das machen, was ich Ihnen auch im Wirtschaftsausschuss als vorausschauende Politik beschrieben habe. Deswegen sind wir in eine gemeinsame Arbeitsgruppe „Perspektive 2022“ hineingegangen, um mit dem Unternehmen, mit den Beschäftigten und mit der Stadt darüber zu reden, was wir tun können.
Erstens. Es darf keine Entlassung in die Arbeitslosigkeit geben. Wir wollen den Ausschluss von betriebsbedingten Kündigungen.
Zweitens. Wir wollen in Bochum eine hochwertige Komponentenförderung. Es kann nicht sein, dass wir hier nur über 500 Arbeitsplätze im Warenverteilzentrum reden. Wir wollen einen wesentlich höheren Anteil, und wir wollen einen Anteil für hochwertige Produktion, die dann in Bochum künftig weiter stattfinden wird.
Drittens. Wir wollen, dass sich die Arbeitsgruppe „Perspektive 2022“ zu einer Entwicklungsgesellschaft weiterentwickelt. Diese Entwicklungsgesellschaft kann dann vom Unternehmen und von der Stadt getragen werden. Aber bevor wir zu einer solchen Vereinbarung kommen, muss es eine feste und klar nachvollziehe Zusage des Unternehmens geben, mit welchem deutlich spürbaren Beitrag eine solche Entwicklungsgesellschaft unterstützt wird. Ich bin bei all denen, die sagen: Hier ist nicht der Staat gefordert, mit dem Portemonnaie und dem Geld von Steuerzahlern zu winken, sondern das Unternehmen ist in der Verantwortung, dieses zu leisten.
Deswegen geht es mir darum, dass wir da auch zusammenbleiben. Wir dürfen das Unternehmen nicht aus der Verantwortung lassen. Wenn das geleistet ist, dann wird es eine solche Entwicklungsgesellschaft geben.
Ich selbst bin seit längerer Zeit in vielen Gesprächen mit Vertretern aus der Automobilbranche, den Zulieferern, die – das haben sie selbst gesagt – ein
hohes Interesse an einer Perspektive haben, und mit der Bundesagentur für Arbeit, mit Menschen, die viel Erfahrung in diesem Bereich haben und die auch entsprechendes Herzblut für Bochum mitbringen, um das auf den Weg zu bringen. Aber wir können das erst dann zusammenführen, wenn dieser spürbare Beitrag von GM wirklich feststeht.
Ein letztes Wort erlauben Sie mir zu dem kommenden Samstag: Wir alle haben kein Verständnis dafür, dass das Unternehmen es den Menschen versagt, die zum Beispiel über drei Generationen dort in der Produktion tätig waren, dieses Fest zu begehen.
Ich möchte mich aber an dieser Stelle ganz ausdrücklich bei Rainer Einenkel bedanken, der heute Nacht, nachdem diese Entscheidung getroffen wurde, gesagt hat: Wir machen etwas Neues, etwas Eigenes, und wir machen es nicht am Samstag, weil das möglicherweise auch von Leuten oder von Gruppierungen, die mit dem Betriebsrat oder mit Opel selber überhaupt nichts zu tun haben, missbraucht werden könnte. Wir machen vielmehr in sehr geordneten Bahnen Anfang des Jahres eine eigene Veranstaltung mit der Stadt, den Kulturschaffenden und mit sehr vielen Prominenten, die an der Seite der Opelaner stehen. Diese Besonnenheit des Betriebsratsvorsitzenden verdient unser aller Respekt. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. – Der Minister hat die Redezeit um 1:30 Minuten überzogen. Wir werden in der zweiten Runde der Fraktionsrednerinnen und -redner bei der Redezeit entsprechend großzügig sein. – Für die Fraktion der CDU hat der Kollege Laschet das Wort.
Weil gestern und heute mehrfach, statt das Redepult herauf- oder herunterzufahren, die Mikrofone verstellt wurden, möchte ich auf Folgendes hinweisen: Das verändert die Raumakustik. Berücksichtigen Sie das bitte, und fahren Sie nur das Redepult herauf und herunter! Dafür wären wir Ihnen sehr dankbar.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt einen Konsens in diesem Hause, Herr Minister. Aber der gestaltet sich nicht so, dass man nicht auch kritische Fragen stellen kann. In der Kommentierung der Haushaltsdebatte haben viele Kolleginnen und Kollegen der Medien, zu denen Sie dort gut hinaufschauen können, geschrieben: Die Regierung verwaltet nur noch. – Das gilt für die generelle Landespolitik; das haben wir gestern festgestellt.
Nein, nicht wir, sondern Journalisten: Johannes Nitschmann und andere. Das sind ja in der Regel keine CDU-Mitglieder, sondern Leute, die diese Debatten beobachten und sagen: Diese Regierung verwaltet nur noch. – Das ist eine Kritik an Ihnen, die Sie einmal ernst nehmen sollten!
Und, Herr Wirtschaftsminister, ein paar kritische Fragen sind schon erlaubt. Wenn nämlich Frau Kraft mit großem Pathos im Jahre 2009 der Frau Thoben, die Bochum kennt und die sich dort gekümmert hat, sagt, ihr fehle ein politischer Seismograf, dann darf man hier doch einmal die Frage stellen, welche seismografischen Fähigkeiten Sie eigentlich haben, wenn Sie mit den Leuten zusammensitzen und dann aber überrascht sind, dass die am Montag anders entscheiden als am Freitag!
Da ist doch bei Ihnen etwas falsch gelaufen. Da haben Sie doch irgendetwas nicht mitgekriegt, oder Sie haben den Leuten zu leichtfertig geglaubt. Irgendetwas ist doch schiefgelaufen, wenn man am Freitag redet und am Montag sagt, ich bin völlig überrascht, was dort passiert. Deshalb: Abrüsten in der Sprache.
Die zweite Frage ist, welche Eindrücke man erweckt. Noch im Mai sagte die Ministerpräsidentin: „Wir, die Ministerpräsidenten von Hessen, Rheinland-Pfalz, Thüringen und Nordrhein-Westfalen, fahren … nach Detroit.“ – Und Herr Beck sagt: Frau Kraft koordiniert für uns diese Reise.
Sie war bis heute nicht in Detroit. Warum hat man diese Gespräche, die man für Juni angekündigt hat, denn nicht geführt?
(Ministerpräsidentin Hannelore Kraft: Das ist kein Zitat von mir! – Gegenruf von der CDU: Aber von Beck!)
„Die Reise sei ‚ein Vorschlag von Hannelore Kraft, über den wir Anfang der Woche weiter reden wollen‘, sagt der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Beck. Kraft koordiniere die Angelegenheit, ‚weil das Werk in Bochum auch am stärksten betroffen‘ sei.“
Wenn sich vier Ministerpräsidenten koordinieren – das ist das, was der Kollege Laumann gestern gesagt hat –, muss man im Ergebnis feststellen: Diese Koordinierungsleistung hat dazu geführt, dass unter den vier Ländern das Werk in Nordrhein-Westfalen geschlossen wird. Das ist ein Faktum. Das ist Ihre Koordinierungsleistung!
Das liegt an der Produktpalette; das liegt an dem, was in Bochum produziert wird; das liegt an GM. – Frau Kraft, ich würde sagen, in diesem Teil haben Sie Recht. Das war auch der schwächste Standort, der am wenigsten zu halten war. Das Problem ist aber: Man darf als Politiker nicht das Gefühl vermitteln, ich löse das alles für euch. Wenn das alles so klar war, hätten Sie diese Koordinierungsrolle gar nicht übernehmen dürfen. Wenn Sie koordiniert haben, sind Sie gescheitert. Das ist das Ergebnis, welches wir in diesen Tagen bekommen haben.
Der Kollege Wirtschaftsminister hat gerade noch einmal gesagt, wir wollen keine Steuergelder hineingeben. Das ist richtig. Frau Kraft hat aber im Jahr 2009 mit Schaum vor dem Mund an dieser Stelle zu Herrn Papke gesagt:
„die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler und für den Staat erheblich günstiger ist, Arbeitsplätze zu erhalten statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren.“