Verstecken Sie sich nicht dahinter, dass NRW bei der Abstimmung die Hand gehoben hat. Die NRWCDU und die NRW-SPD haben dabei versagt, Mehrheiten zu organisieren – die Mehrheiten, wenigstens
den Vermittlungsausschuss anzurufen und Änderungen zu erwirken. Dann hätte man hier jetzt über die Art der Änderungen debattieren können. Nur Ausnahmen für Grenzregionen hätten mir nämlich an der Stelle nicht gereicht.
Nun aber ist es noch viel, viel wichtiger, dass wir uns alle noch einmal ganz scharf gegen die Pkw-Maut aussprechen und alle kommenden Klagen argumentativ unterstützen. Die Posse muss enden!
Oft ist es ja so, dass SPD und CDU im Bund ein völlig unsinniges und gefährliches Gesetz verabschieden und dann darauf hoffen können, dass die Mehrzahl der Deutschen das nicht bemerkt oder es sogar gut findet, weil die unsinnige Initiative gut verkauft oder vermarktet wird – mit Angstmacherei, falschen Versprechungen etc.
Bei der Dobrindtschen Pkw-Maut dagegen ist der Großteil der Kuriositäten durchaus breit bekannt. „Wann bekennt sich eigentlich der IS zur PkwMaut?“ – Solch einen Spruch kann man dazu in sozialen Netzwerken lesen, und das war nur einer der harmlosen. Man sieht, dass die Bevölkerung einer solchen Politik nur noch mit Zynismus begegnet – Zynismus und Resignation, Resignation und Wut. Politikverdrossenheit ist da eher noch ein Euphemismus.
Wie soll man auch verstehen, was Sie da veranstalten? Der Vorwand ist, mehr Geld zu benötigen. Die Nachbarn haben Geld. Also geben die Nachbarn ein paar Euro, wenn man ihre kleinen Vorgärten besucht und dort Rasen mäht. Doch ein einfacher Rasenmäher – im Mautfall wäre das eine Vignette – reicht Herrn Dobrindt dafür nicht aus. Es muss schon ein Aufsitzrasenmäher sein, oder nein, besser noch ein Trecker, und zwar kein kleiner Trecker, sondern einer mit allem Schnickschnack, einen, mit dem man alles machen kann, ein Trecker, der so vielseitig ist, dass er Unmengen an Geld kostet und riesige Reifen hat. Mit diesen Reifen fährt Herr Dobrindt dann die Vorgärten der Nachbarn zu Brei, immer noch unter dem Vorwand, dort Rasen zu mähen.
Da verwundert es nicht, dass die Nachbarn verärgert sind und dabei auch kein Euro Gewinn, aber eine Menge Kosten und Kollateralschäden entstehen. Und warum? – Weil es nicht um das Rasenmähen geht – ich hätte übrigens einen Roboterrasenmäher genommen –, sondern um die Trecker und darum, was die Trecker sonst noch alles können. Auf die Maut bezogen: Weil es nicht um die Pkw-Maut geht, sondern um den Aufbau einer Überwachungsinfrastruktur.
Diese Infrastruktur wird nämlich für eine so simple Pauschalmaut gar nicht gebraucht. Dafür kann sie aber allen anderen Schnickschnack. Die Gelder der
Autofahrenden, die ehemals mittels Kfz-Steuer in den Haushalt flossen und dann in sinnvolle Verkehrsinfrastruktur hätten fließen können, werden nun umgeleitet, um eine Überwachungsinfrastruktur zu finanzieren, eine, mit der man ganz prima privatisierte Autobahnen abrechnen kann. Rendite für Finanzinvestoren – das passt der GroKo gut ins Konzept! Herr Rasche hat das eben schon erläutert.
Mit ihr kann man natürlich auch aus Antiterror-Gründen Autos verfolgen und Bewegungsprofile nachvollziehen. Diese Forderungen wird es geben, wenn die Infrastruktur erst einmal steht; es gibt sie teilweise jetzt schon. Und dann kommt wahrscheinlich auch noch die Vorratsbewegungsdatenspeicherung auf uns zu.
Und es geht natürlich um gezielte Wirtschaftsförderung, die Fortsetzung einer Toll-Collect-Klüngelei. Und wenn man schon einmal diese wertvollen erhobenen Daten hat, dann bekommen die Unternehmen sie wahrscheinlich auch noch für innovative BigData-Projekte obendrauf. Dahin wird uns die PkwMaut noch führen.
SPD und CDU hier in Nordrhein-Westfalen, Sie haben das mit zu verantworten! – Vielen Dank – nicht dafür, aber für das Zuhören.
So weit der Beitrag von Herrn Kollegen Bayer. Danke. – Für die SPD Fraktion spricht Herr Kollege Becker.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir reden hier über vergossene Milch. Für eine grundsätzliche Diskussion über die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur scheinen mir nach den beiden Beiträgen, die ich bisher gehört habe, fünf Minuten zu kurz zu sein.
Es ist so: Der Bundesrat hat entschieden, den Vermittlungsausschuss nicht anzurufen. Das ist bedauerlich.
Der Bundesrat hat für den kleinen Grenzverkehr mit der Mehrheit der Länder – inklusive Nordrhein-Westfalen – Ausnahmen bei der Pkw-Maut beschlossen. Der Bundesverkehrsminister hat leider die Forderungen der Bundesländer nicht aufgegriffen. Das haben wir für falsch gehalten und halten es immer noch für falsch; denn wir wollen nicht, dass die Offenheit, die gerade wir in Nordrhein-Westfalen mit den Menschen aus den Beneluxstaaten pflegen, durch Bezahlgrenzen behindert wird.
Deshalb wollte die Landesregierung zu Recht den Vermittlungsausschuss anrufen. Diese Initiative hat bedauerlicherweise keine Mehrheit im Bundesrat gefunden. Der Bundesrat und damit auch die Landesregierung werden jetzt nichts mehr daran ändern können. Das ist schlecht, sehr schlecht insbesondere mit Blick auf die Grenzregion und unsere BeneluxPartner.
Die Debatte darüber ist aber nicht hier im Landtag Nordrhein-Westfalen zu führen. Nicht unsere Landesregierung ist umgefallen, nicht unsere Landesregierung hat sich auf einen vermeintlichen Kuhhandel eingelassen, und nicht unsere Landesregierung hat sich von Seehofer erpressen lassen.
(Christof Rasche [FDP]: Aber unterschiedlich abgestimmt! – Ministerin Sylvia Löhrmann: In den Ausschüssen! – Gegenruf von Dietmar Brockes [FDP])
Diese Debatte gehört in die Landtage der anderen Bundesländer, beispielsweise in den Landtag Thüringen. Insofern kommen die Anträge zu spät und sind deshalb auch abzulehnen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Fehring das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Benjamin Franklin, einer der Mitbegründer der USA, hat einmal gesagt: Ist die Zeit das kostbarste unter allem, so ist Zeitverschwendung die allergrößte Verschwendung. – Ich denke, er hatte recht. Die beiden Anträge, die wir jetzt beraten, sind völlig sinnlos und daher verschwendete Zeit. Wir beraten zwei Anträge, die etwas fordern, das gar nicht mehr erfüllt werden kann.
Die Pkw-Maut hat den Bundestag und den Bundesrat passiert. Sie ist beschlossen. Daher ist die Forderung von FDP und Piraten an die nordrhein-westfälische Landesregierung, die Pkw-Maut zu verhindern, sinnlos. Der Kollege Becker hat darauf schon hingewiesen.
Die Landesregierung kann das gar nicht mehr verhindern. Das sollten Sie, liebe Kollegen von der FDP, akzeptieren. Die Piraten haben zwar ihren Antrag geändert, aber die Überschrift lautet immer noch:
Die FDP fordert die Landesregierung auf, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Einführung der Pkw-Maut zu verhindern. Die Erfüllung beider Forderungen ist, wie wir ja wissen, seit einer Woche nicht mehr möglich.
Hoffnung stirbt zuletzt, Christof, ja. – Daher werden wir die beiden Anträge ablehnen. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind keine Mautfans. Daher setzt sich die CDU-Landtagsfraktion NordrheinWestfalen seit jeher gegen jede Form einer PkwMaut ein. Unser Lebens- und Wirtschaftsraum Nordrhein-Westfalen bildet mit Belgien, den Niederlanden und Luxemburg den letzten mautfreien Raum Europas. Die schon geäußerte Sorge ist berechtigt, dass die Niederlande und Belgien auch eine Maut einführen. Wir halten die Pkw-Maut für ebenso falsch wie die Rente mit 63. Beide Fehlentscheidungen sind aber leider Bestandteil des Koalitionsvertrages, und den stellen wir nicht infrage.
Lieber Christof Rasche, in Koalitionen ist das nun mal so, dass jeder Koalitionspartner die ihm wichtigen Dinge durchsetzt.
Und in Bayern ist die Maut ein Renner, weil sich die Menschen dort verständlicherweise über die österreichische Maut ärgern.
Die CDU Nordrhein-Westfalens hat die Totalmaut auf allen Bundes-, Landes- und Kommunalstraßen beim Bund im Jahr 2014 verhindert. Diese Totalmaut ist schon lange vom Tisch. Zudem wurden unsere Forderungen bei der Einigung der Bundesregierung mit der EU am 1. Dezember 2016 erfüllt. Das heißt, eine Pkw-Maut muss erstens EU-Rechts-konform sein, darf deutsche Autofahrer zweitens nicht belasten und drittens den sogenannten Grenzverkehr mit unseren westlichen Nachbarländern Belgien, Niederlande und Luxemburg nicht erschweren.
Positiv ist ferner der Ansatz von Bundesverkehrsminister Dobrindt, die Einführung eines einheitlichen europäischen Mautsystems zu unterstützen. Damit würden wir gleiche Bedingungen für alle EU-Bürger erreichen und gleichzeitig eine Mobilitätsbarriere im europäischen Binnenmarkt beseitigen.
Wie kam es zum endgültigen Beschluss der PkwMaut? Heute vor zwei Wochen hat der Deutsche Bundestag die Pkw-Maut mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD beschlossen. Heute vor einer Woche hat der Bundesrat zugestimmt. Der Vermittlungsausschuss wurde nicht angerufen. Die überraschende Entscheidung Thüringens, die Pkw-Maut im Bundesrat doch nicht zu verzögern – Herr Becker wies eben schon darauf hin –, war erst nach der Zusage eines regionalen Bahnprojektes gefallen. Thüringens Ministerpräsident Ramelow hatte zugesagt, dass die Mitte-Deutschland-Verbindung zwischen Weimar und Gößnitz zweigleisig ausgebaut und elektrifiziert werde. Somit – fast ein bisschen Ironie – hat Rot-Grün letztlich den Weg für die Pkw-Maut freigemacht.