Protocol of the Session on April 5, 2017

diese WE-Meldung ragt nicht heraus …

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Sie zitieren den de Maizière, Frau Kollegin!)

Innenminister Jäger hat die in Rede stehende WEMeldung auf seinem Blackberry gelesen. Er führte in seiner Vernehmung aus, dass der Inhalt der E-Mail nicht aus den WE-Meldungen herausrage, die er ansonsten erhalte.

(Beifall von der CDU – Hans-Willi Körfges [SPD]: Das hat wörtlich Herr de Maizière ge- sagt!)

Vor diesem Hintergrund habe er keine Veranlassung für Nachfragen gesehen.

(Beifall von der CDU – Hans-Willi Körfges [SPD]: Das hat wörtlich Herr de Maizière ge- sagt!)

Des Weiteren führte er aus, dass bezogen auf Köln sexuelle Übergriffe im Zusammenhang mit Großereignissen wie Altweiberfastnacht, Rosenmontag, aber auch Silvester stattfinden.

(Michele Marsching [PIRATEN]: Keine Über- raschung! Oh, mein Gott! Betrunkene auf den Straßen! – Weitere Zurufe)

Der Staatssekretär im Innenministerium, Bernd Nebe, führte in seiner Vernehmung aus:

Das ist eine WE-Meldung, die sich nicht wirklich von WE-Meldungen unterscheidet, die der Minister und ich im Laufe des Monats erhalten. Ich habe natürlich wahrnehmen müssen, dass dort von einer Vergewaltigung die Rede ist. Aber auch das ist noch nicht außergewöhnlich, wenn ich etwa auf Silvester der Vorjahre in Köln blicke und dies berücksichtige.

Das sind die Zitate, die wir in den Vernehmungen gehört haben, Herr Körfges.

(Minister Ralf Jäger: Was hat Herr de Maizière denn gesagt?)

Die Zitate von Herrn de Maizière, Herr Minister Jäger, wurden durch die Fraktionen SPD, Grüne und Piraten in den Schlussbericht eingefügt. Sie finden zu diesen Teilen übrigens kein Sondervotum.

(Minister Ralf Jäger: Aber das können Sie trotzdem mal zitieren!)

Keine Gespräche hier, bitte, Kollegen. Sie haben das Wort, und Sie sprechen bitte. – Danke.

Sie haben ferner die Notrufe nicht ausgewertet. Sie selbst haben als Innenminister gegenüber der Ausschusssondersitzung am 11. Januar schriftlich niedergelegt:

Es gab über 1.200 Notrufe, ca. 370 führten zu keinem Einsatzanlass. Ob die mit Silvester im Zusammenhang standen, wissen wir nicht. Zeitaufwand für die Auswertung beträgt zehn Tage.

Nun sind wir als Abgeordnete davon ausgegangen, dass es diese Auswertung gibt. Denn wir gingen davon aus, dass es im Nachgang doch interessiert, was da passiert ist. Aber statt einer Auswertung bekamen wir über 1.200 Notrufdateien mit der Maßgabe: Werten Sie es bitte selber aus.

Sie haben sich bis weit in das Jahr 2016 hinein nicht für das interessiert, was in der Kölner Silvesternacht wirklich stattgefunden hat.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Die Linie war die Verteidigung des Ministers, und das halten wir Ihnen sehr deutlich vor.

Wir haben uns – das ist gelungen, meine Damen und Herren von SPD, Grünen und auch Piraten – verständigen können – das war auch ein Ansatz von CDU und FDP – in Bezug auf Fehler der Stadt Köln, der Landespolizei und der Bundespolizei. Wir haben frühzeitig gesagt, dass es dem Ausschuss und dem Ergebnis guttut, wenn wir uns auf Teile verständigen können, die Fehler, die dort passiert sind. Das ist gelungen.

Aber: Je weiter wir in der Frage von Fehlern und Fehlerbewertung gekommen sind, umso mehr sind Sie ausgestiegen, haben Bewertungsteile gestrichen, haben Sachteile nicht zugelassen, und zwar immer dann, wenn es um das NRW

Innenministerium, den Minister oder die Oberbehörden ging.

(Beifall von der CDU und der FDP – Jochen Ott [SPD]: Meine Güte!)

Deswegen haben wir sehr früh nach der letzten Sitzung des Untersuchungsausschusses formuliert: Sie hängen die Kleinen, aber die Großen lassen Sie laufen. – Nur, mit dieser Strategie, die Sie fahren, werden Sie dem Ausschuss und auch den Fehlern, die er bei den Behörden aufgedeckt hat, nicht gerecht.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Eines hat der Ausschuss auch geliefert, und zwar im Zusammenhang mit der Aufarbeitung der Vorfälle im Kontext der Kölner Silvesternacht: Das Hauptproblem ist, dass Sie mit Ihrer Politik die Falschen schützen.

Seit 2011 gab es in Köln eine Zunahme von Alltagskriminalität durch bestimmte Gruppen. Diese Entwicklung gab es auch in Düsseldorf, die gab es auch in den Großstädten an Rhein und Ruhr. Die Kreispolizeibehörden haben darauf reagiert. Sie haben Auswerter- und Analyseprojekte gemacht. Allein im Bericht aus Köln für das Jahr 2015 sind 17.000 Personendaten erfasst. Von diesen Personen wohnen 3.800 in Köln, die Differenz reist an. Es ist keine neue Erkenntnis, dass Täter nach Köln anreisen. Sie wussten, dass sie an Wochenenden und Feiertagen Köln aufsuchen. Das heißt, Köln hatte eine bestimme Problematik.

Im Zusammenhang mit der Zuwanderung seit 2012, im Besonderen im Jahr 2014, haben Sie mehrere Schreiben des Regierungspräsidenten Bollermann erhalten, der – jetzt zuhören –

(Matthi Bolte [GRÜNE]: Das haben wir gerade schon geklärt!)

dem Minister in Bezug auf die in Rede stehenden jungen Männer aus nordafrikanischen Staaten mitgeteilt hat: Die herkömmlichen Beratungs- und Betreuungsangebote reichen nicht. Wir können sie damit nicht

erreichen, wir brauchen andere Strategien im Umgang mit dieser Klientel, die ins Land gekommen ist. – Das gab es im Jahr 2014, und zwar mehrfach.

Auf dieses Schreiben bekam der Regierungspräsident a. D. noch nicht einmal eine Antwort vom Innenminister. Das ist das Problem. Wenn Sie nicht hingucken, schützen Sie die Falschen. Sie schützen weder die Bürgerinnen und Bürger – es ist die Aufgabe des Staates, für den Schutz zu sorgen – noch die Zuwandererinnen und Zuwanderer, die guten Herzens nach Deutschland, nach Nordrhein-Westfalen gekommen sind und sich hier einfinden wollen, sondern Sie schützen die Zuwanderer, die bösen Herzens hier sind,

(Beifall von der CDU und der FDP)

weil Sie nicht eingreifen, weil Sie die Kreispolizeibehörden nicht unterstützen, weil Sie keine landesweite Strategie aufgelegt haben. Stattdessen beschäftigt sich das gesamte Ministerium mit der Verteidigung eines Ministers, anstatt zu der eigentlichen Aufgabe zu kommen: hier für Sicherheit und Ordnung zu sorgen.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zuruf von der CDU: So ist es!)

Das Gleiche gilt für das Thema „rechtsfreie Räume“.

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Das Sondervotum haben Sie gelesen?

(Zuruf von der SPD: Ja!)

Formaljuristisch gibt es die nicht – ohne Frage –, weil über allem die deutsche Rechtsordnung schwebt. Aber es gibt Räume in Nordrhein-Westfalen, wo unterhalb der deutschen Rechtsordnung eine soziale Kontrolle stattfindet, die wir alle hier im Haus, glaube ich, nicht haben wollen.

(Beifall von der CDU)

Es gibt Räume in Nordrhein-Westfalen, wo Sie schon zu frühen Abendstunden Mädchen und Frauen nicht mehr auf der Straße sehen.

(Zuruf von der SPD)

Es gibt Räume in Nordrhein-Westfalen, wo Leute Straftaten gar nicht zur Anzeige bringen, weil sie sich vor Repressionen aus einem bestimmten Klientelbereich fürchten.

(Zuruf von der SPD – Zuruf von der CDU)

Da dürfen Sie nicht weggucken. Noch einmal: Mit der Art von Politik, die Sie hier in Nordrhein-Westfalen machen, schützen Sie die Falschen.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zuruf von der SPD – Zuruf von der CDU)

Herr Minister, Sie haben vor dem Untersuchungsausschuss am 9. Mai Ihre Aufgabe als Minister so

definiert: die Ereignisse aufzubereiten, darauf zu reagieren und die richtigen Schlüsse zu ziehen. – Damit, Herr Minister, tun Sie weit weniger, als Sie von jeder Führungskraft bei der Polizei erwarten. Denn von einer Führungskraft der Polizei erwarten Sie wie selbstverständlich, dass es geradezu eine Schlüsselaufgabe für sie ist, Geschehnisse und Friktionen in Organisation und System im Vorfeld so zu gestalten, dass es nach menschlichen Ermessen nicht zu solch einer Bankrotterklärung kommt, wie es an Silvester 2015/16 der Fall war.