Protocol of the Session on April 5, 2017

Das ist doch das Problem. Wenn Sie die Kindertageseinrichtungen sauber finanziell ausstatten, können die auch flexible Öffnungszeiten anbieten. Ich sage Ihnen: Das größte Problem in diesem Land ist doch, dass insbesondere alleinerziehende Frauen in die Armutsfalle tappen, weil sie in prekären Beschäftigungen sind, in denen sie eine Kinderbetreuung nicht vernünftig organisieren können. Das ist gerade in der Gastronomie, im Einzelhandel, in der Pflege der Fall.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Wenn Sie für die nicht eine vernünftige Betreuungsqualität anbieten, wird es Schwierigkeiten geben.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Das ist das Problem, das die Grünen offensichtlich bis heute nicht erkannt haben.

Es gibt eine weitere Frage der Frau Kollegin Frau Schmitt-Promny. Würden Sie die zulassen?

Eine nehme ich gerne noch. Dann ist, glaube ich, für heute Schluss.

Bitte schön.

Ich möchte gerne fragen, ob Ihnen bewusst ist, dass Flexibilität vielleicht von Ihnen als Zauberwort genutzt wird, aber noch lange nicht für jede Kita an jedem Ort zu jeder Zeit notwendig ist.

Wissen Sie – wir sprechen ja auch schon mal mit Betroffenen und mit Trägern –, dass es in den Kommunen nur eine bestimmte Größenordnung von Bedarf gibt und dass Kommunen heute schon in der Lage sind – und das auch tun –, solche Modelle vor Ort zu realisieren, sodass ich, verteilt auf eine Stadt, bestimmte Angebote habe? Ist Ihnen bewusst, dass es das auch heute schon gibt und dass nicht jede Kita diese Flexibilität, die Sie als Zauberwort hinstellen, braucht?

Wenn Sie mir zugehört hätten, hätten Sie mitbekommen, dass ich nicht einmal gesagt habe, dass jede Kita in jeder Stadt zu jeder Uhrzeit, rund um die Uhr, geöffnet haben muss. Das habe ich überhaupt nicht gesagt.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Ich habe gesagt: nach Bedarf. Wenn wir 10.000 Kindertageseinrichtungen haben, von denen noch nicht einmal 4 % nach 17 Uhr geöffnet haben – ich spreche gar nicht von 18 Uhr, 19 Uhr oder 20 Uhr –, können Sie mir doch nicht erzählen, dass das der Bedarfsorientierung geschuldet ist.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Das liegt einfach daran, dass die Kitas gar nicht in der Lage sind, den Bedarf überhaupt abzudecken. Das ist doch das große Problem, was wir in unserem Land haben. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Hafke. – Für die Piratenfraktion spricht Herr Kollege Düngel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist schon ein interessantes Gekeife gewesen, was wir in den letzten Minuten erlebt haben. Ich nehme das mal als Bestätigung, dass wir mit unserem Antrag an sich irgendwie richtig liegen – zumindest mit dem Thema. Das zeigen ganz klar nicht nur die Diskussionen, die wir im Ausschuss dazu geführt haben, sondern auch die große Anhörung oder das Sachverständigengespräch, das wir dazu geführt haben.

Interessant war übrigens bei diesem Sachverständigengespräch – weil es gerade darum ging „Wir reden mit Betroffenen“ –: keine Frage von Bündnis 90/Die Grünen, keine Frage von der SPD. Wolfgang Jörg hat sogar explizit gesagt, dass es keine Fragen mehr gibt. Das ist schon spannend und einigermaßen ungewöhnlich für ein Sachverständigengespräch. Denn eigentlich versucht man schon, dort mit den Experten in den Diskurs zu gehen und die Wissenslücken, die offenbar auch bestehen, gegebenenfalls zu füllen.

Zumindest die drei anderen Fraktionen haben das getan. Wir haben Fragen gestellt und Antworten bekommen. Nicht die Antwort, die Frau Asch vorhin dargestellt hatte, dass irgendwie alles gut ist und man nur ein neues Kitagesetz braucht, sondern vor allem unisono die Antwort, dass die Träger mit dem Rücken an der Wand stehen.

Da ist auch genannt worden – Frau Milz hatte das eben gesagt –: Unser Antragstitel ist falsch. Im Antrag steht: „Eine Minute vor Zwölf“. Dafür muss ich mich entschuldigen. Es muss tatsächlich heißen: Es ist fünf nach zwölf. – Ja, wir sind viel zu spät.

(Beifall von den PIRATEN – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Aber wir verbessern die Situation nicht, wenn wir das Thema weiter auf die lange Bank schieben. Das kann man so machen, diese interessante Ankündigungspolitik der Landesregierung weiter fortzuführen, aber den Trägern und vor allem den Kindern draußen ist nicht geholfen, wenn irgendwann vielleicht 2019 oder 2020 ein neues, möglicherweise dann auch ausfinanziertes Kitagesetz auf den Weg gebracht würde.

Herr Zimkeit, Wahlkampfversprechen sind auch so eine Sache. Ich kann natürlich schon sieben Jahre in der Landesregierung sein und auch jetzt im Landtagswahlkampf den Menschen draußen wieder versprechen, sich etwa für Elternbeitragsfreiheit einzusetzen. – Das ist okay. Sie haben uns als Piraten ganz nah an Ihrer Seite. Wir sind ebenfalls für die Elternbeitragsfreiheit. Aber für eine Fraktion, die sieben Jahre in Regierungsverantwortung war, ist das ein bisschen wenig, wenn man letztes Endes als Ergebnis ein elternbeitragsfreies Kitajahr auf dem Zettel stehen hat.

Dann haben Sie von einem „Zerrbild Kitaschließungen“ gesprochen. Da habe ich gedacht, jetzt kommt

bestimmt etwas Interessantes. Das kam aber nicht. Sie haben nur gesagt, was Sie in den vergangenen Jahren geleistet und welchen Ausbau Sie beispielsweise geschafft haben.

Darum geht es überhaupt nicht in dem Antrag. In dem Antrag geht es konkret um Finanzierungslücken und darum, dass den Trägern draußen 2 Milliarden € zur Verfügung zu stellen sind, damit diese Lücken geschlossen werden können. Das ist ja keine Zahl, die wir irgendwie ausgeknobelt haben. Sie ist ja bewiesen wissenschaftlich belegt. Und es gab eine dementsprechende Umrechnung auf das Land. Mit einem neuen Kitagesetz hat das nichts zu tun. Das ist ein anderer Punkt, über den wir ja morgen spannenderweise noch reden werden. Jetzt und hier geht es tatsächlich um die Zwischenfinanzierung, bis ein neues Kitagesetz in Kraft getreten ist.

Das Thema „Politikverdrossenheit“, Herr Zimkeit, finde auch ich sehr interessant und spannend. Ich bin sehr frei davon, irgendwie dafür sorgen zu wollen, dass rechte Parteien hier in den Landtag einziehen können. Sie sagen draußen, dass Sie sich für Kinder einsetzen wollen und gegen Kinderarmut kämpfen. Und dann lehnen Sie in der letzten Plenarsitzung unseren Kindergrundsicherungsantrag ab. Weiter sagen Sie, dass Sie die Kitas vernünftig finanzieren wollen. Gleich aber werden Sie unseren Zwischenfinanzierungsantrag ablehnen. Mit dieser Verfahrensweise, lieber Herr Zimkeit, sorgen Sie für Parteienverdrossenheit draußen bei den Menschen. Das sorgt dafür, dass die Bürgerinnen und Bürger das Kreuz an der falschen Stelle machen werden. Das wird Ihnen wehtun, weil ich weiß, dass Sie in diesem Bereich sehr engagiert sind. Aber leider ist das dann die Realität.

Ich habe es schon gesagt: Die Sachverständigen sind ganz klar der Meinung, dass diese Zwischenfinanzierung dringend gebraucht wird. Ich will noch einen Aspekt anfügen: In den nächsten Jahren – bis ein neues Kita-Gesetz in Kraft treten kann – werden fast eine halbe Million Kinder eingeschult werden. Wir werden danach im Schulsystem und in den Jugendhilfesystemen wieder das Geld in die Hand nehmen müssen, was jetzt gefehlt hat. Das wird deutlich teurer werden als die hier erwähnten 2 Milliarden €.

Ich fordere Sie daher auf: Handeln Sie jetzt. Verhindern Sie Kampmanns Kita-Kollaps! Die Experten draußen schlagen Alarm. Ich habe gesagt, es ist fünf nach zwölf.

Herr Kollege, …

Ich komme zum Ende, Herr Präsident.

Ohne unsere Zwischenfinanzierung werden Kitas schließen. Das ist bekannt, das ist Fakt. Kinder in unserem Land werden letzten Endes keine frühkindliche Bildung genießen. Sie werden demzufolge auf der Straße landen. Das ist bitter, und dagegen wollen wir vorgehen – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN) )

Vielen Dank, Herr Kollege Düngel. – Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Kampmann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Hafke, Sie haben Ihre Rede damit begonnen, dass Sie sagten, Herr Zimkeit habe nur mit dem Finger auf andere gezeigt. Da bin ich davon ausgegangen, dass die FDP die letzte Plenarwoche nutzt, um ihr eigenes Konzept zur Kita-Finanzierung vorzustellen. Also habe ich die Ohren gespitzt, lieber Herr Hafke. Nach mehrmaligem Nachfragen haben Sie dann ja auch einige Punkte genannt, aber nichts zu dem Thema gesagt, um das es heute in dem Antrag geht, nämlich zu einem Finanzierungskonzept, mit dem Sie eigene Ideen präsentieren.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Im Gegenteil, Sie haben nur etwas zum Thema „Flexibilisierung der Öffnungszeiten“ gesagt. Genau daran arbeiten wir auch. Im Gegensatz zu Ihnen möchten wir aber nicht, dass Familien arbeitsfreundlicher werden, sondern wir möchten, dass die Arbeitswelt familienfreundlicher wird.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wir möchten nämlich eine Vereinbarkeit zugunsten von Familien und nicht zulasten derselben.

Jetzt möchte ich etwas zum Antrag und zum Thema Finanzierung sagen. Ich glaube nämlich, dass wir alle uns erst einmal einig sind – so steht es ja auch in dem Antrag –, dass die 1,5%ige Dynamisierung der Kindpauschalen nicht ausreichend ist. Ich sage in Klammern dazu: Das wusste man eigentlich von Anfang an. Deshalb haben wir uns bemüht, entsprechende Verbesserungen im System zu finanzieren.

(Lachen von Bernhard Tenhumberg [CDU])

Herr Tenhumberg lacht. – Wir haben als Erstes, nämlich schon im 2011, in das Personal investiert. Zweitens haben wir – auch das ist ein wichtiger Schritt – in die plusKITAs investiert. Wir haben durchgesetzt, Ungleiches ungleich zu behandeln. Du hast eben davon gesprochen, Stefan Zimkeit, das Fell mit der Gießkanne zu verteilen. Das ist ein schöner Spruch; er passt aber, glaube ich, trotzdem.

Wir haben das letzte Kitajahr beitragsfrei gemacht, und wir werden im kommenden Kitajahr 770 Kitas mehr haben als im Kitajahr 2011/2012.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

All diese Verbesserungen haben wir allein landesseitig finanziert. Wir waren deshalb sehr froh darüber, dass die Kommunen im September 2015 gemeinsam mit den regierungstragenden Fraktionen gesagt haben: Wir möchten – genauso, wie Sie es gerade gefordert haben – zu einer Übergangsfinanzierung kommen. Deshalb haben wir die Kindpauschalen auf 3 % verdoppelt. Wir haben insgesamt über 700 Millionen € mehr ins System gesteckt. Und wir haben von Anfang an gesagt: Wir wissen, dass wir uns darauf nicht ausruhen können, sondern wir wollen möglichst schnell an einem neuen Gesetz arbeiten. Und genau das tun wir. Darüber werden wir morgen noch einmal diskutieren; da bin ich mir ganz sicher.

Ich glaube, man muss aber in Bezug auf die 2,8 Milliarden €, die wir jetzt in die Kindertagesbetreuung investieren, noch einmal festhalten, dass jeder dritte Euro des Landeshaushalts in Familie, Kinder und Bildung investiert wird. Das zeigt, dass wir als Landesregierung eine ganz klare Priorität für Kinder und Familien, vor allem aber für das Thema Bildungsgerechtigkeit setzen. Genau das werden wir auch in der nächsten Legislaturperiode weiter fortführen. Darauf können Sie sich verlassen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Frau Ministerin, wenn Sie noch einen Moment hierbleiben: Es liegt eine Kurzintervention des Kollegen Tenhumberg vor, der auf dem Platz von Frau Schulze Vöcking sitzt. Bitte schön.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Frau Ministerin, Sie und auch die SPDFraktion haben heute immer vorgetragen: Wir haben, wir haben, wir haben. Wenn Sie so viel haben, dann muss ich feststellen, dass Sie vieles falsch gemacht haben. Denn das, was Sie haben bzw. getan haben, hat zum Ergebnis geführt, dass wir kurz vorm KitaKollaps stehen. Das hat die Anhörung am 09.02. dieses Jahres deutlich gemacht. Aus der besagten Anhörung vom 09.02. will ich zitieren, was auch die Kirchen gesagt haben:

„Einige, auch größere kirchliche Träger mussten schon die bittere Konsequenz ziehen und die defizitären Einrichtungen aufgeben, weil sie die Last nicht mehr tragen konnten.“