Protocol of the Session on November 28, 2012

(Beifall von der CDU)

Deshalb wiederhole ich das, was ich bereits in der ersten Debatte eingangs gesagt habe:

Erstens. Wir brauchen mehr Koordinierung bei den erneuerbaren Energien und beim Netzausbau zwischen Bund und Ländern, zwischen den Ländern, zwischen dem Land und den Kommunen. Wir müssen die Bezahlbarkeit für Verbraucher und für Unternehmen sichern. Wir müssen die Energieeffizienz verbessern. Und wir brauchen, meine Damen und Herren, einen Konsens in Deutschland und in Nordrhein-Westfalen für diese gewaltige Aufgabe, vor der wir stehen.

Ja, wir sind Industrieland und Energieland Nummer eins. Jeder weiß – man kann es an den Zahlen ablesen –: Eine der Hauptlasten im Energieland wird von Braun- und Steinkohle getragen. Zunehmend hat man den Eindruck, Herr Remmel: Das passt Ihnen nicht. – Am Ende ist ja auch die Katze aus dem Sack. Mit den Beschlüssen der Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen vom 16. bis 18. November haben Sie doch gezeigt, was Sie wollen. Ich gehe davon aus, dass die Beschlüsse nicht gegen NRW mit Ihrer Stimme gefasst worden sind. Da heißt es – ich zitiere –:

Wo erneuerbare Energien wachsen, wird Kohle weichen. Die schlechten regelbaren Atom- und Kohlekraftwerke verbauen den erneuerbaren Energien, vor allem der Windkraft und der Fotovoltaik, die Zukunft. Kohlekraftwerke sind Klimakiller.

Dann geht es ganz dezidiert mit der Position von Bündnis 90/Die Grünen weiter:

Derzeit haben die zuständigen Behörden jedoch keine juristische Handhabe, den Bau von Kohlekraftwerken aus Klimaschutzgründen zu verhindern. Wir wollen deshalb ein starkes Klimaschutzgesetz verabschieden, um den grünen Kohleausstieg auch juristisch wasserdicht umsetzen zu können. – Ende des Zitats aus dem Beschluss von Ihrer Bundesdelegiertenkonferenz.

(Beifall von der CDU und den GRÜNEN)

Vor dem Hintergrund – ich danke ausdrücklich dafür, dass die Kollegen der Grünen klatschen und damit bestätigen, dass ich richtig zitiert habe – hat das Klimaschutzgesetz eine ganz andere Bedeutung. Deshalb können wir uns in NordrheinWestfalen warm anziehen. Übrigens stehen auch die Gaskraftwerke auf der roten Liste der Prognos AG. Ich bin gespannt, wie der Wirtschaftsminister heute in die Debatte eingreifen wird, weil er sich doch für die Kohlekraftwerke stark gemacht hat, weil er jüngst vor dem RWE für ein Kraftwerkserneuerungsprogramm geworben hat.

Ich habe den Eindruck – da bin ich wieder am Anfang meine Rede –: Bei dieser Regierung, Frau Ministerpräsidentin, stimmen Anspruch und Wirklichkeit nicht mehr. Besser gesagt: Interviews und Wirklichkeit stimmen bei der Energiepolitik nicht überein.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, das alles ist nicht lapidar. Es geht um Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit, um Wirtschaftlichkeit und Klimaschutz. Ich habe den Eindruck, wir haben den Eindruck, zumindest bei einem Teil der Regierung ist das eine wichtiger als das andere. Diese Haltung schadet dem Standort Nordrhein-Westfalen. Korrigieren Sie Ihren Kurs! – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Kufen. – Für die SPD-Fraktion spricht der Kollege Eiskirch.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! CDU und FDP versuchen, ein Thema zu skandalisieren, das nicht skandalisierbar ist, weil längst bekannt.

Wer mit Energieversorgungsunternehmen spricht, der erfährt nicht nur, dass viele Kraftwerksprojekte unter den derzeit bestehenden Rahmenbedingun

gen nicht wirtschaftlich erscheinen, sondern er erfährt auch, dass die Wirtschaftlichkeit bestehender Anlagen infrage steht. Die neu ans Netz gehenden Kraftwerke werden unter anderen Rahmenbedingungen geplant und müssen hohe Fixkosten erwirtschaften.

Die alten Kraftwerksblöcke haben niedrigere Wirkungsgrade und geraten bei den derzeitigen Rohstoffpreisen wirtschaftlich unter Druck. Das ist alles nichts Neues. Man muss mit den Beteiligten einmal reden. Wenn Sie das mit denen oder diese mit Ihnen das nicht tun, sollten Sie lieber darüber nachdenken.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie schon nicht mit den Unternehmen sprechen, dann sollten Sie wenigstens richtig Zeitung lesen. Auch dort können Sie das finden, und zwar seit Langem, was Sie heute so in Aufregung versetzt. Gerne helfe ich noch einmal auf die Sprünge. Mit Erlaubnis der Präsidentin würde ich gerne den inzwischen ehemaligen Chef von RWE Power, Johannes Lambertz, zitieren, der auf einer Pressekonferenz am 15. Dezember 2011, also vor fast einem Jahr, sagte:

Der Energieversorger RWE erwägt die Schließung einiger seiner älteren Kohlekraftwerke in den nächsten Jahren. Die Ertragssituation jedes einzelnen Kraftwerks steht unter Beobachtung. Zudem machen die höheren Rohstoffkosten insbesondere den Steinkohlekraftwerken zu schaffen.

Wie viel Stromerzeugungskapazität das Unternehmen aus Profitabilitätsgründen vom Netz nehmen will, sagte er damals nicht. Denn – so wiederum Lambertz – dies hänge von den Kostenentwicklungen bei Stromerzeugung und CO2-Emissionen ab.

Das alles ist nicht neu, Kollege Brockes und Kollege Kufen. Man muss wenigstens lesen, wenn man schon nicht spricht.

(Beifall von Reiner Priggen [GRÜNE])

Wer all das verpasst hat, dem will ich Gelegenheit geben, das Problem noch einmal aus der Sicht zur Kenntnis zu nehmen, die die eigene Bundesregierung darlegt. Ich zitiere aus der „FAZ“ vom 16. September:

„Aus Sorge vor Stromausfällen im nächsten Winter“

also dem direkt vor der Tür stehenden –

„will die Bundesregierung Energieerzeuger

zwingen, Kraftwerke auch dann am Netz zu lassen, wenn sie damit kein Geld verdienen. Die Vorbereitungen dafür sind weit gediehen. Ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums

ich gucke noch einmal den Kollegen Brockes an; vielleicht ist Ihnen der Minister auch persönlich bekannt –,

„man sei jederzeit in der Lage, durch schnelle gesetzliche Änderungen die Versorgung sicherzustellen.“

Es ist also nichts Neues, was wir heute lesen.

Wenn man die Herren von der Opposition reden hört und ihren Antrag liest, dann drängt sich der Verdacht auf, dass sie erst jetzt richtig wach geworden sind, als sie an diesem Montag im „Spiegel“ von einer vertraulichen Studie des Umweltministeriums zur Zukunft konventioneller Kraftwerke gelesen haben.

Ich sage Ihnen: Wir wissen doch alle, dass die Energiewende ohne jeden Zweifel einen tiefgreifenden Transformationsprozess darstellt, der große technologische, infrastrukturelle, wirtschaftliche und politische Herausforderungen an uns alle stellt. Wir wissen auch, dass die Bundesregierung dabei ist, die Chancen der Energiewende zu versemmeln und in ihrer Verantwortung komplett zu versagen, Kolleginnen und Kollegen. Das müssen wir feststellen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wir wissen doch längst, dass das bestehende Marktdesign den Herausforderungen nicht gerecht wird. Der Erfolg der Energiewende erfordert ein neues Strommarktdesign – ein Strommarktdesign, das die hohen und weiter steigenden Anteile der teils unsteten erneuerbaren Energien mit der Versorgungssicherheit, der Wirtschaftlichkeit und den Belangen des Klimaschutzes in Einklang bringt.

Deshalb muss auch über die Finanzierungs- und Förderinstrumente für erneuerbare Energien diskutiert werden. Keine Frage: Das gehört auf den Prüfstand. Deshalb brauchen wir Mechanismen, die den Erhalt von Erzeugungskapazitäten aus konventionellen Kraftwerken sichern. Insofern bin ich froh, dass diese Landesregierung die Herausforderungen erkennt und sich ihnen stellt. SPD und Grüne haben genau dies in ihrer Koalitionsvereinbarung skizziert, und der Energieminister hat dies auch jüngst in seiner kleinen Regierungserklärung im Ausschuss ausgeführt.

Von einer vorausschauend agierenden Landesregierung erwarte ich, dass sie sich mit der Zukunft der Steinkohle- und Gaskraftwerke und der Kohlekraftwerke insgesamt beschäftigt. Dafür brauchen wir seriöse Grundlagen – und dazu will ich jetzt kommen, Kollegen Brockes und Kufen –, und diese werden oft mithilfe von wissenschaftlichen Gutachten geschaffen. Ich kenne die Studie, die das Umweltministerium in Auftrag gegeben hat, nicht. Das, was ich kenne, habe ich wahrscheinlich ebenso wie Sie aus dem „Spiegel“ und der „Rheinischen Post“, und was ich dort lese, versetzt mich schwer in Erstaunen – aber nicht, weil es wirtschaftliche Probleme bei den Kraftwerken gibt, sondern weil diese Studie Kraftwerksblöcke mit einschließt, die zwar angeblich spätestens ab 2014 wirtschaftliche Prob

leme bekommen sollen, bei denen das aber schlicht und ergreifend nicht schlüssig ist.

Dazu gehört auch das Kraftwerk Westfalen mit den Blöcken A und B in Hamm. Nur, diese beiden Blöcke sind bereits im Februar 2011 dauerhaft vom Netz gegangen. Dazu gehört auch Block 7 des Kraftwerks Walsum wegen angeblich wirtschaftlicher Probleme, aber Block 7 ist noch gar nicht in Betrieb. Man sieht also, dass es in der Studie noch einige handwerkliche Fehler gibt. Und auch für Studien gilt das alte Motto der Gelben Seiten: Hätten Sie mal lieber gleich den Fachmann gefragt.

Deswegen bin ich mir sicher – um das hier auch ganz deutlich zu sagen –, dass der fachlich zuständige Minister, dass das fachlich zuständige Ministerium die Situation der konventionellen Kraftwerke bewerten wird.

(Dietmar Brockes [FDP]: Welches ist das denn?)

Das ist ohne jeden Zweifel das Energieministerium.

(Zurufe von der FDP)

Ich sage das hier auch ganz freimütig: Deswegen bin ich mir sicher – Kollege Brockes, ich sage jetzt etwas dazu; hören Sie doch zu –, dass das fachlich zuständige Ministerium eine Bewertung der Situation der konventionellen Kraftwerke vornehmen und dies in den Prozess der Energiewende, der federführend in der Staatskanzlei angesiedelt ist, einspeisen wird.

Und weil das so ist, sage ich Ihnen: Für den parlamentarischen Raum ist diese Studie, über die wir hier gerade diskutieren, spätestens mit dem heutigen Tage wertlos. Das kann nicht die Grundlage sein. Nur die Bewertung des zuständigen Ministers kann die Bewertung sein, meine Kolleginnen und Kollegen.

(Oliver Wittke [CDU]: Jetzt müssen Sie klat- schen!)

So ist das.

Die CDU fordert in ihrem Eilantrag die Landesregierung auf, die aktuelle Fassung zur Verfügung zu stellen, und da ich Ihnen bereits gesagt habe, dass dieses für uns im parlamentarischen Raum keine Beratungsgrundlage sein kann, reiten Sie wieder einmal ein Pferd, das bereits tot ist. Daher werden wir den Antrag ablehnen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Dietmar Brockes [FDP]: Zwischen den Zeilen war das interessant! – Gegenruf von Rainer Schmeltzer [SPD]: Seit wann können Sie denn zwischen den Zeilen lesen? – Gegenruf von Dietmar Brockes [FDP]: Ich höre im Ge- gensatz zu Ihnen immer zu!)