Protocol of the Session on March 16, 2017

Um Ihr selbstgestecktes Ziel einer flächendeckenden Versorgung mit mindestens 50 MBit/s bis 2018 zu erreichen, müssten in den verbleibenden knapp zehn Monaten dieses Jahres mehr Haushalte an das schnelle Netz angeschlossen werden als in den gesamten letzten fünf Jahren zusammen. Ich denke, diese Zahlen sprechen für sich.

Dadurch ist heute schon absehbar, dass Sie das nicht schaffen werden. Der Grund liegt auf der Hand: Sie haben es in den vergangenen sieben Jahren Ihrer Regierungszeit versäumt, ausreichend Fördermittel zur Verfügung zu stellen. Jetzt träumen Sie vom flächendeckenden Glasfaserausbau bis 2026. Aktuell verfügen lediglich 7 % alle Haushalte über einen Glasfaseranschluss.

Ihrer Vision haben Sie bisher noch keine überzeugende Ausbaustrategie folgen lassen, auch nicht in Ihrem heute zur Debatte stehenden Antrag. Ohne schlüssige Ausbaustrategie und ohne ausreichende Fördermittel wird NRW jedoch zum Verlierer des nächsten Strukturwandels. Industrie 4.0 wird so nicht gelingen.

Ihrem Antrag fehlt zudem ein Konzept, wie wir den industriellen Mittelstand für den digitalen Wandel überhaupt sensibilisieren wollen. Im Sachverständigengespräch zu Ihrem Antrag ist deutlich geworden, dass viele Unternehmen Digitalisierung immer noch als nächsten Schritt der Automation betrachten, als Hilfsmittel zur Effizienz- und Produktivitätssteigerung. Industrie 4.0 endet jedoch nicht am Werkstor, sondern beginnt dort.

Industrie und Mittelstand müssen sich deshalb Gedanken über die Veränderung ihrer Geschäftsmodelle durch den digitalen Wandel machen, damit Industrie 4.0 eine Erfolgsgeschichte hier für uns in Nordrhein-Westfalen werden kann.

Schließlich fehlt in Ihrem Antrag jede Aussage, welche fundamentalen Veränderungen in der Bildungspolitik erfolgen müssen, damit der digitale Wandel gelingt.

Die Redezeit.

Ich komme gleich zum Ende, Frau Präsidentin.

Der Einsatz vernetzter, intelligenter Systeme im produzierenden Gewerbe erfordert entsprechend qualifizierte Mitarbeiter. Sie müssen schon während der Berufsausbildung und in der Schule mit diesen Medien in Kontakt kommen. Wir müssen dieses ganze Thema ganzheitlich betrachten. Das passiert hier einfach nicht. Sie fokussieren auf einen ganz kleinen Ausschnitt, den Sie natürlich im Wahlkampf ideologisch in Ihr Korsett passen.

Die Redezeit.

Das ist aber nicht die Lösung für die Probleme, die wir hier faktisch vor uns haben. Deswegen werden wir Ihren Antrag auch ablehnen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Stein. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Dr. Beisheim.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann es mir nicht verkneifen, zu sagen: Man merkt beim Kollegen Stein, der gerade gesprochen hat, eigentlich noch seine Sozialisation bei den Piraten.

(Zuruf von den PIRATEN: Vorsichtig, er war bei uns nie sozialisiert!)

Sie sind in Ihrer virtuellen Welt quasi noch so verhaftet, dass Sie gar nicht merken, was draußen passiert.

(Torsten Sommer [PIRATEN]: Deshalb haben wir ihn an die CDU abgegeben!)

Die Herausforderung ist, dass wir hier in NordrheinWestfalen versuchen, gerade virtuelle Systeme und die reale Welt zusammenzuführen. Das ist die eigentliche Aufgabe, wenn wir über Wirtschaftspolitik und Industrie 4.0 reden.

Es ist sicherlich so, dass Sie die letzten drei, vier Jahre nicht mitverfolgt haben, als wir über Breitbandausbau und andere Dinge diskutiert haben. Denn selbst Ihr Kollege Wüst musste im Ausschuss manchmal bescheinigen, wie weit wir in NordrheinWestfalen vorangekommen sind gerade beim flächendeckenden Ausbau von Internet und dabei, eine Strategie für den Ausbau von Glasfaser im Bereich vor allem der Gewerbegebiete zu entwickeln.

Es ist und bleibt eine Herausforderung, weil unter dem Begriff Industrie 4.0, unter dem sich viele Leute alles Mögliche vorstellen, eines klar ist: Wir reden über digitale Fertigungstechniken.

Wir alle zusammen hatten im Wirtschaftsausschuss eine steile Lernkurve, die uns dazu gebracht hat, diese Begrifflichkeiten mittlerweile sauber zu benutzen, was dem Herrn Kollegen Stein nicht so wirklich gelungen ist.

Wenn wir über Industrie 4.0 gerade hier im Industrieland Nordrhein-Westfalen reden – in einem Land, in dem Ressourcenschutz und Energiewirtschaft eine große Rolle spielen –, kann man doch nicht ernsthaft wie Sie sagen: Es ist nicht zielführend, darüber nachzudenken, wie man Industrie 4.0 für ressourceneffizientere Produktion oder ergonomischere Produkte nutzen kann.

Gerade das ist hier in Nordrhein-Westfalen zielführend. Deshalb ist es auch Aufgabe der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen, das in Wissenschaft und Forschung zu implementieren.

Sie sagen, wir hätten etwas verpasst. Im Grunde genommen haben Sie die Diskussion darüber verpasst, dass es in vielen Teilen noch gar nicht endgültig klar ist, wohin die Reise geht.

Deswegen ist dieser Antrag auch nicht unkonkret oder enthält er andere Dinge, die uns vorgeworfen werden, sondern richtungsweisend. Er zeigt, dass

wir verstanden haben, wo wir die richtigen Hebel ansetzen müssen.

Insbesondere die vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen hier in Nordrhein-Westfalen – das wissen wir auch – scheuen immer noch das Internet, ganz unabhängig davon, ob wir die Infrastruktur dafür bereitgestellt haben oder nicht.

Wir wissen, Nordrhein-Westfalen ist sehr weit. Wir sind führend innerhalb der Familie. Wir sind das führende Bundesland in Deutschland in diesen Bereichen.

Oftmals ist es für uns Politikerinnen und Politiker, die mit den Unternehmern gesprochen haben – gerade mit KMU –, sehr traurig gewesen, zu sehen, welche Hemmnisse und welche Furcht es noch gibt vor digitaler Vernetzung, aber auch davor, die eigenen Daten nicht zu verlieren.

Deshalb gilt es auch für die Politik, diese Unternehmen mitzunehmen und auf die Zukunft vorzubereiten. Dafür ist es wichtig, Standards für die digitalisierte Produktion zu setzen. Gerade dafür brauchen wir die Verknüpfung zu Forschung und zu Wissenschaft.

Die Frage ist auch, welche Anlagen und welche Sicherheit wir brauchen und welche Rolle die digitalisierte Arbeitswelt für den Menschen spielt. Sie können doch nicht sagen, dass wir uns keine Gedanken über gute Arbeit der Zukunft in einer digitalisierten Welt machen müssen.

Wir werden uns natürlich damit beschäftigen müssen, wie wir zum Beispiel die Dienstleistung eines Roboters besteuern und wie wir den Kollegen Computer bzw. den Kollegen Roboter in unsere sozialen Sicherungssysteme integrieren.

Das sind Zukunftsfragen, mit denen wir uns zu beschäftigen haben. Gott sei Dank sind wir dafür bereit. Wir tun es und bringen es auch gemeinsam voran, nicht nur mit der Wirtschaft, sondern auch zusammen mit der Wissenschaft und den Gewerkschaften, die, wie ich sagen muss, sehr weit vorgedacht haben.

Immer schnellere Innovationszyklen führen dazu, dass die Konsumgüter immer schneller auf dem Müll landen. Dafür brauchen wir eine Antwort. Dafür brauchen wir ökointelligente Produkte der Zukunft, die genau das vermeiden helfen. Im Grunde genommen wissen wir alle mittlerweile, dass wir nur diese eine Erde haben, und wir tun so, als ob wir zwei oder drei Planeten hätten.

(Beifall von den GRÜNEN, den PIRATEN und Michael Hübner [SPD])

Es ist klar, dass die Digitalisierung, die Industrie 4.0 auch helfen muss, diese Probleme zu lösen, und zwar gemeinsam mit dem Ansatz, gute Arbeit damit zu verbinden. Das lassen wir uns und besonders ich

mir nicht ausreden, dass man das zusammendenken muss. Das ist nicht nur eine Frage der Rahmenbedingungen. Das ist viel zu oberflächlich, wie Sie das hier dargestellt haben.

Frau Kollegin.

Deshalb sind es große Chancen und Herausforderungen, und wir werden Sie hier nutzen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN, den PIRATEN und Michael Hübner [SPD])

Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Beisheim. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Bombis.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine sehr verehrten Damen, sehr geehrte Herren! Die Digitalisierung, die digitale Transformation revolutioniert die gesamten Wertschöpfungsprozesse sämtlicher Unternehmen und Branchen, wie wir wissen. Und die Potenziale dieser unaufhaltsamen Entwicklung sind wirklich riesig.

Als Fabrikausrüster der Welt profitiert die deutsche Industrie ganz stark von diesem weltweiten Trend der Digitalisierung und der Vernetzung von Produkten und Dienstleistungen. Auch für Mittelstand und Handwerk sind hiermit enorme Potenziale und Chancen verbunden.

Durch die Anpassung der Produktionsprozesse, durch Produkte und Dienstleistungen können gerade diese Unternehmen von Mittelstand und Handwerk ihre Wettbewerbsfähigkeit stärken und ausbauen.

In der Konsequenz also profitieren die Betriebe und damit profitieren letztlich potenziell die Beschäftigten. Und durch mehr Wohlstand, mehr Freiheit und mehr Selbstbestimmung wird dies auch deutlich.

Wir als Freie Demokraten sehen vor allem die Chancen in dieser Entwicklung. Deswegen mögen wir uns auch den Klageliedern über den technologischen Fortschritt hier und an anderer Stelle nicht anschließen, meine Damen und Herren.

(Beifall von der FDP)

Aber natürlich ist es so, dass große Herausforderungen zu schultern sind, wenn wir die Digitalisierung zu einem Gewinnerthema für Nordrhein-Westfalen machen wollen.

Zwei Stichworte dafür stehen bereits im Titel des vorliegenden Antrags: Investitionen und Innovation. – Leider sind die vergangenen fast fünf Jahre der rotgrünen Regierungszeit genau in diesen beiden Be

reichen eine verlorene Zeit gewesen. Man kann sagen: Sie war ein Desaster, meine Damen und Herren.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)