Protocol of the Session on March 16, 2017

(Beifall von der CDU)

Wir brauchen eine umfassende Lösung für die Branche der kommunalen Busverkehre sowie für die Branche der privatwirtschaftlich organisierten Busverkehre. Es muss ein für alle Mal Schluss sein mit der Abwärtsspirale für Beschäftigte und mittelständische Unternehmen im Busverkehr. Wir fordern die Landesregierung auf: Schieben Sie die Verantwortung nicht immer wieder nach Berlin ab. Kehren Sie endlich vor der eigenen Haustür.

(Beifall von der CDU)

Unser damaliger Arbeitsminister, Karl-Josef

Laumann, hat für mehrere Branchen die Allgemeinverbindlichkeit erklärt, zum Beispiel für das Wach-

und Sicherheitsgewerbe und für das Friseurhandwerk. Wir fordern: Die Landesregierung möge die Allgemeinverbindlichkeit für den Tarifvertrag für das kommunale Busgewerbe – TV-N – sowie für den des privaten Busgewerbes – NWO – erklären. Damit hätten Sie ein gutes Werk getan.

Sie können die Probleme in Nordrhein-Westfalen selber lösen. Sie immer nur nach Berlin zu schieben, ist nicht richtig. Wir können das hier alleine. Sie tun es nicht. Deswegen stellen wir diesen Antrag.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Rehbaum. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Rasche.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in NordrheinWestfalen wahrlich genug Verkehrsprobleme: Rekordstaus, marode Straßen, marode Schienen, verspätete Züge. Darüber hinaus verlassen teilweise Unternehmen Nordrhein-Westfalen, weil sie gezwungen sind, ihre Produktion zu verlagern. Jetzt kommt ein Antrag der Koalition zur Verkehrspolitik, bei dem wir dachten: Hey, da kommen neue Lösungsansätze bzw. neue Ideen, wie wir diese Probleme lösen können. Mitnichten! Erneut waren Bürger, Pendler und Unternehmen von der Verkehrspolitik dieser Koalition enttäuscht, denn es geht um ein Thema, das in Nordrhein-Westfalen längst abgearbeitet worden ist.

Es gab am 7. Dezember 2016 – das wurde schon gesagt – von NRW, Schleswig-Holstein und Niedersachsen eine Bundesratsinitiative zu diesem Thema. Der Bundesrat hat am 10. Februar dieses Jahres zugestimmt und die Initiative zur Beratung an den Deutschen Bundestag weitergereicht. Also NordrheinWestfalen ist da, was den Antrag von SPD und Grünen betrifft, jetzt raus. Die Aufgabe der SPD wäre es jetzt gewesen, in der Großen Koalition das Thema aufzugreifen und es zu einem vernünftigen Ergebnis zu bringen. Das scheint aus irgendwelchen Gründen nicht zu klappen, oder man hat es nicht versucht. Das aber zwei Monate vor der Wahl in dieses Plenum hineinzubringen, ist doch – das ist klar – reines Wahlkampfgetöse und sonst nichts.

Ich will noch einmal die Position der FDP darstellen, die Herr Klocke nicht inhaltlich beschrieben hat. Er hat davon gesprochen, dass es da gewisse Unterschiede gibt, und da hat er Recht.

Die FDP will im ÖPNV einen fairen Wettbewerb zwischen kommunalen Unternehmen auf der einen Seite und privaten Unternehmen auf der anderen Seite. Dazu gehört eine sachgerechte Entlohnung – das ist doch klar – sowie ein sparsamer und wirtschaftlicher ÖPNV. Auch das sollte selbstverständlich sein.

(Beifall von der FDP)

Der Vorrang der Eigenwirtschaftlichkeit gehört – das wissen Sie – für die FDP dazu.

Meine Damen und Herren, es gibt in der Verkehrspolitik in Nordrhein-Westfalen sehr viele politische Baustellen. Damit sollte sich die Koalition bzw. dieses Hohe Haus beschäftigen – nicht mit längst erledigten Vorgängen.

Noch ein abschließendes Wort zum Kollegen Klocke: Er hat auf einen Antrag hingewiesen, mit dem nach seinen Worten SPD und Grüne gleiche Interessen in der Verkehrspolitik verfolgen. Meine Damen und Herren, ich finde diesen Hinweis absolut berechtigt; denn gleiche Interessen verfolgen SPD und Grüne in der Verkehrspolitik ganz selten. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Rasche. – Für die Piratenfraktion spricht Herr Kollege Bayer.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrtes Fahrpersonal! Sehr geehrte Fahrgäste am Stream! Wir haben eigentlich schon alles zum Thema besprochen. Im Dezember haben die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen einen ganz ähnlichen Antrag eingebracht, dem wir damals auch zustimmen konnten. Das haben wir auch deshalb getan, weil wir nicht wollen, dass die Interessen von Fahrgästen und Fahrpersonal gegeneinander ausgespielt werden.

Guter öffentlicher Verkehr ohne gute Arbeitsplätze geht nicht. Es ist egal, ob die Verkehrsleistung von einem öffentlichen oder einem privaten Unternehmen erbracht wird, und es ist egal, ob es sich an der Stelle um eine sogenannte eigenwirtschaftliche oder bezuschusste Verkehrsleistung handelt: Kundinnen und Kunden sowie Fahrpersonal gegeneinander in Stellung zu bringen und Ausschreibungen nur aufgrund von schlechten Arbeitsbedingungen oder schlechter Bezahlung zu gewinnen, geht nicht.

Hier werden sie außerdem noch missbraucht, um die Arbeitsstandards an anderer Stelle zu untergraben, was dauerhaft zu einem Unterbietungswettbewerb führt. Daran kann – da schließe ich mich Herrn Klocke an – eigentlich nur die FDP Spaß haben.

Wir wollen Wettbewerb. Der darf aber nicht auf dem Rücken der arbeitenden Menschen ausgetragen werden, sondern es muss um Qualität gehen. Wir machen uns stark für faire und auskömmliche Arbeitsplätze überall auf der Welt. Wir wollen, dass Menschen – egal, wo sie leben, und egal, in welcher Branche sie arbeiten – von ihrer Arbeit leben können,

am besten sogar gut leben können. Das alles ist eigentlich so selbstverständlich, dass dahinter auch kein Aber kommen darf.

Gleichwohl gehört dieser Antrag in die Rubrik „Was soll das?“. Es gibt die Entscheidung des Bundesrats zu dem Gesetzentwurf zur Änderung des Personenbeförderungsgesetzes zur Sicherung von Qualitäts- und Sozialstandards im öffentlichen Personenverkehr. Dieser Gesetzentwurf ist auch auf Initiative Nordrhein-Westfalens erstellt worden. Er wird nun im Bundestag beraten und dort zur Entscheidung gebracht.

Glauben jetzt die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen tatsächlich, dass die Landesregierung gegen ihre eigene Initiative agiert und den Deutschen Bundestag einfach machen lässt? Wahrscheinlich nicht. So viel Realitätsnähe dürfen wir vermuten.

Was also soll der Antrag? Die Opposition prüfen? Nach der Rede von Herrn Becker bin ich davon ausgegangen: Alleiniger Grund könnte sein, die CDU hier zur Zustimmung zu bewegen, damit die BundesCDU dann auch entsprechend zustimmt. Das wäre aber doch – auch wenn sich der Antrag an die Landesregierung richtet – arg mutig in der Hoffnung, dass es klappt, und doof, wenn nicht.

Im Grundsatz haben wir einen ziemlich überflüssigen Antrag vorliegen, aber zumindest benennt er die richtigen Dinge. Ich empfehle daher natürlich die Zustimmung.

Wir haben auch noch einen Entschließungsantrag der CDU. – Herr Rehbaum, ich muss Sie darauf hinweisen, dass Sie Ihre Rede noch abändern müssen. In § 613 HGB geht es um die Haftungsbeschränkung für kleine Schiffe.

(Zuruf von Henning Rehbaum [CDU])

Aber im BGB sieht es schon besser aus.

Der Antrag ist ansonsten gut und trifft die richtigen Aussagen. Die Tarifgebundenheit als Ausschreibungskriterium ist eine wichtige Sache. Deshalb würde ich empfehlen, auch diesem Antrag zuzustimmen.

Bevor ich es vergesse, noch eine Sache: Es wäre natürlich komplett unangemessen, schlechte Arbeitsbedingungen nur bei den eigenwirtschaftlichen und überwiegend privat erbrachten Verkehrsleistungen zu vermuten. Die sich im öffentlichen Besitz befindlichen Verkehrsunternehmen tun sich ebenfalls schwer, gute Arbeitsplätze anzubieten. Häufig genug werden sie von den Kommunen dazu genötigt, eine Kostenbezogenheit zu etablieren, die beinahe zulasten der Beschäftigten gehen muss.

Hier ist zum Beispiel die EVAG in Essen zu nennen, die zwar ihren beiden Chefs gerne einen ganz großen Extraschluck aus der Pulle gegönnt hätte, aber

gleichzeitig nicht in der Lage ist, den Kolleginnen und Kollegen in den Bussen und Bahnen entfristete Jobs anzubieten. Am Ende musste sie sogar einen Notfahrplan aufstellen, weil sie aufgrund einer verfehlten Personalpolitik nicht genügend Fahrerinnen und Fahrer zur Verfügung hatte.

Wir wissen, das gibt es auch im SPNV, zumindest bei privaten Unternehmen. Das hat nichts mit dem Antrag von Rot-Grün zu tun, aber viel mit der Wirklichkeit, an der die Räte aller Farben Schuld haben. Deshalb bitte ich auch hier, da Sie ja nicht nur im Bund Einfluss haben, sondern vielleicht auch im kommunalen Bereich, um Ihr Wirken. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Ich danke Ihnen, Herr Kollege Bayer, und erteile für die Landesregierung Herr Minister Groschek das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Zwei Vorbemerkungen, eine gerichtet an den Kollegen Beu: Lieber Rolf, steig demnächst lieber aufs Motorrad statt auf die Leiter; du wirst gesünder durchs Leben kommen.

(Henning Rehbaum [CDU]: Aber nur mit Bio- diesel!)

Zweite Bemerkung: Als Generalsekretär weiß ich, dass Stimmungen und Stimmen zwei Paar Schuhe sind. Deshalb waren manche Hinweise sozusagen sehr früh am Tag. Ich habe den Beitrag des Kollegen Christof Rasche als Hinweis darauf empfunden, was denkbar ist. Denkbar ist die Fortsetzung einer erfolgreichen Politik, auch bei diesem Beispiel.

Wir haben Rot-Grün in der Frage des Schutzes der eigenwirtschaftlichen Verkehre kommunaler Verkehrsunternehmen positioniert. Im Wettbewerb durch die Europäische Union gab es eine zehnjährige Übergangsfrist, die sehr viele Unternehmen genutzt haben. Diese läuft in 2019 aus. Zur Vorbereitung der Ausschreibung ist es zwingend, den Prozess im September dieses Jahres zu beginnen. Das Recht, das im September dieses Jahres gilt, bestimmt die Spielregeln für die Vergabe.

Die Spielregeln gestatten heute Sozialdumping statt Sozialstandards. Das wollen wir verhindern, das wollen wir vermeiden. Es gab dazu eine Übereinkunft in der Großen Koalition. Aber der Großen Koalition in Berlin muss man hier Beine machen. Die Zeit wird kurz, der 24. September 2017 rückt näher. Wir brauchen aber noch in dieser Wahlperiode des Bundes die Klarstellung, die der Bundesrat gefordert hat. Deshalb ist es gut und richtig, wenn der Landtag die Landesregierung auffordert, erneut tätig zu werden und sich an die Verantwortlichen auf Bundesebene –

in Bundesregierung und Bundestag – zu wenden, um dieses Gesetzgebungsvorhaben zu priorisieren.

Wir haben in Nordrhein-Westfalen große Unternehmen, die glauben, geschützt zu sein: BOGESTRA, KVB, Dortmunder Stadtwerke. Da ist der vermeintliche Schutz durch die Straßenbahnlinien gewährleistet, die als vergabekritisch für dumpingbegehrende Unternehmen gesehen werden.

Es gibt aber auch viele andere Unternehmen – lassen wir einmal dahingestellt, ob dieser Schutz so wirksam ist –, die „Straßenbahn“ im Namen tragen, aber gar keine Straßenbahnen mehr haben. Die Straßenbahnbetriebe Herne-Castrop-Rauxel fahren nur mit Bussen. Im Vestischen oder in Hagen nennen sich die Unternehmen „Straßenbahnbetrieb“, fahren aber nur mit Bussen. Sie sind konkret bedroht durch unfaire Wettbewerbsbedingungen.

Deshalb sollten wir entlang der Linie „Kein ‚Privat vor Staat‘ – ‚Privat vor Stadt‘ zu unlauterem Wettbewerb“ einen Antrag verabschieden, der eine deutliche Positionierung des Landtags vornimmt und verhindert, dass sich die CDU zu billig aus der Verantwortung stiehlt.

(Beifall von der SPD)

Herr Rehbaum, Sie haben doch eine klare Positionierung: Sie haben die Katholische Arbeiterbewegung – Sozialausschüsse statt Verdrängungswettbewerb – positioniert. Warum ziehen Sie sich jetzt von dieser Position zurück? Zeigen Sie doch hier ganz konkret soziale Verantwortung!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Nehmen Sie die wahr, dann kommen wir zueinander in diesem Punkt, und allen Beschäftigten der kommunalen Betriebe wäre geholfen. Ich fände es gut, wenn diese Beschlussfassung einvernehmlich stattfinden könnte. – Vielen Dank!