Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Guter Nahverkehr kostet Geld. Wir müssen immer abwägen: Wie viel Nahverkehr wollen wir? Was können wir bezahlen? Was ist zumutbar für den Fahrgast?
Heute gibt es drei Säulen für die Finanzierung des ÖPNV in NRW. Die erste Säule sind die Fahrgelderlöse, die zweite sind die Fahrgeldsurrogate, also der verbilligte Ausbildungsverkehr, der ausgeglichen wird, sowie die Erstattungen in der Schwerbehindertenfreifahrt, und die dritte Säule sind die Mittel der öffentlichen Hand, die wir auch in Zukunft immer gebrauchen werden. Das Märchen vom kostendeckenden ÖPNV gibt es nicht. Wir brauchen Investitionsbeihilfen, Bestellerentgelte und Ausgleichszahlungen.
An diesen drei Säulen müssen wir festhalten und sie im Grunde stetig effizienter und produktiver gestalten. Andere Säulen sehen wir als CDU-Fraktion nicht. Wir sehen das Allheilmittel auch nicht in der stetigen überdimensionalen Erhöhung der Fahrpreise. Tariferhöhungen sind hin und wieder notwendig. Daran führt kein Weg vorbei. Vor allem die Lohn
abschlüsse erfordern eine Tariferhöhung. Das ist absolut richtig und erforderlich, damit die Lohnabschlüsse auch durchgesetzt werden können. Ansonsten betreibt man keine seriöse Verkehrspolitik.
Wir wollen auf Dauer auch nicht die Zahlungsbereitschaft der Kunden überreizen und die Fahrpreiserhöhungen ständig über den Inflationsausgleich hinaus betreiben. Das ist aber am Ende eine Sache der Verkehrsbetriebe. Dazu brauchen wir als Landtag nichts sagen.
Uns ist wichtig, dass die Kunden dem ÖPNV treu bleiben und dass wir verhindern, dass sie enttäuscht werden und sich wieder dem Auto zuwenden. Das wäre sicherlich keine gute Entwicklung. Das müssen wir immer im Auge behalten.
Wichtig beim Einsatz der öffentlichen Gelder ist Effizienz. Man muss einfach zusehen, dass mit dem verfügbaren Budget eine maximale Verkehrsleistung erbracht wird. Wir müssen die Bestrebungen darauf konzentrieren, dass das Erreichte gesichert und dort, wo es möglich ist, auch weiterentwickelt wird. Wer echte Lösungen will, muss dicht an der Wirklichkeit bleiben und nicht Unrealistisches fordern, wie es die Piraten in ihrem Antrag tun. Utopische Forderungen sind wir ja gewohnt, aber das muss so nicht sein.
Die Forderung Nummer zwei im Antrag reiht sich in diese utopischen Forderungen ein. Die Piraten wollen
„eine Änderung des Kommunalabgabengesetzes, mit der die Kommunen die Möglichkeit erhalten, eigene Erschließungsbeiträge zur Finanzierung der erstmaligen Herstellung der ÖPNVInfrastruktur zu erheben“.
Das ist völlig systemfremd und eine absurde Forderung. Ein Erschließungsbeitrag ist eine vom Grundstückseigentümer zu entrichtende Kommunalabgabe, mit der die Kommune die Erschließung eines Grundstücks finanziert. Erschließungskosten entstehen zum Beispiel, wenn ein Grundstück an das Wasser- oder Stromnetz sowie an weitere technische Netze und an das Straßennetz angeschlossen wird. Die Piraten wollen jetzt auch noch zusätzlich Erschließungskosten draufsatteln, wenn eine neue Straßenbahnlinie gebaut wird.
Das ist juristisch nicht haltbar, weil der Sondervorteil fehlt, wenn jemand diese Linie nicht benutzt, wenn er mit dem Fahrrad zur Arbeit fährt. Wir wissen ja, wie schwer es heute schon ist, eine Haltestelle oder gar eine ganze Straßenbahnlinie zu bauen, ohne direkten Protest der Anwohner zu erregen. Was passiert erst, wenn diese Anwohner dann auch noch mit Beiträgen belegt werden? Das kann nicht richtig sein, und das ist mit uns auch nicht zu machen.
rung des ÖPNV-Betriebs zu erheben, ist nicht diskutabel. Das wäre eine ÖPNV-Betriebssteuer, eine neue Steuer, und wir lehnen die Einführung neuer Steuern ab, weil das der falsche Weg wäre.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bayer! Viel lieber hätte ich zum nächsten Punkt gesprochen, wo sie uns im Prinzip dazu auffordern, 100.000 Fahrzeuge zu erwerben. Aber hier gehe ich nun zunächst auf einige Zitate ein, die Sie selbst erwähnt haben. Sie haben den „ZEIT“-Artikel und den dementsprechenden Bericht kommentiert, dass angeblich der ÖPNV in NRW besonders schlecht sei.
Sie haben es aber unterlassen, zu sagen, dass es nach dem Bericht auch einzelne Städte in NRW gibt, in denen der ÖPNV in NRW gerade besonders gut ist. Ich kann auch hin und wieder meine eigene Stadt selbst loben, die nach der Untersuchung das zweitbeste ÖPNV-Angebot hat. Da stellt sich natürlich die Frage: Wer ist dafür verantwortlich? Sind nicht die kommunalen Aufgabenträger, also auch die Mitglieder des Rates der jeweiligen Kommunen verantwortlich?
Weiterhin sagten Sie, der Querverbund sei die Finanzierungsgrundlage fast aller kommunaler Verkehrsunternehmen in den Großstädten. Das trifft aber nicht für alle zu. Es gibt aber Städte, die durchaus nicht die entsprechende Energieversorgung im ganzen Stadtgebiet haben und den ÖPNV zum Großteil aus dem städtischen Haushalt finanzieren.
Dann haben Sie erwähnt, dass die Tarife im Regelfall durch die Verkehrsunternehmen erhoben werden. Das ist eigentlich auch falsch, denn es gibt in NRW fast ausschließlich Verkehrsunternehmen, die Teile von Tarifverbünden sind. Da sind die Gremien der entsprechenden Tarifverbünde entscheidend.
Nun zu Ihrem eigentlichen Antrag: Schon in der Debatte zum Tagesordnungspunkt 6 heute Nachmittag habe ich darauf hingewiesen: Heute vor 20 Tagen haben wir genau an dieser Stelle den Bericht der Enquetekommission „Finanzierungsoptionen des öffentlichen Personennahverkehrs in Nordrhein-Westfalen“ zur Kenntnis genommen. Genau vor diesen 20 Tagen hat das Parlament bei der Beratung dieses Kommissionsberichts ebenfalls dem Erschließungsantrag von SPD und Grünen zugestimmt – und zwar mehrheitlich bei einer Enthaltung der Fraktionen von CDU, FDP und Ihnen, den Piraten. Dabei haben wir
„den vorgelegten Bericht der Enquetekommission IV als Grundlage für ihr weiteres Handeln zu nutzen“.
„den Bericht der Enquetekommission … als Ausgangslage für ihr verkehrspolitisches Handeln zu nutzen“.
Sie haben sich also in den wenigen Wochen zumindest von einer Enthaltung zu einer Zustimmung durchringen können.
Vielen Dank, Herr Beu. Eine Zustimmung dazu, dass die Landesregierung sich darum kümmern soll, ist ja gut. Ich finde auch toll, dass es in Bonn natürlich anders aussieht als in anderen Städten von Nordrhein-Westfalen. Aber nun gibt es ja Städte oder Verkehrs- bzw. Tarifverbünde, die dringend solche Finanzierungsinstrumente brauchen können. Was sagen Sie an dieser Stelle denen und nicht Bonn?
Das kann an der Akustik liegen. Ich kann unterstellen, dass Sie meinen, andere Städte wären vielleicht ärmer als Bonn. Ich kann nur darauf hinweisen, dass Bonn nach meinem Kenntnisstand die dritthöchste Pro-Kopf-Verschuldung aller kreisfreier Städte in NRW hat. Die Einteilung in Reich und Arm greift hier also auf jeden Fall auch zu kurz. Das ist immer eine Frage der kommunalen Verantwortung und wie sie wahrgenommen wird.
Aber ich lasse jetzt zum großen Teil mein Redemanuskript weg, weil ich glaube, dass sich der Antrag primär am Ende darauf bezogen hat, dass Sie auch sagen, es sollten neue Rechtsgrundlagen geschaffen werden. Die Diskussion über neue Rechtsgrundlagen haben wir aber tatsächlich in der Enquetekommission unter Ihrer durchaus sehr positiven Leitung viel diskutiert.
Sie können doch nicht allen Ernstes davon ausgehen, dass wir jetzt in den verbleibenden drei Monaten bis zur Landtagswahl so grundsätzlich in das Gesetzgebungsverfahren einsteigen werden. Es gibt im
Also: Es muss jetzt gar nichts erfolgen. Es müssen letztendlich alle Konsequenzen bedacht werden. Und es muss vor allem auch die Akzeptanz für die Fahrgäste beachtet werden. Denn wenn man die Schweiz als Vorbild nimmt, dann ist es so, dass die Leute sagen, der öffentliche Nahverkehr, die Tram, ist für uns positiv, die wollen wir haben. Wenn Sie hier immer nur mit höheren Kosten, mit höheren Abgaben kommen, dann ist zumindest auch zu bedenken, ob wir damit wirklich den richtigen Weg beschreiten. Daran kann man Zweifel haben. Das geht auf jeden Fall nicht noch in diesen drei Monaten. Das ist eine schöne Aufgabe für unsere Nachfolgerinnen und Nachfolger in der nächsten Wahlperiode. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen – auch in den Räumen nebenan! Der ÖPNV ist ein wichtiger Bestandteil der Verkehrspolitik im Land Nordrhein-Westfalen. Darin sind sich alle Fraktionen in diesem Hohen Hause einig.
Wir haben die Thematik über Monate – über zweieinhalb Jahre – in der Enquetekommission, aber auch oft im Verkehrsausschuss diskutiert und haben die verschiedenen Standpunkte dargelegt. Wir kämpfen alle zusammen für Transparenz und für mehr Effizienz. Wir reden über neue Systeme, über neue Finanzierungskonzepte. Das werden wir auch in der nächsten Legislatur fortführen.
Die Position der FDP ist klar: Wir lehnen neue kommunale Finanzierungssysteme ab, ebenso die Drittnutzerfinanzierung. Wir sind der Auffassung, der Staat ist für die Infrastruktur zuständig, sowohl für Sanierung als auch für den Ausbau. Und zuständig für den Betrieb sind die Einnahmen, die die Fahrgäste zu bezahlen zu haben. Und dann funktioniert das System mit klaren, transparenten Regeln. Und dafür werden wir uns heute und auch nach der Landtagswahl einsetzen. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 26. Januar dieses Jahres hat der Landtag sich ausführlich mit dem sehr klugen und intelligenten Enquetebericht auseinandergesetzt. Er hat Aufträge an die Landesregierung erteilt. Die Landesregierung wird die Aufträge abarbeiten und – wie beschlossen – im Jahr 2019 Bericht erstatten.
Wir kommen zur Abstimmung. Die antragstellende Fraktion der Piraten hat direkte Abstimmung beantragt. Wer stimmt dem Inhalt des Antrags zu? – Die Fraktion der Piraten. Wer stimmt dagegen? – SPD, Grüne, CDU und FDP. Gibt es Enthaltungen? – Herr Schwerd, fraktionslos, enthält sich. Damit ist der Antrag Drucksache 16/14167 mit breiter Mehrheit abgelehnt.